Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 298

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 298 (NJ DDR 1955, S. 298); In diesem Sinne bezeichnet man die Tatsachen, die festgestellt, bewiesen werden müssen, als Gegenstand der Beweisführung. Darunter ist die Gesamtheit der die konkrete strafbare Handlung darstellenden Tatsachen und Umstände zu verstehen, in denen die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung liegen. Welche Tatsachen und Umstände das sind, kann allgemein nicht gesagt werden. Das hängt von den individuellen Besonderheiten der gegebenen Strafsache ab. Es ist einleuchtend, daß Gegenstand der Beweisführung bei einem Mord andere Tatsachen und Merkmale sind als z. B. bei einem Diebstahl. Die Tatsachen dagegen, aus denen das Vorhandensein der zu beweisenden Tatsache folgt, nennt man Beweistatsachen. Darunter sind die Tatsachen und Umstände zu verstehen, aus denen das Gericht seine Schlußfolgerungen über die Tat und ihren Her-gahg ableitet, Tatsachen und Umstände also, die direkt oder indirekt einen Schluß auf die den Gegenstand der Beweisführung darstellenden Tatsachen zulassen. Dazu gehören alle Tatsachen und Umstände, die für das konkrete Verfahren von Bedeutung sind, die in einem bestimmten Zusammenhang mit den gerichtlich festzustellenden Tatsachen, mit dem Gegenstand der Beweisführung, stehen. Schließlich kennt die Beweislehre den Begriff der Beweismittel. Darunter sind die Quellen zu verstehen, aus denen das Gericht die Beweistatsachen schöpft. Sie sind im Unterschied zu den Beweistatsachen gesetzlich bestimmt. Das Gericht darf keine anderen als die gesetzlich festgelegten Beweismittel verwenden. Ein Beispiel soll diese Thesen veranschaulichen: In der Nacht vom 20. zum 21. April wird aus dem Panzerschrank eines VEB Geld gestohlen. Diese Diebstahlshandlung hat das Gericht nicht selbst wahrgenommen; es kann sie auch nicht nachholen lassen, um sie zu beobachten. Es kann auf diese Diebstahlshandlung nur aus anderen Tatsachen schließen, die ihm durch die Erklärungen der Angeklagten, der Zeugen, Sachverständigen oder durch Beweisstücke, also durch Beweismittel, vermittelt werden. In diesem Beispiel ist Gegenstand der Beweisführung die Gesamtheit der die Diebstahlshandlung darstellenden Tatsachen und Umstände, d. h. die Gesamtheit der Tatsachen und Umstände, in denen die gesetzlichen Umstände des Diebstahls liegen. Beweistatsachen dagegen sind all die Umstände, die es dem Gericht im gegebenen Fall erlauben, Schlüsse auf die Art und Weise der Diebstahlshandlung, ihren Hergang, zu ziehen. So zum Beispiel der Umstand, daß am Abend des 20. April das Geld noch im Panzerschrank lag und daß es am 21. April morgens fehlte, weiter der Umstand, daß die Tür des Schrankes aufgebrochen war u. a. Und Beweismittel, also Quelle der genannten Beweistatsachen, sind die Aussagen der Zeugen, aus denen hervorgeht, daß das Geld am Abend noch vorhanden war und daß es morgens fehlte, weiter das Gutachten des Sachverständigen, das darüber Auskunft gibt, wie die Tür des Panzerschranks aufgebrochen wurde usw. Es ist offensichtlich, daß diese Fragen über die ge- richtlichen Beweise in das Gebiet der Logik gehören. Das darf jedoch nicht dazu führen, die gerichtliche Tätigkeit bei der Erforschung der Wahrheit, die Anwendung der gerichtlichen Beweise, auf einen gewöhnlichen Vorgang logischen Denkens zurückzuführen, wie es zum Teil die bürgerliche Lehre tut. Gegenstand dei Beweisaufnahme sind Taten von Menschen, menschliche Handlungen und ihre Folgen, Dinge also, die es nicht zulassen, daß man sie abstrakt, rein logisch betrachtet. Das heißt nicht, daß unsere demokratische Beweislehre die Logik ablehnt, sie für überflüssig erklärt. Das heißt aber, daß wir dann, wenn wir vom Vorgang der Beweisführung als einem Denkvorgang sprechen, stets daran denken, daß der Strafprozeß in der Regel ein Ausschnitt aus dem Klassenkampf, ein Teil der revolutionären gesellschaftlichen Praxis der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten in der Deutschen Demokratischen Republik ist, der seine eigene Logik hat, die sich, so schreibt Wyschinski, nicht erschöpft in der formal-juristischen Seite der Sache. „In dieser Logik findet unvermeidlich die Logik des Klassenkampfes Ihren Ausdruck, die letzten Endes den Verlauf und den Ausgang jedes Gerichtsverfahrens ihren Gesetzen unterordnet. Die Betrachtung der Tatsachen, die Auslegung und Anwendung der juristischen Gesetze selbst, unterliegt dem Einfluß der im Staat herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse und der durch sie bedingten Anschauungen, Ideen, der ganzen Ideologie.“7) * Die Arbeit behandelt im folgenden die Bedeutung und die Besonderheiten der Beweismittel im Strafprozeß der Deutschen Demokratischen Republik. Unser Strafprozeß kennt folgende Beweismittel8 *): Erklärungen des Beschuldigten bzw. des Angeklagten, Zeugenaussagen und Aussagen sachverständiger Zeugen, Sachverständigengutachten. Diese Beweismittel werden, ihrer Natur entsprechend, als persönliche Beweismittel bezeichnet. Daneben gibt es sachliche Beweismittel, und zwar Beweisstücke, Urkunden, Augenscheinobjekte. 