Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 451

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 451 (NJ DDR 1955, S. 451); Es ist zu beachten, daß durch die Tat des Angeklagten ein Bürger der Deutschen Demokratischen Republik an seiner Gesundheit schwer geschädigt wurde und wochenlang seinem Arbeitsplatz fernbleiben mußte. Der Schutz der Gesundheit unserer Bürger vor Gewalttaten hätte bei Berücksichtigung und Würdigung aller dargelegten Umstände zur Tat und zur Person des Angeklagten eine wesentlich höhere als die vom Kreisgericht ausgesprochene und auch als die vom Staatsanwalt im Verfahren erster Instanz in Höhe von fünf Monaten Gefängnis beantragte Strafe erfordert. § 175 a Ziff. 3 StGB. Zur Frage der Unzucht im Sinne des § 175 a Ziff. 3 StGB. OG, Urt. vom 5. Mai 1955 2 Zst III 30/55. Durch Urteil des KrG K. vom 11. November 1954 ist der Angeklagte wegen schwerer Unzucht zwischen Männern (§ 175 a Ziff. 3 StGB) in drei Fällen zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Durch Urteil des Bezirksgerichts vom 9. Dezember 1954 ist das Urteil des Kreisgerichts vom 11. November 1954 aufgehoben und der Angeklagte von der Anklage des Verbrechens gegen § 175 a StGB freigesprochen worden. Das Bezirksgericht hat seinem Urteil die gleichen Feststellungen wie das Kreisgericht zugrunde gelegt und den Freispruch damit begründet, daß durch die Handlungen des Angeklagten der Tatbestand des § 175 a Ziff. 3 StGB nicht verwirklicht sei. Eine Verurteilung nach dieser Bestimmung wäre nur möglich gewesen, wenn der Angeklagte zunächst eine nach § 175 StGB strafbare Handlung begangen hätte. Der in dieser Bestimmung aufgeführte Tatbestand sei der Grundtatbestand des § 175 a StGB. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation des Urteils des Bezirksgerichts vom 9. Dezember 1954 zuungunsten des Angeklagten beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die rechtliche Beurteilung der mit dem Kassationsantrag nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen durch das Bezirksgericht ist rechtsirrig. Die Auffassung, daß zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 175 a StGB zunächst die Tatbestandsmerkmale des § 175 StGB erfüllt sein müßten, verkennt den völlig verschiedenen Inhalt beider Bestimmungen. Nach § 175 StGB ist neben der widernatürlichen Unzucht von Menschen mit Tieren die widernatürliche Unzucht zwischen Männern verboten. Wegen des Erfordernisses der Widernatürlichkeit fällt nicht jede unzüchtige Handlung, sondern nur die Vornahme beischlafsähnlicher Handlungen, die die Einführung des Geschlechtsteils in eine Körperöffnung voraussetzen (OGSt Bd. I S. 190) unter § 175 StGB. In § 175 a Ziff. 3 StGB wird dagegen jede unzüchtige Handlung unter Strafe gestellt, wenn sie unter den in dieser Ziffer besonders erschwerenden Umständen begangen wird. Die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 175 StGB kann somit nicht Voraussetzung zur Bestrafung aus § 175 a StGB sein, wie das Bezirksgericht ausführt. Es bedarf also bei der Prüfung, ob ein Verbrechen gegen § 175 a StGB vorliegt, lediglich der Feststellung, ob die Handlungen des Täters unzüchtig sind. Dabei ist davon auszugehen, daß Unzucht jede zur Erregung oder Befriedigung der Geschlechtslust vorgenommene Handlung ist, die das Scham- und Sittlichkeitsgefühl unserer Werktätigen verletzt. Den Ausführungen im Kassationsantrag ist zuzustimmen, daß nicht nur gegenseitige Onanie, sondern bereits der Austausch von Zärtlichkeiten zwischen Männern zur Erregung oder Befriedigung der Geschlechtslust Unzucht darstellt. Nach den mit dem Kassationsantrag nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen hat der Angeklagte in der Zeit von 1952 bis 1954 drei verschiedene Männer unter 21 Jahren angehalten, mit ihm zu onanieren und Zärtlichkeiten zur Erregung der Geschlechtslust auszutauschen. Diese Handlungen sind Verbrechen im Sinne von § 175 a Ziff. 3 StGB. Das Bezirksgericht hätte also den Angeklagten nicht freisprechen dürfen, sondern auf die Berufung das Urteil des Kreisgerichts insoweit bestätigen müssen. Familienrecht § 272 b Abs. ZZiff. 2 ZPO; § 1717 Abs. 1 Satz 2 BGB. Im Unterhaltsprozeß des nichtehelichen Kindes hat das Gericht, wenn es als erwiesen ansieht, daß außer dem Verklagten noch ein bestimmter anderer Mann (Mehrverkehrszeuge) mit der Mutter des Kindes während dessen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt hat, von Amts wegen von der Hebamme deren Aufzeichnungen über die Geburtsreifemerkmale des Kindes herbeizuziehen, da Hebammenzeugnisse als amtliche Auskünfte im Sinne des § 272 b Abs. 2 Ziff. 2 ZPO anzusehen sind. OG, Urt. vom 2. Dezember 1954 2 Zz 64/53. Die, Klägerin ist am 5. Dezember 1950 nichtehelich geboren. Sie hat behauptet, der Verklagte habe während ihrer Empängniszeit d. h. in der Zeit vom 6. Februar bis zum 7. Juni 1950 mit ihrer Mutter geschlechtlich verkehrt und sei deshalb als ihr Vater anzusehen. Sie hat daher beantragt, den Verklagten zu verurteilen, der Klägerin vom Tage der Geburt 5. Dezember 1950 als Unterhalt eine im voraus zu entrichtende Geldrente von monatlich 35 DM zu zahlen. Der Verklagte hat Klagabweisung beantragt. Er hat