Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 252

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 252 (NJ DDR 1955, S. 252); gelegen, in irgendeiner Art und Weise das Volkseigentum zu schädigen. Im Abschnitt A II 1 der Richtlinie des Obersten Gerichts über die Anwendung des VESchG ist ausdrücklich klargestellt, daß neben dem Vorsatz eine besondere Absicht, zum Schaden des Volkseigentums zu handeln, nicht Voraussetzung zur Anwendung des VESchG ist. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätte das Bezirksgericht das VESchG anwenden müssen. Da die Angeklagte P. sich zur Durchführung des Betruges mit der Angeklagten M. vorher verabredet und zusammengeschlossen hat, ihre Handlung auch ohne die Mitwirkung der Angeklagten M. nicht möglich gewesen wäre, hätte sie nach § 2 Abs. 2 Buchstabe b VESchG verurteilt werden müssen. Dies hat jedoch nicht zur Folge, daß auch die Angeklagte M. wegen eines Verbrechens gegen das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums verurteilt werden muß. In der bereits erwähnten Richtlinie des Obersten Gerichts zum VESchG ist unter A II 4 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß jeder von mehreren Beteiligten nach dem Grade seiner persönlichen Verantwortlichkeit unter Berücksichtigung der Art der Teilnahme im einzelnen zu beurteilen ist. Die Angeklagte M. ist in weit geringerem Maße schuldig geworden als die Angeklagte P. Sie ist nur für einen Schaden in Höhe von 1000 DM verantwortlich. Es kommt hinzu, daß sie ihre Handlungen mit dem Lagerleiter und dem zur Kontrolle der Wirtschaftsführung eingesetzten Buchhalter besprochen hatte und von diesen nichts dagegen eingewendet worden war. Der Zeuge W. hat in der Hauptverhandlung ausdrücklich ausgesagt, daß die Angeklagte ihm mitgeteilt habe, sie habe die Zigaretten auf Marmelade umrechnen lassen und daß er nichts dagegen unternommen habe. Die Angeklagte M. trägt also nicht allein die Verantwortung für ihre Tat. Gleichwohl muß festgehalten werden, daß die Angeklagte M. sich darüber im klaren war, daß sie etwas Verbotenes tat; sie hätte sonst die Zigaretten ordnungsgemäß in Rechnung stellen lassen können. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, daß sie nicht gewußt hat, daß die Angeklagte P. die mit ihr getroffene Vereinbarung überschritten und noch höhere Beträge als zur Abdeckung der Kosten für die Zigaretten erforderlich waren, in Rechnung gestellt hat. Unter diesen Umständen ist die ihr gegenüber vom Bezirksgericht vorgenommene Beurteilung ihres Verhaltens als Vergehen gegen § 263 StGB nicht zu beanstanden. §§ 1, 2, 5 VESchG; §§ 242, 243 StGB; §§ 79, 291 Ziff. 5, § 223 Abs. 2 StPO, §§ 24 Abs. 1, 33 Abs. 3 JGG. 1. Wird einem Jugendlichen und einem Erwachsenen die gemeinschaftliche Begehung einer strafbaren Handlung zur Last gelegt, so ist die Bestellung eines gemeinschaftlichen Verteidigers wegen Interessenkollision unzulässig; sie macht im Rechtsmittel verfahren die Aufhebung des Urteils wegen Verletzung der Vorschriften über das Recht auf Verteidigung notwendig. 2. Zwischen Verbrechen gegen gesellschaftliches und gegen privates Eigentum ist Fortsetzungszusammenhang wegen der prinzipiellen Verschiedenartigkeit der Objekte nicht möglich. 3. Nicht alle Verbrechenstatbestände des StGB stellen bei ihrer Verwirklichung durch einen Jugendlichen „schwere“ Verbrechen im Sinne des § 24 Abs. 1 JGG dar; die Voraussetzungen der Anwendung des allgemeinen Strafrechts sind nur dann erfüllt, wenn es sich um Verbrechen mit besonders gesellschaftlich gefährlichem Charakter handelt. Die Tatsache, daß die Verwirklichung der Tatbestände schwerer Verbrechen untereinander im Fortsetzungszusammenhang steht, hindert die Anwendung des allgemeinen Strafrechts nicht. 