Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 415

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 415 (NJ DDR 1955, S. 415); Auftrag konnten die Angeklagten nicht mehr durchführen, da sie in der Zwischenzeit verhaftet wurden. Im Dezember 1953 wurde der Angeklagte Busch von einem republikflüchtigen Bekannten mit einem Agenten der „KgU“ in Verbindung gebracht, der ihn aufforderte, ihm laufend Informationen aus der Deutschen Demokratischen Republik zu verschaffen. Busch erbat sich Bedenkzeit und verabredete eine neue Zusammenkunft. Bei dieser erklärte sich Busch bereit, Informationen über Engpässe in der Versorgung und über die Stimmung der Bevölkerung in Dresden zu liefern. Er erhielt daraufhin den Decknamen „Albrechtsburg“, der später in „Albreeht“ geändert wurde. Einige Zeit darauf unterschrieb der Angeklagte eine schriftliche Verpflichtungserklärung. Nachdem er sie unterschrieben hatte, wurde mit ihm vereinbart, daß er, falls ihm die Gefahr der Entdeckung durch die Sicherheitsorgane der Deutschen Demokratischen Republik drohen sollte, gewarnt werden würde. Außerdem gab der Angeklagte dem Agenten noch die Adresse eines Westberliner Bekannten, bei dem er Nachricht für ihn hinterlassen könnte. In der Folgezeit traf sich der Angeklagte mit dem Agenten bis zu seiner Verhaftung etwa zwanzigmal, und zwar zunächst monatlich einmal, später zweimal im Monat. Der Angeklagte berichtete nach jeder Fahrt, die er nach Dresden unternommen hatte, über die Versorgung, Stimmung der Bevölkerung in Dresden und über die Kontrolle auf der Fahrt. Die von dem Angeklagten geforderten Berichte betrafen außerdem Fragen der Landwirtschaft, der Volksbefragung und der Volkswahlen. Über die Volkswahlen konnte der Angeklagte sehr genau berichten, weil er Schriftführer im Wahlvorstand eines Wahllokals war. Einmal erhielt der Angeklagte auch den Auftrag, Militärspionage zu betreiben, als er mit einem anderen Agenten der „KgU“ als gewöhnlich zusammentraf. Dieser Auftrag wurde später widerrufen, und es wurde ihm erklärt, daß für die Militärspionage andere Agenten vorgesehen seien. Es blieb aber nicht bei den Spionageaufträgen. Dem Angeklagten Busch wurde sehr bald der Auftrag erteilt, für die „KgU“ Geldsendungen von Dresden aus an bestimmte Einwohner der Deutschen Demokratischen Republik abzuschicken. Im Laufe der Zeit erhielt der Angeklagte in großem Umfange Briefe ausgehändigt, die er im demokratischen Sektor von Groß-Berlin bzw. in Dresden zur Post gab. Bei diesen Briefen handelte es sich um illegale Korrespondenz der „KgU“ mit ihren Agenten, um Einleitungen zu Neuanwerbungen und um solche Briefe, die mit dem Absender fortschrittlicher Organisationen getarnt waren. Diese Briefe enthielten gefälschte Anweisungen zur Desorganisation der Arbeit. Weiter erhielt der Angeklagte gefälschte Briefmarken, Reisemarken für Fleisch und Fett, Benzin- und Kohlenmarken. Die gefälschten Briefmarken trugen einen hetzerischen Aufdruck. Der Angeklagte frankierte damit Briefe an beliebige Einwohner Dresdens, deren Anschriften er dem Telefonverzeichnis entnommen hatte, und gab diese Briefe zur Post. Die Reisemarken für Fleisch und Fett verteilte er nicht, weil deren Fälschung bereits vorher aufgedeckt worden war. Die Benzin- und Kohlenmarken dagegen verteilte er, indem er sie in Dresden an verschiedenen Stellen bei nächtlichen Spaziergängen verstreute. Weiter erhielt der Angeklagte den Auftrag, Personen namhaft zu machen, die ebenfalls für eine Agententätigkeit in Betracht kommen könnten. In einem Fall benannte er eine Adresse, im anderen Fall führte er die für die Anwerbung vorgesehene Person bereits mit dem Hauptagenten der „KgU“ zusammen. Diese Anwerbung scheiterte jedoch daran, daß die anzuwerbende Person das Ansinnen, Spionage zu treiben, ablehnte. Ständig wurde von dem Angeklagten verlangt, daß er sich an in Dresden wohnende Funktionäre des Staatsapparates und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands heranmachen und Charakteristiken über sie liefern sollte. In zwei Fällen wurde dem Angeklagten der Auftrag erteilt, Unterschriftsproben bestimmter Funktionäre zu liefern. In einem Falle handelte es sich um den Vorgesetzten seines Vaters, dem Leiter der Außenstelle Dresden der Zentralstelle für Tierzucht, im anderen Falle um den Vorsitzenden der CDU-Hoch-schulgruppe der Humboldt-Universität Berlin. Beide Unterschriftsproben beschaffte der Angeklagte, indem er die Originalunterschriften der Betreffenden durchpauste. Sämtliche Angeklagten waren von tiefem Haß gegenüber der Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik-erfüllt. Bis auf den Angeklagten Busch waren sie sämtlich Angehörige der Nazipartei oder einer ihrer Gliederungen. Sie betrieben die von ihnen verlangte Spionage und Sabotage freiwillig, ohne dafür bezahlt zu werden. Die Vergütung, die sie erhielten, bewegte sich im Rahmen eines Spesenersatzes oder von Trinkgeldern. Charakteristisch ist, daß, als dem Angeklagten Schuster einmal ein etwas höherer Betrag ausgezahlt wurde, der Hauptagent erklärte, dies sei möglich, weil die Amerikaner wieder eine größere Subvention gegeben hätten. Die Angeklagten Benkowitz, Kogel, Schuster und Kammacher standen mit dem für Thüringen zuständigen Hauptagenten Wagner, der unter dem Decknamen Lange auftrat, in Verbindung, der Angeklagte Busch mit dem für Sachsen zuständigen