Neue Justiz 1954, Seite 728

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 728 (NJ DDR 1954, S. 728); auf der anderen Seite ist die prozeßrechtliche Frage zu entscheiden, welche Holle die Verjährung im Zivilprozeß und in Streitigkeiten vor dem Vertragsgericht spielt21). In dem Aufsatz von Such steht im Mittelpunkt die zweite Frage, wie sich schon aus der Überschrift „Ist die Verjährung von Amts wegen zu beachten?“ ergibt. Es wird vor allem die Frage erörtert, ob das Vertragsgericht und das Zivilgericht die Verjährung von Amts wegen zu beachten haben oder ob es dem Verklagten nach wie vor freisteht, das Leistungsverweigerungsrecht, so wie es § 222 BGB gestaltet hat, im Wege der prozessualen Einrede geltend zu machen. In materiell-rechtlicher Hinsicht vertritt Such den Standpunkt, daß infolge der Verjährung nur der Ver-lust'des Rechts auf zwangsweise Verwirklichung der Forderung eintritt, das Forderungsrecht selbst aber weiter bestehen bleibt. Werde die Forderung trotz Verjährung irrigerweise erfüllt, so bestehe kein Bereicherungsanspruch. In dieser Rechtsfolge sieht Such gerade den wesentlichen Unterschied zur Ausschlußfrist, nach deren Ablauf das Forderungsrecht erlischt22). Mit der Trennung des Rechts auf zwangsweise Verwirklichung der Forderung vom Forderungsrecht selbst behandelt Such das Klagerecht im Anschluß an namhafte sowjetische Wissenschaftler als eine besondere, zum subjektiven Recht hinzutretende Rechtsbefugnis. Da jedoch die Möglichkeit der zwangsweisen Verwirklichung mit Hilfe des Staatsapparats eine wesentliche Eigenschaft aller Rechtsnormen ist und das subjektive Recht ohne die Möglichkeit seiner staatlichen Verwirklichung im Falle seiner Verletzung den typischen Rechtscharakter verlieren würde, erscheint die Schlußfolgerung richtig, daß die Konstruktion einer vom subjektiven Recht zu unterscheidenden Rechtsbefugnis auf zwangsweise Verwirklichung nicht erforderlich und theoretisch nicht gerechtfertigt ist23). Jedes Forderungsrecht tritt im Falle seiner Verletzung in das Stadium der prozessualen Geltendmachung; das ist die dem Recht wesenseigene Form, die Einhaltung der Rechtsnorm mit staatlichen Mitteln zu erzwingen24). Dem entspricht auch die sowjetische Gerichtspraxis, nach der gern. Art. 44 ZG RSFSR nicht nur eine besondere, zum subjektiven Recht hinzugehörende Klagebefugnis, sondern die materielle Forderung selbst erlischt25 26). Die Gegenmeinung beruft sich auch in der Sowjetunion darauf, daß der Schuldner, der nach Ablauf der Verjährungsfrist seine Verbindlichkeit irrigerweise erfüllt hat, nicht berechtigt ist, das Geleistete zurückzufordern (Art. 47 Z)G RSFSR)20). Diese Unmöglichkeit, in Ausnahmefällen das in Unkenntnis der Verjährung Geleistete zurückzufordern, tritt jedoch an Bedeutung für das Wesen der Verjährung weit zurück hinter der Frage nach der Wirkung der Verjährung im Streitfall und besonders in der prozessualen Situation. Wesentlich und praktisch entscheidend für die Verjährung der Forderungen staatlicher Betriebe gegeneinander ist es, wie das Gericht sich zur Verjährung zu stellen hat. Auf diesem Gedanken dürfte auch die Formulierung des Art. 44 ZG RSFSR und auch die Fragestellung von Such beruhen. Es wird also keineswegs danach gefragt, ob die Forderung als solche infolge der Verjährung erlischt, sondern die Frage konzentriert sich wie im sowjetischen Recht darauf, daß die Verjährung dem Gläubiger die Möglichkeit der zwangsweisen Verwirklichung seines Anspruchs wegnimmt mit der Folge, daß seine Klage abgewiesen werden muß, auch wenn der Schuldner nicht die Einrede der Verjährung erhebt Das ist die praktisch wichtige Wirkung der Verjährung, denn die zwangsweise Verwirklichung eines verletzten subjektiven Rechts ist eine wesentliche Eigenschaft der Rechtsverhältnisse27). Auch Such sieht das Entscheidende 21) Auf diese Doppelbedeutung der Verjährungs- bzw. Ausschlußfristen in den Gesetzen der Volksdemokratien weist auch Freytag in NJ 1954 S. 451 hin. Er schlagt auch bis zur umfassenden Neuregelung der Verjährung die Schaffung einer prozessualen Ausschlußfrist vor, die den materiell-rechtlichen Anspruch zunächst unberührt lassen würde (S. 452 am Schluß). 22) Such, NJ 1954 S. 434 (Anm. 4). 23) so Ring, a. a. O. Sp. 262, 263; anderer Ansicht z. B. Genkin, Sowjetisches Zivilrecht, Bd. I S. 297. 24) so auch Genkin, a. a. O. S. 297. 25) vgl. Ring, a. a. O. Sp. 262 mit Anm. 2 und Sp. 264 f. 26) Vgl. Ring, a. a. O. Sp. 267 ff.; Genkin, a. a. O. S. 297. 