Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 121

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 121 (NJ DDR 1955, S. 121); 4. Zur Zeit ist beim Obersten Gericht ein Kassationsverfahren anhängig 1 Za 62/54 , das die Umwandlung in einem Falle behandelt, in dem die BGL erst nach Ablauf der in § 11 Abs. 2 der KündVO vorgeschriebenen einwöchigen Frist die Zustimmung zu einer fristlosen Entlassung erklärt hat. C. Mit allen diesen Entscheidungen und den unter Mitwirkung der Gerichte abgeschlossenen Vergleichen, die von der Zulässigkeit der Umwandlung einer fristlosen Entlassung in eine fristgemäße Kündigung ausgehen, wird also erreicht, daß der Kündigende eine zu Unrecht ausgesprochene fristlose Entlassung nicht zurückzunehmen und den zu Unrecht fristlos entlassenen Arbeiter oder Angestellten auch nicht in den Betrieb wieder einzustellen braucht. Dabei wird dem Entlassenen lediglich der Arbeitslohn für die Dauer der 14tägi-gigen Kündigungsfrist zugestanden und der Ersatz des meist sehr viel größeren Dohnausfalls verweigert, der regelmäßig dadurch entsteht, daß erst nach monatelangem gerichtlichen Verfahren die Unbegründetheit der ausgesprochenen fristlosen Entlassung festgestellt wird. Nicht selten aber wird sogar wie auch die oben angeführten Beispiele erkennen lassen unter Ausnützung der Umwandlung von seiten des kündigenden Betriebes der Zweck verfolgt, durch den Ausspruch der fristlosen Entlassung die Auflösung eines Arbeitsrechtsverhältnisses ohne Mitwirkung der BGL zu erreichen, obwohl die BGL im Interesse des Arbeiters oder Angestellten bereits die Zustimmung zur fristgemäßen Kündigung versagt hatte. II Die Auffassung von der Zulässigkeit der Umwandlung einer fristlosen Entlassung in eine fristgemäße Kündigung haben die Arbeitsgerichte auf verschiedene Weise begründet: 1. Obwohl nach dem geltenden Recht die aus dem Kapitalismus stammende Auffassung, eine fristlose Entlassung führe auf alle Fälle, auch wenn sie nicht gerechtfertigt ist, eine Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses herbei, auch von den Arbeitsgerichten als absolut unvertretbar erkannt wird, haben doch einige Arbeitsgerichte zur Rechtfertigung der Umwandlung den Standpunkt vertreten, daß in der fristlosen Entlassung der Wille zur fristgemäßen Lösung des Arbeitsrechtsverhältnisses mitenthalten sei. Ein anderer Teil versucht, den Rechtsgedanken aus § 140 BGB auf die fristlose Entlassung anzuwenden. Danach soll die Umwandlung zulässig sein, wenn anzunehmen ist, daß der kündigende Betrieb statt der fristlosen Entlassung die fristgemäße Kündigung ausgesprochen hätte, falls ihm schon im Zeitpunkt der Entlassung der Mangel in dem Entlassungsgrund aus § 9 der KündVO bekannt gewesen wäre. Den völlig anderen Grundlagen unseres Arbeitsrechts gegenüber denen des kapitalistischen Arbeitsrechts versuchen die Gerichte durch die Forderung Rechnung zu tragen, daß die Umwandlung immer nur dann erfolgen dürfe, wenn der geltend gemachte Entlassungsgrund auch als Grund für eine fristgemäße Kündigung angesehen werden könne und kein Verstoß gegen die sozialen oder demokratischen Grundsätze des § 10 der KündVO vorliege. 2. Mit derartigen Auffassungen ist die Vorstellung verbunden, daß bei der vom Gericht von Amts wegen vorgenommenen Umwandlung die Entscheidung nicht in den Händen der Parteien liege, sondern Sache des angerufenen Gerichts sei; damit sei die Gefahr einer willkürlichen Benachteiligung des Werktätigen ausgeschlossen. Woher dieses Recht des Richters abgeleitet wird, eine derartige Umwandlung noch dazu ohne einen Antrag der Parteien vorzunehmen, wird in den Entscheidungen nicht gesagt. In diesem „Umwandlungsrecht“ des Gerichts versuchen einige Gerichte die Begründung dafür zu finden, daß für die Umwandlung die nach § 11 der KündVO vorgeschriebene Zustimmung der BGL zu einer Kündigung in diesen Fällen nicht erforderlich sei. Alle diese Ansichten sollen eine Rückwirkung der im Wege der Umwandlung gefundenen fristgemäßen Kündigung auf den Zeitpunkt der fristlosen Entlassung rechtfertigen. Es handele sich eigentlich nicht um eine Rückbeziehung, sondern um eine Konsequenz aus der Umwandlung. Ohne jede Begründung behaupten die Vertreter dieser Auffassung, die Umwandlung berücksichtige die Interessen beider Parteien. Wenn jedoch durch die Erklärung der Unwirksamkeit einer fristlosen Entlassung dem Betrieb umfangreiche Regreßansprüche drohten, müßten die Interessen des Betriebes geschützt werden. 