1. Erklärungen des Beschuldigten bzw. Angeklagten Die Stellung des Beschuldigten bzw. des Angeklagten im Strafprozeß unterscheidet sich grundsätzlich von der Lage anderer am Strafprozeß beteiligter Personen, etwa der Zeugen und Sachverständigen. Sie zeichnet sich durch besondere Eigenarten aus. Der Angeklagte wird als Person am meisten vom Ausgang des Prozesses betroffen. Für ihn hängt vom Ausgang des Verfahrens sehr viel ab. Ihn erwartet grundsätzlich die Strafe als staatliche Sanktion für die von ihm begangene strafbare Handlung. Aus dieser Tatsache wurde die Schlußfolgerung gezogen, daß das Gericht den Erklärungen des Angeklagten dann, wenn er die Tat leugnet, entschiedenes Mißtrauen entgegenbringen müsse, während andererseits das Geständnis des Angeklagten volles Vertrauen verdiene. Zweifellos haben diese Erwägungen ihre psychologischen Grundlagen. So beruht die erste Auffassung auf der Erfahrung, daß der Angeklagte, weil er an einem für ihn günstigen Ausgang des Verfahrens interessiert ist, dazu neigt, unrichtige Aussagen zu machen, um seine Lage zu verbessern. Und die zweite findet ihre Erklärung darin, daß kaum ein Mensch zum Schaden seiner eigenen Interessen lügen wird; also wird der geständige Beschuldigte die Wahrheit sagen. So einleuchtend diese Erklärungen auf den ersten Blick erscheinen mögen, sie sind nicht zutreffend. Diese Auffassungen führen nämlich dazu, den Erklärungen des Angeklagten, soweit er die Tat leugnet, den Wert eines Beweismittels zu nehmen, und soweit er die Tat gesteht, dem Geständnis eine über die anderen Beweismittel hinausgehende Bedeutung beizumessen. Beides ist falsch. Unsere demokratische Beweislehre geht von folgendem Grundsatz aus: Soweit andere Umstände oder Beweise die Schuld des Angeklagten nachweisen, treten die Erklärungen des Angeklagten, gleich ob er die Tat leugnet oder gesteht, in ihrer Bedeutung als Beweismittel zurück“). Anders ist die Frage dann, wenn die Erklärungen des Angeklagten die einzige Quelle des Beweises der Tat bilden. In diesen Fällen entsteht das schwierige Problem ihrer Würdigung. Dieses Problem kann nur gelöst werden auf der Grundlage einer strengen, kritischen Einstellung zu den Erklärungen des Angeklagten. Gericht und Staatsanwalt müssen vier Grundsätze beachten: a) an die Erklärungen des Angeklagten darf nicht mit einer unkritischen10), aber auch nicht mit einer vorgefaßten Meinung herangegangen werden; 1) A. J. Wyschinski, a. a. O. S. 62. 8) Der Eid ist in unserem demokratischen Strafprozeß nicht Beweismittel, sondern dient nur der Bekräftigung der Aussage der Zeugen bzw. des Gutachtens des Sachverständigen. °) Aus diesem Grund halten wir es nicht für richtig, den Erklärungen des Angeklagten, wie es in der Praxis der Fall 1st, bei der Angabe der Beweismittel ln der Anklageschrift stets den ersten Platz einzuräumen. 10) Auf diese kritische Einstellung weist auch das OG in seiner Entscheidung 3 Zst 46/51 hin: „Das Gericht darf ein Verteidigungsvorbringen des Angeklagten nicht ohne weiteres als wahr behandeln, wenn es nachprüfbar ist; insbesondere muß es die von der Staatsanwaltschaft benannten Gegenzeugen vernehmen.“ 298;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 298 (NJ DDR 1955, S. 298) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 298 (NJ DDR 1955, S. 298)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Strafverfahrens als auch für die Gestaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft zu garantieren. Das bedeutet daß auch gegenüber Inhaftierten, die selbst während des Vollzuges der Untersuchungshaft die ihnen rechtlich zugesicherten Rechte zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere das Recht - auf Verteidigung. Es ist in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen Rostock, Schwerin und Neubrandenburg, soll aufgezeigt werden, unter welchen Bedingungen der politischoperative Untersuchungsvollzug zu realisieren ist und welche Besonderheiten dabei mit inhaftierten Ausländern aus dem nichtsozialistischen Ausland zu Bürgern aufgenommen werden. Besuche von Angehörigen und Rechtsanwälten finden in den Untersuchungshaftanstalten in den Bezirken statt. Besuche von Diplomaten mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister für. Die rdnungs-und Verhaltens in für Inhaftierte in den Staatssicherheit , Die Anweisung über Die;Verstärkung der politisch-operativen Arbeit in den Bereichen der Kultur und Massenkommunikationsmittel Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur Leitung und Organisierung der politischoperativen Bekämpfung der staatsfeindlichen Hetze Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Anweisung zur Sicherung der Transporte Inhaftierter durch Angehörige der Abteilung - Transportsicherungsanweisung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Grundsätze des Wach- und Sicherungsdienstes. Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst ist ein wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzuges.

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