Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 222

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 222 (NJ DDR 1955, S. 222); Frage ab, ob die Klägerin ein „rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung“ geltend machen konnte einer Antwort also, die sich nur aus dem näheren, von dem Urteil verschwiegenen Sachverhalt gewimnen läßt. Daß das Urteil, trotz unzutreffender Begründung, eben wegen des Fehlens eines solchen Interesses im Endergebnis doch zutrifft, konnte daher nur auf Grund besonders eingeholter Informationen festgestellt werden. Das KG hält eine auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Geschwisterverhältnisses gerichtete Klage schlechthin für unzulässig, weil damit entgegen der Bestimmung des § 256 ZPO die Feststellung einer Tatsache, nicht aber eines Rechtsverhältnisses begehrt werde. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden; ihr liegt eine rechtsirrtümliche Auffassung sowohl des Geschwisterverhältnisses als auch des in § 256 ZPO gebrauchten Begriffs „Rechtsverhältnis“ zu Grunde. Zweifellos ist die Feststellung, daß die Beklagte eine leibliche Schwester der Klägerin ist, die Feststellung einer Tatsache. Genau ebenso aber handelt es sich um eine Tatsache, wenn etwa die Feststellung verlangt wird, daß der Beklagte der eheliche Vater oder das eheliche Kind des Klägers ist oder nicht ist, oder daß ein bestimmter Gegenstand Eigentum des Klägers ist und gleichwohl gibt es nirgends Zweifel, daß derartige Feststellungsanträge zulässig sind. Daraus folgt, daß die landläufige und auch vom KG angewandte Regel, zur Feststellung einer Tatsache sei die Klage aus § 256 nicht gegeben, in Wirklichkeit ungenau und irreführend ist; richtig ist sie nur mit der Ergänzung, daß eine Tatsache für sich allein dann nicht durch Urteil festgestellt werden kann, wenn sie nur durch den Zutritt weiterer Umstände geeignet ist, eine rechtserhebliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache hervorzurufen. Beispielsweise kann also die Tatsache, daß am 2. Januar 1955, morgens 8 Uhr, in X, ein dichter Nebel herrschte, nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, weil sie für sich allein beziehungslos ist; sie wird erst durch Hinzutritt weiterer Umstände zur Grundlage eines Rechtsverhältnisses, nämlich der schuldhaften Körperverletzung des von dem zu schnell fahrenden Beklagten überfahrenen Klägers. Hingegen trägt die Tatsache der Vaterschaft bestimmte Rechtsbeziehungen zwischen den beteiligten Personen in sich, ebenso wie die Tatsache des Eigentums Rechtsbeziehungen zwischen dem Eigentümer und dritten Personen in bezug auf die Sache; diese Tatsachen sind also gleichzeitig Rechtsverhältnisse und daher beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 256 ZPO durch Urteil feststellbar. Daß aber auch das Geschwisterverhältnis zwischen zwei Personen ein derartiges Rechtsverhältnis ist, kann m. E. nicht zweifelhaft sein. Das KG irrt, wenn es meint, daß das Gesetz an das Geschwisterverhältnis keine zivilrechtlichen Rechtsfolgen knüpfe, wie es übrigens auch nicht richtig ist, daß die ein „Rechtsverhältnis“ darstellenden Beziehungen nur zivilrechtliche Rechtsfolgen nach sich ziehen dürften, um § 256 ZPO anwendbar zu machen; die Rechtsfolgen können selbstverständlich auch familienrechtlicher Natur, daneben u. U. aber auch verwaltumgsrechtlicher oder prozeßrechtlicher Natur sein und gleichwohl eine Feststellungsklage recht-fertigen. In erster Linie ist hier darauf hinzuweisen, daß Geschwister untereinander zu den gesetzlichen Erben der zweiten Ordnung gehören (§ 1925 BGB). Mangels näherer Schilderung des Tatbestandes durch das Urteil läßt sich z. B. der vorliegende Fall sehr wohl so vorstellen, daß im Verhältnis von der Klägerin zur Beklagten ggf. auch im umgekehrten Verhältnis nähere gesetzliche Erben nicht existieren, so daß die Beklagte im Falle der Bejahung der Geschwisterschaft die alleinige gesetzliche Erbin der Klägerin wäre; daß aber jemand ein schutzwürdiges Interesse daran haben kann, zu wissen, ob eine bestimmte Person sein voraussichtlicher gesetzlicher Erbe ist oder nicht ist z. B. um Klarheit darüber zu erlangen, ob und was er ggf. testamentarisch anzuordnen hat , ist schon in der früheren Rechtsprechung anerkannt worden. Daneben schafft das Geschwisterverhältnis noch eine große Zahl weiterer Rechtsbeziehungen. Zwar ist es richtig, daß zwischen Geschwistern eine gegenseitige Unterhaltspflicht nicht besteht, aber bei dieser Fest- stellung übersieht das KG, daß ihnen u. U. gegenüber einem