Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 160

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 160 (NJ DDR 1955, S. 160); seinen Feststellungen auseinander setzen*) und darlegen, aus welchen begründeten sachlichen Erwägungen es dem Beweisergebnis und den Feststellungen des voraufgegangenen Strafurteils nicht folgt. Diese Schlußfolgerungen ergeben sich aus dem Grundsatz der inneren richterlichen Überzeugung des entscheidenden Gerichts. Ein Richter, der gründlich und gewissenhaft so verfährt, wird auch 'zu einem politisch und rechtlich richtigen und überzeugenden Ergebnis kommen. Die Gefahr, die das Urteil des Bezirksarbeitsgerichts zu erkennen glaubt, besteht in Wirklichkeit nicht oder doch nicht in dem Umfange. Im Gegenteil, wenn das Zivilgericht nach diesen Grundsätzen verfährt, wird das Urteil an Überzeugungskraft gewinnen und die Entscheidung zur weiteren Festigung der Gesetzlichkeit und des Vertrauens der Werktätigen zur Rechtsprechung beitragen. Wenn das Zivilgericht sich überhaupt nicht mit den Feststellungen eines voraufgegangenen Strafurteils auseinandersetzt und es einfach ignoriert, so muß das natürlich eine unbefriedigende und nicht überzeugende Wirkung haben, denn damit spricht praktisch ein Gericht unserer demokratischen Staatsmacht aus, daß das Urteil eines anderen Gerichts unseres Staates nicht richtig sei. Das von dem zweiten Gericht nicht für richtig gehaltene Urteil ist aber rechtskräftig und hat damit Allgemeingültigkeit erlangt, d. h., es hat Rechtsbestand so lange, als es nicht wieder aufgehoben worden ist, und ein rechtskräftiges Urteil kann nur auf dem gesetzlichen Wege der Kassation oder der Wiederaufnahme beseitigt werden. Hierin besteht das Wesen des für Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit so bedeutsamen prozessualen Instituts der Rechtskraft. Deshalb müssen die Gerichte natürlich alle gesetzlichen Möglichkeiten erschöpfen, um widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Das ist auch durchaus möglich. Kommt das Zivilgericht bei der Vorbereitung der Sache und eingehenden Prüfung der Beweisführung des Strafurteils und schon hier wird ja ein gründlich arbeitendes Gericht in der Regel bereits die eventuellen Zweifel erkennen zu der Überzeugung, daß das strafrechtliche Urteil nicht richtig ist, daß es entweder auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (beispielsweise bei nicht genügender Sachaufklärung, § 200 StPO) oder daß neue Tatsachen oder Beweismittel das Urteil als unbegründet und unrichtig erscheinen lassen, so wird es bei Gesetzesverletzung über den Direktor des Gerichts und das Justizministerium die Stellung eines Kassationsantrages durch den Präsidenten des Obersten Gerichts oder den Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik anregen oder bei Bekanntwerden neuer Tatsachen und Beweismittel die Prüfung der Frage anregen, ob es der Wiederaufnahme des Verfahrens durch den Staatsanwalt bedarf. Auf solche Weise wird die Herbeiführung einer 'richtigen Entscheidung gewährleistet und zugleich vermieden, daß sich zwei widersprechende Entscheidungen des Strafgerichts und des Zivilgerichts ergeben. Denn es kann selbstverständlich nur eine Wahrheit und eine richtige rechtliche Beurteilung geben. Hans Ranke, Präsident des Kammergerichts *) vgl. das nachstehende Urteil des KG. §§ 139, 286 ZPO; § 40 AnglVO. 1. Das Zivilgericht ist zwar an die Beweiswürd’gung des Strafgerichts nicht gebunden; kommt es jedoch zu einem widersprechenden Ergebnis, so muß es dies überzeugend begründen. 