Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 42

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 42 (NJ DDR 1955, S. 42); auf Verweisungen beschränken können, da bei den Lesern einer wissenschaftlichen Zeitschrift die Kenntnis der einschlägigen Literatur vorausgesetzt werden kann4). Die Verbindung zur Praxis und zur Bevölkerung fehlt insofern, als in den Aufsätzen nirgends eine Kenntnis der breiten Diskussionen des Entwurfs mit der Bevölkerung zu spüren ist. An keiner Stelle wird sichtbar, daß einer der Verfasser an einem Justizausspracheabend mit der Bevölkerung teilgenommen hat. Viele Fragen, die die Bevölkerung aufgeworfen hat, finden daher in den Aufsätzen nicht die gebührende Beantwortung. Das ist ein wesentlicher Mangel, ein Zeichen schlechter Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis. Mit diesem Mangel dürfte auch der abstrakte Charakter der Arbeiten Zusammenhängen. Während in mehreren Aufsätzen auf die wissenschaftlichen Theorien über den Ursprung der Familie und ihre geschichtliche Entwicklung bis zu den Zeiten des Mutterrechts zurückgegangen wird, spürt man nur bei wenigen Verfassern eine lebendige Vorstellung davon, vor welche großen Aufgaben die Anwendung des neuen Familienrechts die Richter und andere Mitarbeiter der Justiz und der Verwaltung stellen wird. Die Schwierigkeiten, mit denen der Richter z. B. täglich in Scheidungsprozessen, Unterhaltsprozessen usw. zu ringen hat, werden nicht berührt. Das zeigt, wie notwendig es für die Wissenschaftler ist, sich die Kenntnis von der Tätigkeit und den Aufgaben unserer Gerichte zu verschaffen, wenn sie die aktive Rolle des Rechts auf diesem wichtigen Gebiet unseres gesellschaftlichen Lebens wissenschaftlich behandeln wollen. Nicht nur die Aufgaben des Richters bei der Anwendung des Gesetzes, sondern vor allem auch der moralisch-erzieherische Charakter des Gesetzes selbst und das Verhältnis von Recht und Moral, das auf dem Gebiete des Familienrechts ganz besonders eng ist, sind nicht ausreichend behandelt. Die Aufsätze beschränken sich im allgemeinen, abgesehen von der Auseinandersetzung mit dem kapitalistischen Recht und den geschichtlichen Betrachtungen, auf einen erläuternden Bericht über den Inhalt des Entwurfs. Da jedoch „die menschlichen Beziehungen, die durch das Familienrecht geregelt werden, bisweilen viel komplizierter sind als die schwierigsten zivilrechtlichen Verhältnisse“ und „weil es gerade auf dem Gebiet der Familie neben all dem Neuen, das sich schon entwickelt hat, noch sehr viel Überreste des Alten im Bewußtsein des einzelnen gibt“, steht bei jeder wissenschaftlichen Behandlung familienrechtlicher Fragen die Aufgabe, die „besonders engen Beziehungen zwischen den rechtlichen und moralischen Anschauungen“ darzustellen und zu untersuchen, inwieweit das neue Gesetz „gerade hier seine besondere Wirkung ausübt und genauso, wie es zur Festigung der ökonomischen Grundlagen unsrer Ordnung beiträgt, auch mitwirkt bei der weiteren Festigung der moralischen Anschauungen“5). Daß diese Zusammenhänge und Auswirkungen des Entwurfs nicht genügend untersucht werden, darin besteht der Hauptmangel der meisten Aufsätze. In dem Aufbau des ganzen Heftes vermißt man eine planmäßige Koordinierung der einzelnen Arbeiten. Der an die Spitze gestellte Aufsatz von Jansen nimmt infolge seiner allgemeinen Themenstellung sowohl in gesellschaftlicher wie geschichtlicher Hinsicht vieles vorweg, was dann in den einzelnen Aufsätzen ausführlicher und spezieller wiederholt werden muß. Der Fehler liegt darin, daß Jansen den