Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 404

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 404 (NJ DDR 1955, S. 404); Das Widerstandsrecht des Volkes gegen verfassungswidrig ausgeübte Staatsgewalt ergibt sich unmittelbar aus dem Prinzip der Volkssouveränität und kann Jahrhunderte zurückverfolgt werden. Bereits im Naturrecht standen über dem geschriebenen, dem positiven Recht bestimmte überstaatliche Rechtsgrundsätze, wie z. B. die Menschenrechte. Wurden diese Rechtsgrundsätze von einer Regierung oder einem Parlament auch bei einer demokratischen Mehrheit verletzt, dann stand dem Bürger bei einer solchen Überschreitung der staatlichen Befugnisse das Recht auf Widerstand zu. Für Westdeutschland ergibt sich das Recht auf Widerstand zum Schutze der im Grundgesetz festgelegten Rechte aus Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Es ist eines der elementarsten und wichtigsten Rechte des Volkes und leitet sich aus dem Selbstbestimmungsrecht sowie aus den Souveränitätsrechten her. Wenn das Volk die Ausübung der Staatsgewalt auf bestimmte gewählte Verfassungsorgane überträgt (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), dann schließt das zwingend auch das Recht des Volkes ein, die staatlichen Organe jederzeit bei der Verwirklichung.seines Willens zu kontrollieren und seinen Willen bei Nichtbeachtung der Volksrechte im äußersten Fall durch unmittelbare, außerparlamentarische Aktionen durchzusetzen. In einem solchen Fall nimmt das Volk sein Recht auf Widerstand in Anspruch, um einen Mißbrauch der Staatsgewalt, die sich zum Willen der Mehrheit des Volkes in Widerspruch gesetzt hat, zu verhindern und die im Grundgesetz festgelegten Rechte zu schützen. Damit sollen undemokratische, autoritäre und terroristische Herrschaftsmethoden, wie wir sie besonders aus der Zeit des Faschismus kennen, verhindert werden. Mit Recht wies Prof. Dr. Kröger am 40. Verhandlungstag im Verbotsprozeß gegen die KPD bei der Behandlung des Widerstandsrechts darauf hin, daß die Siegermächte in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen dem deutschen Volk den Vorwurf gemacht hatten, der faschistischen Schreckensherrschaft nicht geschlossenen Widerstand entgegengesetzt zu haben. In diesen Prozessen wurde eindeutig eine juristische Widerstandspflicht gegen verfassungswidrige, terroristische und aggressive Maßnahmen der Exekutive anerkannt. Einige Länder der westdeutschen Bundesrepublik haben aus den geschichtlichen Erfahrungen die Lehren gezogen und das Widerstandsrecht sogar in ihren Verfassungen niedergelegt. Nach der Bremer Verfassung (Art. 19) hat jedermann das Recht und die Pflicht zum Widerstand, wenn die verfassungsmäßig festgelegten Menschenrechte durch öffentliche Gewalt in verfassungswidriger Weise angetastet werden. Die Verfassung des Landes Hessen (Art. 147 Abs. 1) gewährt ihren Bürgern gegen jede verfassungswidrig ausgeübte öffentliche Gewalt ein Recht auf Widerstand, ungeachtet der Möglichkeit, daß dagegen auch auf dem gewöhnlichen Rechtsweg angegangen werden kann. Auch die Westberliner Verfassung legt in Art. 23 Abs. 3 fest, daß jedermann zum Widerstand berechtigt ist, wenn die in der Verfassung festgelegten Grundrechte offensichtlich verletzt werden. Der Senatsbeschluß steht also im Gegensatz zur hessischen, Bremer und Westberliner Verfassung. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ machte im Zusammenhang mit diesem Beschluß zu Recht auf das Kuriosum aufmerksam, daß nun ein Hesse das Widerstandsrecht zwar als hessischer Bürger, nicht aber als Bürger der Bundesrepublik ausüben könne. Das Bundesverfassungsgericht meint, sein Tätigwerden bei Verfassungsverletzungen stelle einen ausreichenden Schutz für die im Grundgesetz garantierten Rechte dar, so daß dadurch das direkte Widerstandsrecht des Volkes ersetzt sei. Diese Auffassung berücksichtigt weder die gegenwärtigen realen Bedingungen noch die Erfahrungen aus der Geschichte. Die Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts bei verfassungswidrigen Maßnahmen ist dem Bürger zwar gestattet, aber es besteht wie die Praxis zeigt keine Aussicht, daß das Gericht alsbald entscheidet. Beim 1. Senat z. B. lagen allein im November vorigen Jahres 2725 Verfassungsbeschwexden vor, die zum Teil seit mehr als drei Jahren einer Entscheidung harren. Viele Gerichte, die eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ihren eigenen Entscheidungen zugrunde legen wollen, müssen Verfahren aussetzen. Selbst