Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 277

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 277 (NJ DDR 1955, S. 277); zu beteiligen wäre. Eine solche Verteilung des Arbeitseinkommens des Verpflichteten für den Unterhalt getrennt lebender Ehegatten und minderjähriger Kinder seitens des Elternteils, bei dem das Kind nicht lebt, ist als rechtspolitische Forderung der Werktätigen nicht erhoben worden. Bei einer solchen Berechnungsmethode müßte auch das Unterhaltsurteil nicht auf einen festen Geldbetrag lauten, sondern den bestimmten Prozentsatz angeben, und der Unterhaltspflichtige oder diejenige Stelle, von der er sein Arbeitseinkommen erhält, müßte den sich jeweils ergebenden Betrag selbst errechnen und zahlen. Hieraus kann man die Schlußfolgerung ziehen, daß die ideologische Wurzel der Vorschläge, die sich gegen die Berechnungsmethoden des geltenden Rechts und des Entwurfs wenden und sie durch Einführung einer Tabelle10) oder eines „Schlüssels“ ersetzen wollen, die Verkennung oder Unterschätzung der aktiven Rolle des Gerichts in unserem Staate ist, daß diese Vorschläge in den alten Vorstellungen von der passiven Rolle des Gerichts ihre ideologische Grundlage haben. Aus dieser ideologischen Wurzel erklärt sich auch die Zählebigkeit der Gewohnheit, den „Zwickauer Schlüssel“ oder ähnliche Berechnungsmethoden bei der Bestimmung der Unterhaltshöhe anzuwenden. Hieraus ist weiterhin deutlich ersichtlich, daß die rechtliche Regelung der Methoden der Berechnung der Unterhaltshöhe, soweit der Unterhalt in Geld zu zahlen ist, keine technisch-neutrale Angelegenheit, sondern im Gegenteil wegen ihrer tiefgehenden Wirkung auf die Verhältnisse der Familien der Werktätigen von besonderer politisch-erzieherischer Bedeutung ist. Hierfür aufschlußreich ist ein Vergleich mit dem sowjetischen Familienrecht. In ihm gilt der Grundsatz, daß die Bestimmung der Höhe des Unterhalts nach der materiellen Lage der Beteiligten, somit unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls, durch das Gericht erfolgt11). Von diesem Grundsatz gibt es im sowjetischen Familienrecht eine Ausnahme für den Unterhalt der minderjährigen Kinder, der von dem Elternteil in Geld zu zahlen ist, bei dem das Kind nicht lebt. Hiernach beträgt der Unterhalt für ein Kind 14, für zwei Kinder 1/3, für drei und mehr Kinder V2 des Nettoarbeitseinkommens des Unterhaltspflichtigen. Diese Regelung wurde durch eine für die gesamte Union geltende Verordnung aus dem Jahre 1936 festgelegt12), um „die Verantwortung der Eltern für die Erziehung der Kinder zu erhöhen und um dem Kind bestimmte Lebensbedingungen zu sichern, wenn ein Elternteil nicht unmittelbar an seiner Erziehung beteiligt ist“13). Die ideologische Grundlage dieser Regelung ist somit die besondere Sorge des Sowjetstaates um die materielle Sicherung der Erziehung der Kinder. Zugleich dient diese Regelung, wie sich aus der festgelegten Höhe des Unterhaltsbetrages ergibt, mittelbar der Festigung der Familie, der Sorge dafür, daß die Kinder, wie es für ihre Entwicklung am günstigsten ist, gemeinsam durch beide Elternteile erzogen werden. Ihrer Grundlage nach ähnliche Erwägungen, beschränkt auf die Fälle der von Moral und Rechtsbewußtsein der Werktätigen gemißbilligten, einseitigen und leichtfertigen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft, liegen der Regelung des § 14 Abs. 2 des Entwurfs zugrunde. Der Entwurf steht somit auf dem Standpunkt, daß die Höhe des in Geld zu zahlenden Unterhalts durch Entscheidung des Gerichts entsprechend den im Entwurf festgelegten allgemeinen gesetzlichen Merkmalen zu bestimmen ist. Mit Recht entscheidet sich der Entwurf für die konkrete Methode der Berechnung der Unterhaltshöhe. Er schafft damit die Voraussetzung für eine volle Entfaltung der erzieherischen Tätigkeit der Gerichte auch in den Unterhaltsstreitigkeiten und erhöht ihre Verantwortung bei der Erfüllung dieser Aufgabe. Damit ist die Frage zu beantworten, wie das Gericht bei der Bestimmung der Höhe des Unterhalts °) vgl. Grube, Erste Erfahrungen aus der Diskussion mit den Werktätigen, NJ 1954 S. 442. u) Sowjetisches Zivilrecht, Berlin 1953, Bd. II, S. 469, 485, 489, 491/494. “) vgl. a.a.O. S. 442, für die Berechnung des Nettoeinkommens S. 488789. u) a.a.O. S. 443. vorzugehen hat, welche Gesichtspunkte zu beachten sind, in welchen Stadien das Verfahren, das sich aus der gesetzlich festgelegten konkreten Berechnungsmethode ergibt, durchzuführen ist. Die Hinweise hierfür sind aus dem Gesetz, d. h. hier aus dem FGB-Ent-wurf, zu entnehmen. Nach der Entscheidung der Frage, ob die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen, die eine Unterhaltspflicht begründen, vorliegen, ist Ausgangspunkt für die Festlegung der Höhe des Unterhaltsbetrags die Ermittlung des Lebensbedarfs der Unterhaltsberechtigten. Das gilt für alle Arten des in Geld zu zahlenden Unterhalts. Für den Unterhalt der minderjährigen Kinder ergibt sich dies aus den §§ 48 und 71 des Entwurfs, für die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten aus § 94, für die der Ehegatten untereinander aus § 13 in Verbindung mit §§ 12, 32 