3. Schließlich wird auch noch die Auffassung vertreten, es könne mit einer fristlosen Entlassung auch eine fristgemäße Kündigung für den Fall wirksam verbunden werden, daß die Voraussetzungen für eine fristlose Entlassung später als nicht gegeben erachtet werden. Mit der Zustimmung zu der fristlosen Entlassung habe die BGL auch die Zustimmung zur fristgemäßen Kündigung erteilt. III Entscheidend dafür, daß die Umwandlung einer fristlosen Entlassung in eine fristgemäße Kündigung als ungesetzlich abzulehnen ist, ist die Erkenntnis, daß unser demokratisches Arbeitsrecht aus den sozial-ökonomischen Verhältnissen unserer Entwicklung entstanden ist, wie sie oben dargelegt worden ist, und dieser Entwicklung zu dienen hat. Unser Arbeitsrecht ist von Grundsätzen getragen, die mit den Auffassungen des kapitalistischen Arbeitsrechts schlechthin unvereinbar sind. Auf diesen Grundsätzen ist der Kündigungsschutz unseres Arbeitsrechts aufgebaut. Die fristgemäße Kündigung ist die normale Form der rechtsgeschäftlichen Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses. Aber auch sie ist nach § 38 Buchst, b des Gesetzes der Arbeit ohne gleichzeitige Angabe von Gründen rechtsunwirksam. Darüber hinaus ist im § 10 der KündVO bestimmt, daß die Kündigung eines Arbeitsrechtsverhältnisses unwirksam ist, nicht nur wenn sie gegen die Verfassung, gegen gesetzliche, kollektivvertragliche bzw. tarifvertragliche Bestimmungen verstößt, sondern auch dann, wenn sie die sozialen oder demokratischen Grundsätze des Arbeitslebens verletzt. In jedem Falle bedarf auch die fristgemäße Kündigung, sofern sie von der Betriebsleitung oder dem Betriebsinhaber ausgeht, nach § 11 der KündVO der Zustimmung der BGL, die vor der Kündigung erteilt sein muß. In dieser gesetzlichen Regelung findet das Mitgestaltungsrecht und die Mitverantwortlichkeit der Gewerkschaft besonderen Ausdruck. Ebensowenig berücksichtigen die gerichtlichen Entscheidungen und Vergleiche, die die Umwandlung oder Umdeutung einer fristlosen Entlassung in eine fristgemäße Kündigung für zulässig halten, die Existenz und die Aufgaben der Konfliktkommissionen, die durch Verordnung vom 30. April 1953 (GBl. S. 695) geschaffen worden sind, um Streitfälle aus einem Arbeitsrechtsverhältnis nach Möglichkeit ohne gerichtliche Mitwirkung innerhalb des Betriebes oder der Verwaltung beizulegen. Das den Vertretern der Belegschaft in den Konfliktkommissionen zustehende Entscheidungsrecht wird von dieser fehlerhaften gerichtlichen Praxis genau so wenig beachtet wie das Zustimmungsrecht der BGL nach § 11 der KündVO. Allen Entscheidungen und vor den Arbeitsgerichten abgeschlossenen Vergleichen, denen die Auffassung zugrunde liegt, daß die Umwandlung einer fristlosen Entlassung in eine fristgemäße Kündigung zulässig sei, liegt die allerdings nicht ausgesprochene und wohl auch nicht bewußte Ansicht zugrunde, daß allein der erkennbare Wille der Kündigenden, das Arbeitsrechtsverhältnis zu beenden, entscheidend sei und daß demgegenüber die Rechte der Werktätigen und der Gewerkschaft in den Hintergrund zu treten hätten. Wenn dieser Standpunkt auch auf das verständliche Bestreben der Arbeitsgerichte zurückzuführen ist, den volkseigenen Betrieben größere Ausgaben zu ersparen, so kann er doch nicht gebilligt werden. Er unterscheidet sich im Ergebnis nicht von dem „Herr-im-Hause-Standpunkt“ des ehemaligen Reichsarbeitsgerichts, das dem kapitalistischen Arbeitgeber auf jeden Fall das Recht garantierte, lästige Arbeiter vor allem bei Streikgefahr die führenden Kräfte der organisierten Arbeiterschaft auf die Straße werfen zu können, wenn nur der Wille, das Arbeitsrechtsverhältnis unter allen Umständen zu beenden, genügend deutlich erklärt worden war. Verschieden vom kapitalistischen Arbeitsrecht sind besonders die Grundsätze unseres Arbeitsrechts, die die '■21;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfordert das getarnte und zunehmend subversive Vorgehen des Gegners, die hinterhältigen und oft schwer durchschaubaren Methoden der feindlichen Tätigkeit, zwingend den Einsatz der spezifischen tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden, die Einleitung vorbeugender, schadensverhütender und gefährenabwendender Maßnahmen und die zweckmäßige Leitung und Organisierung des politisch-operativen Zusammenwirkens mit den anderen staatlichen Organen, gesellschaftlichen Organisationen und Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung zu entsprechen, weshalb sich im Sprachgebrauch der Begriff operative Befragung herausgebildet hat und dieser auch nachfolgend, in Abgrenzung von der Befragung Verdächtiger und der Befragung auf der Grundlage des Gesetzes kein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Schreibmaschine nicht für die Beweisführung benötigt wird. Ausgehend von diesen allgemeinen Voraussetzungen ist bei der Gestaltung von Prozessen der Untersuchungsarbeit durch die Diensteinheiten der Linie. Zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes. Die rechtliche Stellung der von der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes Betroffenen. Zur Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse des setzes durch die Dienst einheiten der Linie. Die Wahrnehmung der im Gesetz normierten Befugnisse durch die Angehörigen der Abteilung Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit operativen Arbeit Vertrauliche Verschlußsache. Die Bedeutung des. Ermittlungsverfahrens irn Kampf gegen die Angriffe das Feindes und für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Beschuldigtenvernehmung ist. Dementsprechend sind auch die bereits in anderem Zusammenhang dargestellten detaillierten gesetzlichen Bestimmungen über das Vorgehen des Untersuchungsführers in Begründungen für falsche Aussagen einzubeziehen, wenn der Beschuldigte dadurch angehalten war, eine vom Untersuchungsführer nicht beeinflußte freie Darstellung abzugeben.

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