Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 100

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 100 (NJ DDR 1955, S. 100); Die Bedeutung der Sehöffenwahlen 1955 Von WALTER ZIEGLER, Vizepräsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik Mit dem Erlaß des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 2. Oktober 1952 hat die Funktion der Schöffen einen neuen Charakter erhalten. Zwar hatte bereits das Kon-trollratsgesetz Nr. 4 für die Justiz den Rechtszustand wiederhergestellt, der am 30. Januar 1933 bestanden hatte, und damit auch die Mitwirkung von Schöffen, wenigstens im Strafverfahren, erneut eingeführt. Auch hatten in der damaligen sowjetisch besetzten Zone die einzelnen Länder ganz bestimmte Wege eingeschlagen, um nicht nach bürokratischer Art wie im Weimarer Staat , sondern in einem demokratischen Verfahren die Schöffen aus der Bevölkerung zu wählen. Schließlich war 1948 durch die Verordnung betreffend die Übertragung familienrechtlicher Streitigkeiten in die Zuständigkeit der Amtsgerichte wenigstens auf Antrag der Parteien die Mitwirkung von Schöffen auch außerhalb des Strafverfahrens im Familienprozeß ermöglicht worden. Das Ziel einer breiten Heranziehung der werktätigen Bevölkerung zur praktischen Teilnahme an der Arbeit unserer Staatsorgane wurde mit Recht auch für das Gebiet der Rechtsprechung angestrebt. Jedoch bedeutete die überkommene und durch das genannte Kontrollratsgesetz wiederhergestellte Mitwirkung der Schöffen an der Rechtsprechung noch gar nicht eine solche echte Teilnahme, sondern eine in vielen Beziehungen nur formale Mitwirkung. Erst mit dem neuen Gerichtsverfassungsgesetz sind daher die Schöffen voll berechtigte und auch voll verantwortliche Richter geworden, die in vollem Umfang mitverantwortlich sind für die Erfüllung der im § 2 GVG der Rechtsprechung gestellten hohen Aufgabe, dem Aufbau des Sozialismus, der Einheit Deutschlands und dem Frieden zu dienen. Ihnen obliegt es ebenso wie dem aus den Reihen der Werktätigen stammenden Berufsrichter, durch die Rechtsprechung unseren Staat der Arbeiter und Bauern zu schützen und zu festigen, die Grundlagen unserer sozialistischen Wirtschaft, insbesondere das Volkseigentum und die Volkswirtschaftspläne, zu schützen und zu fördern, die Interessen der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Organisationen und die Rechte und Interessen der Bürger zu wahren, sowie alle Bürger zu verantwortungsvollem Verhalten und zur strikten Einhaltung der Gesetze zu erziehen. So stellt heute die Tätigkeit der Schöffen auf dem Gebiet der Rechtsprechung eine breite Beteiligung der Werktätigen an der Leitung unseres Staates dar und trägt wesentlich zur Festigung der vertrauensvollen Verbindung zwischen den Werktätigen und den demokratischen Gerichten bei. Die entgegengesetzte Entwicklung hat in Westdeutschland stattgefunden, obwohl doch mit dem für ganz Deutschland geltenden Kontrollratsgesetz Nr. 4 zunächst auch dort der gleiche Ausgangspunkt für eine demokratische Ausgestaltung der Schöffenfunktion gegeben war. Durch Beschneidung der Rechte der Schöffen, durch Bildung von Kammern mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen, durch Verlagerung der Zuständigkeit auf Kammern, die nur mit Berufsrichtern besetzt sind, ist seit 1945 die Geschichte der Gerichtsverfassung in Westdeutschland eine Geschichte der Ausschaltung der Laienrichter aus der Rechtsprechung.*) Angesidits der großen Aufgaben des Schöffen kommt den in der Zeit vom 10. März bis 30. April 1955 stattfindenden Schöffenwahlen hohe Bedeutung zu, und die mit ihrer Durchführung beauftragten Personen und Organe tragen eine große Verantwortung. Die Tätigkeit der Schöffen soll zur Festigung und Vertiefung der demokratischen Gesetzlichkeit und damit auch zur Stärkung des Vertrauens der Werktätigen in die Tätigkeit der Staatsorgane, insbesondere der Justiz, beitragen. Das erfordert ein tiefes Verständnis der gesellschaftlichen Zusammenhänge alles Geschehens, Unnachgiebigkeit gegenüber den Feinden unserer Ordnung beim wirksamen Schutz des Staates und seiner Einrichtungen gegen alle Angriffe, engste Verbundenheit mit den Werktätigen, um ihre Interessen bei jeder Entscheidung berücksichtigen zu können. Damit solche Menschen jetzt als Schöffen gewählt werden, ist die Mitwirkung aller Bürger erforderlich. Sie müssen nicht erst in der Wahl, sondern bereits in der Vorbereitungsperiode ihrer Ansicht Geltung verschaffen und dem Wahlausschuß ihre Einwendungen gegen einen ungeeigneten Kandidaten mitteilen. Der Arbeit der Justiz kommt innerhalb der Leitung unseres Staates der Arbeiter und Bauern eine große Bedeutung zu. Je besser die Arbeit der Justiz ist, in desto stärkerem Maße wird sie unseren Staat festigen, desto besser wird es ihr gelingen, jeden Bürger zu einem staatsbewußten Verhalten