Neue Justiz 1954, Seite 76

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 76 (NJ DDR 1954, S. 76); tungsstellen durch die Instrukteure der Hauptabteilung Rechtsprechung, Revision und Statistik des Ministeriums der Justiz, die jede Woche mehrere Bezirke besuchten. Die wichtigste Feststellung hinsichtlich der gegenwärtigen Rechtsprechung unserer Kreis- und Bezirksgerichte bei Verbrechen gegen das Volkseigentum besteht darin, daß die überspitzte Anwendung des VESchG überwunden ist und die Gerichte das Gesetz entsprechend der Richtlinie des Obersten Gerichts nur noch bei schweren Angriffen auf das gesellschaftliche Eigentum anwenden. So unterschied z. B. ein Kreisgericht richtig zwischen der Verantwortlichkeit eines Hauptkassierers und der einer Arbeiterin. Der Hauptkassierer hatte etwa 700 DM Gewerkschaftsgelder unterschlagen und für Trinkgelage ausgegeben. Er wurde nach § 1 VESchG zu 1 Jahr 3 Monaten Zuchthaus verurteilt. Die Arbeiterin, die im Betrieb ehrenamtlich die Funktion eines Gruppenkassierers ausübte und sich verleiten ließ, einen verhältnismäßig kleinen Betrag für sich zu verbrauchen, wurde nach § 246 StGB zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Ein anderes Kreisgericht verurteilte ein Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft wegen Beiseiteschaffens einer volkseigenen Schreibmaschine nach dem VESchG zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus. Die Anwendung des Volkseigentumsschutzgesetzes war in diesem Falle richtig, weil der Angeklagte sich als Feind unserer Ordnung entlarvte, der einem Großbauern zur Republikflucht verholten hatte und mit ihm noch laufend in Verbindung stand. Ein Bezirksgericht verurteilte einen BGL-Vorsitzenden nach dem VESchG zu äVa Jahren Zuchthaus, weil er mehr als 1000 kg Garn entwendet hatte. Hier war der dem Volkseigentum zugefügte große Schaden und die Stellung des Angeklagten entscheidend für die Anwendung des VESchG und die Bemessung der Strafe. Die drohende Schmälerung des Vertrauens der Werktätigen zu den' Funktionären der Gewerkschaft wurde auch richtig gewürdigt, als ein Bezirksgericht den BGL-Vorsitzenden eines volkseigenen Betriebes nach § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG zu 3 Jahren 4 Monaten Zuchthaus verurteilte, weil er durch mehrfache Begehung insgesamt 1400 DM Gewerkschaftsgelder unterschlagen und in Alkohol umgesetzt hatte. Auch schon vor Erlaß der Richtlinie des Obersten Gerichts führte ein Kreisgericht im Urteil richtig aus, daß es sich bei der mehrmaligen Entnahme von Geld insgesamt 150 DM aus der Kasse einer Konsumgenossenschaft um einen fortgesetzten Diebstahl an genossenschaftlichem Eigentum handele, der jedoch nicht die Anwendung des VESchG erfordere, weil die Höhe des gestohlenen Betrages bei jeder einzelnen Handlung nicht so schwerwiegend sei. In der Zwischenzeit hat sich die Richtlinie des Obersten Gerichts auszuwirken begonnen, so daß die Gerichte nunmehr in aller Regel zu richtigen Entscheidungen kommen. Das beweist die überwiegende Zahl aller Urteile bei Verbrechen gegen das Volkseigentum. III Wir würden uns aber einer gefährlichen Selbsttäuschung und einer nicht weniger gefährlichen Selbstzufriedenheit schuldig machen, wollten wir behaupten, es würden keine Fehler mehr begangen. Obwohl die notwendige Klarheit für eine richtige Entscheidung bei allen Richtern vorhanden sein müßte, können wir heute noch nicht sagen, daß die Urteile diese Klarheit, Prinzipienfestigkeit und Parteilichkeit unserer Richter immer überzeugend zum Ausdruck bringen. Im einzelnen treten folgende ernste Schwächen unserer Gerichte in Erscheinung, die es zu überwinden gilt. 1. Noch immer erlassen Gerichte auch bei Verbrechen gegen das Volkseigentum Strafbefehle. Wenn auch ihre Zahl von Monat zu Monat zurückgegangen ist, so gibt es noch immer Gerichte, die den Anträgen der Staatsanwaltschaft auf Erlaß von Strafbefehlen folgen, ohne zu prüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen für einen Strafbefehl vorliegen. So erledigte z. B. ein Kreisgericht in Thüringen noch im November 1953 alle Strafverfahren wegen Ver- brechen gegen das Volkseigentum durch Strafbefehle. Dabei wurde sogar noch schlecht differenziert und z. B. ein Arbeiter des volkseigenen Schlachthofes, der Därme entwendet hatte, mit 60 DM Geldstrafe, eine Rentnerin aber, die in einer Konsumverkaufsstelle 100 Gramm Wolle entwendet hatte, mit 4 Monaten Gefängnis bestraft. Wenn ein Bürger durch eine strafbare Handlung das Volkseigentum geschädigt hat, dann wird eine formale Aburteilung durch Strafbefehl der gesellschaftlichen Bedeutung dieser Straftat nicht gerecht. Jedes Strafverfahren hat eine erzieherische Aufgabe: es soll zur Achtung vor dem sozialistischen Eigentum erziehen (§ 2 StPO); dies aber kann nur in der Hauptverhandlung geschehen, deren Durchführung daher bei Angriffen auf das Volkseigentum unerläßlich ist. Überdies besteht beim Strafbefehlsverfahren, wenn der Staatsanwalt seinen Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls ohne Prüfung der Voraussetzungen nach § 254 Abs. 2 StPO stellt, die dringende Gefahr der nicht genügenden Sachaufklärung, der unzulänglichen Erforschung der Wahrheit und damit auch der unrichtigen Strafzumessung. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat deshalb eine Weisung an die Staatsanwälte gegeben, bei Angriffen auf das Volkseigentum keine Strafbefehle zu beantragen, sondern in jedem Falle Anklage zu erheben. 2. Auffällig ist ferner die hohe Zahl der Geldstrafen. Jedes dritte Urteil bei Verbrechen gegen das Volkseigentum lautet nur auf Geldstrafe. Eine Geldstrafe kann natürlich richtig sein, wenn die erzieherische Wirkung auf den Angeklagten damit erzielt wird. So war es z. B. richtig, wenn ein Kreisgericht einen Heizer, der sich nach und nach insgesamt etwa 3 Zentner Kohlen mit nach Hause nahm, weil er zu Hause eine kranke Frau mit einem Säugling in einer naßkalten Wohnung hatte, nur zu einer Geldstrafe verurteilte. Der Ernst eines Strafverfahrens und die bewußtseinsbildende Kraft des Volkseigentumsschutzgesetzes wird aber gründlich unterschätzt, wenn z. B. eine Großbäuerin, die eine der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft gehörende Kuh unterschlug, wenn ein Gastwirt und alter Faschist, der einen jugendlichen Arbeiter überredete, für ihn von der LPG drei Zentner Saatkartoffeln zu stehlen,. wenn ein Buchhalter, der Spenden für das Nationale Aufbauprogramm unterschlug, wenn ein Angestellter, der Prämiengelder, die er Kollegen überbringen sollte, in Alkohol umsetzte usw. wenn solche Verbrecher nur zu Geldstrafen verurteilt werden, wie dies tatsächlich geschehen ist. Wenn der Richter sich über das Wesen von Verbrechen und Strafe in unserer demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung im klaren ist, dann wird er auch erkennen, daß es seine Aufgabe ist, diese Ordnung, den sozialistischen Aufbau und damit die Interessen des werktätigen Volkes wirksam vor Verbrechen zu schützen. Jede Strafe soll, um als Besserungsmaßnahme voll wirksam zu sein, auch einen empfindlichen Eingriff in die Rechte und die Interessen des Rechtsbrechers mit sich bringen. In den vorgenannten Fällen ist diese Erkenntnis von den Richtern offensichtlich nicht genügend beachtet worden. Hier wäre eine weitaus größere erzieherische Wirkung von einer Freiheitsstrafe zu erwarten, wobei ja in geeigneten Fällen eine spätere bedingte Strafaussetzung nach § 346 StPO möglich ist. 3. Als eine Verstärkung der erzieherischen Wirkung ist es in den meisten Fällen zu werten, wenn der Angeklagte gleichzeitig zum Ersatz des entstandenen Schadens verurteilt wird. Jedoch haben die Geschädigten nur in etwa 5% der Verfahren einen Antrag nach § 268 StPO gestellt. Bei den Kreisgerichten von vier Bezirken geschah dies im letzten Monat in keinem einzigen Fall. Die Ursache für die geringe Zahl von Anträgen nach § 268 StPO liegt nach unseren Feststellungen darin, daß den Geschädigten diese Möglichkeit noch zu wenig bekannt ist. Darum ist es notwendig, daß die geschädigten Rechtsträger von Volkseigentum bereits von den Unter- 7ß;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 76 (NJ DDR 1954, S. 76) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 76 (NJ DDR 1954, S. 76)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit Inoffizielles! Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie für die Planung der polit isch-ope rativen Arbeit im Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Dis imperialistischen Geheimdienste der Gegenwart. Vertrauliche Verschlußsache . Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung, der gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten Untergrund-tät igkeit Potsdam, Duristische Hochschule, Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Humitzsch Fiedler Fister Roth Beck ert Paulse Winkle eichmann Organisierung der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens unter strikter Wahrung ihrer spezifischen Verantwortung ständig zu gewährleisten, sind die Kräfte und Mittel Staatssicherheit noch stärker auf die Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu konzentrieren; sind die Deutsche Volkspolizei und andere Organe des Ministeriums des Innern bei der vollen Entfaltung ihrer Potenzen zur wirksamen Lösung der ihnen übertragenen operativen Aufgaben; die Schaffung der notwendigen und möglichen Bedingungen für die inoffizielle Zusammenarbeit und der Ausbau dieser nach Maßgabe der Kräfte; Sorge dafür zu tragen, daß die Konspiration und Geheimhaltung in der Zusammenarbeit mit den inoffiziellen Mitarbeiter sowie?ihre Sicherheit zu gewährleisten und An-Zeichen für Dekonspiration, Unehrlichkeit, Unzuverlässigkeit, Ablehnung der weiteren Zusammenarbeit oder andere negative Erscheinungen rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen Grundfragen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Kapitel. Das Wirken der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen ist die genaue Kenntnis der innergesellschaftlichen Situation der von erstrangiger Bedeutung für die Be-Stimmung der Schwerpunkte, Aufgaben und Maßnahmen der vorbeugenden Tätigkeit.

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