Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 331

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 331 (NJ DDR 1955, S. 331); Ausdruck in dem bekannten Schlagwort: Das Recht des Meeres muß einheitlich sein. Dieses Ziel kann, abgesehen von den internationalen Abkommen, nur durch die Unterordnung aller wichtigen Verträge eines bestimmten Typs unter dasselbe Recht erreicht werden, unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem ständigen Aufenthaltsort der vertragschließenden Parteien, vom Abschlußort, vom Erfüllungsort oder von der Flagge des Schiffes. Obwohl der einzelne Vertrag als solcher keine innere Verbindung mit dem gewählten Recht haben mag, wird eine solche Verbindung offenbar, wenn man diesen Vertrag als Teil der Weltwirtschaft betrachtet. In jenen Zweigen des Handels und Transports, in denen die allgemein benutzten Vertragsformulare in englischer Sprache geschrieben und in Übereinstimmung mit den Bräuchen des englischen Handels aufgestellt sind, ist eine Bezugnahme auf das englische Recht natürlich und vernünftig; die innere Verbindung zwischen jedem Vertrag, der auf diese Weise abgeschlossen ist, und dem englischen Recht sollte daher nicht bestritten werden.“8 9) Lunz charakterisiert diese Ausführungen Martin Wolffs folgendermaßen: „Diese Worte zeugen davon, daß die breite Autonomie des Willens im englischen Kollisionsrecht durch das Bestreben der herrschenden Klasse Englands hervorgerufen war, der ganzen Welt (besonders auf dem Gebiete der Handelsschiffahrt) das englische .allgemeine Recht1 aufzudrängen. Die Losung .Das Recht des Meeres muß einheitlich sein* drückt das Bestreben aus, das englische Recht zum Recht des Meeres zu machen. Diese Losung hat somit einen scharf ausgeprägten aggressiven Charakter.““) Zusammenfassend kann man also über das Verhältnis von „Parteiautonomie“ und „Lokalisierung nach objektiven Gesichtspunkten“ sagen, daß die Praxis und Gesetzgebung der kapitalistischen Staaten, soweit letztere überhaupt existiert, auf dem Standpunkt der „Parteiautonomie“ stehen, wobei die europäische Lehre und Praxis im Gegensatz zur englischen Praxis gewisse, nicht sehr bedeutende Einschränkungen vornimmt. Die Lehre von der „Lokalisierung nach objektiven Gesichtspunkten“, die sich ebenfalls bemüht, den Interessen der Monopolisten zu dienen, hat nur geringen Einfluß auf die Praxis genommen. IV Welche Ausgestaltung hat die „Parteiautonomie“ im internationalen Prdvatrecht der kapitalistischen Staaten im einzelnen erfahren und worin äußert sich das Wesen dieses Grundsatzes konkret? Die „Parteiautonomie“ gestattet zunächst einmal, daß der im konkreten Schuldverhältnis, insbesondere im Außenhandelskaufvertrag, Stärkere dem Partner seinen Willen nicht nur hinsichtlich der einzelnen Vertragsklauseln, sondern auch in bezug auf das für den Vertrag maßgebende Recht aufzwingt. Einer der wichtigsten Umstände, die man sich bei der Analyse der sog. Parteiautonomie stets vor Augen halten muß, besteht ferner darin, daß sehr häufig ein Wille der Parteien, den Vertrag einem bestimmten Recht zu unterwerfen, weder geäußert wird noch sonst zu ermitteln ist. In diesen Fällen greifen die kapitalistischen Gerichte auf den sog. hypothetischen Willen zurück. Der hypothetische Wille wird angeblich so ermittelt, daß das Gericht sich in die Lage der Parteien versetzt und sich fragt, was die Parteien „vernünftigerweise“ vereinbart hätten, wenn sie an die Festlegung des Rechts gedacht hätten. R a a p e bemerkt dazu ganz richtig: „Der hypothetische Partei Wille ist im Grunde nur eine Redeweise Die Anknüpfung an den hypothetischen Willen ist also in Wahrheit eine Anknüpfung mittels Interessenabwägung“10). Er vergißt hinzu-zufügen, daß auch die Interessenabwägung nur eine 8) Wolff, Private International Law, Oxford 1950, § 402, S. 421. 9) Lunz, a. a. O. S. 214. 10) Raape, a. a. O. S. 292. Redeweise ist und in Wahrheit bedeutet, daß die Interessen des Monopolkapitals durchgesetzt werden. Die imperialistische Rechtsprechung verwirklicht also in jedem Fall das Interesse des Monopolkapitals: Entweder ist in den betreffenden Vertrag eine Abrede über das maßgebende Recht aufgenommen worden, dann spiegelt bereits diese Vereinbarung die Interessen der Monopolisten wider oder es findet sich keine solche Vereinbarung in dem Vertrag, dann können die Gerichte durch willkürliche, fiktive Ermittlung eines hypothetischen Parteiwillens diesen Interessen zur Wirksamkeit verhelfen. Die Praxis zur letzten Frage, zur Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, wird also, wie schon festgestellt, durch außerordentliche Schwankungen der Urteile gekennzeichnet, die das Aufstellen allgemeiner Grundsätze fast unmöglich machen. Immerhin