gemeinsamen Aszendenten eine gemeinschaftliche Unterhaltspflicht obliegt (§ 1606 BGB) und ein Fall durchaus so gelagert sein kann, daß jemand ein rechtliches Interesse an der Feststellung eines weiteren Unterhaltspflichtigen hat. Weiter besteht zwischen Geschwistern bekanntlich die „negative“ Rechtsbeziehung des Eheverbots nach § 4 EheG. Warum sollte z. B. ein Mann, dessen Eheschließung der Standesbeamte verweigert, weil nach den Registerunterlagen die Braut seine Schwester sein könnte, nicht die Möglichkeit haben, durch eine negative Feststellungsklage den beiderseitigen Personenstand zu klären, um unter Berufung auf das Urteil seinen verwaltungsrechtlichen Anspruch auf Durchführung der Eheschließung geltend machen zu können? Zivilrechtlicher Natur wiederum sind die Rechtsfolgen, die aus dem Geschwisterverhältnis im Hinblick auf die Gültigkeit oder Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung nach § 31 Ziff. 2 KO bzw. § 3 Abs. 1 Ziff. 2 AnfG erwachsen und auch hier läßt sich die Möglichkeit eines rechtlichen Interesses an der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines etwa angezweifeiten Geschwisterverhältnisses durchaus vorstellen. Weiter: das Bestehen eines Geschwisterverhältnisses hat die prozessualen Rechtsfolgen, daß der zu einer Partei oder dem Beschuldigten in einem solchen Verhältnis stehende Richter kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen ist (§ 41Ziff. 3 ZPO, § 20 Ziff. 2 StPO), daß das von einem solchen Richter erlassene Zivilurteil der Nichtigkeitsklage unterliegt (§ 579 Ziff. 2 ZPO), daß der in einem solchen Verhältnis zu einer Partei stehende Zeuge im Zivil- und Strafprozeß ein Zeugnisverweigerungsrecht hat (§ 383 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO, § 46 Abs. 1 Ziff. 2 StPO). Es läßt sich etwa denken, daß sogar ein Gericht selbst, um einen zwischen dem Beweisführer und einem Zeugen entstandenen Zwischenstreit über die Rechtmäßigkeit der Zeugnis-Verweigerung nach § 387 ZPO entscheiden zu können, dem Beweisführer aufgibt, das von ihm behauptete Nichtbestehen eines Geschwisterverhältnisses durch Vorlegung eines entsprechenden Feststellungsurteils nachzuweisen. Daß alle diese Beispiele „weit hergeholt“ klingen, ist die unvermeidliche Folge des Umstandes, daß der Fall eines ernstlich streitigen Geschwisterverhältnisses in der Praxis eben außergewöhnlich selten ist; jedenfalls zeigen sie aber, daß die Auffassung des Urteils, das Geschwisterverhältnis sei eine bloße Tatsache und kein im Hinblick auf seine Rechtsfolgen zur Feststellung durch Urteil geeignetes Rechtsverhältnis, unzutreffend ist. Damit ist natürlich noch nicht gesagt, daß die Feststellungsklage im konkreten Falle begründet war. Denn § 256 ZPO verlangt ja neben dem Vorliegen einer der Feststellung durch Urteil zugänglichen Beziehung, also eines „Rechtsverhältnisses“ in dem besprochenen Sinne, noch das Vorhandensein eines rechtlichen Interesses an seiner alsbaldigen Feststellung. Ein rechtliches Interesse aber setzt voraus, daß infolge der Unsicherheit oder Ungewißheit jenes Rechtsverhältnisses die Rechtsstellung des Klägers in irgendeiner Weise gefährdet oder beeinträchtigt wird; in der Regel wird das rechtliche Interesse verknüpft sein mit der Geltendmachung einer sich aus dem fraglichen Rechtsverhältnis ergebenden Rechtsfolge. Man darf gerade bei der Frage nach dem Vorliegen eines rechtlichen Interesses keineswegs formalistisch Vorgehen, sondern wird sie unter freiester Auslegung jenes Begriffs beantworten müssen, insbesondere also ein wirtschaftliches Interesse an der begehrten Feststellung im allgemeinen genügen lassen. Aber selbst bei freiester Auslegung wird angesichts des verbindlichen Gesetzeswortlauts ein lediglich menschliches Interesse, das auf die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers und seine Befugnisse in keiner Weise Einfluß hat, nicht genügen man möchte im Hinblick auf unseren Fall sagen: leider nicht genügen, denn daß jemand ein in hohem Maße verständliches und menschlich berechtigtes Interesse daran haben kann, zu erfahren, ob eine andere Person sein Bruder oder seine Schwester ist, läßt sich keinesfalls verkennen; in der Regel wird dieses Interesse sogar auf beiden Seiten gegeben sein. Man wird den vorliegenden Fall zum 222;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 222 (NJ DDR 1955, S. 222) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 222 (NJ DDR 1955, S. 222)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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