Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 454

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 454 (NJ DDR 1955, S. 454); I Quartal 1952 begründet hat. Hier hätte das Gericht prüfen müssen, ob und inwieweit die Unterdeckung etwa auch durch die Lieferungen nach F. beeinflußt worden ist. Die Ausführungen des Bezirksarbeitsgerichts, daß die Klägerin nur im Interesse der Werktätigen gehandelt habe, sind deshalb abwegig, auch unter dem Gesichtspunkt, daß das Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands am 9. Juni 1953 der HO empfohlen hat, mehr Agenturverträge mit dem privaten Einzelhandel abzuschließen. Das durfte niemals durch unzulässige Aktionen einzelner Funktionäre geschehen, sondern mußte sich ausschließlich im Rahmen einer plangerechten Lenkung der Warenstreuung vollziehen. Das Gericht war, wie oben bereits dargelegt, zwar nicht an die polizeilichen Vernehmungen gebunden. Es mußte sich aber in den Entscheidungsgründen des Urteils damit auseinandersetzen, welcher Beweiswert den Aussagen zukommt und welche Bedeutung ihnen für den Ausgang des Zivilprozesses beizumessen ist. Im Zweifelsfalle aber hätte das Gericht, um den Sachverhalt ausreichend aufzuklären, einen amtlich vorzuschlagenden Sachverständigen darüber hören müssen, inwieweit die Handlungen der Klägerin geeignet waren, zur damaligen Zeit eine erhebliche Störung des Wirtschaftsablaufs herbeizuführen. Es durfte sich keinesfalls die in der Einstellungsverfügung zum Ausdruck kommende Auffassung des Staatsanwalts, daß die Folgen der Tat nur unbedeutend und die Schuld der Klägerin nur gering seien, ungeprüft zu eigen machen. Irrig ist weiterhin die Auffassung des Bezirksarbeitsgerichts, daß die Verklagte damit, daß sie trotz monatelanger Kenntnis der Direktbelieferung der Ware durch die Klägerin dagegen nicht eingeschritten sei, das Recht zur fristlosen Entlassung verwirkt habe. Dafür bietet das bisher festgestellte Sachverhältnis keinen Anhalt. Der Zeuge O. hat in seiner Aussage bekundet, daß er am 19. Dezember 1952 die Überprüfung vorgenommen hat. Bevor er den Bericht schriftlich abgefaßt und der Verklagten zugeleitet hat, müssen wiederum einige Tage vergangen sein. Es muß auch einer gewissenhaften Kaderleitung zugestanden werden, daß sie sich von der Begründetheit einer für das Leben eines Werktätigen so bedeutsamen Entscheidung, wie sie eine fristlose Entlassung darstellt, durch eine eingehende Prüfung überzeugt. Dazu kommt noch, daß sich die Gründe für eine fristlose Entlassung nur aus einer eingehenden Untersuchung des Gesamtverhaltens der Klägerin im Betrieb ergeben konnten. Es war deshalb auch abwegig, wenn das Bezirksarbeitsgericht die in dem Entlassungsschreiben weiterhin angeführten Gründe einer mangelhaften Betriebsführung, die für sich allein gesehen allerdings noch keinen Grund für eine fristlose Entlassung darstellen, aus seiner Würdigung von vornherein ausgeschieden hat. Es ist für eine Kaderleitung und auch für die Würdigung des Gerichts, ob eine strafbare Handlung gesellschaftsgefährlich ist oder nicht, von erheblicher Bedeutung, wie das Gesamtverhalten eines Werktätigen im Betrieb war. Nur wenn auch dies in die Tatsachenprüfung einbezogen wird, kann eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob eine strafbare Handlung vorliegt, die für den Betrieb so erheblich ist, daß eine Weiterbeschäftigung nicht mehr vertreten werden kann. Auch darüber hätte das Gericht also Beweis erheben müssen. § § 907 RVO; §§ 93, 94 Satzung der Sozialversicherung; § 72 Abs. 2 VSV; § 852 Abs. 1 BGB. Mit der Schaffung eines neuen einheitlichen Sozialversicherungsrechts ist eine grundlegende Veränderung der sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik eingetreten, so daß die Anwendung der RVO in ihrer Gesamtheit oder auch einzelner Bestimmungen gegen das einheitliche System unseres Sozialversicherungsrechts verstoßen würde. OG, Urt. vom 13. Mai 1955 1 Za 256/54. Der bei der Antragstellern! (Sozialversicherung) versichert gewesene S. erlitt am 2. Juni 1950 im Werk der Antragsgegnerin einen tödlichen Betriebsunfall. Mit Bescheid vom 13. September 1950 bewilligte die Antragstellerin den Hinterbliebenen, und zwar der Witwe und einem Kinde, eine Unfallhinterbliebenen-bzw. eine Halbwaisenrente. Mit ihrer auf § 94 der Satzung der Versicherungsanstalt Thüringen gestützten Klage vom 2. September 1952 verlangte die Antragstellerin von der Antragsgeg- nerin, der Deutschen