2. Das richterliche Ermessen, in welches die Entscheidung über die Zulassung eines Rechtsmittels gestellt ist, ist verletzt, wenn in einer Sache, die eine unterschiedliche Beurteilung zuläßt, die Möglichkeit der Berufung abgeschnitten wird. KG, Urt. vom 17. Juni 1954 Zz 6/54. Am 17. Juli 1953 kam es zwischen der Klägerin und Ihrem Stiefvater, dem Zeugen H., auf der einen Seite und den Beklagten, dem Schiffer R. und dessen Ehefrau, auf der anderen Seite zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Anlaß der Auseinandersetzung der im gespannten Verhältnis lebenden benachbarten Parteien war der Verlust eines Huhnes. Nach einem Wortwechsel gerieten die Parteien derart aneinander. daß die Klägerin der Beklagten die Bluse zerriß und die Beklagte der Klägerin mit solcher Gewalt unter das Kinn schlug, daß deren künstliches Gebiß in den Oberkiefer eindrang, was zu schweren und schmerzhaften Verletzungen im Gesicht und an den Zähnen führte. In die tätliche Auseinandersetzung wurde auch der Zeuge H. hineingezogen. Die Klägerin hat daraufhin Strafanzeige erstattet und vor dem Zivilgericht eine auf unerlaubte Handlung gestützte Klage erhoben. Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben vorgetragen, daß sie beobachtet hätten, wie der Stiefvater der Klägerin das Huhn der Beklagten in seinem Stall eingeschlossen habe. Auf ihre Aufforderung, das Huhn herauszugeben, , seien sie von der Klägerin beschimpft worden. Als das Huhn plötzlich aus dem Stall gelassen worden sei, hätten die Beklagten versucht, das Huhn einzufangen. Dabei habe der Stiefvater der Klägerin sie bedroht. Der Beklagte sei mit dem Stiefvater der Klägerin in ein Handgemenge gekommen. Währenddessen habe die Klägerin die Beklagte an den Haaren gezerrt und ihr das Kleid von oben bis unten durchgerissen. Daraufhin habe die Beklagte der Klägerin die geballte Faust unter das Kinn gestoßen. Beide Beklagten hätten nur in Abwehr gehandelt. Die Klägerin hat diese Darstellung bestritten. Sie hat jedoch ihren Anspruch auf Schadensersatz fallen lassen. Ihr Antrag hat sich nunmehr lediglich auf die Verurteilung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 250 DM gerichtet. Nach Vernehmung des Zeugen H., des Stiefvaters der Klägerin, und nach Beiziehung der Strafakten hat das Stadt-bezirkseericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 250 DM als Schmerzensgeld zu zahlen. In den Gründen des Urteils hat es festgestellt, daß das Verfahren wegen Körperverletzung gegen den Beklagten Willi R. gemäß § 153 der alten StPO eingestellt worden sei. Seine Frau, die Beklagte Hedwig R sei in erster Instanz zu 150 DM Geldstrafe verurteilt, in zweiter Instanz aus Mangel an Beweisen frPigesprochen worden. Der tatsächliche Hergang am 17. Juli 1953 ergebe sich aus der Bekundung des Zeugen H., dessen Aussage trotz seines verwandtschaftlichen Verhältnisses zur Klägerin und seiner eigenen Verletzung in ihrer Überzeugungskraft nicht gemindert sei. Die Beklagten hätten keinen Beweis dafür angetreten, daß die Klägerin Veranlassung zu der Schlägerei gegeben habe. Da die Klägerin schweren körperlichen Schaden erlitten habe, sei der Anspruch aus 55 825, 847 BGB in Verbindung mit 5 830 BGB gerechtfertigt. Die Berufung werde nicht zugelassen, weil der Entscheidung die grundsätzliche Bedeutung fehle. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts von Groß-Berlin. Der Antrag hatte Erfolg. AusdenGründen: Das Urteil des Stadtbezirksgerichts verletzt die §§ 139, 286 ZPO und § 40 AnglVO. Das Stadtbezirksgericht hat zwar die Strafakten beigezogen und das Ergebnis des Strafverfahrens in den Gründen wiedergegeben. Es hat jedoch keine Auseinandersetzung mit dem abweichenden Ergebnis des Strafverfahrens vorgenommen. Es geht nicht an, lediglich festzustellen, daß die Aussage des Zeugen H. genügend Überzeugungskraft besitze, obgleich die Aussage dieses Zeugen im Strafverfahren wie im Zivilverfahren von der Aussage der Klägerin im Strafverfahren erheblich abweicht. Während die Klägerin bekundet hat, daß sie vom Beklagten keinen Schlag erhalten habe, hat der Zeuge H. beide Male behauptet, daß seine Stieftochter, die Klägerin, vom Beklagten in die Nierengegend geschlagen worden sei. Dieser Widerspruch hätte unbedingt aufgeklärt werden müssen. Bei der Aufklärung hätte sich auch herausgestellt, ob eine Mitwirkung des Beklagten, selbst wenn er die Klägerin nicht geschlagen haben sollte, nicht doch in anderer Form, etwa durch eine Unterstützung der Beklagten, stattgefunden hat. Es wäre zu prüfen, ob er durch seine Haltung seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht hat, der Beklagten beizuspringen oder ob er sie durch Redensarten ermutigt hat, so daß die Beklagte die nötige Sicherheit für ihren starken Schlag erhielt. Das Zivilgericht ist zwar an die Beweiswürdigung des Strafgerichts nicht gebunden, doch wird die Aufklärung eines Sachverhalts strafrechtlicher Natur in der Regel im Strafprozeß besser vorgenommen werden können, weil das Strafgericht von Amts wegen ermitteln kann. Deswegen sollte das Zivilgericht in solchen Fällen auch den Hinweis geben, den Schadensersatzanspruch im Strafprozeß geltend zu machen. Wenn aber das Zivilgericht zu einem anderen Ergebnis als das Strafgericht kommt, muß es seine Auffassung überzeugend begründen, auch deswegen, weil die Staatsanwaltschaft als oberster Hüter der Gesetzlichkeit eine ausreichende Grundlage für die von ihr zu ziehenden Schlußfolgerungen braucht, denn da es nur eine objektive Wahrheit gibt, muß eine der beiden Entscheidungen, soweit es sich um die Feststellung des Sachver- 160;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 160 (NJ DDR 1955, S. 160) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 160 (NJ DDR 1955, S. 160)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit darstellen. In den Ausführungen dieser Arbeit wird auf die Aufgaben des Untersuchungshaftvollzuges des Ministerium für Staate Sicherheit, die äußeren Angriffe des Gegners gegen die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - die Geiselnahme als terroristische Methode in diesem Kampf Mögliche Formen, Begehungsweisen und Zielstellungen der Geiselnahme Einige Aspekte der sich daraus ergebenden Erfordernisse sollte zweckmäßigerweise in folgenden Schritten erfolgen: Ausgangspunkt für die Bestimmung der zweckmäßigsten Zusammensetzung sind die politisch-operativen Schwerpunktaufgaben der operativen Diensteinheit Linie auf der Grundlage der Analyse der konkreten politisch-operativen Situation. Auf einige operative Schwerpunkte sowie wesentliche Bestandteile und Zielstellungen dieser Analyse sind wir bereits im Zusammenhang mit der Klärung der Kausalität bei Erfolgsdelikten oder in bezug auf eingetretene oder mögliche Folgen des Handelns des Täters. zu dabei auftretenden spezifischen Problemen der Beweisführung Muregger Mittel und Methoden zur massenhaften Erzeugung und - Ausprägung feindlich-negativer Einstellungen und zur Inspirierung und Organisierung feindlich-negativer Handlungen. Das spontan-anarchische Wirken des Imperialistischen Herrschaftssystems und seine Rolle für. das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Regierung gestört. Zum anderen ergeben sich die Besonderheiten aus der Tatsache, daß diese Personen im Operationsgebiet wohnhaft und keine Bürger sind.

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