Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 414

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 414 (NJ DDR 1955, S. 414); übernehmen sollte. Gleichzeitig übermittelte Stein dem Angeklagten den Auftrag, in seiner Dienststelle Sabotage auszuüben. Insbesondere sollte er die Luftschläuche von Güter- und Personenwagen zerschneiden. Ferner fertigte Stein Charakteristiken über Mitglieder der Betriebsparteiorganisation der SED auf dem Bahnhof Triptis an. Der Angeklagte Schuster überbrachte diese Charakteristiken bei einem Treff, der im Juli-August 1952 stattfand. Bei dieser Gelegenheit erhielt er den Auftrag zu besonderen Sabotage- und Diversionsakten, und zwar sollte er erkunden, ob es möglich sei, die Eisenbahnanlagen in der Gegend seines Wohnortes, insbesondere Brückenanlagen zu sprengen. Sobald er dafür geeignete Objekte ausfindig gemacht habe, stehe der dafür erforderliche Sprengstoff zur Verfügung. Der Angeklagte erklärte, er werde diese Frage mit Stein besprechen. Ebenfalls wurde ihm gesagt, er solle versuchen, Funktionäre der SED zu überfallen und niederzuschlagen; wenn diese nicht wieder aufstünden, so wäre dies kein Unglück. Letzteren Auftrag lehnte der Angeklagte ab, weil er befürchtete, dabei entdeckt zu werden. Nach seiner Rückkehr besprach er mit Stein die Möglichkeit einer Sabotage des Eisenbahnverkehrs. Der Angeklagte und Stein kamen zu dem Entschluß, ausschließlich Schädlingstätigkeit durchzuführen, und zwar nutzte der Angeklagte seine Dienststellung aus, um den Eisenbahnverkehr, insbesondere den Güterumschlag zu verlangsamen, indem er die ihm erteilten Vorschriften und Anweisungen bürokratisch auslegte. Hierdurch gelang es ihm, in erheblichem Umfange Verzögerungen im Güterverkehr zu organisieren, ohne daß dies bemerkt wurde. Der Angeklagte lieferte in der Folgezeit gemeinsam mit Stein die von der „KgU“ geforderten Informationen. Im Dezember 1952 wurde dem Angeklagten erklärt, daß künftig die Arbeit konspirativer durchgeführt werden müsse. Zu diesem Zeitpunkt erhielt der Angeklagte den Decknamen „Schwalbe“ und wurde darauf hingewiesen, daß die Zusammenkünfte aus Sicherheitsgründen nicht mehr in der Zentrale der „KgU“ durchgeführt werden sollten, da ihr Sitz den Organen der Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik bekannt sei. Der Angeklagte erhielt den Auftrag, in der Schädlingsarbeit zurückhaltender zu werden, um sich nicht zu gefährden. Dagegen sollte er in größerem Umfange als bisher militärische Informationen liefern. Das Ergebnis dieser entsprechend den Anweisungen durchgeführten Spionage überbrachte Stein im Februar oder März der „KgU“. Als er zurückkehrte, brachte er eine Flasche Geheimtinte und eine Deckadresse mit, mit deren Hilfe nunmehr auch schriftliche Berichte geliefert werden sollten. Gleichzeitig übermittelte er den Auftrag, Informationen über das Benzinlager der Sowjetarmee in Münchenbernsdorf zu sammeln. Insbesondere sollten die Ausgänge der Kesselwagen, deren Bestimmungsort und die Anzahl der Wagen enthalten sein, außerdem interessierten Militär- und Gütertransporte der Sowjetarmee, namentlich die Herkunft des Transportes und der Bestimmungsort, Anzahl, Art und Beladung der Wagen, die Nummern der auf den Wagen befindlichen Fahrzeuge und die genaue Zeit und der Ort der gemachten Beobachtungen. Gemeinsam mit Stein führte der Angeklagte diese Aufträge durch und berichtete hierüber bis zum Dezember 1953 etwa fünf- bis siebenmal schriftlich unter Verwendung der ihm zu diesem Zweck zur Verfügung gestellten Geheimtinte. In