Rahmen seiner Ausführungen viel zu breit gespannt hat, ohne den Inhalt der folgenden einzelnen Aufsätze zu berücksichtigen. Beispielsweise werden die Erkenntnisse der Klassiker des Marxismus über den Ursprung der Familie und *) Vgl. z. B. Beckert, „Der Bonner Familienrechtsentwurf, ein reaktionäres Machwerk der Adenauerregierung“, Staat und Recht 1953 S. 351; Niethammer/Neumann, „Das familienrechtliche Vakuum in Westdeutschland“. NJ 1953 S. 701; Niethammer. „Die Bundestagsdebatte über die Familienrechtsreform in Westdeutschland“, NJ 1954 S. 416; Artzt, „Der Grundsatz der Gleichberechtigung 'in der westdeutschen Rechtsprechung“, NJ 1954 S. 353. Diese Aufsätze haben, wie andere Zitate ergeben, bei Erscheinen des Sonderheftes bereits Vorgelegen. 5) vgl. Benjamin in NJ 1954 S. 352. ihren Charakter in den Ausbeuterordnungen von Jansen auf sieben Seiten das ist die Hälfte seines Aufsatzes sehr breit und allgemein behandelt, während sie dann hier freilich im wesentlichen auf das Thema der elterlichen Sorge begrenzt und mit diesem sehr gut verbunden von Artzt (S. 16 18) sowie, in teilweiser Überschneidung mit Jansen, von Drews und Krauss bei der Behandlung des Güterrechts, wo dies durchaus notwendig ist, noch einmal gebracht werden. Für die Wiedergabe des Inhalts des Entwurfs gilt das gleiche. Der Mangel an kollektiver Arbeit macht sich besonders bei der Behandlung der Rechtsverhältnisse der nichtehelichen Kinder bemerkbar; diese werden an drei Stellen behandelt, nämlich die Unterhaltsansprüche in dem Aufsatz von Niethammer, das Erbrecht in einem besonderen Aufsatz von Hofmann, obwohl auch Niethammer darauf eingehen mußte, und die „Verwirklichung der Gleichberechtigung des nichtehelichen Kindes“ in dem Aufsatz von Müller. Trotzdem sind wichtige Fragen der Rechtsstellung des niehteheliehen Kindes, insbesondere die Vaterschaftsfeststellung, an keiner Stelle ausführlich behandelt. Es wäre richtiger gewesen, der Gesamtheit dieser Fragen einen einheitlichen Aufsatz zu widmen, denn die besonderen gesellschaftlichen Beziehungen, die sich aus der außerehelichen Geburt ergeben, können nur im Zusammenhang wissenschaftlich untersucht werden. In keinem der Aufsätze wird der Charakter des Familienrechts im Unterschied zum Zivilrecht theoretisch begründet. II Die einzelnen Arbeiten sind in ihrer Gesamtanlage und ihrem wissenschaftlichen Gehalt sehr verschieden. 1. Der einleitende Aufsatz von Jansen trägt die Überschrift: „Über die Bedeutung des Entwurfs eines Familiengesetzbuchs in der Deutschen Demokratischen Republik.“ Nach breiten geschichtlichen Ausführungen wird im III. Teil das sowjetische Familienrecht behandelt. Naturgemäß ist das auf knappem Raum nur in großen Zügen möglich. Im wesentlichen werden nur die Gesetze aufgeführt und längere Zitate aus dem sowjetischen Lehrbuch des Zivilrechts gebracht. Erst im Teil IV (S. 9 15) wird der Entwurf des FGB behandelt. Nach einer guten Darstellung der politischen und ökonomischen Entwicklung der Stellung der Frau nach 1945 behandelt Jansen ausführlich die Grundsätze der §§ 1 4 des Entwurfs. Diese Ausführungen sind jedoch losgelöst von den weiteren Bestimmungen des Gesetzentwurfs und berücksichtigen nicht, daß diese Grundsätze den Inhalt aller Einzelbestimmungen entscheidend bestimmen6). Bei der Erörterung des § 4 wird die Art der Zusammenarbeit zwischen Elternhaus, Schule und Jugendorganisation, die in der Diskussion mit der Bevölkerung eine erhebliche Rolle gespielt hat, überhaupt nicht behandelt. Das ist ein Beispiel dafür, daß die Fragen des Bewußtseins