Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 418

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 418 (NJ DDR 1955, S. 418); Teil auf Unterernährung und Tbc beruhten. Der Zeuge R. bekundete, daß er deshalb aus der LPG ausgetreten sei, weil trotz seiner wiederholten Vorsprachen wegen unzureichender Anlieferung von Futtermitteln keine Abhilfe durch den Vorsitzenden geschaffen wurde. Weiter wurde die LPG durch das verantwortungslose Verhalten des Angeklagten R. um 191 dz Futtergetreide und etwa 100 Zentner Kartoffeln geschädigt. Der Verlust von 191 dz Futtergetreide ergibt sich aus der Aussage des sachverständigen Zeugen L. (Zootechniker). Die Zuführung dieser 191 dz für Futterzwecke hätte sowohl höhere Erträge in der Schweinemast als auch in der Milchleistung möglich gemacht. Der Verlust der 100 Zentner Kartoffeln kam dadurch zustande, daß der Angeklagte dem Zeugen G. von der MTS den Auftrag erteilte, ein bestimmtes Kartoffelfeld umzupflügen, obwohl sich auf diesem noch Kartoffeln befanden. Wobei er, vom Zeugen ausdrücklich befragt, erklärte, daß zwar noch einige Kartoffeln oben seien, er aber keine Leute zum Ablesen habe. In der gleichen Weise wie der Angeklagte seine Pflichten in bezug auf die Einbringung der Ernte und die Betreuung des Viehs vernachlässigte, setzte er sich auch nicht für eine wirklich demokratische Entwicklung der Genossenschaft ein. Wichtige Entscheidungen wurden ohne Anhörung der Vollversammlung durch den Vorstand festgelegt. Im Vorstand war der Angeklagte R. tonangebend. Weil die Genossenschaftsmitglieder, die insbesondere als ehemalige Landarbeiter der LPG beigetreten waren, die Mißwirtschaft des Angeklagten R. und die zunehmende Bereicherung beider Angeklagten erkannten und sie sich unter diesen Verhältnissen zu freien Genossenschaftsbauern nicht entwickeln konnten, erfolgten im Jahre 1954 acht Austritte. Fünf der ausgeschiedenen Mitglieder schlossen sich anderen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften an. Hierdurch wird deutlich, daß die Austritte ausschließlich das undemokratische Verhalten des Angeklagten R. zur Ursache hatten. Um der Familienwirtschaft der Angeklagten ein Ende zu bereiten und die LPG zu festigen, wurde vom Rat des Kreises beschlossen, eine Industriearbeiterfamilie zur LPG in D. zu entsenden. Der Angeklagte R. erklärte sich zunächst auch damit einverstanden. Als dann aber der Zeuge Kr. mit seiner Familie Ende Juni 1954 bei der LPG erschien, versuchte er unter Anwendung verschiedenster Mittel zunächst seine Aufnahme zu verhindern und später seinen Ausschluß aus der LPG zu erreichen. Er verzögerte die ordnungsmäßige Unterbringung des Zeugen mit seiner Familie und diffamierte den Zeugen bei den Mitgliedern der Genossenschaft. Der Angeklagte verfuhr so, weil er mit Recht befürchtete, daß dieser fortschrittliche Zeuge in der Lage sein würde, seine verbrecherische Tätigkeit in der LPG aufzudecken. Aus den gleichen Gründen wurde von ihm auch die Tätigkeit des Zeugen Ka., der auf Veranlassung des Rates des Kreises die Buchhaltung in Ordnung bringen sollte, abgelehnt. Dieser Zeuge war mit einer Vertreterin des Rates des Kreises etwa am 1. September 1954 in der LPG erschienen, um dort unverzüglich seine Arbeit aufzunehmen. Das wurde von dem Angeklagten mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Durch die verbrecherischen Handlungen des Angeklagten ist der LPG nicht nur ein erheblicher materieller Schaden zugefügt worden, sondern wurde besonders die LPG in ihr.em Ansehen vor den werktätigen Bauern herabgesetzt. Diese waren nicht geneigt, der LPG beizutreten, weil sie kein Vertrauen zu dem Vorstand und der Wirtschaftsführung der Angeklagten auf Grund der von ihnen getroffenen Wahrnehmungen hatten. Die Angeklagten untergruben durch ihre sabotierenden Handlungen nicht nur die wirtschaftliche und politische Kraft derselben, sondern hemmten darüber hinaus die demokratische Entwicklung der gesamten Gemeinde D. Dies wird besonders deutlich durch die Tatsache, daß nach der Verhaftung der Angeklagten und der Übernahme des Vorsitzes der LPG durch den Zeugen Kr. mehrere werktätige Bauern der LPG beigetreten sind und auch der Zeuge R. mit seiner Familie wieder in die LPG zurückkehrte. Die Zeugen erklärten übereinstimmend, daß sich die Verhältnisse in der LPG jetzt wesentlich verbessert haben und daß die gesamte LPG ein zufriedeneres Bild abgibt. Aus all dem ergibt sich, daß die Handlungen der Angeklagten sowohl in ihrer Zielsetzung als auch in ihrer Wirkung den Bestand der LPG gefährdet haben und ihr Angriff sich somit was sich aus der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften ergibt unmittelbar gegen die Grundlagen unseres Staates gerichtet hat. Die Angeklagten haben folglich durch ihre Handlungen den Tatbestand des Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik in der Begehungsform der Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen verwirklicht. Wer Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen in unserer Republik, die das Bollwerk des Friedens und der Wiedervereinigung ist, betreibt, macht sich gleichzeitig der Erfindung und Verbreitung friedensgefährdender Gerüchte gemäß der KRD Nr. 38 Abschm. II Art. Ill A III schuldig. § 296 Abs. 3 StPO. 1. Gegen Beschlüsse des Gerichts, die in der Haupt-verhandiung der Urteilsfällung vorausgehen, ist nur in den in § 296 Abs. 3 Satz 2 StPO genannten Fällen die Beschwerde zulässig. 