bzw. 33. Der Entwurf verwendet hierbei entsprechend der Unterschiedlichkeit der einzelnen Arten der Unterhaltspflichten verschiedenartige Formulierungen. Aus allen ist jedoch zu entnehmen, daß die Ermittlung des Lebensbedarfs für den konkreten Fall der Ausgangspunkt für die Bestimmung der Unterhaltshöhe ist. Wichtig ist hierbei, daß die tatsächlichen Ausgaben für Wohnung, Nahrung, Kleidung und die sonstigen Bedürfnisse, die der Unterhalt umfaßt, ermittelt werden und sich das Gericht nicht mit Erfahrungssätzen über die Höhe der Kosten begnügt, die im allgemeinen oder für bestimmte Gruppen für die Befriedigung des Lebensbedarfs erforderlich sind. Solche Erfahrungssätze haben eine gewisse Bedeutung für die Einschätzung, ob die Aufnahme eines bestimmten Betrages in die Aufstellung der Ausgaben für den Lebensbedarf oder die bestimmte Höhe dieses Betrages gerechtfertigt ist oder nicht. Sie können aber die konkrete Ermittlung des Bedarfs nicht ersetzen. Nur die sorgfältige Ermittlung des Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten bietet, von seiner Seite her gesehen, die Gewähr dafür, daß die Bestimmung der Höhe des Unterhalts konkret erfolgt und die Verhältnisse des Einzelfalls wirklich berücksichtigt werden. Die Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs bedeutet, daß der Berechtigte dem Gericht eine Aufstellung der tatsächlich für seinen Unterhalt erforderlichen Ausgaben vorlegt. Das Gericht wird in jedem Unterhaltsprozeß eine derartige Aufstellung verlangen müssen, und es ist anzustreben, daß die Anwälte ihre Auftraggeber entsprechend beraten und bereits der Klageschrift eine solche Aufstellung beifügen. Hierdurch erhält das Gericht unmittelbar die konkrete Anschauung über die Umstände der zu entscheidenden Sache. Es kann die Beteiligten entsprechend beraten und hat die konkreten Unterlagen für eine erzieherische Einwirkung auf die Beteiligten, auf den Berechtigten und den Verpflichteten. Das Gericht darf sich nicht mit Schätzungen oder Ungefähr-Angaben begnügen. Der ermittelte tatsächliche Bedarf gibt allein den festen Ausgangspunkt für die Berechnung der Höhe des Unterhalts, während die Festlegung eines Bruchteils des Einkommens des Unterhaltspflichtigen kein geeigneter Ersatz hierfür ist. Der ermittelte tatsächliche Bedarf ist auch die feste Grundlage für eine spätere anderweitige Festsetzung der Höhe, bei wesentlichen Veränderungen des Lebensbedarfs. Mit Recht ist von Eggers-Lorenz darauf hingewiesen worden, daß z. B. der Unterhaltsbedarf eines Kindes wesentlich von seinem Alter abhängig ist und mit dem Heranwachsen des Kindes Abänderungen der festgelegten Höhe erforderlich werden können11). Gemeinsam für alle Arten des Unterhaltsanspruchs ist weiterhin der nächste Schritt des Verfahrens: die Ermittlung der Einkommens-, gegebenenfalls der Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen und bei Unterhaltsansprüchen Verwandter oder Ehegatten auch der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsberechtigten. Hierbei entstehen, je nach der Art des Einkommens, eine Reihe von Fragen. Keine Schwierigkeiten macht die Feststellung des Nettoeinkommens bei Werktätigen, die Zeitlohn empfangen. Hier genügt die Lohnbescheinigung für die Lohnzah-lungsperiode. Bei Werktätigen, die im Leistungsstücklohn arbeiten, muß bereits der Durchschnittsbetrag für * ) NJ 1954 S 173. ' 277;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 277 (NJ DDR 1955, S. 277) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 277 (NJ DDR 1955, S. 277)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die erforderlichen Beweise in beund entlastender Hinsicht umfassend aufgeklärt und gewürdigt werden. Schwerpunkte bleiben dabei die Aufklärung der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten der Verhafteten durch die Untersuchungsführer und andererseits auch darauf zurückzuführen, daß in dieser Zeit weniger größere Täter-gruppen als im vorherigen Zeitraum inhaftiert waren. Eine strengere Beachtung der Rechte und Pflichten der Verhafteten sowie die nach gleichen Maßstäben anzuwendenden Anerkennungs- und Disziplinarpraxis gegenüber Verhafteten. Deshalb sind die Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin und dar Leiter der Abteilungen der Besirlss Verwaltungen, für den Tollaug der Unier srachugsfaafb und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den StrafVollzugseinrichtungen sowie Untersuchungshaftanstalten und bei der Erziehung der Strafgefangenen sind Ausbrüche, Entweichungen, Geiselnahmen, andere Gewalttaten xind provokatorische Handlungen sowie im Anschluß daran vorgesehene Angriffe gegen die Staatsgrenze der und Verdacht des Transitmißbrauchs; provokativ-demonstrative Handlungen soväe Unterschriften- sammlungen und andere Aktivitäten, vor allem von Antragstellern auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der und im Zusammenhang mit der staatlichen Entscheidung zu-Biermann; Angriffe gegen die staatliche Ordnung und Sicherheit, unter anderem mittels anonymer und pseudonymer Drohanrufe sowie bei Beteiligung von Ausländern.

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