Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 155

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 155 (NJ DDR 1955, S. 155); Aus der Schöffenpraxis i Es ist eine altbekannte Tatsache, daß man nichts „aus dem Ärmel schütteln“ kann. Ob Richter oder Schöffe, beide müssen mit dem Fall, den sie behandeln sollen, vertraut sein. Nur dann ist es möglich, daß der Schöffe dem Gang der Verhandlung aufmerksam folgt und Fragen stellt. Ich habe es für richtig gehalten, mindestens zwei Tage vor Verhandlungsbeginn Einsicht in die Akten zu nehmen. Mit einem bloßen Durchlesen ist es aber nicht getan; deshalb habe ich den Richter gebeten, mit uns Schöffen die Akten durchzusprechen und die darin angeführten Gesetze und Verordnungen zu erläutern. Ich machte mir dann entsprechende Aufzeichnungen und ließ mir daheim noch einmal die Sache durch den Kopf gehen. Dabei notierte ich mir schon einige Fragen, die ich an den Angeklagten zu stellen gedachte. Auch bei der Verhandlung ist es notwendig, sich kurze Notizen zu machen, insbesondere dann, wenn man durch Fragen zur Klärung des Sachverhalts beitragen kann. In unserem Arbeiter- und Bauernstaat sind Richter und Schöffen Menschen, die nicht nur den Paragraphenwortlaut beachten, sondern sich ein Bild von der Umgebung des Angeklagten, seinem bisherigen Handeln und Wollen verschaffen und danach ihr Urteil fällen. Die Strafe soll erzieherisch wirken, aber sie muß denjenigen hart treffen, der bewußt unsere Aufbauarbeit und die Gesellschaft schädigt, der bewußt Unruhe stiftet und Gerüchte verbreitet. In jeder Verhandlung muß der tatsächliche Hergang eines Verbrechens ganz klar sein. Dann ist auch der Urteilsspruch immer gerecht. Natürlich gibt es in der Rechtsprechung auch Mängel, zu deren Beseitigung wir Schöffen mit beitragen können. So fiel mir bei der Durchsicht der Akten vor allem auf, daß die Ausdrucksweise in Protokollen und Urteilen sehr zu wünschen übrigließ. Riesenlange Sätze machten den Inhalt oft unverständlich. Redewendungen, die im Widerspruch zur Sache standen, wurden gebraucht. Es gibt in jeder Stadt unserer Kreise Volkshochschulen. Hier ist allen die Möglichkeit der stilistischen Weiterbildung gegeben. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. FRANZ STRAKA, Schöffe beim Kreisgericht Sternberg/Mecklenburg II Als mir die Belegschaft meines Betriebes, eines staatlichen Handelsorgans, und die Betriebsparteiorganisation der SED im Jahre 1953 den Auftrag erteilten, als Schöffe zu kandidieren, war ich mir der Bedeutung d'e-ses Auftrages voll bewußt. Meine Kollegen schenkten mir dadurch großes Vertrauen, übertrugen mir gleichzeitig aber auch eine große Verantwortung. Ich war mir bewußt, daß ich denen, die mir dieses Vertrauen schenkten, Rechenschaft schuldig war. Vom Juli 1953 bis zum Dezember 1954 war ich in drei Perioden mit jeweils zwölf aufeinanderfolgenden Tagen als Schöffe beim Bezirksgericht Leipzig tätig. In dieser Zeit konnte ich mein Wissen bedeutend erweitern, aber auch viele Erfahrungen aus der beruflichen Arbeit, aus verantwortlichen gesellschaftlichen Funktionen sowie aus früherer Tätigkeit als Beisitzer beim Arbeitsgericht verwerten. Ich kann heute feststellen, daß ich meine Meinung vor jeder Urteilsabsetzung ohne Bedenken oder Unsicherheit Vorbringen konnte. Es war mein Bestreben, die Erfahrungen aus meiner Schöffentätigkeit und das hierbei gewonnene Wissen allen Kollegen zu ihrer fachlichen und politischen Qualifizierung mitzuteilen. In persönlichen Aussprachen, in den Sitzungen der Betriebsleitung, der Gewerkschaft und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, in Belegschafts- und Mitgliederversammlungen, in den Schulungen der Arbeitsschutzkommissionen, in den Themenplänen für die Schulverkaufsstelle, in Versammlungen des Frauenausschusses usw. erläuterte ich an Beispielen, wie die Gesetze richtig angewendet werden müssen, wie sich jeder einzelne vor unüberlegtem Handeln bewahren kann, wie notwendig es ist, in unseren volkseigenen Betrieben erhöhte Wachsamkeit zu üben, wie falsch es ist, aus Gedankenlosigkeit oder falsch verstandener Kollegialität Handlungen, die der Gesellschaft zum Schaden gereichen, nicht rechtzeitig aufzudecken, um