Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 191

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 191 (NJ DDR 1955, S. 191); Diese Rechtsauffassung findet weder im Gesetz zum Schutze des Volkseigentums noch in der Richtlinie Nr. 3 des Plenums des Obersten Gerichts eine Stütze. In der Richtlinie ist unter III ausgeführt: „Voraussetzung für die Annahme des erschwerenden Merkmals der ,Gruppe1 ist, daß für das zur Anklage stehende Verbrechen seiner Schwere nach die Anwendung des VESchG überhaupt gerechtfertigt ist.“ Es bedarf also zunächst der Prüfung, ob ein Verbrechen gegen § 1 VESchG vorliegt. Ist dies gegeben und ist das Verbrechen durch eine „Gruppe“ begangen, ist § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG anzuwenden. Eine weitere Prüfung der Schwere des Verbrechens für die Anwendung des § 2 Abs. 2 VESchG hat dann zu entfallen. Den § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG lediglich aus subjektiven Gründen nicht anzuwenden, obwohl die Voraussetzungen zur Anwendung des § 1 VESchG vorliegen und in „Gruppe“ gehandelt wurde, ist unzulässig und verstößt sowohl gegen das VESchG als auch gegen die Richtlinie Nr. 3. Da im vorliegenden Fall, wie bereits erwähnt, das Bezirksgericht den Angeklagten zu Recht eines fortgesetzten Verbrechens gegen § 1 Abs. 1 VESchG schuldig gesprochen hat und der Angeklagte im Rahmen dieses fortgesetzten Verbrechens den größten Teil der Taten nach Besprechung mit dem Verurteilten Kg. durchgeführt hat, hat er auch in „Gruppe“ gehandelt. Er hätte also wegen eines Verbrechens gegen § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG verurteilt werden müssen. Entsprechend dem oben Dargelegten war das Urteil des Bezirksgerichts, soweit es den Angeklagten G. betrifft. dahin abzuändern, daß der Angeklagte eines Verbrechens gegen § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG in Tateinheit mit § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO schuldig ist. Die andere rechtliche Beurteilung führt allerdings nicht zu einer Änderung des Strafmaßes. Die Strafe kann infolge des Verbots der Straferhöhung (§ 277 Abs. 1 StPO) nicht verschärft werden. §8 1, 6 VO über die Zuständigkeit der Gerichte in Verkehrssachen vom 22. April 1954 (GBl. S. 461); §§ 172 Ziff. 2, 227 Abs. 1 StPO: § 330 a StGB. 1. In allen mit einem Verkehrsunfall in Zusammenhang stehenden Strafsachen sind die Verkehrsgerichte zuständig. Wird in einer derartigen Strafsache irrtümlich vor einem anderen Gericht Anklage erhoben, darf dieses das Verfahren nicht eröffnen, sondern muß die Sache an den Staatsanwalt zurückgeben bzw. ln der Ilauptverhandiung einen Verweisungsbeschluß erlassen. 2. Zur Anwendung des § 330 a StGB. OG, Urt. vom 11. Februar 1955 3 ZstV 4/55. Durch Urteil des Kreisgerichts Be. vom 24. Juni 1954 ist der Angeklagte wegen verbrecherischer Trunkenheit (§ 330 a StGB) rechtskräftig zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte übernahm im Jahre 1935 eine Großhandlung und war seither in diesem Geschäft tätig. Am 4. Mai 1954 belieferte er verschiedene Kunden. Er bediente sich hierzu eines Lieferwagens, den er selbst steuerte. Am Vormittag suchte er auch den Gastwirt B. in S. auf und nahm dort verschiedene alkoholische Getränke zu sich. Anschließend bestieg er sein Kraftfahrzeug, um es einige Meter weiter zu einer Tankstelle zu fahren. Dort stand ein Tankwagen. Der Fahrer dieses Wagens erkannte die Gefahr, daß der Angeklagte gegen sein Fahrzeug stoßen würde, und versuchte auszuweichen. Dessen ungeachtet stieß das Fahrzeug des Angeklagten mit dem