Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 243

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 243 (NJ DDR 1955, S. 243); Zu einigen Fragen des Privatklageverfahrens Von WALTER HANKE, Direktor des Kreisgerichts Zwickau (Stadtbezirk West) Bei einem Erfahrungsaustausch, der mit den Schieds-männern gemäß § 9 Abs. 2 der AO vom 20. Mai 1954 durchgeführt wurde, und bei der Zusammenarbeit mit den Untersuchungsorganen und der Staatsanwaltschaft sowie bei Dienstbesprechungen haben sich in bezug auf das Privatklageverfahren Fragen ergeben, zu denen hier einiges gesagt werden soll: 1. Die Zuständigkeit der Schiedsmänner Nach § 244 StPO können Beleidigungen und Fälle der Verletzung des Andenkens Verstorbener von den verletzten oder den anderen dort genannten Personen im Wege der Privatklage verfolgt werden. Für einen solchen Fall und nur für einen solchen schreibt § 246 Abs. 2 StPO zwingend die Beibringung eines Sühnezeugnisses vor. Für die Ausstellung solcher Zeugnisse sind die nach der Anordnung über die Errichtung von Sühnestellen in der Deutschen Demokratischen Republik vom 20. Mai 1954 gewählten Schiedsmänner bei den jeweiligen Sühnestellen zuständig. Andere Aufgaben sind den Schiedsmännern gesetzlich nicht übertragen worden. Es können daher hinsichtlich ihrer Zuständigkeit keine Zweifel bestehen. Daß die Schiedsmänner nur bei Beleidigungen und in Fällen der Verletzung des Andenkens Verstorbener tätig werden können, ergibt sich auch aus § 2 der Anord- nung, wonach Sühnestellen nur zur Durchführung des nach § 246 StPO erforderlichen Sühneversuchs zu errichten sind. Es ist also falsch, wenn sich Schiedsmänner noch mit Fällen von Hausfriedensbruch, Bedrohung, Sachbeschädigung usw. befassen oder wenn Dienststellen der Verwaltung Rechtsuchende kurzerhand an die Schiedsmänner verweisen, wenn, um ein Beispiel zu nennen, sich Vermieter und Mieter wegen der Bezahlung des Wassergeldes oder Hauslichtes nicht einigen können. 2. Die Abgrenzung zwischen tätlicher Beleidigung und Körperverletzung Da der Tatbestand der Beleidigung auch durch gewisse körperliche Einwirkungen verwirklicht werden kann (tätliche Beleidigung) und es für die juristisch nicht ausgebildeten Schiedsmänner nicht immer leicht ist, zwischen einer solchen Beleidigung und einer Körperverletzung zu unterscheiden, geraten sie manchmal hinsichtlich ihrer Zuständigkeit in Zweifel. Es entsteht die Frage, wie sich der Schiedsmann verhalten soll, wenn es für ihn klar ist, daß eine Körperverletzung vorliegt, der Verletzte jedoch die Vornahme eines Sühneversuchs und die Aushändigung eines Sühnezeugnisses zum Zwecke der Erhebung einer Privatklage begehrt. Soll sich der Schiedsmann für unzuständig erklären oder soll er den Sühneversuch vornehmen? Wenn auch das Gericht zu der Überzeugung gelangt, daß es sich bei der strafbaren Handlung nicht um eine Beleidigung, sondern um eine Körperverletzung handelt, kann keinPrivatklageverfahren eröffnet werden; ein vom Verletzten erlangtes Sühnezeugnis wäre daher zwecklos und die dafür entstandenen Kosten unnötig. Ich erachte jedoch die Vornahme eines Sühneversuchs gleichwohl für notwendig, weil ein Schiedsmann eben nicht über so viel Rechtskenntnisse verfügt, um zweifelsfrei entscheiden zu können, ob eine tätliche Beleidigung oder eine Körperverletzung vorliegt, d. h. ob ein Privatklageverfahren durch das Gericht eröffnet werden wird oder nicht. Hierüber kann nur das Gericht selbst entscheiden. Maßgebend kann also in diesem Stadium des Verfahrens nicht die Rechtsansicht des Schiedsmanns sein, vielmehr hat er auch in den Fällen, in denen es sich seiner Überzeugung nach um eine Körperverletzung handelt, dem Verletzten auf sein Verlangen hin die Voraussetzung für die Erhebung einer Privatklage zu schaffen, also einen Sühneversuch vorzunehmen und ihm ein Sühnezeugnis auszustellen. In jedem Falle muß der Verletzte in die Lage versetzt werden, einmal die Frist des § 245 StPO wahren und zum anderen die Vorschrift des § 246 Abs. 2 StPO wahrnehmen und damit sein vermeintliches Recht bei Gericht suchen zu können. Wenn das Gericht die Er- öffnung des Privatklageverfahrens ablehnen sollte, weil keine Beleidigung, sondern eine Körperverletzung vorliegt, so bleibt dem Verletzten immer noch die Möglichkeit, durch Anzeigeerstattung ein Offizialverfahren in Gang zu bringen. Letztlich wird es immer richtig sein, wenn der Schiedsmann im Zweifel den Verletzten auffordert, sofern nicht die Gefahr des Fristablaufs nach § 245 StPO besteht, sich zunächst bei der Rechtsauskunftstelle des Gericht Rat zu holen. 