4. Das Verhalten eines Angeklagten in der Hauptverhandlung läßt Rückschlüsse auf seinen Charakter zu und kann der Beurteilung seiner Persönlichkeit dienen; cs darf aber nicht alleinige Grundlage der Bewertung der strafbaren Handlung sein. 5. In Fällen, in denen die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Verfehlungen Jugendlicher zu prüfen ist, kann gegen einen Erwachsenen vor dem Jugendgericht Anklage erhoben werden, auch wenn für die Aburteilung seiner eigenen Straftat das Bezirksgericht zuständig 1st. Die Zuständigkeitsvorschriften des JGG haben vor den sonstigen Zuständigkeitsvorschriften den Vorrang. OG, Urt. vom 4. März 1955 3 Ust II 10/55. Der am 1. März 1933 geborene Angeklagte V. war nach dem Besuch der Volksschule auf dem etwa 250 Bruttoregistertonnen großen Schiff seines Stiefvaters tätig. Nach einem Aufenthalt in Westdeutschland übernahm er das seiner Mutter gehörende Schiff. Der am 27. März 1937 in B. geborene Angeklagte B. wurde aus der 6. Klasse der Volksschule entlassen. Danach war er auf verschiedenen Arbeitsplätzen tätig, die er alle nach kurzer Zeit wieder grundlos verließ. Seit dem 4. November 1954 war B. bei dem Angeklagten V. als Schiffsjunge beschäftigt. Der Jugendliche B. beging bereits mit 12 Jahren eine mit Strafe bedrohte Handlung. Außerdem wurde vom KrG H.-D. wegen eines Fahrraddiebstahls gegen ihn Heimerziehung angeordnet, jedoch nicht vollstreckt. Der Angeklagte B. hatte trotz wiederholter Aufforderung von dem Angeklagten V. noch keinen Arbeitslohn erhalten. B. drängte ihn immer wieder, weil er sich Bekleidungsstücke kaufen wollte. V. erklärte ihm, daß er schon eine Jacke bekommen würde. Am 4. Dezember 1954 brachen sie nachts gegen 2 Uhr in eine Konsumverkaufsstelle ein. Mit Stemmeisen und Zange öffneten sie ein Fenster und entwendeten Bekleidungsstücke und Geld im Werte von insgesamt 1 658,17 DM. Am 8. Dezember 1954 drangen die Angeklagten in die Konsumbäckerei in Z. ein und entwendeten 5,5 kg Margarine, 30 Brötchen und eine Tüte Puderzucker. Am 11. Dezember 1954 gegen 1 Uhr nachts versuchten die Angeklagten, in eine HO-Gaststätte in B. einzudringen, um sich Geld aus der Kasse anzueignen. Der Angeklagte V. drückte auf Anraten von B. eine Fensterscheibe ein. Da dies ein zu großes Geräusch verursachte, unterließen die Angeklagten die Durchführung der abgesprochenen Tat. Dieses Verhalten der Angeklagten V. und B. beurteilte das BG als Diebstähle von genossenschaftlichem Eigentum, die sie in Gruppe handelnd unter Anwendung von Gewalt und Diebeswerkzeug begangen haben (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Buchstabe b und c VESchG). Da es die Verbrechen als in Tatmehrheit begangen angesehen hat, hat es hinsichtlich des Angeklagten V. hierfür Einzelstrafen von je drei Jahren Zuchthaus festgesetzt. Den versuchten Diebstahl hat das BG ebenfalls als Verbrechen gegen § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Buchstabe b und c VESchG, §§ 43, 44 StGB beurteilt und hierfür hinsichtlich des Angeklagten V. eine Einzelstrafe von einem Jahr Zuchthaus festgesetzt. Am 8. Dezember 1954 begaben sich die Angeklagten zu dem Grundstück der Drogerie N. in Z. Hier brach V. eine Ecke aus einer Fensterscheibe heraus, so daß er mit dem Arm hineinlangen und einen Fensterriegel öffnen konnte. Danach stiegen beide durch