und der praktischen Anwendung des Gesetzes nicht genügend beachtet werden. Da der Verfasser die einzelnen Bestimmungen in der Reihenfolge des Entwurfs erörtert und sich hierbei in diesem Aufsatz naturgemäß kurz fassen muß, verfällt er in den gleichen Fehler wie manche Referenten auf Justizausspracheabenden: er arbeitet die Grundlinien des Entwurfs und die Hauptprobleme nicht genügend heraus. Die wirkliche Bedeutung des Entwurfs hätte aber nur durch eine solche konzentrierte Behandlung aufgezeigt werden können. Dieser Mangel wirkt sich auch auf Einzelheiten aus; so ist z. B. die Frage der Ehemündigkeit nur einseitig unter dem Gesichtspunkt der Herabsetzung der Altersgrenze bei Schwangerschaft der minderjährigen Frau behandelt. Auch zum Wegfall des Eheverbots der Schwägerschaft (Schwiegervater Schwiegertochter) und des Ehebruchs hätte mehr gesagt werden müssen. In einer wissenschaftlichen Erörterung genügt es nicht, für den Wegfall des Eheverbots des Ehebruchs statt einer eigenen Begründung bloß die Rundverfügung Nr. 59/51 des Ministers der Justiz anzuführen. 6) Vgl. Nathan, „Das Familienrecht als Faktor der Er-Ziehung zur Demokratie*) **, Staat und Recht 1954 S. 567. 42;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 42 (NJ DDR 1955, S. 42) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 42 (NJ DDR 1955, S. 42)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Auf der Grundlage der Erfassung und objektiven Bewertung Pritsche idiings Situationen nuß der ürjtorsi;chiingsfüiirer unter Einschluß anderer Fähigkeiten, seiner Kenntnisse und bereits vorliegender Erfahrungen in der Untersuclrungsarbcit in der Lage sein, zur Realisierung der jeweiligen Bearbeitungskonzeption erforderlichenfalls auch relativ langfristig Werbekandidaten aufzuklären und zu beeinflussen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Überprüfbarkeit ihrer gesellschaftlichen Stellung. Werber sind in der Regel zu werben, die ihre Verbundenheit mit unserem sozialistischen Staat bereits unter Beweis gestellt haben. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, daß die inoffizielle Tätigkeit für Staatssicherheit im Operationsgebiet höhere Anforderungen an die Leitungstätigkeit in der Linie. Die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der Tätigkeit der Leiter aller Ebenen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Realisierung des erforderlichen Leistungsanstieges in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit herauszuarbeiten. Möglich!:eiten der politisch-operativ effektiven Nutzung der Regelungen des für die Ingangsetzung eines Prüfunnsverfahrens durch die Untersuchunosoroane Staatssicherheit. Die Durchführung eines strafprozessuslen Prüfuncisverfahrar. durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit zu erfolgen hat, weil die Abwehr dieser konkreten Gefahr Bestandteil der politisch-operativen Aufgabenerfüllung entsprechend der staatsrechtlichen Verantwortlichkeiten Staatssicherheit ist. Die Unumgänglichkeit der Durchführung der Sachverhaltsklärung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren beinhalten zum Teil Straftaten, die Teil eines Systems konspirativ organisierter und vom Gegner inspirierter konterrevolutionärer, feindlicher Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsortinunq in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Direktive des Ministers für Staatssicherheit auf dem Gebiet der spezifisch-operativen Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erfolgen.

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