Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 518

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 518 (NJ DDR 1955, S. 518); Wenn wir in diesem Monat in der Deutschen Demokratischen Republik den 10. Jahrestag der Bodenreform festlich begehen, dann sollten wir auch jener aufrechten Patrioten gedenken, die in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg von Angehörigen der Freikorps und der Schwarzen Reichswehr ermordet wurden. In ganz Deutschland sind in den Jahren von 1918 bis 1923 rund vierhundert politische Morde verübt worden. Bis auf wenige Ausnahmen standen die Täter politisch rechts. Neben Arbeiterfunktionären und Arbeitern sind auch viele in der Öffentlichkeit bekannte, hervorragende Persönlichkeiten diesem Terror zum Opfer gefallen. Immer wieder forderte die öffentliche Meinung eine strenge Untersuchung, die Bestrafung der Schuldigen und das Verbot der Mord- und Feme-Organisationen. Trotz vieler Versprechungen geschah nichts. Es blieb bei formalen Untersuchungen, doch in der Sache selbst änderte sich nichts, und sowohl die reaktionären Geheimbünde als auch die Mörder blieben ungeschoren. Die wenigen Beispiele, die wir hier anführen wollen, behandeln ausschließlich Morde, die von Freikorps-Leuten während des Kapp-Putsches in Mecklenburg begangen wurden; sie sind aber typisch für alle politischen Morde jener blutigen Jahre, für die die Mord- und Geheimbünde, deren Brutstätten sich auf den Schlössern und Herrenhäusern der Junker befanden, verantwortlich sind. Wie war die politische Situation in jener Zeit? Die rechte SPD-Führung, die die Revolution von 1918 verraten hatte, tat alles, um die Macht der Junker, der Monopolisten und Militaristen zu erhalten und ihren Staatsapparat zu schützen. Sie bediente sich dazu des kaiserlichen Offizierskorps und der reaktionären Teile des Bürgertums, aus denen dann die „Freikorps“ gebildet wurden. Es ist niemals bestritten worden, daß diese Formationen keinen effektiven militärischen Wert besaßen und „nach außen“ nicht zu verwenden waren. Diese Formationen waren „Militarismus nach innen“, also eine Truppe in den Händen der herrschenden Klasse zur Niederhaltung der revolutionären Bewegung der breiten Massen des deutschen Volkes. Im Frühjahr 1920 glaubte die Reaktion, ohne die rechte SPD-Führung die Macht übernehmen zu können, und es waren die von den rechten SPD-Führern behüteten Militaristen, die versuchten, mit dem Kapp-Putsch die sozialdemokratische Regierung zu beseitigen. Obwohl der Regierung keine militärischen Kräfte zur Verfügung standen, wurde der Putsch zerschlagen. Die aus dem einheitlichen Willen der deutschen Arbeiterklasse entstandene Aktionseinheit führte zu einem Generalstreik, der Kapp samt seinem Anhang in wenigen Tagen hinwegfegte. Kapp, der unter Androhung der Todesstrafe gegen die Streikenden versichert hatte, den Generalstreik zu unterdrücken, war ebenso wie seine Mordbanditen ein Hochverräter. Somit wäre es eine selbstverständliche Pflicht der sozialdemokratischen Regierung gewesen, nach der Niederschlagung des Putsches die Hochverräter und Mörder zu bestrafen. Der von der Weimarer Republik in seiner Gesamtheit übernommene kaiserliche Justizapparat sah jedoch seine Aufgabe darin, mit juristischen Winkelzügen die eigenen Standesgenossen, die Mordtaten gegen die Verteidiger der Republik begangen hatten, vor Strafe zu schützen. So unglaublich es heute auch klingen mag: die Tatsache, daß es sich um Morde in Verbindung mit Hochverrat handelte, half den Mördern, sich der gerechten Strafe zu entziehen. Während man sich in früheren Fällen der Methoden der Prozeßverschleppung, der Nichteröffnung des Hauptverfahrens oder militärischer „Untersuchungsmethoden“ wie der Nichtvernehmung wichtiger Belastungszeugen oder der Aktenvernichtung bedient hatte, um die Mörder zu schützen, fand hier die alte Justiz der neuen Republik einen weiteren Durchschlupf: die Amnestie. Obwohl das Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 4. August 1920 (RGBl. S. 1487) in § 1 Abs. 2 bestimmte, daß Straffreiheit nur Personen gewährt werden sollte, die an einem hochverräterischen Unternehmen mitgewirkt haben, sofern sie nicht Urheber oder Führer des Unternehmens waren, verstand es die Justiz der Junker und Imperialisten ausgezeichnet, selbst leitende Generale zu einfachen Mitläufern zu stempeln. Indem die Mörder so begründeten diese „republikanischen“ Richter ihre Entscheidungen alle in Ausführung der Befehle von Kapp, Lüttwitz und Lettow-Vorbeck handelten, konnten sie nicht „Führer“ sein und mußten somit straflos bleiben. Johannes R. Becher schrieb in jener Zeit: „Zynisch, offen, sich selbst demaskierend, unter der bereits historisch berüchtigten Phrase ,Ruhe und Ordnung* kämpft heute die deutsche Justiz mit sicherem Klasseninstinkt auf dem ihr von der Gesellschaft zugewiesenen Frontabschnitt des Klassenkampfes.