Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 427

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 427 (NJ DDR 1955, S. 427); beim RIAS-Suchdienst wegen seines im Kriege vermißten Sohnes vorsprach, wurde von dem Sachbearbeiter dieser Abteilung gleichfalls angeworben und direkt einer Dienststelle des CIC in Berlin-Steglitz übergeben. Eine weitere Methode der Agentenwerbung ist es, Bürger der Deutschen Demokratischen Republik und des demokratischen Sektors von Groß-Berlin, die die Westsektoren Berlins aufsuchen, durch die mit „Außenaufgaben“ betrauten Mitarbeiter des RIAS auf der Straße und in Lokalen ansprechen zu lassen. So sind von den in diesem Verfahren Angeklagten nicht weniger als vier Angeklagte auf diese Weise als Agenten geworben worden. Bei der Skrupellosigkeit, mit der alte oder junge unerfahrene Menschen zu Verbrechen mißbraucht werden, ist es nicht verwunderlich, wenn in diesem Verfahren festgestellt worden ist, daß sich der RIAS zur Anwerbung von männlichen Personen auch der Hilfe von Prostituierten bedient. Diese Methode wird insbesondere von Fröhnel alias Emst angewendet, der ständig in Verbindung mit Frauen steht, die der Prostitution nachgehen und denen er im Gebäude des RIAS Aufträge erteilt. Fröhnel alias Ernst bedient sich auch der Hilfe van weiblichen Personen aus dem demokratischen Sektor für diese Zwecke. Besonderer Wert wird auf die Herstellung von Spionageverbindungen zu Personen gelegt, die in staatlichen und anderen zentralen Dienststellen oder in leitenden Organen demokratischer Parteien und Massenorganisationen tätig sind. Alle angeworbenen Agenten werden fortlaufend angewiesen, dem RIAS weitere zur Anwerbung geeignete Personen zuzuführen. Der Zeuge M e i s e 1 hat bekundet, daß insbesondere nach den der Organisation Gehleri durch die Sicherheitsorgane der Deutschen Demokratischen Republik zugefügten Schlägen ein so großer Verlust an Agenten zu verzeichnen gewesen ist, daß die Werbung neuer Agenten mit besonderem Nachdruck betrieben werden mußte. Dementsprechend wird in der dem Gericht vorliegenden und von den Interviewern abgezeichneten Urkunde ausgeführt: „RIAS Berlin Eine freie Stimme der Freien Welt Hauptabteilung Politik Verteiler: Interviewer Eine Übersicht der in letzter Zeit eingegangenen Berichte läßt erkennen, daß der Gewinnung neuer Mitarbeiter aus dem Ostsektor und der SBZ wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muß. Die Interviewer werden daher gebeten, dieser Frage sorgfältige Beachtung zu widmen und vor allem bestrebt zu sein, Berichter aus den großen Werken (Buna, Leuna, Stahlwerk Riesa usw.) zu gewinnen. Berlin, den 14. 2. 55 (gez.) G. A. Ewing Direktor.“ Aus Sicherheitsgründen erhalten die Agenten Decknamen und,' soweit säe dem RIAS die von ihnen gesammelten Informationen nicht selbst überbringen, Deckadressen in Westberlin, um ihre Berichte mit der Post übersenden zu können. Für den Fall der Übersendung mit der Post sind die Agenten angewiesen, die Berichte mit unsichtbarer Tinte, z. B. mit Zitronensaft oder Zitronenaroma auf der Rückseite eines mit Tamtext versehenen Briefes zu schreiben und die Briefe mit falschen Absendern zu versehen. Durch die Aussage des Zeugen Meisel ist festgestellt worden, daß die Postämter in einzelnen Bezirken Westberlins angewiesen sind, die an bestimmte, nicht existente Deckadressen eingehenden Postsendungen dem RIAS zuzuleiten. Sämtliche Agenten werden in einer in der „Hauptabteilung Politik“ geführten Kartei registriert. Wenn Agenten in Erkenntnis des verbrecherischen Charakters ihrer Handlungen die Verbindung zum RIAS lösen wollen, werden sie mit der Drohung, sie den Sicherheitsorganen der Deutschen Demokratischen Republik zu melden, zur Fortführung ihrer Agententätigkeit gezwungen. Die politische Abteilung des RIAS ist zur ständigen und engen Verbindung mit den außerhalb des Hauses bestehenden Stellen des amerikanischen Geheimdienstes verpflichtet. Beamte dieser Dienststellen leiten an bestimmten Tagen -in der Woche die hauptamtlichen Mit- arbeiter des RIAS in ihrer Arbe' an, insbesondere erteilen sie den Interviewern In' Auktionen für die Anleitung der Agenten. Die dern Gericht vorliegende Anweisung hat folgenden Wortlaut: „Hauptabteilung Politik Verteiler: Interviewer Gemäß Anordnung HICOG vom 3.2.55 wird der CIC-Beauftragte, Mr. Meißener, künftig jeden Donnerstag und Freitag zur Verfügung stehen. Es wird gebeten, mit den Berichtern aus der SBZ, die ihm vorgestellt werden sollen, für diese beiden Tage Verabredungen zu treffen. Berlin, den 5. 2. 55 (gez.) G. A. Ewing Direktor.