Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 522

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 522 (NJ DDR 1955, S. 522); Zu einigen Fragen des Vertragsabschlusses im Allgemeinen Vertragssystem Von Justitiar HEINZ GRAF, Bischofswerda I Bei der Diskussion über die Bedeutung der Schriftform im Allgemeinen Vertragssystem setzen sich G e n t z und Helmbrecht1) auch mit der Frage auseinander, inwieweit die einschlägigen Bestimmungen des BGB im Allgemeinen Vertragssystem angewendet werden können. Gentz führt dabei als Beispiel für diejenigen Fälle, in denen Lieferungen ohne einen formgerecht abgeschlossenen Vertrag erfolgen, u. a. dasjenige an, bei dem sich die Partner über bestimmte „Modalitäten“ des Vertrages nicht einigen konnten. Die Ursachen dafür, daß es in solchen Fällen häufig nicht zum Abschluß eines formgerechten Vertrages kommt, liegen nun gerade darin, daß auf einem ganz anderen Gebiet die Frage der Anwendbarkeit von Grundsätzen des BGB theoretisch nicht beantwortet worden ist und daher die Praxis nicht die gerade hier dringend erforderliche Anleitung erhält. Die nun folgenden Fragen werden nur für den „Liefervertrag“ (als Sammelbegriff) behandelt nicht z. B. für den „Globalvertrag“, den „Richtvertrag“, den „Vorvertrag“, den „Perspektivvertrag“ und ähnliche Vertragsformen1 2 3). Es ist meist nicht so, daß sich etwa die Vertragspartner bei derartigen Differenzen über die Liefermodalitäten leichtfertig über das Erfordernis der Schriftform bzw. der Urkundsform hinwegsetzen; im Gegenteil, es beginnt oft ein heftiges Ringen um die Ausfertigung der erforderlichen Vertragsurkunden. Dabei kommt es heute noch nach drei Jahren Praxis in der Anwendung des Allgemeinen Vertragssystems! zu nahezu grotesken Erscheinungen, hervorgerufen durch die dem bürgerlichen Recht fremde Befristung des Vertragsabschlusses und den Formzwang einerseits, und anderseits durch Unsicherheit in der rechtlichen Beurteilung: Da werden Vertragsformulare hin- und mit neuem Inhalt zurückgeschickt, wiederum vom anderen Partner nicht unterzeichnet, zumindest wird trotz bereits erfolgter Unterzeichnung durch einen Partner in ihnen herumgestrichen und geändert. Die Feststellung von Gentz, daß solche Zustände oft bis über den Zeitpunkt der effektiven Lieferungen und Leistungen und sogar der effektiven Zahlungen hinaus herrschen, trifft zu. Während Gentz, vor allem im Hinblick auf die von ihm befürchteten Konsequenzen, aus dem Mangel der Schrift- bzw. Urkundsform nicht die Folgerung ziehen will, daß es sich hierbei um ein konstitutives Erfordernis handele, vertritt er bei der Besprechung des Schiedsspruchs des Staatlichen Vertragsgerichts Dresden vom 28. Mai 19543) die Auffassung, daß infolge der dort fehlenden Klärung der Verpflichtung über die Gestellung von Verpackungsmaterial ein Vertrag überhaupt nicht zustande gekommen sei, weil hierfür die Einigung über alle für seinen Inhalt wesentlichen Punkte Voraussetzung sei. Er drückt damit nicht nur seine persönliche Meinung zu dieser Frage aus, sondern bestätigt den noch bei manchen Staatlichen Vertragsgerichten und auch sonst in der Praxis vertretenen Standpunkt. Während also die Einhaltung der vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebenen Form als nicht wesentlich für das Zustandekommen eines Vertrages betrachtet wird, hält man das Vorliegen der Einigung über einen im Verhältnis zur Bedeutung der Vertragserfüllung wirklich nicht ausschlaggebenden Punkt für eine notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages4). 1) NJ 1955 S. 80 und 199. 2) vgl. Hemmerling, „Uber die Notwendigkeit einer beweglichen Anwendung des Allgemeinen Vertragssystems", in Die Wirtschaftswissenschaft 1955, Heft 1, S. 22 ff. 3) NJ 1954 S. 611 ff. 4) Es soll im übrigen nicht auf die von Gentz zur Frage der Schriftform weiter aufgeworfenen Fragen bzw. auf die Erwiderung von Helmbrecht hierzu eingegangen werden, da sie für die folgenden Ausführungen ohne erhebliche Bedeutung sin-d. Es geht dabei letztlich um die Frage der Anwendbarkeit des § 154 BGB, wonach ein Vertrag nicht geschlossen ist, solange sich die Partner nicht über alle Punkte geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll. Es geht ferner um die Anwendbarkeit des funktionell eng zu § 154 BGB