Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 272

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 272 (NJ DDR 1955, S. 272); dein und so ihren verbrecherischen, aggressiven Zielen nutzbar zu machen. Betrachtet man im Zusammenhang hiermit noch den offiziell vertretenen Grundsatz, „daß in erster Linie die Eingliederung des vertriebenen Landvolkes (!) in die einheimische Landwirtschaft auf freiwilliger Basis, und zwar durch Gewährung von Vergünstigungen an diejenigen zu erreichen ist, die Land an Vertriebene veräußern oder langfristig verpachte n“12), und die ihm entsprechende Praxis, die den Land verkaufenden oder verpachtenden Großagrariern Steuerbegünstigungen, Befreiung von etwaigen Bodenreformmaßnahmen (!) und andere Vorteile gewährt, so kommt einem vollends zum Bewußtsein, in welch ungeheuerlicher Art und Weise hier die Bodenreform in ihr glattes Gegenteil verkehrt worden ist. Nur folgerichtig ist unter solchen Umständen auch die unerhörte Feststellung der 2. Konferenz westdeutscher Agrarjuristen: „Die wahre Bodenreform besteht bei uns nicht in der Zerschlagung der letzten größeren Betriebe, sondern umgekehrt in der Zusammenlegung des zersplitterten Streubesitzes zu leistungsfähigen Betriebseinheiten“13). Das will man mittels des im „Flurbereinigungsgesetz“ vom 14. Juli 1953 vorgesehenen sog. „beschleunigten Zusammenlegungsverfahrens“ erreichen, durch welches nach dem Willen Adenauers 1,6 Millionen Klein- und Mittelbauern von ihrer Scholle vertrieben und in die Rüstungsindustrien gepreßt werden sollen. Infolge der dominierenden Rolle der ökonomischen Struktur konnte die gesamte politische und rechtliche Entwicklung Westdeutschlands gar keinen anderen Verlauf nehmen, als sie ihn tatsächlich genommen hat, nachdem die imperialistischen Besatzungsmächte die Monopolherren und Junker unter Bruch des Potsdamer Abkommens in ihrem Besitze belassen hatten. Ein Staat, der von diesen Kräften getragen wird, konnte nicht dafür taugen, die im Potsdamer Abkommen geforderte „endgültige Umgestaltung des deutschen politischen Lebens auf demokratischer Grundlage“14) durchzuführen. Ein Recht, das den gleichen Kräften zu Diensten steht, in deren Auftrag gestern fürchterliche Greuel und Kriegsverbrechen verübt worden waren und von denen Ähnliches für morgen bereits wieder geplant wird, kann nicht heute wirksam als Waffe zur Ahndung der gestrigen Scheußlichkeiten fungieren zumal vor ihm ja gleichzeitig die Aufgabe steht, die bevorzugte Wiedereingliederung der „bewährtesten“ Paladine des verbrecherischen faschistischen Regimes in den Staatsapparat zu gewährleisten, damit deren reiche „Erfahrungen“ für die Vorbereitung neuer Schandtaten nutzbar gemacht werden können15). So konnte es nicht ausbleiben, daß an die Stelle der in Potsdam festgelegten Ausrottung des deutschen Militarismus und Nazismus seine Wiedererrichtung trat und daß aus der Bestrafung aller Kriegs- und Naziverbrecher schließlich eine vollständige Rehabilitierung geworden ist16). Es scheint, daß der letzte Akt dieser Tragödie nunmehr, vor Aufstellung der westdeutschen Söldnerarmee, beschleunigt über die Bühne gebracht werden soll; schon im November vorigen Jahres hatten die faschistische Deutsche Partei und der GB/BHE an die Bundesregierung die Große Anfrage gerichtet, ob sie dafür eintreten wolle, „daß vor einer etwaigen Ratifizierung der Pariser Verträge eine Generalamnestie (tabula-rasa-Amnestie) für alle Kriegsverurteilten und alle noch nicht behandelten Kriegsverbrechen gewährt wird“17). Damit wurde dem berüchtigten „Strafverteidiger“ Grimm die Genugtuung zuteil, das von ihm geprägte Schlagwort von der tabula-rasa-Amnestie, dig er als Inbegriff der christlichen Lehre bezeichnet hatte, amtlich verwendet zu sehen, und zwar ganz in dem von ) vgl. Recht der Landwirtschaft 1953, Heft 6, S. 145. ) Recht der Landwirtschaft 1953, Heft 6, S. 157. ) Art. 3/IV im Abschnitt m A ( a. a. O. S. 23). 15) vgl. dazu Bönninger, Staat und Recht 1954, Heft 5, S. 623 ff. 1G) vgl. hierzu die Berichte des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft in NJ 1955 S. 22 f. und S. 55 ff ”) BumdestagsdruckSache Nr. 979. ihm bei der Beantwortung der Frage verstandenen Sinne, ob auch die Morde von Buchenwald und Auschwitz darunter fallen sollten, ob auch Hitler, Göring und Streicher zu amnestieren wären: „Wenn wir zur Generalamnestie kommen, gehört alles dazu“18). Umgekehrt aber mußten sich ein solcher Staat und ein solches Recht mit zunehmender Schärfe gerade gegen die Kräfte wenden, die in Übereinstimmung mit dem Potsdamer Abkommen das Leben des deutschen Volkes auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wiederaufbauen wollten13). Zwar scheint das Schwergewicht in der Ausübung dieses Terrors auf den zahllosen Einzelanklagen und Einzelurteilen gegen die aktivsten Demokraten und Patrioten zu liegen. Mindestens seitdem die Adenauerclique mit ihrem Antrag gegen die KPD den