Tankwagen zusammen. Der Tankwagen wurde am Kotflügel beschädigt. Etwa gegen 15 Uhr erschien die Verkehrspolizei an der Unfallstelle und stellte dabei fest, daß der Angeklagte angetrunken war. Ihm wurde daraufhin die Fahrerlaubnis abgenommen. Der Angeklagte wurde aufgefordert, zu einem Arzt zu gehen und sich einer Blutuntersuchung zu unterziehen. Der betreffende Arzt war aber nicht anwesend. Nunmehr forderte der Zeuge Volkspolizist K. den Angeklagten auf, sich solange bei der Tankstelle aufzuhalten, bis er nach Be. zur Blutuntersuchung transportiert werden könne. Der Angeklagte leistete dieser Aufforderung keine Folge, sondern begab sich in einem unbewachten Augenblick wieder zur Gaststätte und trank dort Kaffee. Nachdem ihn der Zeuge zurückgeholt hatte, bestieg der Angeklagte sein Fahrzeug, steckte den Zündschlüssel ein und setzte den Wagen in Betrieb. Der Zeuge K. stellte sieh vor das Fahrzeug und der Zeuge Verkehrspolizist R. begab sich an die linke Seite, um die Abfahrt des Angeklagten zu verhindern. Dieser fuhr jedoch an, berührte mit der Stoßstange seines Wagens das Knie des Zeugen K., der ihm ein Stopzeichen gab, dann aber rechtzeitig in das Fahrzeug sprang und den Zündschlüssel herauszog. Während dieser Zeit hatte der Zeuge R. versucht, ebenfalls den Zündschlüssel herauszuziehen. Beim Anfahren des Wagens kam er jedoch mit dem rechten Fuß unter ein Rad und erlitt erhebliche Verletzungen. Das Kreisgericht hat den Angeklagten gemäß § 330 a StGB wegen verbrecherischer Trunkenheit verurteilt. Nach einem Gutachten sind bei dem Angeklagten 1,72 pro mille Blutalkoholgehalt festgestellt worden. Da die Untersuchung 2V2 Stunden nach dem Genuß alkoholischer Getränke erfolgt ist, hat nach dem Gutachten der Blutalkoholgehalt zur Zeit der Tat etwa 2,05 pro mille betragen. Dies entspricht unter Berücksichtigung des Zeitabstandes dem Genuß von 8 Glas Bier und 3 Glas Schnaps. Well der Angeklagte angegeben hat, daß er nur schlecht alkoholische Getränke verträgt, hat das Kreisgericht angenommen, daß die Voraussetzungen des § 330 a StGB gegeben waren. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Der Kreisstaatsanwalt hat am 24. Mai 1954 die Anklage wegen Vergehens gegen § 223 und § 230 StGB erhoben und die Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins vor dem Kreisgericht Be. beantragt. Das Kreisgericht Be. hat durch Beschluß vom 26. Mai 1954 das Verfahren wegen Vergehens gegen §§ 330a, 230 StGB eröffnet und Hauptverhandlungstermin anberaumt. Das Kreisgericht hätte aus dem Sachverhalt ersehen müssen, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Strafsache handelt, der ein Verkehrsunfall zugrunde liegt. Gemäß § 6 Abs. 1 Buchst, a der Verordnung über die Zuständigkeit der Gerichte in Verkehrssachen vom 22. April 1954 (Gbl. S. 461 ff) sind hierfür die Verkehrsgerichte zuständig. Das Kreisgericht hätte daher das Verfahren nicht selbst eröffnen dürfen, sondern die Sache gemäß § 172 Ziff. 2 StPO an den Staatsanwalt zurückgeben müssen, damit dieser die Anklage vor dem zuständigen Verkehrsgericht, dem Kreisgericht Ro. erheben konnte, bzw. in der Hauptverhandlung gemäß § 227 Abs. 1 StPO einen Verweisungsbeschluß erlassen müssen. A.us dem angefochtenen Urteil ergibt sich, daß sich das Kreisgericht mit den Bestimmungen der Verordnung über die Zuständigkeit der Gerichte in Verkehrssachen nicht ausreichend vertraut gemacht hat. Im § 1 dieser Verordnung heißt es, daß für die gerichtliche Verhandlung und Entscheidung auf dem Gebiet des Straf- und Zivilrechts in Verkehrssachen ausschließlich die Verkehrsgerichte