Hauptagenten Günther Baitz, der sich ihm gegenüber als Meißner bezeichnete. Einmal hatte Busch auch mit dem Vertreter von Baitz, dem Hauptagenten Lange, einen Treff durchgeführt. Der vorstehende Sachverhalt beruht auf den Aussagen der Angeklagten, der vernommenen Zeugen und den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Materialen und Dokumenten. Die Angeklagten haben mit ihren Handlungen Kriegs-pnd Boykotthetze im Sinne des Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik getrieben. Die Kriegshetze haben sie in der höchsten Form, nämlich der Spionage durchgeführt. Sie sind Mitglieder der Spionage-, Sabotage- und Terrororganisation „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ gewesen. Die Boykotthetze haben sie dadurch verwirklicht, daß sie Hetzmaterial in die Deutsche Demokratische Republik brachten, entstellte Berichte über die Verhältnisse, über die Stimmung der Bevölkerung und die Versorgungslage in der Deutschen Demokratischen Republik lieferten und deren Bürger diffamierten und bedrohten. Gleichzeitig hiermit haben sie auch den Frieden des deutschen Volkes und der Welt gefährdet und Propaganda für den Nationalsozialismus getrieben. Sie haben daher auch gegen die Kontrollratsdirektive Nr. 38 Abschn. II Art. Ill A III verstoßen. Die von den Angeklagten aktiv unterstützten Bestrebungen der „KgU“ sind geeignet, die Wiedervereinigung Deutschlands zu verhindern und das Vertrauen zwisdien den in den verschiedenen Teilen des gespaltenen Deutschlands lebenden Bürgern zu untergraben. Eine Wiedervereinigung beider Teile Deutschlands kann nur auf einer friedlichen demokratischen Grundlage erfolgen und setzt das gegenseitige Vertrauen zueinander voraus. Versuche, die Wiedervereinigung Deutschlands zu verhindern, gefährden den Frieden der Welt und die friedliche Koexistenz aller europäischen Staaten. Es ist daher für die Entspannung und für die Herstellung gesicherter friedlicher demokratischer Verhältnisse in ganz Deutschland unerläßlich, alle Spionage- und Terrororganisationen zu liquidieren. Westberlin darf nicht mehr Brückenkopf des kalten Krieges gegen die friedliche Welt sein. Durch ihr Verhalten haben die Angeklagten schwere Schuld auf sich geladen. Sie haben in den vergangenen Jahren die gegen Spione, Saboteure und Diversanten durchgeführten Prozesse vor dem Obersten Gericht, insbesondere diejenigen, die sich gegen Angehörige der „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ richteten, aufmerksam verfolgt. Sie haben daraus klar erkannt, welche Schwere die von ihnen durchgeführten Verbrechen hatten und welche Strafe sie erwarten mußten. Gleichwohl haben sie sich nicht von der Fortsetzung ihrer Verbrechen absehrecken lassen. Alle ihnen angebotenen Möglichkeiten, sich durch ein offenes und ehrliches Bekenntnis ihrer Verbrechen eine neue Lebensgrundlage zu schaffen, haben sie in den Wind geschlagen. In vollem Bewußtsein ihrer Verbrechen haben sie diese aus niedrigstem Haß gegen die Deutsche Demokratische Republik weiter begangen. Von außerordentlicher Gefährlichkeit waren die Handlungen des Angeklagten Benkowitz. Er hat seit 1949 mit größter Intensität und Bereitwilligkeit alle ihm 415;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 415 (NJ DDR 1955, S. 415) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 415 (NJ DDR 1955, S. 415)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt muß vor der Entlassung, wenn der Verhaftete auf freien Fuß gesetzt wird, prüfen, daß - die Entlassungsverfügung des Staatsanwaltes mit dem entsprechenden Dienstsiegel und eine Bestätigung der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungsabt eilurig zu übergeben. Der zuständige Staatsanwalt ist über alle eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen zu informieren. Mit der Betreuung von inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland. Zur Bedeutung einer maximalen Sicherheit bei den Transporten inhaftierter Ausländer aus dem nichtsozialistischen Ausland. Zur allseitigen Vorbereitung von Transporten mit Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister für. Die rdnungs-und Verhaltens in für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Hausordnung - erarbeitet auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister Gemeinsame Festlegung der Hauptabteilung und der Abteilung zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen- der Untersuchungshaftvoilzugsorduung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Dabei haben, solche Schwerpunkte im Mittelpunkt zu stehen, wie - Abstimmung aller politisch-operativen Maßnahmen, die zur Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit während des Strafverfahrens notwendig sind, allseitige Durchsetzung der Regelungen der üntersuchungs-haftvollzugsordnung und der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Berücksichtigung der politisch-operativen Lage im Zusammenhang mit der operativen Aktion oder dem operativen Sicherungs eins atz, die qualifizierte Erarbeitung der erforderlichen Leitungsdokumente wie Einsatzpläne, Inforraations-ordnung sowie weiterer dienstlicher Bestimmungen und Weisungen notwendige Beratungen mit sachkundigen Angehörigen Staatssicherheit durchzuführen und die Initiative, Bereitschaft und Fähigkeit des Kollektivs bei ihrer Realisierung zu entwickeln.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X