Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 29

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 29 (NJ DDR 1955, S. 29); bzw. über die diesen Steuern zugrunde liegenden Verhältnisse des Betriebes informiert sein und sich gegebenenfalls die erforderlichen Kenntnisse verschaffen muß. Es ist daher bei der Prüfung der Frage, ob der Täter in einem unverschuldeten Irrtum gehandelt hat, 'Zu beachten, daß bei der Feststellung der subjektiven Seite des Verbrechens diese Umstände aufgeklärt werden. Erst dann besteht die Möglichkeit, zu erkennen, ob er in unverschuldetem Irrtum gemäß § 395 Abs. 1 AbgO gehandelt hat. Derartige Umstände, die im vorliegenden Fall für einen unverschuldeten Irrtum des Angeklagten sprechen, sind aber von beiden Gerichten nicht festgestellt worden. Der Angeklagte hat den Einkauf der Materialien am 31. Dezember 1952 selbst vorgenommen. Er wußte auch, daß jede Rechnung bei Eingang von seinem Buchhalter in die jeweilige Kartei eingetragen wurde. Ihm war als langjährigem Kaufmann bekannt, daß er die sog. schwimmenden Warenposten bei der Aufstellung der Bilanz nicht nur als Verbindlichkeit, sondern auch in die Material-Kartei aufnehmen mußte, da sonst bei der Berechnung der Einkommen- und Gewerbesteuer ein um. die Summe der „schwimmenden Ware“, im vorliegenden Fall um etwa 1500 DM, gemindertes Jahreseinkommen ausgewiesen wird, mit der Folge, daß wesentlich weniger Einkommen- und Gewerbesteuer zu zahlen sind, als bei richtiger Buchung des Jahreseinkommens zu zahlen wären. Der Angeklagte war verpflichtet, seinem Buchhalter und Steuerhelfer die „schwimmenden Warenposten“ mitzuteilen, damit diese richtig gebucht wurden. Er hat nach seinen Angaben in der Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht die Ware von der DHZ am 31. Dezember 1952 abgenommen, damit sie von der DHZ bei deren Inventur nicht gebucht zu werden brauchte. Er wußte also, daß die Ware von der DHZ nicht mehr inventarisiert wurde. Mindestens aus diesem Umstand hat er erkannt, daß es sich bei dieser Ware um einen „schwimmenden Warenposten“ handelte, der nunmehr in seinen Büchern erscheinen mußte, zumal auch der Rechnungsbetrag als Verbindlichkeit in die Bilanz aufgenommen wurde. Bei dieser Sachlage ist es rechtsfehlerhaft, einen Irrtum im Sinne des § 395 Abs. 1 AbgO festzustellen. Der Angeklagte hat vielmehr verabsäumt, seinen Buchhalter oder Steuerhelfer darüber zu informieren, daß noch ein sog. „schwimmender Warenposten“ vorhanden ist. Er hat sich also überhaupt nicht in einem Irrtum über das Erfordernis der Aufnahme des Warenpostens in die Bilanz befunden, sondern hat vielmehr pflichtwidrig verabsäumt, die erforderlichen Hinweise zu geben. Als Leiter seines Betriebes war er verpflichtet, den Buchhalter oder Steuerhelfer auf diesen „schwimmenden Warenposten“ hinzuweisen. Hinzu kommt noch, daß der Angeklagte langjähriger Kaufmann ist und den Einkauf dieses Warenpostens selbst vorgenommen hat. Er kann sich deshalb auch nicht darauf berufen, daß er einen Buchhalter, der einer Fachkraft in Steuersachen gleichzusetzen ist, und ein Steuerbüro mit der Erledigung der Steuerangelegenheiten beauftragt hatte. Dafür, daß der Angeklagte den Hinweis vorsätzlich unterlassen hat, bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte, zumal der Angeklagte sonst seinen steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Er hat aber fahrlässig gehandelt. Aus diesen Darlegungen ist ersichtlich, daß sich der Angeklagte im vorliegenden Fall nicht in einem Irrtum, geschweige denn in einem unverschuldeten Irrtum befunden haj;. Er hat die Tat nicht für erlaubt gehalten, weil er sich über das Bestehen oder die Anwendbarkeit fiteuerrechtlicher Vorschriften und deren tatsächliche Auswirkungen irrte, sondern hat die Erfassung des „schwimmenden Warenpostens“ in der Warenbestandsaufnahme nur deshalb unterlassen, weil er, ohne sich über das Bestehen oder die Anwendung einer Steuervorschrift zu * irren, nicht pflichtgemäß handelte, obwohl er dazu in der Lage war. Im übrigen ist das Bezirksgericht den Angaben des Angeklagten nicht nur völlig kritiklos gefolgt, sondern hat auch den Inhalt und die Bedeutung des § 395 Abs. 1 AbgO verkannt. Außerdem zeigt die nicht sorgfältige Handhabung des Steuerstrafverfahrens durch das Bezirksgericht, daß es die Bedeutung der rechtzeitigen und richtigen Berechnung und Bezahlung der Steuern in unserem Staat der Arbeiter und Bauern nicht in vollem Umfange erkannt hat. Die Steuern und anderen Abgaben fließen in den Staatshaushalt und sind ein wesentlicher Beitrag für unseren sozialistischen Aufbau, dienen also der ständigen Verbesserung des Lebensstandards unserer Bevölkerung. Die nicht richtige Berechnung und Abführung der Steuern gefährdet die Durchführung des Finanzplans, der ein wesentlicher Bestandteil unseres Volkwirtschaftsplanes ist. Die richtige Steuerberechnung und Abführung ist daher ein bedeutsamer Beitrag zur Durchführung der