“ Die von den Agenten gelieferten Spionageinformationen militärischer Art müssen nach dienstlicher Anweisung, ohne daß eine selbständige Auswertung vorgenommen werden darf, sofort dem amerikanischen Geheimdienst zugeleitet werden. Berichte über die Wirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik sind der Abteilung Wirtschaftsspionage des amerikanischen Geheimdienstes in Berlin-Zehlendorf, Sundgauer Straße, zuzuleiten; nur mit dessen Zustimmung dürfen sie dem Kaiser-Ministerium, mit dem der RIAS ebenfalls Verbindung unterhält, übergeben werden. Die Beamten bzw. Offiziere des amerikanischen Geheimdienstes bedienen sich aller Einrichtungen des RIAS uneingeschränkt für ihre Zwecke. So verfügen sie nach der Aussage des als Zeugen vernommenen früheren Mitarbeiters des RIAS, Meisel, auch über die in der „Hauptabteilung Politik“ geführte Kartei über die Industriebetriebe der Deutschen Demokratischen Republik, ebenso über die Agentenkartei und können diese besonders sicher verwahrten Karteien jederzeit einsehen. Die Interviewer dieser Abteilung haben die Anweisung, Besucher aus der Deutschen Demokratischen Republik, die einflußreiche Stellungen bekleiden oder in Schwerpunktbetrieben arbeiten, oder über militärisch und wirtschaftlich bedeutsame Vorgänge berichten können, sofort dem amerikanischen Geheimdienst zuzuführen. DieDienststellen desGeheimdienstes können auch jederzeit in ihnen geeignet erscheinenden Fällen die Interviewer anweisen, die betreffenden Agenten dem amerikanischen Geheimdienst zu übergeben. Für jeden brauchbaren zugewiesenen Agenten erhält der betreffende Mitarbeiter des RIAS eine besondere Geldprämie als Anreiz, möglichst viele Agenten zuzuführen. Wie bereits in anderen Prozessen vor dem Obersten Gericht festgestellt worden ist, insbesondere in dem Strafverfahren gegen Silgradt u. a. 1 Zst (I) 7/54 , stehen die westberliner Spionagezentralen, unabhängig davon, ob es sich um deutsche, amerikanische oder englische Zentralen handelt, untereinander in Verbindung. Auch der RIAS unterhält zu anderen, bereits als verbrecherische Organisationen entlarvten Spionage-, Sabotage- und Terrororganisationen, wie der „Organisation Gehlen“, dem „Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen“, den Ostbüros, insbesondere dem der FDP, und der „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ enge Verbindung. Diese besteht ebenfalls zu dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem sogenannten Ministerium für gesamtdeutsche Fragen. In Zusammenarbeit mit diesen werden die angeworbenen Agenten gegenseitig auf ihre Vertrauenswürdigkeit überprüft und für bestimmte Verwendungszwecke ausgetauscht. Darüber hinaus werden Mitteilungen an diese Organisationen für die dort geführten sogenannten Belastungskarteien gegeben, in denen Funktionäre unseres Staatsapparates und Personen registriert werden, die sich für den Aufbau besonders aktiv einsetzen. Der RIAS übernimmt es, über seinen Sender Warnmeldungen an Agenten anderer Zentralen zu übermitteln. Beispielsweise hat der Zeuge Zopf, der vom Amt Blank als Funker für Spionagezwecke ausgebildet worden ist, ausgesagt, daß er mit dem Warnsystem des RIAS bekannt gemacht worden ist, in dem unter Anführung der jeweiligen Kenn-Nummer des Agenten der Buchstabe A „sofortige Absetzung, äußerste Gefahr“, der Buchstabe B „Absetzung in nächster Zeit“ und der Buchstabe C die Aufforderung zu einem Treffen in Westberlin bedeutet. Die Warnmeldungen werden vom RIAS mit den 427;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 427 (NJ DDR 1955, S. 427) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 427 (NJ DDR 1955, S. 427)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach durchgeführten Prüfungshandlungen ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit eine in mehrfacher Hinsicht politisch und politisch-operativ wirkungsvolle Abschlußentscheidung des strafprozessualen Prüfungsvertahrens. Sie wird nicht nur getroffen, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, e,pschaftlichkeit und Gesetzlich!:eit als Schwerpunkte erwfesen - die sichiere Beherrschung der strafverf aürensr echtliclien. Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründende Handlung allseitig und unvoreingenommen aufzuklären und den Täter zu ermitteln. Dabei ist für die weitere Durchsetzung der Politik der Partei, für den Kampf gegen Pereonenzusammenschlüsse und deren Tätigwerden gegen die Rechtsordnung der nach den Ergebnissen des Folgetreffens in Wien durch die Linie in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Diensteinheiten voraus. Unter den politisch-operativen Bedingungen bevorstehender Aktionen und Einsätze sowie abzusichernder Veranstaltungen sind in Zusammenarbeit mit den anderen operativen Diensteinheiten spezifisch gestaltete Aufgaben zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher erfordert, an die Anordnung der Untersuchunoshaft hohe Anforderungen zu stellen.

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