Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 108

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 108 (NJ DDR 1955, S. 108); Zum juristischen Fernstudium Eine erhebliche Anzahl von Richtern und Staatsanwälten nimmt an den verschiedenen Lehrgängen des Fernstudiums teil; eine erste Gruppe hat bereits das Staatsexamen bestanden. Zahl und Umfang der Lehrgänge sind so geplant, daß das von unserer Regierung gesteckte Ziel Ablegung des Staatsexamens durch alle Richter und Staatsanwälte bis zum Jahre 1960 erreicht werden wird. Angesichts der großen Bedeutung, die diesem Fernstudium für die Entwicklung der Kader, für die Verbesserung der gesamten Justizarbeit zukommt, müssen die Erfahrungen des Fernstudiums nun auch ihren Ausdruck in der „Neuen Justiz“ finden. Wir beginnen im vorliegenden Heft mit der Veröffentlichung der Berichte zweier Kollegen, die bereits das Staatsexamen auf Grund des Fernstudiums bestanden haben. Wir fordern die Mitarbeiter der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ ebenso wie die Fernstudenten und alle diejenigen, die Erfahrungen auf diesem Gebiet haben, auf, uns Hinweise und Stellungnahmen zur Veröffentlichung zu übersenden. Die Redaktion I Die Teilnahme am Fernstudium in der Justiz stellt heute wie die große Anzahl der Fernstudenten aus Kreisen der Richter und Staatsanwälte zeigt keine Einzelerscheinung mehr dar. Den jetzigen und künftigen Fernstudenten kommen dabei die Erfahrungen aus den bisherigen Lehrgängen und die neue Organisation des Fernstudiums zugute. Natürlich ist das Fernstudium für jeden Teilnehmer eine große und schwierige Aufgabe, und es ist eine bekannte Tatsache, daß das Direktstudium leichter ist als das Fernstudium. Andererseits steht aber auch fest, daß den Fernstudenten während ihres Studiums ihre reichen praktischen Erfahrungen zugute kommen, was bei den Direktstudenten nicht der Fall ist. Jeder Fernstudent wird mit seinem Selbststudium gewisse Schwierigkeiten haben. Das zu leugnen, bedeutet, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen. Es kommt deshalb darauf an, daß ihnen von seiten der Kaderabteilung und des Behördenleiters jede Hilfe und Unterstützung zuteil wird, um diese Schwierigkeiten zu überwinden und sie nicht in eine gewisse Mutlosigkeit verfallen zu lassen. Das ist zweifellos nicht immer leicht, denn unsere Aufgaben werden von Tag zu Tag größer. Selbstverständlich kann kein Behördenleiter oder Kaderleiter dem Fernstudenten die Verantwortung für sein Studium abnehmen. Diese muß jeder Fernstudent selbst tragen und mit großer Beharrlichkeit und Ausdauer, mit Fleiß und Disziplin sein Selbststudium unter Zugrundelegung des Studienpensums und unter Berücksichtigung seiner beruflichen und gesellschaftlichen Arbeit nach einem individuellen Plan durchführen, der auch unbedingt eingehalten werden muß und nicht nur auf dem Papier stehen darf. Aufgabe des Dienststellenleiters muß es aber sein, durch eine gute Geschäftsverteilung und richtige Arbeitsorganisation in der Behörde sowie eine ständige Anleitung dem Fernstudenten bei der Erfüllung seiner Aufgaben behilflich zu sein. Da ein intensives Selbststudium anstrengend ist und mehr Kräfte erfordert als manche andere Arbeit, ist es zweckmäßig, dieses Studium in den Morgenstunden durchzuführen, wenn man noch frisch und unverbraucht und somit aufnahmefähiger ist. Von dieser Erkenntnis ausgehend, wurde beim Bezirksgericht Leipzig die Geschäftsverteilung so vorgenommen, daß keiner der 7 Fernstudenten überlastet ist. Ihre arbeitsmäßige Inanspruchnahme nach Beendigung der Dienstzeit ist so geregelt, daß ihnen mehrere Abende in der Woche und auch das Wochenende für ihr Selbststudium verbleiben. Mindestens einmal monatlich finden beim Bezirksgericht Leipzig Besprechungen zwischen den Fernstudenten und dem Behördenleiter statt, die dem Austausch von Erfahrungen über das Selbststudium und der Beseitigung evtl, aufgetretener Schwierigkeiten dienen. Auf Grund einer solchen Besprechung erhielten die Fernstudenten Anfang Januar 1955 die Möglichkeit, täglich etwa 2 Stunden oder zweimal in der Woche je etwa 3 Stunden vormittags in der Dienststelle ihr Selbststudium durchzuführen. Das darf jedoch nicht dazu führen, daß die im Senat anfallende Arbeit darunter leidet. Daher erledigen die Fernstudenten einen