Weg genereller Verbotsmaßnahmen eingeschlagen hat, ist jedoch offensichtlich geworden, daß es für sie auf die Dauer auch mit einer noch so reibungslos funktionierenden, noch so unverhüllt gesteuerten, alle verfassungsrechtlichen und sonstigen gesetzlichen „Hindernisse“ noch so brutal beiseite tretenden gerichtlichen Verfolgung einzelner nicht getan sein kann. Das ist auch nur zu natürlich; denn eine Politik, die zugunsten eines winzigen Grüppchens von Großbankiers, Schwerindustriellen, Junkern und Militaristen die elementaren Lebensinteressen einer ganzen Nation mit Füßen tritt, hat es mit mehr Gegnern zu schaffen, als alle Gerichte Adenauers zusammen in ununterbrochener Tag- und Nachtarbeit aburteilen könnten. Und so muß es schließlich dazu kommen, daß jene herrschende Minderheit den wahnwitzigen Versuch unternimmt, die Massen des Volkes insgesamt außerhalb von Gesetz und Recht zu stellen, wobei letzteres freilich seine Qualität als Recht verliert, zur Willkür wird. Hier liegt auch der Schlüssel zum Verständnis dafür, weshalb ein Verbot der kommunistischen Parteien im Anschluß stets auch Maßnahmen gegen die Gewerkschaften und andere demokratische Organisationen sofern es nicht gelingt, diese zu korrumpieren nach sich gezogen hat und nach sich ziehen muß. Indem die kommunistischen Parteien ja nichts anderes tun, als am konsequentesten und kämpferischsten die Interessen des ganzen Volkes, aller Werktätigen zu vertreten, schafft ihr Verbot für die imperialistischen Machthaber eine gewisse Zwangslage; denn erst wenn entsprechende Maßnahmen auch gegen die anderen Organisationen der Arbeiterklasse getroffen sind, könnte es wofern überhaupt den von ihnen verfolgten „Zweck“ erfüllen. Daraus ergibt sich die erhöhte Gefahr, die den werktätigen Massen in Westdeutschland und darüber hinaus dem ganzen deutschen Volk aus dem beabsichtigten Verbot der KPD im Falle seiner Realisierung erwachsen würde. Ganz deutlich tritt diese Gefahr bereits im Prozeß des systematischen Abbaus der Arbeiterrechte in Erscheinung. Schritt für Schritt sind die Rechte der Werktätigen seit Beginn der Remilitarisierungspolitik eingeengt worden, weniger vielleicht noch durch das „Kündigungsschutzgesetz“ vom 10. August 1951, das die Arbeiter in Wahrheit knebelt und ihnen einen wirklichen Schutz nimmt, und durch das erzreaktionäre, gewerkschaftsfeindliche Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1953 selbst20), als vielmehr durch die Rechtsprechung, die die Bonner Arbeitsgerichte zu diesen beiden Gesetzen und vor allem zu Fragen des Streikrechts entwickelt haben21). Das in letzter Zeit zu beobachtende besonders forcierte Vorgehen gegen Kollektivhandlungen im Zusammenhang mit Streiks, bei dem den Arbeitsgerichten von der Straf- und Ziviljustiz sekundiert wird, wie die verschiedentlich aus Kreisen der Monopolisten erhobenen Forderungen auf Erlaß eines Antistreikgesetzes22) kehren noch einmal mit Nachdruck den engen Zusammenhang hervor, der zwischen den Pariser '*) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. Januar 1955, S. 2. *) vgl. hierzu NJ 1955 S. 85 fl. ”) vgl. Im einzelnen Görner, Staat und Recht 1954, Heft 1, S. 40 ff. !1) vgl. z. B. Tauscher, Staat und Recht 1954, Heft 1. S. 62 ff. “) vgl. Büttner, Tägliche Rundschau vom 23. März 1955. 272;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 272 (NJ DDR 1955, S. 272) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 272 (NJ DDR 1955, S. 272)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Bei der Durchführung der ist zu sichern, daß die bei der Entwicklung der zum Operativen Vorgang zur wirksamen Bearbeitung eingesetzt werden können. Die Leiter und mittleren leitenden Kader haben die für sie verbindlichen Vorgaben und die ihnen gegebenen Orientierungen schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in ihren Verantwortungsbereichen um- und durchzusetzen. Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Effektivität der und Arbeit bei der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen inhaftierter Personen nas träge gemeinsam üijl uöh audex Schutz mid heitsorganen und der Justiz dafür Sorge, bei strikter Wahrung und in konsequenter Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die Staatsanwaltschaftüche Aufsicht über den Vollzug der Untersuchungshaft zu werten. Die staatsanwaltschaftliohe Aufsicht über den Untersuchungs-haftVollzug - geregelt im des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik ver-wiesen, in denen die diesbezügliche Zuständigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden festgelegt ist r: jg-. Die im Zusammenhang mit der Einleitung der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Androhung der Untersuchungshaft zu prüfen. Das endet entsprechend den Ergebnissen der Ermittlungstätigkeit mit der - Einstellung des Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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