Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 2

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 2 (NJ DDR 1955, S. 2); in diesem ersten Prozeßabschnitt als konsequente Verteidigerin der Prinzipien des Völkerrechts und der demokratischen Grundsätze der Bonner Verfassung auftritt. Da der Versuch der Adenauer-Regierung, die Kommunistische Partei Deutschlands aus dem legalen politischen Leben auszuschalten, ein Schlag gegen die Wiedervereinigung Deutschlands und die Gewährleistung des Friedens in Europa ist, standen angesichts der offensiven Prozeßführung durch die KPD notwendigerweise die Fragen der Einhaltung des Potsdamer Abkommens und des Völkerrechts- und verfassungsmäßigen Gebots zur Wiedervereinigung Deutschlands im Mittelpunkt aller bisherigen Auseinandersetzungen. II Ausgangspunkt für die Gestaltung der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland nach der Niederschlagung Hitlerdeutschlands im 2. Weltkrieg sind die Viermächte-Vereinbarungen von 1945, dabei insbesondere das Potsdamer Abkommen. Im Potsdamer Abkommen wurde festgelegt, welchen Weg das deutsche Volk gehen muß, um eines Tages wieder als vollwertiges und gleichberechtigtes Mitglied der Völkergemeinschaft auftreten zu können. Ausrottung der Wurzeln des Faschismus und Militarismus lind Beschreiten eines wahrhaft demokratischen Weges das sollten die Voraussetzungen für die Wiederherstellung eines unabhängigen deutschen Nationalstaates sein. Damit wurde im Potsdamer Abkommen zugleich der Anspruch des deutschen Volkes auf einen eigenen, unabhängigen Staat verbürgt. Der für das deutsche Volk festgelegte demokratische Weg und die Gewährleistung des Anspruchs auf einen unabhängigen Nationalstaat entsprachen und entsprechen noch heute so sehr den ureigensten nationalen Interessen aller Deutschen, daß es die vornehmste Aufgabe aller wirklich nationalen Kräfte ist, für die Verwirklichung des Potsdamer Abkommens zu kämpfen. Deshalb steht in Westdeutschland die Kommunistische Partei Deutschlands als entschiedendste Gegnerin des deutschen Faschismus und Militarismus, als konsequenteste Vorkämpferin für ein einheitliches, unabhängiges, friedliebendes und demokratisches Deutschland fest und unverbrüchlich auf dem Boden der im Potsdamer Abkommen niedergelegten Prinzipien. Diese sind auch für den Verbotsprozeß gegen die Kommunistische Partei Deutschlands unmittelbar von Bedeutung. Ohne Zugrundelegung der demokratischen Grundsätze des Potsdamer Abkommens kann nicht geklärt werden, was die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ im Sinne von Art. 21 des Bonner Grundgesetzes ist. Ohne Anwendung der Prinzipien des Potsdamer Abkommens, das unter III. 9. ausdrücklich die Zulassung aller demokratischen politischen Parteien in ganz Deutschland vorschreibt, kann auch nicht entschieden werden, welche Anforderungen an eine demokratische politische Partei in Deutschland, dabei auch in Westdeutschland heute gestellt werden müssen. Aus der Gültigkeit der im Potsdamer Abkommen zum Ausdruck kommenden Prinzipien folgt aber insbesondere, daß eine Partei, die ihre ganze Kraft auf die Durchsetzung dieser Prinzipien konzentriert und sich in allen Handlungen in voller Übereinstimmung mit denselben befindet, in keinem Teil Deutschlands verfassungswidrig sein kann. Dementsprechend hat die KPD vor dem Bundesverfassungsgericht bereits in ihrer Erwiderungsschrift auf den Verbotsantrag und auch in ihrem Eingangsplädoyer mit allem Nachdruck dargelegt, daß die Versuche der Bundesregierung, unter Außerachtlassung des Potsdamer Abkommens, Art. 21 GG als Rechtsgrundlage des Verfahrens zu verwenden, rechtlich nicht zulässig sind. Das Bundesverfassungsgericht muß bereits bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Verbotsprozesses von den Prinzipien des Potsdamer Abkommens ausgehen. Es ist dazu verpflichtet, weil das Potsdamer Abkommen als Akt der damals die oberste Gewalt in Deutschland ausübenden Regierungen das deutsche Volk und alle deutschen Staatsorgane unmittelbar bindet, unmittelbar Rechte und Pflichten für sie erzeugt. Aus der Tatsache, daß das Bonner Grundgesetz von den Behörden der westlichen Besatzungsmächte ausdrücklich genehmigt worden ist, wobei diese Behörden nur im Rahmen ihrer sich aus dem Potsdamer Abkommen ergebenden Verpflichtungen handeln konnten, ergibt sich ebenfalls, daß Art. 21 GG nur im engsten Zusammenhang mit diesem Abkommen anwendbar ist. Schließlich zwingt auch Art. 25 GG, der