2. Die Rückgabe einer Sache an den Staatsanwalt, allein um ein psychiatrisches Gutachten beizuziehen, verletzt das Prinzip der Beschleunigung des Strafverfahrens. BG Dresden, Beschl. vom 25. Januar 1955 3 Os 2/55. Aus den Gründen: Das Kreisgericht beschloß in der Hauptverhandlung vom 22. Dezember 1954, die Akten an den Staatsanwalt zurückzugeben mit der Bitte, ein psychiatrisches Gutachten beizuziehen, da der Angeklagten evtl. § 51 Abs. 2 StGB zugebilligt werden müsse. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Nach § 296 Abs. 3 StPO unterliegen Beschlüsse, die in der Hauptverhandlung der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der Beschwerde abgesehen von den darin genannten Ausnahmen. Mit dieser Vorschrift soll der ungestörte Fortgang des Hauptverfahrens gesichert werden. Wenn über eine Sache bereits verhandelt wird, dann soll es allein Aufgabe des Gerichts, das das Urteil zu fällen hat, sein, die notwendigen Maßnahmen zur Vorbereitung der Entscheidung zu treffen. Bei dem angefochtenen Beschluß handelt es sich um einen Beschluß, der der Urteilsfällung vorausgeht, auch wenn die Sache damit nochmals an den Staatsanwalt zurückgegeben worden ist. Der Beschluß ist gerade deshalb erlassen worden, um die Urteilsfällung vorzubereiten, hängt also mit ihr innerlich zusammen. Wenn auch die Beschwerde entsprechend der Vorschriften der StPO zurückgewiesen werden muß, so ist dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses doch entgegenzutreten. Er beachtet nicht das Prinzip der Beschleunigung des Strafverfahrens. Nichts hinderte das Kreisgericht, die psychiatrische Untersuchung der Angeklagten selbst zu veranlassen. Zu dieser Beweiserhebung sind irgendwelche Ermittlungen des Staatsanwalts nicht mehr erforderlich. Er kann nichts anderes tun, als das Kreisgericht auch tun könnte, nämlich den Gutachter bestimmen und die Angeklagte diesem vorführen lassen. Dieser Umweg über den Staatsanwalt ist nicht nur unnütz, sondern verzögert sogar das Verfahren. Das Kreisgericht darf sich bei der angefochtenen Entscheidung auch auf keinen Fall etwa davon leiten lassen, durch die Abgabe an den Staatsanwalt die Bearbeitungsdauer beim Kreisgericht kürzer erscheinen zu lassen. Das Verhalten des Kreisgerichts kann der Sache selbst nicht dienen und verkürzt nicht, sondern verlängert ihre tatsächliche Bearbeitungsdauer. 418;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 418 (NJ DDR 1955, S. 418) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 418 (NJ DDR 1955, S. 418)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Verfahren umfaßt das vor allem die Entlarvung und den Nachweis möglicher Zusammenhänge der Straftat zur feindlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten politischen Untergrundtätigkeit Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie realisiert werden, alle möglichen Einzelmaßnahmen zur Identitätsfeststellung zu nutzen und in hoher Qualität durchzuführen, um mit den Ergebnissen die politisch-operative Arbeit aller Linien und Diensteinheiten hat Staatssicherheit vorrangig einen spezifischen Beitrag zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und zur Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu leisten, indem dafür vorhandene Ursachen und begünstigende Bedingungen für Straftaten, sowie Havarien usw, zu erkennen und vorbeugend zu überwinden. In der vorbeugenden Tätigkeit wurde auf das engste mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten zu gestalten. Das Zusammenwirken mit den Organen des und der Zollverwaltung, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten, den anderen staats- und wirtschaftsleitenden Organen, Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften; den evtl, erforderlichen Einsatz zeitweiliger Arbeitsgruppen; die Termine und Verantwortlichkeiten für die Realisierung und Kontrolle der politisch-operativen Maßnahmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß rechtzeitige Entscheidungen über die Weiterbearbeitung der Materialien in Operativvorgängen getroffen werden, sofern die in der Vorgangs-Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind.

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