Reichsbahn, Ersatz aller Aufwendungen, die sie infolge des Unfalls des S. habe aufbringen müssen und noch aufzubringen habe. Die Antragsgegnerin hat den Regreßanspruch der Antragstellerin dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Mit Urteil vom 18. August 1953 hat das Kreisarbeitisgericht M. die Antragsgegnerin antragsgemäß verurteilt. Hiergegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Mit Beschluß vom 22. Dezember 1953 SV 48/53 hat das Bezirksarbeitsgericht S. der Beschwerde stattgegeben und den Regreßanspruch der Antragstellerin abgewiesen. Es ist der Auffassung, daß nach § 907 der Reichsversicherungsordnung (RVO) der Anspruch der Antragstellerin verjährt sei, da dieser bis spätestens zum 17. Oktober 1951 hätte geltend gemacht werden müssen. Der Rentenbescheid sei am 17. Oktober 1950 in Rechtskraft erwachsen und der § 907 Satz 2 RVO sehe eine Frist von einem Jahr vor, innerhalb deren der Ersatzanspruch geltend zu machen sei. Da die Antragstellerin dies erst am 2. September 1952 getan habe, müsse die Klage abgewiesen werden. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Kassationsantjrag des Generalstaatsanwalts. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksarbeitsgericht geht bei seiner Entscheidung davon aus, daß einzelne Bestimmungen der RVO für Fälle von Regreßansprüchen der Sozialversicherung gegen Beschäftigungsbetriebe weiterhin und überdies in Verbindung mit Bestimmungen unseres neuen Sozialversicherungsrechts Anwendung zu finden hätten. Diese Auffassung ist irrig und verkennt den Charakter unseres neuen einheitlichen Sozialversicherungsrechts, das sich entsprechend der grundlegend geänderten gesellschaftlichen Struktur unseres Staates wesentlich von dem früheren kapitalistischen Recht unterscheidet. Dabei ist zu beachten, daß sich diese Veränderung entgegen der Auffassung des Bezirksarbeitsgerichts nicht lediglich organisatorisch auf die Schaffung eines einheitlichen Trägers der Sozialversicherung beschränkt hat, sondern daß vor allem in notwendiger Konsequenz der Um- und Neuordnung unserer gesellschaftlichen Verhältnisse eine dem Wesen nach grundlegende Veränderung der sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse eingetreten ist (vgl. Urteile des Obersten Gerichts vom 30. März 1953 1 Uz 1/53 OGZ Bd. 2 Seite 129 ff. und vom 2. Juli 1954 1 Za 97/53 ). Die weitere Anwendung einzelner Bestimmungen der RVO allein oder in Verbindung mit neuen Bestimmungen würde deshalb gegen das einheitliche System unseres Sozialversicherungsrechts verstoßen. Nur so betrachtet ist es verständlich, daß durch § 72 Abs. 2 VSV die gesamte RVO außer Kraft gesetzt worden ist und sowohl in einzelnen Bestimmungen als auch in Verbindung mit Bestimmungen des neuen Sozialversicherungsrechts keine Anwendung mehr finden kann. Es können daher auch nicht irgendwelche Zweckmäßigkeitsgründe für die Weitergeltung der RVO ausschlaggebend sein (ebenso Urteil des 2. Zivilsenats des Obersten Gerichts vom 7. April 1955 2 UzV 2/55 ). Für die Fälle von Regreßansprüchen der in Rede stehenden Art besteht im übrigen auch keine Notwendigkeit dazu, weil sich diese Ansprüche der Sozialversicherung gegen Betriebe aus den §§ 93, 94 der auf der Grundlage des Befehls Nr. 28 der SMAD vom 28. Januar 1947 geschaffenen Mustersatzungen der Sozialversicherungsanstalten, denen noch heute gesetzliche Gültigkeit zukommt, herleiten lassen. Es besteht endlich auch keine Veranlassung, nur aus dem Grunde auf die RVO zurückzugreifen, weil in Zusammenhang mit den §§ 93, 94 der Satzung eine Sonderregelung der Verjährung der dort behandelten Ansprüche nidit getroffen worden ist. In solchen Fällen müssen die allgemeinen Verjährungsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs Platz greifen. Es ist deshalb unbedenklich, auf den vorliegenden Fall die Bestimmung des § 852 Abs. 1 BGB über die dreijährige Verjährungsfrist in Anwendung zu bringen, da Anspruchsgrundlage eine der Antragsgegnerin zur Last fallende unerlaubte Handlung ist. Das Bezirksarbeitsgericht hätte deshalb die Verjährungseinrede der Antragsgegnerin von dieser Betrachtungsweise aus prüfen und im Verneinungsfalle über den Anspruch sachlich entscheiden müssen. 454;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 454 (NJ DDR 1955, S. 454) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 454 (NJ DDR 1955, S. 454)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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