gesamten Planaufgaben in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Urteile des Kreis- und Bezirksgerichts beruhen im angegebenen Umfang auf Gesetzesverletzungen, sie waren deshalb aufzuheben. § 345 StPO. Ein Beschluß nach § 345 StPO, der eine sachliche Änderung des Urteilsspruches oder der Urteilsgründe zum Inhalt hat, ist gesetzwidrig und verstößt gegen § 345 StPO. OG, Urt. vom 29. November 1954 2 Zst II 225/54. Das Kreisgericht hat am 26. November 1953 den Angeklagten wegen Vergehens gegen § l Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 2, wegen Vergehens gegen § 4 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO und wegen Vergehens gegen § 398 AbgO u einer Gesamtstrafe und zu einet Geldstrafe verurteilt. Der im Grundbuch verzeichnete Grundbesitz ist nebst Zubehör eingezogen worden. Da hinsichtlich der Einziehung der Grundstücke und Gegenstände nebst Zubehör keine Einigung zwischen dem Angeklagter) und dem Referat Staatliches Eigentum beim Rat des Kreises zustande kam, hat das Kreisgericht durch Beschluß vom 9. April 1954 gemäß § 345 StPO das Urteil, soweit es die Einziehung betrifft, ausgelegt. Gegen das Urteil und gegen den Auslegungsbeschluß vom 9. April 1954 hat der Generalstaatsanwalt einen Kassationsantrag gestellt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. AusdenGründen: Ein Urteil gemäß § 345 StPO auszulegen bedeutet, den Inhalt und Sinn des Urteils oder, wie es im vorliegenden Fall geschehen sollte, eines Teiles desselben ohne sachliche Veränderung des Inhalts des Urteils, wie er sich aus dem Urteilsspruch und der -begründung ergibt, bei etwa vorhandenen Zweifeln aufzudecken. Ein „Auslegungsbeschluß“, der eine sachliche Änderung des Urteilsspruches und der Urteilsgründe zum Inhalt hat, ist gesetzwidrig und verstößt gegen § 345 StPO. Der Beschluß des Kreisgerichts gemäß § 345 StPO beruht auf einer derartigen Gesetzesverletzung. Auf Seite 2 des Beschlusses führt das Kreisgericht aus, daß auf Grund einer Ortsbesichtigung gewisse Vermögensgegenstände von der Einziehung auszunehmen seien. Deshalb hat es von der Einziehung des Gartengeländes abgesehen, obwohl sich aus dem Urteilsspruch die Einziehung des Gartengeländes ergibt. Eine derartige sachliche Abänderung des Urteilsspruches ist unzulässig, also gesetzwidrig. Deshalb unterliegt der Beschluß der Aufhebung Zivilrecht Art. 2, 3 und 9 der Verfassung. Ein Mitglied einer Genossenschaft kann aus dieser nicht deshalb wegen Schädigung oder versuchter Schädigung der Genossenschaft ausgeschlossen werden, weil es in einer Zuschrift an Amtsstellen Kritik an der Leitung der Genossenschaft geübt und die Übernahme der der Genossenschaft gehörenden Häuser in staatliche Verwaltung gefordert hat. OG, Urt. vom 23. September 1954 2 Zz 26/54. Der Kläger war seit 1936 Mitglied der verklagten Genossenschaft und hatte von dieser eine Wohnung gemietet. Seit 1946 war er Straßenvertrauensmann des Schillerplatzes in P., seinem Wohnsitz, und richtete, angeregt durch einen Artikel in der Tagespresse, zwei Briefe an den damaligen Oberbürgermeister der Stadt P., in denen er sich über die Geschäftsführung des Genossenschaftsvorstandes beklagte und anregte, die Häuser der Genossenschaft sollten vom Rat der Stadt verwaltet werden. Die verklagte Genossenschaft sah ln diesen Mitteilungen des Klägers an ein staatliches Organ ein Verhalten, das einer versuchten oder gar vollendeten Schädigung der Genossen- 29;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Studienmaterial Grundfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit gemäß Gesetz. Das Betreten von Grundstücken, Wohnungen oder anderen Räumen gemäß Gesetz. Der Gewahrsam gemäß Gesetz. Die Nutzung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung von Maßnahmen nach dem Gesetz durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit. Die Beendigung der auf der Grundlage des Gesetzes durchgeführten Maßnahmen Rechtsmittel und Entschädigungsansprüche bei Handlungen der Untersuchungsorgane Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit , rechtspolitischer Prämissen, wie die Gewährleistung der Rechtssicherheit der Bürger durch einheitliche Rechtsanwendung sowie in Widerspiegelung tatsächlicher Ausgangs lagen erscheint die in der Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten häufig vor komplizierte Probleme. Nicht alle Beweise können allein im Rahmen der operativen Bearbeitung erarbeitet werden. Nach wie vor wird deshalb für die Diensteinheiten der Linie Untersuchung in ahrnehnung ihrer Verantwortung als politisch-operative Diensteinheiten Staatssicherheit und staatliche Untersuchungsorgane ergebenden Aufgaben zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher sind auch unter den spezifischen politisch-operativen und untersuchungstaktischen Bedingungen einer Aktion die Grundsätze der Rechtsanwendung gegenüber Ougendlichen umfassend durchzusetzen.

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