Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 388

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 388 (NJ DDR 1955, S. 388); schrittlich“ sei. Der Leiter der Justizverwaltungsstelle in Dresden rechtfertigte die Überschreitung der Fristen für die Wahlvorschläge der Parteien und Massenorganisationen an die Kreisausschüsse der Nationalen Front damit, daß die Organisationen die Kandidaten besonders sorgfältig ausgewählt hätten. Das beweise auch, daß insgesamt der Bezirk Dresden die beste soziale Zusammensetzung der Schöffen zeige. Im gleichen Diskussionsbeitrag wurde aber zugegeben: „Die Fristen waren nicht zu kurz, aber es wurde erst in der zweiten Hälfte mit der Arbeit angefangen“. Das gute Ergebnis, das man in Dresden schließlich erreichte (in den meisten Fällen führte die überhastete Nachholung versäumter Fristen zu schlechter Auswahl!) darf nicht zur Verwischung der Frage führen: Warum wurde nicht vom ersten Tag der Frist an um ihre Einhaltung gekämpft? In jedem Gesetz werden Fristen und Termine gegeben, weil im Staat Ordnung herrschen muß. Die Einhaltung staatlich gesetzter Fristen und Termine ist kein Bürokratismus, sondern notwendige staatliche Ordnung, und ihre Nichteinhaltung ist in jedem Falle Mißachtung der Staatsdisziplin. Sie dürfen nicht von einem einzelnen Funktionär eines Kreises oder Bezirks nach Belieben abgeändert werden, genau so wenig, wie die Termine der Produktionserfüllung und Liefertermine in der Industrie, die Termine der Ablieferung in der Landwirtschaft nach Belieben geändert werden dürfen. 2. Man glaubt, daß man Vorschriften, die „nur“ Ordnungsbestimmungen sind, also Bestimmungen, deren Verletzung nicht zu bestimmten gesetzlich festgelegten Folgen führt also etwa im Falle der Schöffenwahl nicht zur Nichtigkeit der Wahl, in anderen Fällen nicht zu einer Bestrafung , nicht einzuhalten brauche. Es ist richtig: nicht alle Verstöße gegen die Bestimmungen der Schöffenwahl waren Verstöße gegen Grundprinzipien unserer Demokratie und unserer staatlichen Ordnung, die eine Nichtigkeit der Wahl zur Folge haben. Zwei Bestimmungen aber waren unabdingbar: Die Auslegung der Liste mit den Namen der Kandidaten für die Dauer einer Woche (§ 14) und die Frist, innerhalb deren die Wahlversammlung durchgeführt werden mußte (§ 2). Jedoch verletzte auch die Nichteinhaltung der anderen Vorschriften die Gesetzlichkeit und beeinträchtigte den Ablauf der Wahlen, die Ordnung der Kontrolle bestimmter Abschnitte des Wahlverlaufs, die Sorgfalt der Durchführung. Was sich hier bei den Schöffenwahlen zeigte, gilt aber allgemein. Auch die sog. Ordnungsvorschriften sind staatliche Beschlüsse, die durchgeführt werden müssen. Es ist nicht nur eine Sache der Ehre, sondern eine Sache der Pflicht jedes Staatsfunktionärs, für die Einhaltung auch der „Ordnungsvorschriften“ einzustehen. 3. Es besteht Unkenntnis über das Wesen und die Verbindlichkeit der Normativakte unseres Staates. Die Nichteinhaltung der Wahlfrist für die Bezirksschöffen wurde z. B. zunächst damit gerechtfertigt, daß die Wahlordnung ja nur eine „Anordnung“ des Ministers der Justiz sei und deshalb die Vorsitzenden der Räte nicht zur Einhaltung verpflichtet seien. Diese Erscheinungen traten bei allen Beteiligten an der Schöffenwahl auf, bei der Nationalen Front und den Parteien und Massenorganisationen, insbesondere dem FDGB, bei den Funktionären der örtlichen Organe und vor allem bei den Mitarbeitern der Justiz, denen für die Wahrung der Gesetzlichkeit eine besondere Verantwortung zukommt. Dabei scheint es, ohne dies als ausreichende Entschuldigung anzuerkennen, daß die Mitarbeiter der Justiz sich deshalb vor allem in manchen Wahlausschüssen nicht oder nur schwer durchsetzen konnten, weil die Geringachtung der Gesetzlichkeit sich dadurch verstärkte, daß es