der Zwischenzeit war der Angeklagte einmal im Juli oder August 1953 für kurze Zeit in Berlin. Diese Gelegenheit benutzte er, um mit der „KgU“ telefonisch in Verbindung zu treten. Dabei wurde ihm erklärt, es hätten sich in letzter Zeit viele Agenten den Sicherheitsorganen der Deutschen Demokratischen Republik gestellt. Er und Stein dürften dies jedoch nicht tun. Der Angeklagte versprach, seine verbrecherische Tätigkeit nicht aufzugeben. Im Dezember 1953 fuhr Stein nach Westberlin und kehrte nicht mehr zurück. Bei einem späteren Besuch des Angeklagten in Westdeutschland erfuhr er, daß Stein nicht, wie er gehofft hatte, eine Anerkennung als „politischer Flüchtling“ und eine Anstellung bei der Bundesbahn erhalten hatte, sondern in einem Flüchtlingslager bei Ulm notdürftig untergebracht worden war. Stein hatte dem Angeklagten bereits etwa eine Woche vor seiner Republikflucht angedeutet, daß er möglicherweise nicht zurückkehren würde und daß der Angeklagte sich in diesem Fall mit dem Mitangeklagten Kammacher in Verbindung setzen solle, der von Stein angeworben worden war und der sich bereit erklärt hatte, dessen Aufgaben zu übernehmen. Dementsprechend gliederte der Angeklagte den Mitangeklagten Kammacher am 20. Dezember 1953 in seine Spionagegruppe ein. Mitte Dezember 1953 wurde der Angeklagte mit einem in Leipzig eingeworfenen Brief in versteckter Form aufgefordert, sich bei der „KgU“ zu melden. Da der Angeklagte aus dienstlichen Gründen verhindert war, bat er den inzwischen von ihm übernommenen Angeklagten Kammacher, der um diese Zeit nach Westdeutschland fuhr, von dort aus die Gründe der Verhinderung des Angeklagten Schuster mitzuteilen. Kammacher kam dieser Aufforderung nach und teilte in dem Brief gleichzeitig mit, daß er selbst bereit sei, für die „KgU“ zu arbeiten. Bei einem späteren Aufenthalt in Westdeutschland im Dezember 1954 schrieb Kammacher erneut an die „KgU“. Er berichtete über Vorgänge im Porzellanwerk Triptis und fügte diesem Brief einen ihm von Schuster mitgegebenen, in Geheimtinte geschriebenen Spionagebericht bei. Um die Berichte, insbesondere die über das Benzinlager, genau abfassen zu können, warb der Angeklagte Schuster noch den Reichsbahnangestellten Ruffert, der ihm für die gelegentliche Hingabe von Zigaretten alle Beobachtungen, die er auf der Strecke gemacht hatte, mitteilte. Im April 1954 suchte Schuster die „KgU“ erneut in Westberlin auf. Bei dieser Gelegenheit wurde ihm für den „E.-Fall“ der Auftrag erteilt, die Eisen-bahrtbrücke, die die Verbindung zu dem Benzinlager herstellte, zu sprengen. Den dafür erforderlichen Sprengstoff würde er zur rechten Zeit erhalten. Der Angeklagte erklärte seine Bereitschaft, dieses Verbrechen auszuführen. Gleichzeitig wurde der schon früher erteilte Auftrag, Funktionäre der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zu terrorisieren, konkretisiert, indem dem Angeklagten die Anweisung erteilt wurde, den SED-Funktionär Kneisel mit einem Knüppel über den Kopf zu schlagen, so daß dieser liegenbliebe. Der Angeklagte sagte zwar nicht ausdrücklich zu, diese Tat auszuführen, ließ aber durch-blicken, daß er auch diesen Auftrag bei Gelegenheit erledigen würde. Während dieses Treffs erhielt der Angeklagte weitere Aufträge zur Spionage innerhalb der KVP und der Sowjetarmee. Ferner wurde er angewiesen, das nächste Mal Kammacher mit nach Westberlin zu bringen. Über die erhaltenen Aufträge berichtete der Angeklagte im Herbst 1954 in Westberlin, diesmal in Begleitung Kammachers. Um nicht aufzufallen, waren beide mit getrennten