Neue Justiz 1954, Seite 9

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 9 (NJ DDR 1954, S. 9); den „Untervertretungen“, insbesondere aber von den „Filialen“, werden die angeworbenen Agenten entweder direkt oder durch den Gruppenleiter (V-Manniührer), dem etwa 10 Agenten zugewiesen werden, angeleitet. Die „Filialen“ haben ihren Sitz sämtlich in Westberlin, um unter Ausnutzung der für ihre Aufgaben günstigen Lage Agenten und Provokateure in die Deutsche Demokratische Republik zu entsenden und die Anwerbung und Berichterstattung der in der Deutschen Demokratischen Republik ansässigen Agenten zu erleichtern. Bei dieser Struktur handelt es sich jedoch um kein starres System, sondern es ist jederzeitigen Änderungen unterworfen. Den übergeordneten Stellen ist es möglich, besonders bedeutsame „Untervertretungen“, „Filialen“ und Agenten direkt anzuleiten. Neben den genannten Spionagestellen unterhält die Organisation Gehlen noch eine Anzahl technischer Spezialabtedungen. Für die hauptamtlichen Mitarbeiter besteht in Westdeutschland eine Agentenschule, in der sie in gewissen Zeitabständen zu 14tägigen Lehrgängen einberufen und für ihre spionagedienstliche Tätigkeit geschult werden. Außerdem sind mehrere Geheimfotolabors eingerichtet, so u. a. eines in Westberlin. Eine in Westdeutschland bestehende Spezialabteilung (G.-Wesen) hat die Aufgabe, Agenten, die in die Deutsche Demokratische Republik und in fremde Länder eingeschleust werden sollen, mit den hierzu erforderlichen gefälschten persönlichen Dokumenten und den übrigen zur Tarnung benötigten Gegenständen auszustatten. Dies geschieht auf Grund von Originalmaterialien. die von Agenten beschafft werden. In Westdeutschland besteht ferner ein Laboratorium für technische Apparate. In Westberlin ist eine Abteilung für Funkwesen eingerichtet, die für die FunkarbeH der Spionaseorganisation verantwortlich ist, mehrere Funk-ausb’lder zur Seite hat und Agenten im Funkwesen ausbildet und fortlaufend schult. Sämtliche Dienststellen der Organisation Gehlen arbeiten illeaal und streng konspirativ, wobei sie sich zur Tarnung der Bezeichnung von Handelsfirmen bedienen. So verbarg sich bis vor kurzem hinter der Bezeichnung Georg Gott=chalk & Co., Asphalt und Teer“ die Spionagezentrale in München und unter der Tarnbezeichnung „Firma Ernst Meißner & Co., Grob- und Feinkeramik“ die „Generalvertretung III“ (Abwehr! in Karlsruhe, während sich eine in Stuttgart bestehende Bezirksvertretung unter der Bezeichnung „Firma Wachsmut“ tarnte und eine Bezirksvertretung in Hamburg als „Firma Kühn" in Erscheinung trat. Unter der Firma „Erwin Bender & Co.“ verbarg sich die Untervertretung. die der von dem Angeklagten Haase geleiteten Filiale 120 A übergeordnet war. Die Filiale X9592 war durch die Bezeichnung „Firma Nordland“ getarnt. Das in Westberlin bestehende Fotolabor führte die Bezeichnung „Unionsversicherung Berlin“. Die Beweisaufnahme hat eindeutig gezeigt, in welchem starken Maße sich die im Geheimdienst Gehlen hauptamtlich beschäftigten Mitarbeiter aus ehemaligen faschistischen Spionage- und Abwehroffizieren, Angehörigen des hitlerisrhen Sicherheitsdienstes. SS-Füh-rern und ehemaligen Berufsoffizieren zusammensetzten; z. B. war der als Leiter der Filiale 120 A eingesetzte Angeklagte Haase Berufsoffizier und Bataillons- und Regimentskommandeur in der faschistischen Wehrmacht. Die dem Angeklagten Haase übergeordnete Untervertretung wurde von einem mit dem Ritterkreuz ausgezeichneten ehemaligen Sturmbannführer der Waffen-SS geleitet, der in der „Organisation“ die Decknamen Brandler, Kerner, Hartmann, Holten und Brenner führte. Der Leiter einer Bezirksvertretung, der den Decknamen „Reckenstein“ führte, war höherer Abwehroffizier im ehemaligen Generalstab des Oberkommandos der faschistischen Wehrmacht, während die unter der Bezeichnung „Firma Schlosser“ getarnte Untervertretung dem Mitarbeiter Westphal alias Donner. einem ehemaligen Waffenoberstleutnant, unterstand. Eine andere Untervertretung wurde von einem unter dem Decknamen „Thüssen“ bekannten ehemaligen Hauptmann der Nachrichtentruppe und dessen Vertreter Gröter (Deckname), einem ehemaligen SS-Offizier. geleitet. Der frühere SS-Untersturmführer Schnuppe wurde in dieser Spionagedienststelle als Gruppenleiter eingesetzt. Der ehemalige Personalchef im Generalstab Hitlers, General Kleikamp (Deckname Kleier), war der Leiter der unter der Reklamefirma „Werbezentrale Berlin“ getarnten Kurierstelle und Meldezentrale. Die im Dienst der Geheimorganisation Gehlen tätigen Agenten werden, entsprechend ihrer Vorbereitung, Eignung, Tätigkeit und ihren Kenntnissen in „Tipper“, „Forscher“, „Heranholer“, „Quellen“, „Kuriere“ und „Funker“ unterteilt. Die „Tipper“ machen auf Personen aufmerksam, die für den Geheimdienst nützlich sein könnten. Die Tätigkeit der „Forscher“ erstreckt sich auf die umfassende Feststellung der persönlichen Verhältnisse und Neigungen der von den „Tippern“ benannten Personen. Als „Heranholer“ werden Agenten bezeichnet, die die zur Anwerbung vorgesehenen Personen dem Leiter der Filiale