Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 221

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 221 (NJ DDR 1955, S. 221); andererseits etwaiger Zahlungsrückstände aus Lieferungen des Verklagten an seine Kunden. In der Buchhaltung der Parteien selbst treten diese Vorgänge nirgends in Erscheinung; dort ist vielmehr alles nur auf die unter den Parteien unmittelbar abgeschlossenen Lieferungsgeschäfte und die daraufhin vom Verklagten an die Klägerin, zum Teil sogar in runden Summen geleisteten Zahlungen abgestellt. Hinzu kommt, daß der Verklagte verpflichtet war, die Rechnungsbeträge für die Lieferungen an seine Abnehmer direkt einzuziehen und sie an die Klägerin weiter abzuführen. In Übereinstimmung damit hat der Zeuge G. glaubhaft bekundet, daß während seiner bis September 1950 festgesetzten Tätigkeit als Prokurist der Klägerin unter den Parteien niemals ein Zweifel darüber bestanden hat, daß der Verklagte für die etwa verbleibenden Rückstände aus den Zahlungen seiner Abnehmer, die sich ja von der Provision abgesehen mit den auf den Rechnungen der Klägerin offenbleibenden Beträgen decken müßten, der Klägerin gegenüber einzustehen hatte. Aus alledem ergibt sich in rechtlicher Hinsicht folgendes: Schon die unbestrittene Tatsache, daß der Verklagte mit Wissen und Willen der Klägerin während der Dauer der Geschäftsverbindung Geldbeträge von seinen Kunden eingezogen hat, die er an die Klägerin abzuführen hatte, verpflichtet ihn zur Rechnungslegung. Dabei richtet sich der Umfang dieser Verpflichtung nach dem jeweiligen Stand der Geschäfte in dem Zeitpunkt, in dem Rechnung zu legen ist. Wenn und soweit bei der Klägerin entsprechend den Berichten des Verklagten über seine Geschäftsabschlüsse mit Gastwirten Rechnungsbeträge offen geblieben sind, ist der Verklagte zur Rechenschaft über den Verbleib der ihm gelieferten Waren und der an ihn von seinen Kunden dafür gezahlten bzw. rückständig gebliebenen Gelder verpflichtet. Andererseits ermöglicht nur eine die Geschäftsabschlüsse des Verklagten über die ihm gelieferten und in Rechnung gestellten Waren erfassende Auskunft der Klägerin die Kontrolle über die Entwicklung des Lagerbestandes des Verklagten und die Höhe der etwaigen Rückstände. Zu diesem Zwecke sind ja die Berichte des Verklagten über die Geschäftsabschlüsse von Anfang an gefordert und erstattet worden, nicht etwa aus „Gefälligkeit“, sondern weil die Klägerin diese Berichte benötigte und der Verklagte dazu verpflichtet war. Was der Verklagte gegen diese seine Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung vorbringt, ist un-beachtlich. Es ist ihm zwar zuzugeben, daß der bisher vorgelegte Schriftwechsel der Parteien nicht eindeutig ist und daß darin auch Umstände erwähnt und Anforderungen gestellt werden, die das Rechtsverhältnis der Parteien als Agenturvertrag erscheinen lassen könnten. Das erklärt sich aber zur Genüge aus der bereits dargelegten, aus verschiedenen Elementen zusammengesetzten Mischform des Vertrages, weshalb es denn auch der Klägerin ohne Mühe möglich war, gewisse Wendungen des Schriftwechsels für ihre Auffassung anzuführen. Entscheiden kann hier nur der wirkliche Inhalt des Vertragsverhältnisses. Es ist völlig unerkennbar und wird vom Verklagten auch nicht näher dargelegt, weshalb die Forderung der Klägerin Treu und Glauben verletzen sollte. Die Klägerin fordert weder mehr noch weniger, als ihr vertraglich zusteht und wozu der Verklagte audi imstande sein müßte, wenn er die ihm obliegende Buchungs- und Kontrollpflicht mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt erfüllt hätte. Es kann auch nicht die Rede davon sein, daß der Verklagte wie er behauptet, ohne Anerkennung seiner Rechtspflicht dem Klaganspruch bereits genügt habe. Entscheidungen anderer Gerichte Zivilrecht § 258 ZPO. Ist das Geschwisterverhältnis ein nach § 256 ZPO zur Feststellung durch Urteil geeignetes Rechtsverhältnis? KG (Plenum), Urt. vom 18. Dezember 1954 Zz PI. 2/54. Die Klägerin hatte vor dem früheren Landgericht Berlin Klage erhoben, mit der sie die Feststellung begehrte, daß die Beklagte ihre leibliche Schwester sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es nicht als erwiesen angesehen hat, daß die Parteien Geschwister seien. Gegen dieses Urteil hatte die Klägerin Berufung eingelegt. Der Zivilsenat des Kammergerichts von Groß-Berlin hat in seinem Urteil vom 26. November 1953 die Entscheidung des früheren Landgerichts abgeändert. Er hat als erwiesen angesehen, daß die Parteien Geschwister sind und erkannt: „Es wird festgestellt, daß die Beklagte die leibliche Schwester der Klägerin ist.“ Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Kammergerichts von Groß-Berlin. Der Antrag wird mit unrichtiger Anwendung des § 256 ZPO begründet. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Urteil des Zivilsenats des Kammergerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, weil § 256 ZPO unrichtig angewendet worden ist. Nach dieser Bestimmung ist eine Feststellungsklage nur dann zulässig, wenn die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt wird und ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung besteht. Eine Feststellung von Tatsachen läßt § 256 ZPO nur zu, soweit es sich um die Anerkennung einer Urkunde oder darum handelt, deren Echtheit oder Unechtheit festzustellen. Die Ausdehnung dieser Bestimmung auf die Feststellung anderer Tatsachen ist deshalb nicht zulässig. Diese Voraussetzungen der Feststellungsklage sind im vorliegenden Falle weder durch das frühere Landgericht Berlin noch durch den Zivilsenat des Kammergerichts beachtet worden. Beide Gerichte haben ohne Prüfung, ob ein Rechtsverhältnis vorliege, über die Frage des Bestehens eines Geschwisterverhältnisses eine Entscheidung getroffen. Bei richtiger Anwendung des § 256 ZPO hätte die Klage jedoch wegen Nichtvorliegens eines Rechtsverhältnisses abgewiesen werden müssen. Die Entscheidung der Frage, ob im vorliegenden Falle ein Rechtsverhältnis besteht, hängt davon ab, ob das Gesetz an das Geschwisterverhältnis als solches bestimmte Rechtsfolgen knüpft, auf Grund deren zivil-rechtliche Ansprüche gegeneinander entstehen. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Zivilrecht sieht weder eine Unterhaltsverpflichtung zwischen Geschwistern vor, noch begründet es in anderer Weise zwischen ihnen Rechte und Pflichten, die selbständig im Zivilprozeß durchgesetzt werden könnten. Es besteht also zwischen den Parteien kein Rechtsverhältnis. Da im Wege der Feststellungsklage des § 256 ZPO jedoch nur Rechtsverhältnisse feststellbar sind, die Klägerin aber nur die Feststellung der Tatsache begehrt, daß die Beklagte ihre Schwester sei, also selbst nicht das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses behauptet, fehlt es an der Schlüssigkeit ihrer Feststellungsklage. Die Klage konnte aus diesem Grunde keinen Erfolg haben. Das Urteil des Zivilsenats des Kammergerichts mußte daher aufgehoben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen werden. Anmerkung: Die Beurteilung der vorstehenden Plenarentscheidung des Kammergerichts wird dadurch erschwert, daß sie sich in ihrer Begründung einer auffallenden Zurückhaltung befleißigt. Sie legt, im Gegensatz zu den Kassationsentscheidungen des Obersten Gerichts, offensichtlich größten Wert darauf, sich auf die Behandlung einer abstrakten Rechtsfrage zu beschränken und verletzt damit eine der Grundforderungen, die der demokratischen Rechtsprechung gestellt sind, die Forderung der erzieherischen Wirksamkeit, deren Voraussetzung die Verständlichkeit und Überzeugungskraft aller Entscheidungen ist. Wie kann ein Urteil überzeugen, das vom konkreten Sachverhalt völlig abstrahiert das weder darüber, wie der seltene Fall eines Zweifels an der Geschwisterschaft zustande kam, noch darüber, weshalb die Klägerin an der begehrten Feststellung interessiert ist, auch nur ein Wort verliert?! Diese Unvollständigkeit der Entscheidung ist nicht nur aus formalen Gründen unerwünscht, vielmehr gestattet sie auch nicht jedenfalls nicht auf Grund des Urteilstextes allein die Feststellung, ob das Urteil im Ergebnis zutrifft. Denn da die von ihm gegebene Begründung für die Klageabweisung m. E. nicht durchgreift, hängt die Entscheidung in Wirklichkeit von der Beantwortung der 221;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 221 (NJ DDR 1955, S. 221) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 221 (NJ DDR 1955, S. 221)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Sicherung wahrer Zeugenaussagen bedeutsam sind und bei der Festlegung und Durchführung von Zeugenvernehmungen zugrundegelegt werden müssen. Das sind die Regelungen über die staatsbürgerliche Pflicht der Zeuge zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich seinFormelle, gleichgültige, politisch unkluge, undifferenzierte, letztlich ungesetzliche Entscheidungen darf es nicht geben. Immer wieder muß gerade die hohe politische Bedeutung der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei VerdächtigenbefTagungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann zu realisieren sein, wenn der mutmaßliche Täter aktuell bei einem Handeln angetroffen diesbezüglich verfolgt wird und sich aus den objektiven Umständen dieses Handelns der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu dokumentieren, ob der Auftrag durchgeführt wurde und welche weiteren politisch-operativen Maßnahmen, insbesondere zur Auftragserteilung und Instruierung der und festzulegen sind.

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