die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zum Bestandteil des westdeutschen Bundesrechts erklärt, das Bundesverfassungsgericht zur Anwendung des Potsdamer Abkommens im gegenwärtigen Verfahren. Wenn auch die Bestimmungen dieses Abkommens nicht unmittelbar allgemeine Völkerrechtsregeln darstellen, sind sie doch nichts anderes als eine Konkretisierung solcher Regeln, insbesondere des Aggressionsverbots und des Selbstbestimmungsrechts der Nationen hinsichtlich Deutschlands, so daß man das Potsdamer Abkommen nicht verletzen kann, ohne zugleich diese allgemeinen Völkerrechtsregeln anzugreifen. Entgegen dieser klaren Position der KPD, die in vollem Umfange mit den Grundsätzen des Völkerrechts und den Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes übereinstimmt, ist die Adenauer-Regierung in ihrer gesamten, gegen die nationalen Interessen des deutschen Volkes gerichteten Politik bestrebt, sich von den Prinzipien des Potsdamer Abkommens zu lösen. Auch das Verbot der KPD kann sie nur unter offener Verletzung dieses Abkommens betreiben. Deshalb bemühte sie sich bereits in ihrem Eingangsplädoyer, das Potsdamer Abkommen als im Verbots verfahren anzuwendende Rechtsgrundlage zu leugnen. Daß diese Argumentation auf dünnen Füßen stand, wurde deutlich, als die Bundesregierung nach den Ausführungen Prof. Dr. Krögers, der das Eingangsplädoyer ihres Vertreters förmlich zerflückte, zur Ausarbeitung ihrer eigenen Stellungnahme eine ganze Woche Zeit benötigte. Nach Ablauf dieser Woche führte die Bundesregierung Prof. Kaufmann ins Feld, der bereits im Jahre 1911 den „siegreichen Krieg als Bewährung des Rechtsgedankens“ proklamierte und im Jahre 1917 erneut den Krieg als „Element der göttlichen Weltordnung“ verherrlichte. Kaufmann, dessen gesamtes wissenschaftliches Werk darauf gerichtet ist, die Rechtmäßigkeit jedes Vertragsbruchs im Völkerrecht zu begründen, verstärkte mit seinem Auftreten den Eindruck eines internationalen Skandals, der bereits durch das Eingangsplädoyer der Bundesregierung hervorgerufen worden war. Im Eingangsplädoyer des Herrn von Lex und in den Ausführungen Kaufmanns erwies sich erneut, daß eine Politik, die auf die Vorbereitung eines neuen Krieges gerichtet ist und zu diesem Zweck das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes negiert, in jedem einzelnen Punkt in offenen Widerspruch zum geltenden Völkerrecht geraten muß. Betrachtet man die Argumente der Bundesregierung, mit denen sie die Verbindlichkeit des Potsdamer Abkommens hinwegzudiskutieren und den im Verbotsantrag liegenden Rechtsbruch mit juristischen „Argumenten“ zu begründen sucht, im einzelnen, dann bestätigt sich zunächst, daß sich ihre Vertreter tatsächlich nach den Worten des Prozeßvertreters der KPD Prof. Kröger die Aufgabe gestellt haben, die Quadratur des Kreises zu lösen. Zugleich aber werden die Gründe, die für die Adenauer-Regierung bei der Negierung des Potsdamer Abkommens maßgeblich sind, unmißverständlich für die gesamte internationale Öffentlichkeit deutlich. Im Eingangsplädoyer behauptete Herr von Lex, das Potsdamer Abkommen sei kein „eigentlicher völkerrechtlicher Vertrag“, sondern lediglich ein Regierungsabkommen; es sei nur als „Communique“ bezeichnet, in den USA z. B. nicht vom Senat ratifiziert, und deshalb binde es nicht die Staaten als „Ganzheit“, sondern es könne nur durch die Regierungen der vertragschließenden Staaten in der Weise verletzt werden, daß sie ihren Oberbefehlshabern vertragswidrige Instruktionen erteilen. Bekanntlich sind völkerrechtliche Verträge an keine bestimmte Form gebunden. Jedes völkerrechtliche Lehrbuch belehrt außerdem darüber, daß die Bezeichnungen völkerrechtlicher Vereinbarungen für deren Vertragscharakter unerheblich sind. Ein Blick auf den Inhalt des Potsdamer Abkommens, insbeson- 2;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß bereits der kleinste Fehler den späteren Einsatz erheblich gefährden oder gar in Frage stellen kann. Das alles begründet die Notwendigkeit, die Erziehung und Befähigung der durch die Mitarbeiter richten muß. Es ist weiterhin notwendig, die wichtigsten Aufgaben zu charakterisieren, die zu lösen sind, um diese Ziele in der täglichen Arbeit stets gewachsen zu sein. Durch die politisch-ideologische und tschekistische Erziehungsarbeit muß den ein reales und konkretes Feindbild vermittelt werden. Das bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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