27) vgl. Ring, a. a. O. Sp. 262. Auf die in der Sowjet- wissenschaft' umstrittene Frage, ob die Nichterhebung der Klage vor Ablauf der Verjährungsfrist das Erlöschen des materiell- rechtlichen Anspruchs zur Folge hat, soll hier nicht näher ein- gegangen werden. darin, daß infolge der Verjährung „kraft objektiven Rechts ein Verlust des Rechts auf zwangsweise Verwirklichung der Forderung“ eintritt28 *). Gerade die von Such gebilligte Folge, daß bei versehentlicher Erfüllung einer verjährten Forderung kein Bereicherungsanspruch besteht, läßt sich mit der Ansicht nicht vereinbaren, daß § 222 BGB materiell-rechtlich infolge „einer Veränderung der Rechtsform“ für Forderungen gegen staatliche Betriebe nicht weiter gelte. Anders ist es dagegen, wenn man lediglich die Frage nach der prozessualen Behandlung der Verjährung stellt. So ist auch die Verjährung der Forderung auf Vertragsstrafe in § 4 Abs. 2 Satz 1 der 6. DB zur WO vom 23. Dezember 1953 (GBl. 1954 S. 21) nur nach der prozessualen Seite hin geregelt, wenn es heißt: „Der Anspruch auf Vertragsstrafe ist innerhalb einer Ausschlußfrist von 6 Monaten beim Staatlichen Vertragsgericht geltend zu machen.“ Such sagt selbst ganz richtig, daß durch diese Bezeichnung als Ausschlußfrist zum Ausdruck gebracht wird, daß der Anspruch nach Ablauf der Frist „nicht mehr zwangsweise verwirklicht werden“ kann. Es wäre jedoch irrig, hieran irgendwelche materiell-rechtlichen Folgerungen zu knüpfen. Die Bestimmung besagt nichts anderes, als daß die Forderung auf Vertragsstrafe nach Ablauf der Frist vor dem Vertragsgericht nicht mehr geltend gemacht werden kann, und das hat naturgemäß das Vertragsgericht von Amts wegen zu beachten. Diese Unklarheit bei der Unterscheidung der materiellrechtlichen und der prozessualen Seite der Verjährung trägt auch dazu bei, daß Such zunächst den § 8 Abs. 1 Satz 3 des allgemeinen Mustervertrages vom 10. Januar 1952 (MinBl. S. 7) und die gleichlautenden Bestimmungen der Allgemeinen Lieferbedingungen für einzelne Wirtschaftszweige entgegen dem Wortlaut („nach Ablauf von 6 Monaten ist die Geltendmachung verdeckter Mängel ausgeschlossen“) im Sinne der Verjährung der Mängelansprüche, nicht bloß der Anzeige der Mängel auslegt20), um dann im Widerspruch hierzu für § 19 Abs. 1, 2, 3 der Allgemeinen Lieferbedingungen für die Lederwirtschaft usw. vom 1. Januar 1954 (ZB1. S. 43) und für Abschn. Ill Ziff. 8 der Richtlinien zum Beschluß über Maßnahmen zur Metalleinsparung vom 1. Januar 1954 (GBl. S. 73) denselben Wortlaut „Geltendmachung des Mangels“ als Anzeige des Mangels auszulegen, weil das „zum zweckmäßigeren Ergebnis“ führt30). Trotz der Feststellung, daß bei der anderen Auslegung „die Frist für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen wegen offener Mängel länger sein würde als die für verdeckte Mängel“, hält Such für § 8' des Allgemeinen Mustervertrages an jener dem Wortlaut widersprechenden Auslegung fest. Wozu diese Gesetzesauslegung, wenn schließlich doch zugegeben wird; „Rechtspolitisch ist zu prüfen, ob diese Regelung der Berechnung der Verjährungsfrist unseren Verhältnissen entspricht und beizubehalten ist oder durch eine Regelung zu ersetzen ist, nach der die Verjährungsfrist der Mängelansprüche erst mit der Feststellung und der rechtzeitigen Anzeige des Mangels beginnt“? Diese von Such gewünschte Regelung läßt sich, wie er für die anderen Bestimmungen selbst darlegt31), aus dem Wortlaut der betreffenden Vorschriften einheitlich herleiten, wenn man die Verjährungsfrist und die Frist zur Mängelanzeige auseinanderhält. Denn nach § 478 BGB bleibt bei rechtzeitiger Mängelanzeige auch nach Verjährung des Wandlungs- und Minderungsanspruchs das wirksame Recht, insoweit die Zahlung des Kaufpreises zu verweigern, bestehen. Damit wäre, mindestens teilweise, der von Such gestellten Forderung entsprochen. Die Frage, wie die Verjährung prozessual zu behandeln ist, sollte daher bei der theoretischen Untersuchung getrennt von der Frage nach der materiell-rechtlichen Wirkung der Verjährung behandelt werden. Soweit die prozessuale Seite auf dem Gebiete des Vertragssystems nicht ausdrücklich geregelt ist, folgt im Verfahren vor dem Vertragsgericht die Unanwendbarkeit des § 222 Abs. 1 BGB aus der besonderen Funktion des Vertragsgerichts. Als Organ der Verwaltung hat es die beson- 28) ob man das als Verlust der sogenannten Haftung bezeichnen soll, erscheint fraglich. 29) Freilich in Übereinstimmung mit der Grundsatzentscheidung Nr. 17/54 des StVG (vgl. Verfügungen und Mitteilungen des StVG Nr. 4/1954). 30) vgl Such, NJ 1954 S. 435 (Anm. 6). 31) NJ 1954 S. 435 (Anm. 6). 7 28;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 728 (NJ DDR 1954, S. 728) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 728 (NJ DDR 1954, S. 728)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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