behauptet, während der Empfängniszeit der Klägerin habe deren Mutter nicht mit ihm, wohl aber mit vier anderen Männern, namens B., Br., L. und H. geschlechtlich verkehrt. Das Amtsgericht G. hat B., H. und L. als Zeugen vernommen und Br. durch das darum ersuchte Amtsgericht Gr. vernehmen lassen. Der Zeuge L. hat ausgesagt, die Mutter der Klägerin überhaupt nicht zu kennen, B mit ihr niemals geschlechtlich verkehrt zu haben. Außerdem hat L,. bei seiner zweiten Vernehmung bekundet, H. habe ihn vor der ersten Vernehmung aufgefordert, er solle erklären, mit der Mutter der Klägerin geschlechtlich verkehrt zu haben, denn wenn mehrere Männer angäben, dies getan zu haben, werde sein Freund, dem er „aus der Zange helfen“ wolle, frei ausgehen. Der Zeuge H. hat bei seiner ersten Vernehmung ausgesagt, er habe Ende Februar oder Anfang März 1950 mit der Mutter der Klägerin geschlechtlich verkehrt; bei seiner zweiten Vernehmung hat er dagegen erklärt, er könne erst, wenn er die Mutter der Klägerin gesehen habe, sagen, ob er seine Aussage beeidigen könne. Der Zeuge Br. hat bekundet, Ende April 1950, wahrscheinlich etwa am 26. oder 27. April, einmal mit der Mutter der Klägerin geschlechtlich verkehrt zu haben. Er hat diese Aussage später beeidigt. Die Mutter der Klägerin hat bei ihrer ersten Vernehmung bekundet, sie habe während deren Empfängniszeit nur mit dem Verklagten geschlechtlich verkehrt, mit B. überhaupt nicht und mit Br., soweit sie sich entsinnen könne, erst nach der Empfängniszeit der Klägerin, nämlich Ende Juni 1950. Bei ihrer zweiten Vernehmung hat sie es abgelehnt, ihre erste Aussage zu beeiden, da sie möglicherweise doch Ende April 1950 mit Br. geschlechtlich verkehrt habe. Das Amtsgericht G. hat eine Blutgruppenuntersuchung der Klägerin, ihrer Mutter und des Verklagten vornehmen lassen. Nach dem Blutgruppengutachten vom 6. Juni 1951 ist die Vaterschaft des Verklagten nicht offenbar unmöglich. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es führt aus: Die Aussage des Zeugen H. sei allerdings „wenig glaubhaft“. Durch die Aussage des zeugen Br. dagegen sei erwiesen, daß die Mutter der Klägerin mit diesem Ende April 1950, also während der Empfängniszeit der Klägerin, geschlechtlich verkehrt habe. Infolgedessen könne der Verklagte, auch wenn er mit der Mutter der Klägerin während deren Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt haben sollte, und obwohl das Blutgruppengutachten seine Vaterschaft nicht ausschließe, gemäß § 1717 Abs. 1 BGB nicht als Vater der Klägerin gelten. Der gegen dieses Urteil gerichtete Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts hatte Erfolg. Aus den Gründen: , Wenn, wie aus den Angaben des Generalstaatsanwalts gefolgert werden muß, Aufzeichnungen über die Reifemerkmale der Klägerin bei ihrer Geburt vorgenommen worden sind, so war es ein gröblicher Fehler, daß die zuständige Stelle des Rates der Stadt G. in ihrer Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der Klägerin dieses Schriftstück nicht vorgelegt und noch nicht einmal nach Abweisung der Klage, gestützt auf dieses Beweismittel, Berufung eingelegt hat. Wenn die erwähnten Aufzeichnungen zu dem vom Generalstaatsanwalt dargelegten Beweisergebnis führen sollten, so würde durch diese Unterlassung der erwähnten Amtsstelle die Verwirklichung der Unterhaltsansprüche der Klägerin mehr als ein Jahr lang verzögert worden sein. Andererseits hatte aber das Amtsgericht, wenn der gesetzliche Vertreter der Klägerin einen derartigen Fehler beging, seinerseits die Pflicht, die Vorlegung der Aufzeichnungen über die Geburtsreifemerkmale der Klägerin gemäß § 272 b Abs. 2 Ziff. 2 ZPO anzuordnen, da ihm bekannt sein mußte, daß die Hebammen verpflichtet sind, derartige Aufzeichnungen anzufertigen und diese als Urkunden anzusehen sind, während die Hebammen kraft der ihnen zum Schutze der Volksgesundheit und auch der richtigen Feststellung des Personenstandes übertragenen Rechte und Pflichten als 451;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gesichert und weitestgehend gewährleistet, daß der Verhaftete sich nicht seiner strafrechtlichen Verantwortung entzieht, Verdunklungshandlungen durchführt, erneut Straftaten begeht oder in anderer Art und vVeise die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug gebunden. Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände lösen. Der Einsatz von erfolgt vorrangig: zum Eindringen in die Konspiration feindlicher Stellen und Kräfte; Dadurch ist zu erreichen: Aufklärung der Angriffsrichtungen des Feindes, der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur wirkungsvollen Aufspürung und Bekämpfung der Feindtätigkeit, ihrer Ursachen und begünstigenden Bedingungen. Es darf jedoch bei Einschätzungen über die Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung erhöht und die Konzentration auf die Arbeit am Feind verstärkt werden kann und muß. Deshalb ist auf der Grundlage der Entfaltungsstruktur Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten sowie der Erfordernisse der medizinischen Sicherstellung unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes zu planen.

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