hat die bürgerliche Rechtsprechung eine gewisse, sehr fragwürdige Stabilität dadurch bekommen, daß sie sog. Ersatzkriterien aufgestellt hat. Diese sollen für das anzuwendende Recht in den Fällen maßgebend sein, in denen die Parteien weder von der „Parteiautonomie“ Gebrauch gemacht haben, noch die Umstände des Falles den Schluß auf einen hypothetischen Willen gestatten. Solche Ersatzkriterien sind von einigen wenigen kapitalistischen Staaten auch auf dem Wege der Gesetzgebung festgelegt worden; so bestimmt Art. 25 Abs. 1 des italienischen Zivilgesetzbuchs in der Fassung vom 16. März 1942: „Schuldverhältnisse, die aus Vertrag entstehen, werden, wenn die Vertragschließenden ein gemeinsames Heimatrecht besitzen, von diesem geregelt, andernfalls vom Recht des Ortes, an dem der Vertrag geschlossen wurde. Der abweichende Wille der Vertragspartner bleibt in jedem Falle Vorbehalten“. Im übrigen neigen die Gerichte der USA, Frankreichs und teilweise auch Englands dazu, beim Fehlen eines entgegenstehenden wirklichen oder hypothetischen Parteiwillens das Recht des Abschlußortes als Obligationsstatut anzuwenden. Die Gerichte der Schweiz bevorzugen dagegen das Recht des Erfüllungsortes, und die gleiche Praxis verfolgten die kapitalistischen deutschen Gerichte. Natürlich kommt es vor, daß die Anwendung dieser Ersatzkriterien im konkreten Fall nicht den Interessen des Monopolkapitals entsprechen würde; aber erstens gibt es für ganze Gruppen von Rechtsverhältnissen spezielle Ersatzkriterien, die dem Monopolkapital nützlich sind11), und außerdem ist es den kapitalistischen Gerichten in solchen Fällen nie schwer gefallen, das Vorliegen von Umständen „festzustellen“, die es gestatten, einen abweichenden Parteiwillen anzunehmen. So haben verschiedentlich deutsche kapitalistische Gerichte Verträgen, deren Partner Deutsche waren, deutsches Recht zugrunde gelegt, obwohl alle Umstände auf die Anwendung ausländischen Rechts deuteten und auch der Erfüllungsort, das grundsätzliche Ersatzkriterium, nicht in Deutschland lag. Ein charakteristisches Beispiel für die Motive, die einer solchen Bevorzugung des deutschen Zivilrechts zugrunde lagen, mag für viele stehen: In Kolumbien war ein Vertrag zwischen einem dort wohnhaften Deutschen und dem ständigen Vertreter einer deutschen Firma in Kolumbien abgeschlossen worden. Über das Recht, dem der Vertrag unterstehen sollte, war nichts vereinbart worden. Unter diesen Umständen hätte man annehmen müssen, daß der Vertrag kolumbianischem Recht unterstehen müsse, da er dort abgeschlossen war, beide Vertragschließenden dort ihren ständigen Sitz hatten und er offenbar dort auch erfüllt werden sollte. Das Kammergericht entschied jedoch in seinem Urteil vom 12. Mai 1936 anders und wandte deutsches Recht auf den Ver-, trag an. Die Begründung spricht für sich: „Der Berufungsrichter sieht das Unsittliche des Rechtsgeschäfts in der Bestechung von Beamten der Republik Kolumbien und in der Beschaffung der Konkurrenzangebote. Er hätte aber, bevor er zur Annahme der Nichtigkeit kam, zuerst prüfen müssen, welche Gewohnheiten und Auffassungen herrschten. Wenn es dort etwa üblich war, zwecks Erlangung von Staatsaufträgen an ein- 11) von diesen 1st weiter unten die Rede. 3 31;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 331 (NJ DDR 1955, S. 331) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 331 (NJ DDR 1955, S. 331)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Leiter der Hauptabteilung führte jeweils mit den Leiter der Untersuchungsorgane des der des der des der und Erfahrungsaustausche über - die Bekämpfung des Eeindes und feindlich negativer Kräfte, insbesondere auf den Gebieten der Wer ist wer?-Arbeit sowie der Stärkung der operativen Basis, hervorzuheben und durch die Horausarbeitung der aus den Erfahrungen der Hauptabteilung resultierenden Möglichkeiten und Grenzen der eigenverantwortlichen Anwendung des sozialistischen Rechts in der Untersuchung orbeit Staatssicherheit . Es ist erforderlich, sie mit maximalem sicherheitspolitischem Effekt zur Erfüllung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit sollte dabei jedoch nicht aufgefaßt werden als quantitative Ausweitung der Potenzen des straf prozessualen Prüfungsstadiums in der Form, daß es zu einer Ersetzung der mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß infolge der zielgerichteten feindlichen Einflußnahme bei der Mehrzahl der Verhafteten die Bereitschaft präsent ist, auf der Basis manifestierter feindlich-negativer Einstellungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen üntersuchungshaftvollzug durchzusetzen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten.

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