Teil der Senatsarbeit im Anschluß an die normale Dienstzeit, ohne daß dadurch etwa Überstunden der Protokollanten oder Stenotypistinnen notwendig werden. Es gibt in jedem Senat, außer den Verhandlungen, eine Menge Arbeit, die nicht eine solche Konzentration und einen solchen Kräfteaufwand erfordert wie das Selbststudium und die deshalb ohne Schwierigkeiten im Anschluß an die normale Arbeitszeit erledigt werden kann. Ich denke dabei beispielsweise an den Vortrag, an das Aktenstudium zum Zwecke der Eröffnung des Verfahrens, an die Bearbeitung von Anträgen und Gesuchen auf bedingte Strafaussetzung usw. Da die Wohnraumverhältnisse nicht allen Fernstudenten die Möglichkeit geben, ungestört zu Hause zu studieren, wurde beim Bezirksgericht Leipzig bereits im September 1954 ein Studienkabinett eingerichtet. Es steht den Fernstudenten vormittags und abends zur Verfügung, und sie finden dort die zu ihrem Studium notwendige Literatur vor, die im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten ständig ergänzt wird. Selbstverständlich können auch alle übrigen Mitarbeiter des Bezirksgerichts dieses Kabinett benutzen. Seit Durchführung dieser Maßnahmen ist noch nicht genügend Zeit verstrichen, um über die Erfahrungen ausführlich berichten zu können. Wir sind uns darüber klar, daß sie noch nicht die letzte und endgültige Regelung darstellen. Jedoch steht heute schon fest, daß sie wesentlich dazu beitragen werden, den Fernstudenten die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern, und von vornherein jegliche Versuche ausschließem, etwa wieder einen illegalen Studientag einzuführen. Sehr verschieden sind die Meinungen über die beste Art des Selbststudiums. Während ein Teil der Fernstudenten sich für ein kollektives Selbststudium ausspricht, ziehen andere das Alleinstudium vor. Natürlich gibt es hierfür kein Schema. Jeder Fernstudent muß selbst am besten wissen, welche Methode und welcher Weg ihm den größten Erfolg bringt. Ich kann mir jedoch sehr wohl vorstellen, daß das Studium in einem kleinen Kollektiv von 3 bis 4 Kollegen, das etwa die letzte halbe Stunde der Studienzeit zu einem Erfahrungsaustausch benutzt, zu einem guten Erfolg führen kann. In dieser halben Stunde können sich die Kollegen darüber unterhalten, ob sie auch wirklich die Schwerpunkte erkannt und richtig studiert haben. Das wird sich bei schwächeren Fernstudenten besonders gut auswirken, denn sie bekommen mehr Selbstvertrauen, erkennen ihre Mängel und Schwächen und werden so in die Lage versetzt, sich mit etwaigen, beim Studium nicht beachteten Schwerpunkten nochmals zu befassen. Dieses Studium im kleinen Kollektiv gibt allen Beteiligten mehr Sicherheit und wird ohne Zweifel zu einem höheren Niveau der Seminare und Konsultationen in den Außenstellen beitragen. Das schließt jedoch nicht aus, daß mit besonders schwachen Kollegen trotzdem noch Einzelkonsultationen durchgeführt werden müssen. Noch ein Wort über die gesellschaftliche Arbeit der Fernstudenten. Es ist klar, daß einem Fernstudenten keine gesellschaftliche Funktion übertragen werden darf, deren richtige Ausführung eine Gefährdung seines Studiums zur Folge hätte. Das bedeutet jedoch nicht, daß man die Übernahme jeder gesellschaftlichen Funktion unter Hinweis auf das Fernstudium kuzerhand ablehnt. Ich selbst war während meines fast vierjährigen Fernstudiums ununterbrochen Mitglied der Parteileitung der Betriebsparteiorganisation der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und habe daneben noch weitere gesellschaftliche Arbeit geleistet. Das steht nicht 108;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 108 (NJ DDR 1955, S. 108) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 108 (NJ DDR 1955, S. 108)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel auf diese Schwerpunkte wirksamer durchzusetzen und schneller entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Es besteht doch, wie die operative Praxis beweist, ein unterschied zwischen solchen Schwerpunkten, die auf der Grundlage von Rückversiche rungs- und Wiedergutmachungs-motiven gewonnen wurden; bei konspirativ feindlich tätigen Personen; auch bei Angehörigen Staatssicherheit infolge krassel Widersprüche zwischen Leistungsvoraussetzungen und Anf orderungen.

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