das Bundesverfassungsgericht mußte feststellen, daß durch sein langsames Arbeiten Verzögerungen in der Rechtsprechung anderer Gerichte eintreten, daß sich eine „Rechtsnot“, eine Art „Stillstand der Rechtspflege“ bemerkbar mache. Eine Beschränkung auf eine so langsam arbeitende Gerichtsbarkeit bedeutet aber für den Bürger keinen Schutz der Verfassung und keinen Ersatz für das demokratische Selbsthilferecht des Volkes. Ehe das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung trifft, haben sich die durch einen Verfassungsbruch geschaffenen politischen Verhältnisse derart stabilisiert, daß eine Änderung selbst im Falle einer anderslautenden Entscheidung nicht mehr möglich wäre. Es gibt in der Geschichte eine Reihe von Beispielen, die beweisen, daß die Gerichte allein kein zureichendes Mittel gegen Verfassungsbrüche sind. Als 1920 der Kapp-Putsch begann, war eine Inanspruchnahme der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht möglich. Ein Verfahren wurde erst in Gang gesetzt, nachdem der Putsch bereits * durch einen Generalstreik der Arbeiterklasse zerschlagen worden war. Als Franz von Papen 1932 den Staatsstreich gegen die sozialdemokratische Braun-Severing-Regierung in Preußen durchführte und sich als damaliger Reichskanzler zum Reichskommissar machte, erhoben Braun und Severing gegen diesen offensichtlichen Verfassungsbruch Klage vor dem Staatsgerichtshof. Obwohl das Gericht danach feststellte, die preußische Regierung habe ihre Pflichten gegenüber dem Reich nicht verletzt, erklärte es Papen und das damalige Reich für berechtigt, aus Sicherheitsgründen die Machtmittel in einer Hand zusammenzufassen. Preußen hätte danach seine Regierung behalten können und lediglich die Polizeigewalt abtreten müssen. Aber: Die politischen Tatsachen waren bereits geschaffen, die Braun-Regierung blieb abgesetzt, die Rechtmäßigkeit des Gewaltsaktes war bestätigt, der Verfassungsgerichtshof war nicht in der Lage, die gestörte verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen. Bekanntlich war dieser Staatsstreich die Ouvertüre für die Errichtung der Hitlerdiktatur. In diesem Zusammenhang muß man beachten, daß bei jedem „Staatstreich von oben“ die putschenden Kräfte alle Formen des Widerstandes im Keime zu ersticken suchen und sich bemühen, den „Schein der Legalität“ zu wahren. So berief sich Hitler bei seiner „Machtübernahme“ selbst auf die Weimarer Verfassung. Im Reichstag kassierte er die 81 Sitze der KPD und ergaunerte sich so die Mehrheit alles unter dem Schein der „Gesetzlichkeit“. Das damalige Verfassungsgericht unternahm nichts dagegen. Die Auflösung der politischen Parteien, das Verbot der Gewerkschaften und die späteren schauerlichen SS-Morde von 1934 wurden von der Gerichtsbarkeit einfach übersehen. Die rechtspositivistischen Lehren, daß der Verfassungsgesetzgeber rechtlich allmächtig sei und jedes legal zustande gekommene Gesetz Gültigkeit habe, trugen also wesentlich dazu bei, daß die Faschisten das Widerstandsrecht beseitigen konnten. Schließlich spricht noch ein Gesichtspunkt dagegen, daß das Bundesverfassungsgericht das Widerstandsrecht des Volkes durch seine Rechtsprechung ersetzen kann: Das ist die Tatsache, daß die Bonner Regierung bereits dazu übergegangen ist, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu mißachten und sich darüber hinwegzusetzen, wenn sie nicht ganz in ihrem Sinne aus-fallen. So bestritt die Regierung dem obersten westdeutschen Verfassungsgericht seine Zuständigkeit, über die Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit von Gesetzen zu entscheiden. Wir erinnern uns, wie die Bonner Regierung Ende 1952 wegen der EVG-Klage heftige Angriffe gegen das Gericht richtete und offen ankündigte, daß sie sich über den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts hinwegsetzen werde. Vor der Entscheidung über das Saarstatut schrieb die adenauerhörige Presse, daß sich die Regierung nicht an die Entscheidung des Senats halten werde, wenn sie nicht ihre Auffassung zum Inhalt haben sollte. Eine Mißachtung des Gerichts lag auch darin, daß der Bundespräsident die Pariser Verträge Unterzeichnete, ehe das Bundesverfassungsgericht darüber überhaupt entschieden hatte. 404;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 404 (NJ DDR 1955, S. 404) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 404 (NJ DDR 1955, S. 404)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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