bzw. dem Gruppenleiter in Westberlin zuführen, nachdem das Ergebnis der Forschung sie hierfür geeignet erscheinen läßt. Bei den „Quellen“ handelt es sich um den Kreis der Agenten, der sich auftragsgemäß durch eigene Beobachtungen über die den Geheimdienst interessierenden Objekte informiert und über die getroffenen Feststellungen Berichte erstattet. Diese „Quellen“ sind, entsprechend ihrer gesellschaftlichen Stellung und Funktion und den sich daraus ergebenden Spionagemöglichkeiten, untergegliedert in „Penetrierungsquellen“ (verantwortliche Mitarbeiter in den Staats- und Wirtschaftsorganen, die in der Lage sind, wertvolles Spionagematerial zu liefern); „Überprüfungsquellen“ sind Agenten, die auf Grund der Lage ihrer Wohnung, ihres Arbeitsplatzes oder sonstiger Möglichkeiten in der Lage sind, die interessierenden Objekte direkt zu beobachten und auszuspionieren; „Reisequellen“ sind Agenten, die infolge ihrer beruflichen Tätigkeit Reisen unternehmen und sich dabei über die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse und sonstigen Vorkommnisse in den von ihnen bereisten Gegenden informieren können. Als „Iller Quellen“ werden die Agenten bezeichnet, die bei der Volkspolizei, KVP oder bei sowjetischen Dienststellen tätig sind und Informationen aus ihrem Arbeitsbereich liefern; „S-Quellen“ haben die Aufgabe, Spionageverbindungen zur Sowjetunion und den Volksdemokratien aufzunehmen. Kuriere halten die Verbindung zwischen „Quelle“ und Filiale. Bei den Funkern handelt es sich um im Funkwesen und im Geheimverschlüsselungssystem ausgebildete Agenten, die Funkgeräte erhalten und auf diesem Weg Spionagematerial übermitteln. C. Die Grundlage für die Durchführung der verbrecherischen Tätigkeit der Spionageorganisation Gehlen ist ein ausgedehntes Agentennetz zur Erlangung von Informationen. Die Anwerbung geeigneter Agenten und deren Sicherung ist daher von großer Bedeutung. Sie wird streng konspirativ und mit einem bis ins einzelne gehenden System von Tarnungs- und Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt. Die Agentenwerbung ist grundsätzlich an keinen bestimmten Personenkreis gebunden. Es werden jedoch bevorzugt Personen anseworben, die dafür wesen ihrer antidemokratischen oder faschistischen Einstellung oder Vergangenheit besonders geeignet erscheinen. Für die Spionage- und Sabotagetätigkeit werden aber auch asoziale und kriminelle Elemente angeworben. Ganz besonderes Interesse besteht andererseits an der Werbung von Personen, die in den Organen der Regierung, Verwaltung, Wirtschaft und in den politischen Organisationen tätig sind und auf Grund der von ihnen ausgeübten Funktion die Möglichkeit der Einsichtnahme in geheimzuhaltende und vertraulich zu behandelnde Unterlagen haben und von denen bekannt ist, daß sie in ihrer politischen Haltung schwankend sind. Eine besonders gefährliche Methode der Anwerbung besteht darin, daß sie unter der Tarnung „nationale Befreiung“ und unter Mißbrauch des Nationalbewußtseins deutscher Menschen und in spekulativer Absicht auf ihren Patriotismus durchgeführt wird. Diese Methode, die bevorzugt gegenüber Umsiedlern angewendet wird, ist eine der hinterhältigsten Formen der Ausnutzung der Gefühle von Menschen, bei denen auf diese Weise ganz bewußt der Chauvinismus und Revanchismus geschürt und unter dem Hinweis einer möglichen Rückkehr in ihre alte Heimat die Bereitschaft zur Agententätigkeit geweckt wird. Ihren besonderen Ausdruck findet sie in der von dem Angeworbenen zu unterschreibenden Verpflichtungserklärung, in der es 9;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 9 (NJ DDR 1954, S. 9) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 9 (NJ DDR 1954, S. 9)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und vielfältige, mit der jugendlichen Persönlichkeit im unmittelbaren Zusammenhang stehende spezifische Ursachen und begünstigende Bedingungen zu berücksichtigen sind, hat dabei eine besondere Bedeutung. So entfielen im Zeitraum von bis einschließlich durch die Linie Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren der Personen wegen des Verdachts der Begehung von Staatsverbrechen und der Personen wegen des Verdachts der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis der Absicherung der Verhafteten im Zusammenhang mit der Verhinderung feindlichen Wirksamwerdens im Untersuchungshaftvollzug zeigt, sind insbesondere die von den Verhafteten mit der Informationssaminlung konkret verfolgten Zielstellungen in der Regel nur über einzelne Mitglieder der Gruppierungen aufrecht, erhielten materielle und finanzielle Zuwendungen und lieferten zwecks Veröffentlichung selbstgefertigte diskriminierende Schriften, die sie sur Vortäuschung einer inneren Opposition in der Vertrauliche Verschlußsache - Grimmer, Liebewirth, Meyer, Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ist die Untersuchung gosellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher von bis unter Jahren ein politisch bedeutsamer und relativ eigenständiger Aufgabenkomplex.

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