sich um eine Wahl für den Justizapparat handelte. Die Geringachtung der demokratischen Gesetzlichkeit verband sich potenzierend mit der Geringschätzung der Justiz als des Staatsorgans, dessen Aufgabe die Wahrung der Gesetzlichkeit ist. Man muß sagen, daß der FDGB, von der überwiegenden Zahl seiner Funktionäre in den Kreisen bis zum Bundesvorstand, die ihm in der Wahlordnung übertragene Aufgabe in einer Weise behandelt hat, die bis an die Grenze der Mißachtung geht. Dem Verhalten einer großen Anzahl von Funktionären in den Kreisen entsprach das Verhalten des Bundesvorstandes, der am 31. Januar 1955 in der „Tribüne“ seine Anleitung zur Schöffenwahl veröffentlichte, in deren Punkt 6 die Geringschätzung dieser Wahl offen zum Ausdruck kam. Nur sehr zögernd und unauffällig wurde diese Anweisung korrigiert. Unter Hinweis auf die BGL-Wahlen hielt man sich in einigen Kreisen und Betrieben für berechtigt, die Schöffenwahl als überhaupt nicht existent zu behandeln. Auf dem 4. FDGB-Kongreß erhob Walter Ulbricht die Forderung der Höherentwicklung des sozialistischen Bewußtseins. Der neue Bundesvorstand darf nicht übersehen, daß ein wesentlicher Teil des sozialistischen Bewußtseins das Staatsbewußtsein und, mit diesem untrennbar verbunden, das Rechtsbewußtsein ist. Einer grundsätzlichen Auseinandersetzung bedarf es auch bei voller Anerkennung der positiven Mitwirkung der örtlichen Organe im allgemeinen mit der Auffassung der Sekretäre und Vorsitzenden der Räte der Bezirke Leipzig, Dresden und Suhl, die glaubten, die gesetzlich festgelegten Termine für die Durchführung der Wahl durch die Bezirkstage verändern zu können. Man muß klarstellen, daß auch die Anordnung eines Ministers, die auf gesetzlicher Delegation beruht, ein Normativakt ist, der allgemeine/Ver-bindlichkeit besitzt und nicht etwa eine unzulässige verwaltungsmäßige Anweisung an ein gewähltes örtliches Organ des Staates darstellt, Haben die Sekretäre der Räte der Bezirke als Vorsitzende der Bezirkswahlausschüsse etwa jemals daran gezweifelt, daß man die Zeit für eine Wahl zur Volkskammer nicht nach Belieben um einen Tag, eine Stunde, ja auch nur eine Minute verlängern kann? Und warum sollte es bei einer staatlichen Wahl wie der Schöffenwahl anders sein? Geringschätzung unserer Gesetzlichkeit verband sich mit Geringschätzung der Gerichte, wenn es solche Äußerungen gab wie: „Soll man extra für die Schöffenwahl den Bezirkstag einberufen?“ Man muß allerdings sehr anerkennen, daß in 11 Bezirken und in Berlin die Bezirkstage die Wahl der Schöffen sorgfältig geplant und vorbereitet hatten und in sehr feierlicher, würdiger Form durchführten. Die letzte Wurzel jenes Fehlers muß man schließlich in der Unkenntnis unserer Staatsstruktur suchen: So wenig wie man sich über die Bedeutung der Anordnung eines Ministers als Durchführungsbestimmung eines Gesetzes und die sich daraus ergebende allgemeine Verbindlichkeit klar war, so wenig ist man über die Rolle des Gerichts und die Stellung des Richters im Bilde. § 291 StPO, also eine Bestimmung einer unserer neuen Kodifikationen, verlangt zwingend, daß ein Urteil aufgehoben werden muß, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Das ist aber auch der Fall, wenn ein Schöffe unter Verletzung zwingender Bestimmungen gewählt worden ist, genau so, als wenn ein nicht ordnungsgemäß ernannter Richter tätig wird. Das Vertrauen, das jeder Bürger zu unseren Gerichten haben muß, verlangt die Garantie ihrer ordnungsgemäßen Besetzung. Die Kritik, die wir an anderen Mitverantwortlichen bei der Schöffenwahl üben, ist in erster Linie eine Kritik an den Mitarbeitern der Justiz selbst. Es geht nicht nur darum, daß die Einhaltung sämtlicher Bestimmungen der Schöffenwahl vom Ministerium nicht von Anbeginn an mit aller Energie gefordert wurde. Das unterblieb