gehörenden § 150 BGB. In dem oben zitierten Fall lag nach der Auffassung von Gentz also „offener Dissens“ vor, demzufolge nach §154 BGB kein Vertrag zustande gekommen war. Daß diese Frage nicht nur rein akademischen Charakter trägt, sondern von erheblicher praktischer Bedeutung ist, zeigt sich außer an den von Gentz behandelten Eingriffsmöglichkeiten des Staatlichen Vertragsgerichts auch an den besonderen Folgen, die das Fehlen eines „Vertrages“ nach sich zieht: darf doch nach § 3 WO in der Regel die Produktion nur begonnen werden, wenn der Absatz der Waren durch Verträge oder durch sonstige Bestellungen gesichert ist; eine entsprechende Regelung gilt auch für andere Leistungen, die nicht in Warenlieferungen bestehen. Auch hier ist der Abschluß eines gültigen Vertrages Voraussetzung. Es kann nun kein Zweifel daran bestehen, daß im Zivilrecht Vertragsmodalitäten, wie z. B. die Festlegung der Liefertermine, des Preises, die zu vereinbarenden Gewährleistungs- oder Garantieverpflichtungen, die Frage, ob ein Auftrag im Rahmen einer vereinbarten Garantieverpflichtung durchzuführen ist oder nicht, der Umfang der Warenlieferung oder der Leistung usw. ganz allgemein, zu denjenigen „Punkten“ im Sinne des § 154 BGB gehören, bei denen das Fehlen einer Einigung das Zustandekommen eines Vertrages hindert. Bei der Lösung der Frage, ob diese Bestimmung unmittelbar im Allgemeinen Vertragssystem anwendbar ist, muß auf die Funktion des § 154 BGB im bürgerlichen Recht zurückgegangen werden. Dem BGB liegt letztlich das liberalistische Prinzip der Vertragsfreiheit zugrunde. Ein Vertrag kann danach nur dann als zustande gekommen betrachtet werden, wenn die theoretische Freiheit der Partner, zu tun oder zu unterlassen, was ihnen beliebt, durch eine konkrete, auf Grund entsprechender Verhandlungen zustande gekommene Einigung eingeschränkt, wurde und entsprechende Verpflichtungen begründet worden sind. Diese Verpflichtungen werden also rechtlich erst durch die Verhandlung der Vertragspartner und ihr Ergebnis begründet, mögen sie auch wirtschaftlich noch so sehr durch finanzielle oder andere Notwendigkeiten bedingt sein. Rechtlich gibt es keinen Zwang, einen Vertrag abzuschließen. Infolgedessen kann man einen Vertrag auch erst dann als zustande gekommen betrachten, wenn wirklich restlos die konkurrierenden Bestrebungen der Partner ausgerichtet sind. § 154 BGB drückt also das Prinzip der Vertragsfreiheit gewissermaßen von der negativen Seite her aus. Dem liberalistischen Grundsatz der Vertragsfreiheit des bürgerlichen Zivilrechts steht aber im Allgemeinen Vertragssystem die Verpflichtung zum Abschluß von Verträgen über die sich aus dem Volkswirtschaftsplan ergebenden wechselseitigen Beziehungen gegenüber (§ 1 WO). Aus diesem Gegensatz allein müssen Bedenken gegen die bisher praktizierte Anwendung des § 154 BGB im Allgemeinen Vertragssystem erwachsen, wobei noch zu untersuchen bleibt, ob und inwieweit trotzdem die praktische Anwendung dieser Bestimmung dienlich oder erforderlich ist. Es wird nun noch oft in der Praxis argumentiert, die Einigung über alle Punkte könne gerade im Allgemeinen Vertragssystem deshalb als Voraussetzung für den Vertragsabschluß gefordert werden, weil auf Grund der Planungsmaßnahmen jedem Vertragsangebot tatsächlich auch ein entsprechender Vertragspartner gegenüberstehen müsse, der zur Annahme gerade der geforderten Bedingungen bereit sei. 522;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 522 (NJ DDR 1955, S. 522) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 522 (NJ DDR 1955, S. 522)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der Hauptabteilung über die Übernahme dieser Strafgefangenen in die betreffenden Abteilungen zu entscheiden. Liegen Gründe für eine Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe an Strafgefangenen auf der Grundlage der Strafprozeßordnung durchgeführt werden kann. Es ist vor allem zu analysieren, ob aus den vorliegenden Informationen Hinweise auf den Verdacht oder der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung wäre ohnehin die Durchsuchung des gemäß vorläufig festgenommenen Beschuldigten und damit die Offizialisierung der inoffiziell festgestellten Beweismittel problemlos möglich.

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