3. Die Verweisung des Verletzten auf den Privatklageweg Da die Gerichte nach §§ 244 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, 250, 176 StPO ein Privatklageverfahren nur eröffnen können, wenn hinreichender Tatverdacht in .bezug auf Beleidigung oder Verletzung des Andenkens Verstorbener vorliegt, ergibt sich für Untersuchungsorgane und Staatsanwaltschaft dann, wenn die Verletzten zunächst dort im Wege der Anzeigeerstattung Schutz gesucht haben, die Aufgabe, bevor sie die Verletzten auf den Privatklageweg verweisen, genau zu prüfen, ob es sich bei dem zur Anzeige gebrachten Delikt auch tatsächlich um eine Beleidigung handelt. Zweifel kann es allerdings auch hier nur geben, wenn es um die Frage geht, ob tätliche Beleidigung oder Körperverletzung vorliegt. Kommt das Untersuchungsorgan oder die Staatsanwaltschaft zu der Auffassung, daß tätliche Beleidigung vorliegt, dann muß dies dem Verletzten so rechtzeitig mitgeteilt werden, daß ihm zwecks Erhebung der Privatklage noch Zeit bleibt, ein Sühnezeugnis zu erlangen; denn ob er bei verspäteter Mitteilung der Staatsanwaltschaft von den Folgen einer evtl. Fristversäumung im Sinne des § 37 StPO befreit werden kann, ist fraglich. Eine genaue Prüfung ist aber vor allem deshalb erforderlich, weil andernfalls die Verweisung auf den Privatklageweg dazu führen kann, daß dem Verletzten ein Schutz völlig versagt bleibt. Dafür ein Beispiel: Ein Verletzter erstattet Anzeige wegen Körperverletzung. Das Untersuchungsorgan oder der Staatsanwalt stellt das Verfahren mit dem Hinweis ein, den Privatklageweg zu beschreiten. Nach Eingang der Privatklage kommt das Gericht zu der Überzeugung, daß keine (tätliche) Beleidigung, sondern eine Körperverletzung vorliegt und lehnt die Eröffnung des Privatklageverfahrens ab. Ein solches Verfahren würde das Vertrauen unserer Werktätigen in die Staatsorgane erschüttern, es widerspräche aber auch einer Grundforderung unserer demokratischen Gesetzlichkeit, nämlich den persönlichen Rechten unserer Bürger unter allen Umständen staatlichen Schutz zu gewähren. Es bedarf keines besonderen Hinweises, daß es bei der Frage der Verweisung auf den Privatklageweg Zweckmäßigkeitserwägungen nicht geben kann. Ergibt sich, daß es sich bei der strafbaren Handlung um eine Körperverletzung handelt, dann ist für eine Verweisung auf den Privatklageweg auch dann kein Raum, wenn die Körperverletzung noch so gering ist. Eine andere Handhabung würde der Festigung der Rechtssicherheit nicht dienlich sein und gegen das Gesetz verstoßen. 4. Kann in einem Privatklageverfahren auch über ein im § 244 StPO nicht genanntes Delikt mit verhandelt werden? In einer der letzten Direktorenbesprechungen ist die Frage aufgeworfen worden, ob es möglich sei, in Privatklageverfahren auch andere geringfügige Delikte mit zu verhandeln. Als Beispiel wurde Hausfriedensbruch genannt. Einige Kollegen bejahten das, wobei sie sich offenbar von prozeßökonomischen Erwägungen leiten ließen. Ich halte eine solche Möglichkeit nach dem klaren Wortlaut des § 244 StPO nicht für gegeben. Ein Privatklageverfahren kann nur für die im § 244 StPO genannten Delikte eröffnet werden; die Einbeziehung eines anderen Delikts, auch während der Hauptverhandlung, würde einen Verstoß gegen das Gesetz bedeuten. 243;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 243 (NJ DDR 1955, S. 243) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 243 (NJ DDR 1955, S. 243)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich seinFormelle, gleichgültige, politisch unkluge, undifferenzierte, letztlich ungesetzliche Entscheidungen darf es nicht geben. Immer wieder muß gerade die hohe politische Bedeutung der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Ermittlungsverfahren Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Wissenschaftskonzeption für die perspektivische Entwicklung profilbestimmender Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit an der Hochschule Staatssicherheit nach dem Parteitag der Partei , Dietz Verlag, Berlin Erich Honecker, Die Aufgaben der Parteiorganisationen bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der - Referat auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlich-negativer Aktivitäten gewährleisten. Biese Informationen können nur auf inoffiziellem Wege erarbeitet wer- den, weil der Feind seine Angriffe konspirativ vorträgt.

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