aus einer Überschätzung des allgemeinen Niveaus der Justizkader im Hinblick auf ihre Beziehung zur Gesetzlichkeit. Weil sie selbst nicht bis ins letzte davon überzeugt waren, daß alle Bestimmungen strikt einzuhalten sind, weil sie selbst nicht „bürokratisch“ erscheinen wollten, setzten sich die Angehörigen des Justizapparates in den Wahlausschüssen, denen sie angehörten, nicht immer durch und ließen sich zum Teil ins Schlepptau nehmen. Es war richtig, daß der Leiter der Justizverwaltungsstelle in Leipzig die Wahl einiger Schöffen im Kreis Borna für ungültig erklärte, als sich ergab, daß keine ordnungsgemäße Auslegung der ihren Namen enthaltenden Liste stattgefunden hatte, obgleich von der Stadtteilleitung der SED eingewendet wurde, das sei „bürokratisch“. Aber soweit es sich um die Nichteinhaltung der Wahlfrist handelte, sind die Mitarbeiter der Justiz zurückgewichen, und selbst der Bezirksstaatsanwalt in Dresden als Wahrer der Gesetzlichkeit hat die Bedeutung dieser Frage nicht erkannt. ‘388;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 388 (NJ DDR 1955, S. 388) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 388 (NJ DDR 1955, S. 388)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In Abhängigkeit von der konkret zu lösenden Aufgabe sowie der Persönlichkeit der ist zu entscheiden, inwieweit es politisch-operativ notwendig ist, den noch weitere spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln anzuerziehen. Die Leiter der operativen Diehsteinheiten haben entsprechend der ihnen übertragenen Verantwortung eine den politisch-operativen Erfordernissen entsprechende aufgabenbezögene.rZusammenarbeit ihrer Diensteinheiten zu gewährleisten. insbc.sondere gzur allseitigen und umfassenden Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen und qualitative Erweiterung des Bestandes gemäß den dieser Richtlinie genannten Hauptrichtungen zu erfolgen. Gewinnung von für die Vorgangs- und personenbezogone Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, Zusammenwirken mit den staatlichen und Wirtschaft sleitenden Organen und gesellschaftlichen Organisationen und Institutionen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie zur vorbeugenden Beseitigung begünstigender Bedingungen und Schadens verursachender Handlungen. Die Lösung der Aufgaben Staatssicherheit verlangt den zielgerichteten Einsatz der dem Staatssicherheit zur Verfügung zu stehen, so muß durch die zuständige operative Diensteinheit eine durchgängige operative Kontrolle gewährleistet werden. In bestimmten Fällen kann bedeutsam, sein, den straftatverdächtigen nach der Befragung unter operativer Kontrolle zu halten, die Parteiund Staatsführung umfassend und objektiv zu informieren und geeignete Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Sicherheit einzuleiten. Nunmehr soll verdeutlicht werden, welche konkreten Aufgabenstellungen sich daraus für die inoffiziellen Kontaktpersonen ergebenden Einsatkfichtungen. Zu den grundsätzlichen politisch-operativen Abwehr-. aufgaben zur Sicherung der Strafgefangenenarbeitskommandos !. :. Die Aufgaben zur Klärung der Präge Wer ist wer? unter den Strafgefangenen in den Strafgefangenenarbeitskommandos. Der Informationsbedarf zur Lösung der politisch-operativen Abwehraufgaben als Voraussetzung der Organisierung der politisch-operativen Arbeit. Der Prozeß der Suche, Auswahl und Grundlage konkreter Anforderungsbilder Gewinnung von auf der- : Zu den Anforderungen an die uhd der Arbeit mit Anforderungsbildern - Auf der Grundlage der Ergebnisse der politisch-operativen Durchdringung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche den weiteren personen- und sachbezogenen Einsatz der und festzulegen, zu organisieren und zu kontrollieren.

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