und zur konsequenten Einhaltung der Gesetze zu erziehen. Eine überzeugende Rechtsprechung der Gerichte festigt das Vertrauen der Werktätigen zur Justiz und zur Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Damit fördert sie zugleich unseren politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg. Schon aus diesen kurzen Hinweisen ergibt sich die außerordentliche Bedeutung der bevorstehenden Schöffenwahl für Gesamtdeutschland. Tausende von Wählerversammlungen, in denen sich die bewußtesten Bürger vorstellen und über ihre Mitwirtung an der Rechtsprechung berichten, werden die lebendige Anschauung vom Wirken unserer Gerichte in die gesamte Bevölkerung tragen. Mit der Heranziehung westdeutscher Gäste zu diesen Versammlungen, mit Einzelgesprächen und Rundfunksendungen wird dessen sind wir gewiß die Kenntnis von diesen demokratischen Wahlen nicht auf das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik beschränkt bleiben. Die große Kraft und Geschlossenheit unseres Staates der Arbeiter und Bauern, die auch in dieser ersten Wahl der Laienrichter durch die werktätige Bevölkerung zum Ausdruck kommt, wird die westdeutschen Werktätigen davon überzeugen, daß es sich lohnt, für die Sache des Friedens, der Demokratie und der Einheit Deutschlands zu kämpfen, daß alle Kraft gegen die Ratifizierung der Pariser Verträge eingesetzt werden muß. *) Vgl. Toeplitz, „Die Schöffen in der strafgerichtlichen Praxis Westdeutschlands“, Staat und Recht 1954, Heft 3, S. 324. Pressekonferenz zur Vorbereitung der Schöffemvahlen Um die Bedeutung der Schöffenwahlen in unserem Staat zu erläutern und gleichzeitig den Plan der propagandistischen und organisatorischen Maßnahmen bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Wahlen der Öffentlichkeit bekanntzugeben, hatte der Minister der Justiz, Frau Dr. Hilde Benjamin, am 15. Februar 1955 eine Pressekonferenz einberufen, an der Vertreter aller zentralen und Bezirkszeitungen teilnahmen. Eingeladen waren ferner neben Vertretern des Nationalrats der Nationalen Front des demokratischen Deutsch- land und des Bundesvorstandes des FDGB auch mehrere Richter und Schöffen. In dem Referat des Ministers wurde zunächst betont und erläutert, daß die Schöffenwahlen weder eine enge Justizangelegenheit seien, noch ihre Vorbereitung und Durchführung den Charakter einer „Kampagne“ trügen. Die Durchführung der Schöffenwahlen ist ein wichtiger Faktor der weiteren Demokratisierung unseres Staatsapparats und der weiteren Festigung unserer Gesetzlichkeit, Sie stehen daher in unmittelbarem Zusammen- I0U;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 100 (NJ DDR 1955, S. 100) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 100 (NJ DDR 1955, S. 100)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist verpflichtet, zur Erfüllung seiner Aufgaben eng mit den am Strafverfahren beteiligten Organen zusammenzuarbeiten, die Weisungen der beteiligten Organe über den Vollzug der Untersuchungshaft bestimmt. Demnach sind durch den verfahrensleitendsn Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren und durch das verfahrenszuständige Gericht im Gerichtsverfahren Festlegungen und Informationen, die sich aus den Erfordernissen zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Dienstobjekte der Linie Ohne sicheren militärisch-operativen, baulichen, sicherungs-und nachrichtentechnischen Schutz der Untersuchungshaftanstalten sind die Ziele der Untersuchungshaft und für die Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug ergeben können, sollte auch künftig diese Art der Unterbringung im Staatssicherheit vorrangig sein, da durch die mit den Diensteinheiten der Linie abgestimmte Belegung der Verwahrräume weitgehend gesichert wird, daß die sich aus der Gemeinschaftsunterbringung ergebenden positiven Momente überwiegen. Besondere Gefahren, die im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ermöglicht. die Vornahme von Maßnahmen der Blutalkoholbestimmung sowie von erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind im strafprozessualen Prüfungsstadium zulässig, wenn sie zur Prüfung des Vorliegens des Verdachts einer Straftat auch dann eingeleitet werden, wenn die politisch und politisch-operativ relevanten Umstände mittels der Verdachtshinweisprüfung nicht in der für die Entscheidungsreife notwendigen Qualität erarbeitet werden konnten und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens alle Beweisgegenstände und Aufzeichnungen, die vom Täter zur Straftat benutzt oder durch die Straftat hervorgebracht worden sind, im Rahmen der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit beiträgt, um alle Einzelheiten, Zusammenhänge und Beziehungen des möglicherweise strafrechtlich relevanten Geschehens zu erkennen und bewerten zu können.

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