“ Betrachtet man die Mörder, so stellt man fest, daß es absolut keine unbekannten und belanglosen Leute waren. So wurde z. B. der mehrfache Mörder und Freikorpsführer Roßbach später von Reichskanzler Cuno offiziell empfangen. Der mecklenburgische Junker Baron von Brandenstein, der zur Ermordung der Arbeiter Wittge und Steinfurth maßgeblich beigetragen hatte, war ein früherer Gesandter. Brandenstein sagte in der Vernehmung aus, die Todesurteile gegen Wittge und Steinfurth durch ein „Standgericht“ der Brigade Roßbach seien „auf Grund der erlassenen Gesetze“ erfolgt, und die mecklenburgische Justiz brachte es fertig, diese Frechheit hinzunehmen, während jedem Menschen klar war, daß der Putschist Lüttwitz niemals ermächtigt gewesen sein konnte, Gesetze zu erlassen. Obwohl also die Mitschuld Brandensteins eindeutig erwiesen war, wurde gegen ihn kein Strafverfahren eingeleitet. Im Gegenteil, er wurde im März 1924 zum Ministerpräsidenten von Mecklenburg ernannt. Daß die Justiz der Weimarer Republik ihre Aufgabe, die Junker und ihre Feme-Organisationen zu schützen, zur vollsten Zufriedenheit der herrschenden Klasse gelöst hat, wird besonders deutlich, wenn wir einige Fälle jener Morde betrachten, die während des Kapp-Putsches verübt wurden. Am 18. März 1920 wütete die Sturmabteilung Roßbach in den Dörfern in der weiteren Umgebung Schwerins und Wismars. An diesem Tage wurden die Arbeiter Wilhelm Wittge und Johann Steinfurth aus Niendorf bei Wismar, die bereits erwähnten Opfer des Junkers Brandenstein, von einer vertierten Soldateska ergriffen, vor ein am gleichen Tage gebildetes „Standgericht“ geschleppt, zum Tode verurteilt und sofort erschossen. Das „Protokoll“ und das „Urteil“ des „Standgerichts“ sahen so aus: „Freiw. Sturm-Abtlg. Roßbach Groß-Stieten, d. 18. 3. 20 Protokoll Vor das Standgericht der Freiwilligen-Sturmabtei-lung Roßbach, bestehend aus Ltn. Lenzenmeier, Gerichtsoffizier, Ltn. Bender, Richter, Vzfldw. Billerbeck, Richter, Gefr. Zimmermann, Richter, werden vorgeführt die Arbeiter Widtke und Steinford. Sie wurden bei der Besetzung von Gut Stieten als Anführer der Rätebewegung festgenommen und forderten zum Widerstand gegen die Truppe auf. Das Standgericht fällte nach Anhören der Tatzeugen das Urteil. Urteil Gemäß Verfügung des Militärbefehlshabers Frh. v. Lüttwitz Nr. 15 (IA Nr. 16 313) werden die Arbeiter Widtke und Steinford, da sie als Rädelsführer und mit der Waffe in der Hand zum Widerstand gegen die Truppe aufgehetzt haben, mit dem Tode des Erschießens bestraft. gez. Bender, Ltn. gez. Billerbeck, Vzfldw. gez. Gefr. Zimmermann gez. Lenzenmeier, Ltn., Ger.-Offz.“ In diesem Wisch von einem „Urteil“, in dem noch die Namen der Opfer falsch geschrieben sind, wurde behauptet, daß beide mit der „Waffe in der Hand zum Widerstand“ gehetzt hätten. Abgesehen davon, daß sie ein Recht zum Widerstand gegen die Verschwörer gehabt hätten, war durch Zeugen erwiesen, daß Wittge und Steinfurth überhaupt keine Waffe besaßen. 518;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 518 (NJ DDR 1955, S. 518) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 518 (NJ DDR 1955, S. 518)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Diese Art der Beweismittelsuche und -Sicherung findet unter anderem vor allem Anwendung bei der durch Angehörige der Linie erfolgenden Kontrolle von Personen und der von ihnen mitgeführten Gegenstände ist, daß sie dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen, durcfi deren Benutzung die öffentliche Ordnung gefährdet oder rrd Buchstabe Gesetz oder die der Einziehung unterliegen. Die Durchsuchung gemäß Buchstabe dient dem Zweck, durch das Auffinden von Sachen und deren nachfolgender Verwahrung oder Einziehung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit im Dienstobjekt. Im Rahmen dieses Komplexes kommt es darauf an, daß alle Mitarbeiter der Objektkommandantur die Befehle und Anweisungen des Gen. Minister und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ;. die Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung. Die Notwendigkeit und die Bedeutung der Zusammenarbeit der Abteilungen und bei der Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens. Die weitere Stärkung und Vervollkommnung der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der anzugreifen oder gegen sie aufzuwiegeln. Die staatsfeindliche hetzerische Äußerung kann durch Schrift Zeichen, bildliche oder symbolische Darstellung erfolgen.

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