Schädlingen und Saboteuren sofort das Handwerk zu legen. Weiterhin sprach ich bei der Vorbereitung der Volkswahlen 1954 in einer Belegschaftsversammlung zum „Entwurf des neuen Familiengesetzbuchs“. In den Agitatorenbesprechungen übermittelte ich den Agitatoren meine Erfahrungen, um ihnen für Aufklärungseinsätze im Betrieb oder auf dem Lande entsprechende Argumente an die Hand zu geben. Auch bei Justizausspracheabenden habe ich mich stets an den Diskussionen beteiligt und mich dem Kreisgericht Wurzen für die z. Z. laufenden und noch geplanten Justizausspracheabende zur Verfügung gestellt, um auch in breiterer Öffentlichkeit Rechenschaft über meine Schöffenarbeit abzulegen. Die Schulungen der Schöffen habe ich, bis auf wenige Ausnahmen, regelmäßig besucht. Da ich nur bei der Rechtsprechung des 1. Strafsenats mitgewirkt habe, lag auch das Schwergewicht meines Rechenschaftsberichts auf diesem Gebiet, d. h. ich habe in Versammlungen und Aussprachen insbesondere über Prozesse gegen Agenten und Saboteure gesprochen. Meine früheren Erfahrungen als Beisitzer beim Arbeitsgericht machten es mir aber auch möglich, zur Popularisierung des Arbeitsrechts beizutragen. Durch meine Tätigkeit als Schöffe und die ständige Auswertung der dabei gesammelten Erfahrungen wurde das Vertrauen der Belegschaft meines Betriebes zu unserer demokratischen Justiz gestärkt. MAX EKELMANN, Schöffe beim Bezirksgericht Leipzig Anordnunf? über die Durchführung der Schöffenwahlen im Jahre 1935 Vom 10. Januar 1955 Auf Grund des § 36 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 2. Oktober 1952 (GBl. S. 983) wird im Einvernehmen mit dem Minister des Innern folgende Anordnung erlassen: I. Allgemeine Bestimmungen § 1 Ziel der Schöffenwahlen Die Schöffenwahlen haben das Ziel, die volle Mitwirkung der Werktätigen, insbesondere der Arbeiter und Bauern an der Rechtsprechung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik zu sichern. Sie werden getragen von der Nationalen Front des demokratischen Deutschland. § 2 Zeit der Schöffenwahlen Die Wahlen der Schöffen für die Kreis- und Bezirksgerichte finden in der Zeit vom 10. März bis 30. April 1955 statt. § 3 Anzahl der Schöffen (1) Für jeden Richter erster Instanz sind. 60 Schöffen zu wählen. (2) Die sich danach für jedes Kreisgericht und Bezirksgericht ergebende Zahl wird vom Wahlausschuß des Kreises bzw. Bezirkes festgesetzt. Wahlausschüsse § i (1) Zur Durchführung der Wahlen werden Wahlausschüsse in den Bezirken und Kreisen gebildet. (2) Die Bildung der Wahlausschüsse ist bis zum 31. Januar 1955 vorzunehmen. § 5 (1) Dem Wahlausschuß des Bezirkes gehören an: der Sekretär des Rates des Bezirkes als Vorsitzender, 155;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten ist von äußerster Wichtigkeit. Es sind daher besonders alle operativen Möglichkeiten zu erfassen ünd zu nutzen, um entsprechende operative Materialien entwickeln zu können und größere Ergebnisse bei der Aufklärung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen und der Persönlichkeit des Beschuldigten Angeklagten unterstützt. Ein oder eine Sachverständigenkommission wird durch das Untersuchungsorgan, den Staatsanwalt oder das Gericht bei der allseitigen Erforschung der Wahrheit über die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen oder die Persönlichkeit des Beschuldigten Angeklagten zu unterstützen. Es soll darüber hinaus die sich aus der Aufgabenstellung der Untersuchungsorgane Staatssicherheit in diesem Stadium strafverfahrensrechtlieher Tätigkeit und aus der Rechtsstellung des Verdächtigen ergeben. Spezifische Seiten der Gestaltung von VerdächtigenbefTagungen in Abhängigkeit von den konzipierten politischen, politisch-operativen in Einheit mit den rechtlichen Zielstellungen sind der Darstellung im Abschnitt dieser Arbeit Vorbehalten. Die Pflicht des Verdächtigen, sich zum Zwecke der Befragung begründet entgegenstehen, sind diese im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten unverzüglich auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und die Untersuchungsabteilung ist zum Zwecke der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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