Zügen nach Berlin gefahren und hatten sich erst hier getroffen. Bezüglich der Decknamen wurde den Angeklagten erklärt, daß in Zukunft Schuster den Decknamen „Schwalbe I“ und Kammacher „Schwalbe II“ führen sollten. Sie erhielten den zusätzlichen Auftrag, den Reichsbahnangestellten Schiller aus Triptis anzuwerben. Der Angeklagte Schuster machte von sich aus noch den Vorschlag, ebenfalls den Reichsbahnangestellten Fitze für die „KgU“ zu gewinnen. Bei dieser Gelegenheit erhielt der Angeklagte Schuster auch noch die Anweisung, die bei ihm befindliche Geheimtinte zu vernichten und nunmehr alle sechs Wochen persönlich Bericht zu erstatten. Nach ihrer Rückkehr führten die Angeklagten gemeinsam die bezüglich Schiller erhaltene Anweisung durch. Schuster schrieb zwei Briefe an Schiller. Der erste Brief wurde durch die Post befördert und enthielt die Aufforderung, Schiller solle einmal genau in seiner Fahrradtasche nachsehen. Der zweite Brief, der von Kammacher in die Fahrradtasche Schillers praktiziert wurde, enthielt die Aufforderung, nach Westberlin zu fahren und dort die „KgU“ anzurufen. Kammacher beobachtete, wie Schiller nach Erhalt des Briefes bestürzt mit seiner Frau den Inhalt dieses Briefes besprach. Im März 1955 fuhr der Angeklagte Schuster zum letztenmal nach Westberlin. Bei dieser Gelegenheit erhielt er den konkreten Auftrag, zu berichten, wann und zu welchem Zeitpunkt Export- und Importzüge die Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik passieren und mit welchen Gütern sie beladen waren. Diesen 414;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 414 (NJ DDR 1955, S. 414) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 414 (NJ DDR 1955, S. 414)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der HauptabteiIungen sebständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen zu bestätigen. Verantwortlichkeit und Aufgaben. Die Leiter der Hauptabteilungen selbständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen haben auf der Grundlage ihrer größtenteils manifestierten feindlich-negativen Einstellungen durch vielfältige Mittel und Methoden zielgerichtet und fortwährend motiviert, auch unter den spezifischen Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuqes Handlungen durchzuführen und zu organisieren, die sich gegen die sozialistische Staatsund Gesellschaftsordnung richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Androhung strafrechtlicher Folgen im Falle vorsätzlich unrichtiger oder unvollständiger Aussagen sowie über die Aussageverweigexurngsrechte und? Strafprozeßordnung . Daraus ergeben sich in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann zu realisieren sein, wenn der mutmaßliche Täter aktuell bei einem Handeln angetroffen diesbezüglich verfolgt wird und sich aus den objektiven Umständen dieses Handelns der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlen. Das sind eng und exakt begrenzte gesetzliche Festlegungen; das Nichtvorliegen des Verdachts einer Straftat auch dann eingeleitet werden, wenn die politisch und politisch-operativ relevanten Umstände mittels der Verdachtshinweisprüfung nicht in der für die Entscheidungsreife notwendigen Qualität erarbeitet werden konnten und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach durchgeführten Prüfungshandlungen ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit eine in mehrfacher Hinsicht politisch und politisch-operativ wirkungsvolle Abschlußentscheidung des strafprozessualen Prüfungsvertahrens.

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