zuständig sind. In den Gründen des Kreisgerichtsurteils heißt es jedoch, daß „ein besonderes Verkehrsgericht in besonderen Fällen tätig“ werde, „um eingehend die Unfälle zu prüfen, um dieser Unfälle Herr zu werden“. Das Kreisgericht Be. hat also nicht erkannt, daß Verkehrssachen ausnahmslos vor die Verkehrsgerichte gehören. Bereits insoweit verletzt das Verfahren das Gesetz. Dem Kassationsantrag ist auch insoweit zuzustimmen, als die Feststellungen des Kreisgerichts über die Trunkenheit des Angeklagten nicht ausreichend sind, um die Anwendung des § 330a StGB zu begründen. Eine Verurteilung nach § 330a StGB kann nur stattfinden, wenn ein Angeklagter sich vorsätzlich oder fahrlässig durch den Genuß geistiger Getränke oder anderer berauschender Mittel in einen die Zurechnungsfähigkeit (§ 51 Abs. 1 StGB) ausschließenden Rausch versetzt hat. In der Hauptverhandlung hat zwar der Angeklagte erklärt, daß er sich nur noch erinnern könne, bis zur Tankstelle gefahren zu sein, was dann weiter geschehen sei, wisse er nicht mehr. In seiner Vernehmung vor der Volkspolizei vom 5. Mai 1954 hat er dagegen noch ausführliche Angaben über den Zusammenstoß mit dem Tankwagen gemacht. Diese Angaben hat er in seiner Vernehmung vor der Volkspolizei vom 14. Mai 1954 wiederholt. Schon aus der Tatsache der anders lautenden Erklärung in der Hauptverhandlung ergibt sich die Schlußfolgerung, daß der Angeklagte dort nicht alles, was er von der Tat weiß, angegeben hat. Der Zeuge R. hat in der Hauptverhandlung ausgesagt, daß der Angeklagte zwar betrunken war, aber nicht so, daß er nicht mehr wußte, was er tat. Das gleiche hat der Zeuge K. ausgesagt. Auch der Zeuge B. hat in der Hauptverhandlung erklärt, daß der Angeklagte nur einen kleinen Schwips gehabt hat. Die Aussagen dieser Zeugen stehen auch mit dem Gutachten der Zentralstelle für Hygiene vom 8. Mai 1954 in Übereinstimmung. Darin heißt es: „Danach hat zur Zeit des Unfalls eine stärkere alkoholische Beeinflussung bestanden.“ Weder aus den Zeugenaussagen noch aus dem Gutachten ergibt sich also, daß der Angeklagte in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand im Sinne des § 51 Abs. 1 StGB gehandelt hat. Die Feststellung des Kreisgerichts, der Zustand des Angeklagten sei so ge- 191;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 191 (NJ DDR 1955, S. 191) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 191 (NJ DDR 1955, S. 191)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Umstände und Gründe für den Abbruch des Besuches sind aktenkundig zu machen. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der Bezirksverwaltung zu bestätigen. Der zahlenmäßigen Stärke der Arbeitsgruppen Mobilmachungsplanung ist der unterschiedliche Umfang der zu lösenden Mobilmachungsarbeiten zugrunde zu legen,und sie ist von den Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit der Linie und den zuständigen operativen Diensteinheiten gewährleistet werden muß, daß Verhaftete keine Kenntnis über Details ihrer politischoperativen Bearbeitung durch Staatssicherheit und den dabei zum Einsatz gelangten Kräften, Mitteln und Methoden und den davon ausgehenden konkreten Gefahren für die innere und äußere Sicherheit der Untersuchungshaft anstalt Staatssicherheit einschließlich der Sicherheit ihres Mitarbeiterbestandes. Den konkreten objektiv vorhandenen Bedingungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten. Es ist jedoch stets zu beachten, daß die Leitung der Hauptve rhand-lung dem Vorsitzenden des Gerichtes obliegt.

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