das Fenster in den Lagerraum ein. Beide Angeklagten packten Schnaps, Geschenkpackungen. Haaröl, Rasierklingen, Rasierpinsel, Zigaretten, Schreibpapier und andere Waren im Werte von 421 DM in große Taschen und nahmen sie mit. Die Beute teilten sie miteinander. Am 10. Dezember fuhren die Angeklagten nach B. und brachen in das Grundstück des Bauern S. ein. Die Angeklagten gelangten, zur Räucherkammer, zogen die Krampe aus der Tür zum Kornboden heraus und drehten das Vorhängeschloß zur Räucherkammer ab. Die Angeklagten entnahmen eine große Speckseite und eine Wurst. Im November 1954 befanden sich die Angeklagten auf einem Ernteball in der Gemeinde M. Da sie für die Rückfahrt kein Taxi bekamen, schlug B. vor, ein vor der Gaststätte stehendes Fahrrad zu entwenden und nach Z. zurückzufahren. V. nahm das Fahrrad an sich. Die Einbrüche in die Drogerie und in die Räucherkammer hat das BG als je einen gemeinschaftlichen schweren Diebstahl beurteilt (§§ 242, 243 Abs. 1 Ziff. 2, 47 StBG). Es hat hinsichtlich des Angeklagten 7. Einzelstrafen von je einem Jahr Zuchthaus festgesetzt. Die Entwendung des Fahrrades hat es als ln Mittäterschaft begangenen Diebstahl (§§ 242, 47 StBG) beurteilt und für den Angeklagten V. eine Einzelstrafe von neun Monaten Gefängnis festgesetzt, die gemäß § 21 StBG in eine Zuchthausstrafe von sechs Monaten umgewandelt worden ist. Aus diesen Einzelstrafen ist die Gesamtstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten Zuchthaus gebildet worden. Die Auffassung, daß die von den Angeklagten begangenen strafbaren Handlungen im Verhältnis der Tatmehrheit stehen und kein Fortsetzungszusammenhang vorliege, wird vom BG damit begründet, daß die Handlungen gegen verschiedene Objekte gerichtet gewesen seien, und zwar gegen staatliches, genossenschaftliches und privates Eigentum. Einen Fortsetzungszusammenhang zwischen Angriffen gegen gesellschaftliches und privates Eigentum gäbe es nicht. Außerdem hätten die Angeklagten vor jeder Tat einen neuen Vorsatz gefaßt. Sie hätten also nicht generell die Absicht gehabt, bei sich bietender Gelegenheit Diebstähle zu begehen. Zur Bewertung der strafbaren Handlungen des Angeklagten V. führt das BG aus, daß dieser während der Hauptverhandlung große Reue gezeigt habe und daher die „berechtigte Hoffnung“ bestehe, daß er schon vor Ablauf seiner Strafe in Freiheit gesetzt werden könne. Die Taten des Angeklagten B. hat das BG als wiederholte schwere Verbrechen im Sinne von § 24 Abs. 1 JGG angesehen und deshalb das allgemeine Strafrecht angewendet. Der Angeklagte B. sei seiner sittlichen und geistigen Entwicklung nach reif genug, um die Gesellschaftsgefährlichkeit seiner Handlungen einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Aus den Tatsachen, daß der Angeklagte bereits mit 12 Jahren eine mit Strafe bedrohte Handlung und als Sechzehnjähriger einen Fahrraddiebstahl begangen, außerdem in kurzen Abständen seinen Arbeitsplatz gewechselt habe, hat das BG den Schluß gezogen, bei dem Angeklagten handle es sich um einen Menschen, der nur sich selbst sehe. Es hat ihn gemäß § 25 Abs. 1 JGG wegen der von ihm begangenen Straftaten zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Verurteilung zu Zuchthaus begründet das BG wie folgt: der Angeklagte werde im 252;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 252 (NJ DDR 1955, S. 252) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 252 (NJ DDR 1955, S. 252)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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