Neue Justiz 1954, Seite 724

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 724 (NJ DDR 1954, S. 724); Das wird auch in Westdeutschland erkannt und verschiedentlich zum Ausdruck gebracht, so von Rechtsanwalt Dr. Schmidt-Leichner aus Frankfurt/M. mit den Worten: „Bei allem Respekt vor politischen und rechtspolitischen Erwägungen des Gesetzgebers, ein wenig sollte auch an die Gerechtigkeit gedacht werden. Diese verbietet aber Differenzierungen, wie sie dieses AmnestieG enthält, ganz kategorisch. Von einer Gleichmäßigkeit oder Gleichartigkeit der Amnestietatbestände enthält dieses Gesetz nichts. Im Gegenteil, Ungleichmäßigkeiten, Sondertatbestände, verschiedene Stichtage, Strafrahmen von drei Monaten bis zu gesetzlichen Höchststrafen und zweifelhafte Ausschlußbestimmungen geben dem Gesetz das Gepräge“14). Und die Presse bringt als Entschuldigung vor: „ die Gerichte und die Staatsanwaltschaften warten seit langem auf . die Amnestie. Die Lähmung der Justiz durch dieses Warten ist den Parlamentariern sehr deutlich in Erinnerung gerufen worden, und der Bundestag hatte das Gefühl, daß eine unvollkommene Entscheidung immer noch besser als keine sei“ 15). In der Tat wurden im Bundestag derartig demagogische Argumente vorgebracht, u. a. von dem CDU/CSU-Abgeordneten Höcherl, der erklärte, das Vorhaben einer Amnestie sei durch „ungereimte Umstände“ im September 1953 bekannt geworden, worauf massenhaft die Bearbeitung von Strafsachen faktisch eingestellt wor- 14) NJW 1954 S. 1266. 15) „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 23. Juni 1954. den sei und sich die Zahl der Rechtsmittel verdoppelt habe. Jetzt bestünde „nicht mehr die Möglichkeit, . in großen rechtspolitischen Ausführungen zu schwelgen“, sondern man müsse „so schnell wie möglich einen Ausweg aus dieser Sackgasse suchen“16). So aber können sich die Adenauerregierung und der Bundestag nicht vor der Verantwortung drücken; vielmehr legen die Tatsachen die Schlußfolgerung nahe, daß jene „Sackgasse“ bewußt herbeigeführt wurde, um sich solcher Argumente bedienen zu können. Daß die gesetzliche Begünstigung und Rehabilitierung der Militaristen und Faschisten, die Adenauer für seine Kriegspläne braucht, von langer Hand vorbereitet wurde, hat Bundesjustizminister Neumayer in der bereits mehrfach angeführten Bundestagssitzung ausgepludert. Danach wurde bereits „Anfang 19:52“ der „Plan gefaßt, zur Schließung der Lücken der Amnestie von 1949 ein neues Straffreiheitsgesetz vorzubereiten Als Zeitpunkt der Einreichung des Gesetzes war ursprünglich die für Ende 1952 erwartete Ratifikation des Deutschland-Vertrages und des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft vorgesehen“17). Von Anfang an war dieses Straffreiheitsgesetz also ein wichtiger Bestandteil der Kriegspläne Adenauers. Sein Erlaß im Sommer dieses Jahres ist ein erneutes deutliches Zeichen für das rasche Vorantreitaen der Remilitarisierung Westdeutschlands und damit eine ernste Mahnung zur entschlossenen Verteidigung des Friedens und der Demokratie. !) Bundestagsdrucksache, 17. Sitzung vom 26. Februar 1954, S. 595/596. U) Bundestagsdrucksache, 17. Sitzung vom 26. Februar 1954, S. 587. Zum Abschluß der allgemeinen Diskussion über den Familiengesetzentwurf Von Dr. HILDE BENJAMIN, Minister der Justiz Am 5. Dezember 1954 veröffentlichte die Presse folgende Verlautbarung*): „Im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines Familiengesetzbuches teilt der Minister der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik, Dr. Hilde Benjamin, folgendes mit: Mit dem Monat November ist die allgemeine Diskussion über den Entwurf eines Familiengesetzbuches abgeschlossen. Ein volles halbes Jahr hindurch hat die Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. In über 600 000 Exemplaren wurde eine populäre Broschüre verbreitet. In über 6000 Versammlungen der Nationalen Front, des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands und in Justizaussprachen haben über eine halbe Million Menschen ’in Städten, Dörfern und Betrieben die Erläuterungen des Entwurfes durch erfahrene Juristen gehört und ihre Meinung geäußert. Auch die Presse hat im Artikeln und Zuschriften die Ansicht der Bevölkerung weitgehend zum Ausdruck gebracht. In mehreren hundert Zuschriften an das Justizministerium haben Männer und Frauen, Lehrer, Ärzte und Angehörige anderer Berufe ihre Meinung und ihre interessierte Bereitschaft zur Mitarbeit zum Ausdruck gebracht. Die Durchführung dieser Diskussion war ein beredter Ausdruck unserer Demokratie, der Mitarbeit des Volkes an der Gesetzgebung. Westdeutsche Kreise Juristen, Teilnehmer an Delegationen, Mitglieder des Deutschen Frauenrates haben ihr weitgehendes Interesse gezeigt. Nach Beendigung der Diskussion liegt die Weiterführung der Arbeit bei dem Ministerium der Justiz. Es wird nun die Fülle der Meinungsäußerungen, die im Grundsätzlichen weitaus überwiegend zustimmen, jedoch im einzelnen eine große Zahl wertvoller Anregungen enthalten, bearbeiten und diese wichtige Gesetzgebungsarbeit weiterzuführen.“ Damit ist die Diskussion über ein sehr wichtiges Gesetz abgeschlossen, wie sie in ihrer Breite und man kann auch sagen Tiefe nach der Diskussion *) vgl. „Neues Deutschland“ vom 5. Dezember 1954. über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vor Erlaß eines Gesetzes noch nicht bei uns geführt worden war. Diese Diskussion hatte einen großen Erfolg. Statt dreier Mbnate sie sollte zunächst schon im August zu Ende gehen wurde sie volle sechs Monate durchgeführt. Die Referenten Richter, Staatsanwälte, Notare, Rechtsanwälte sind in viele Dörfer gekommen, in denen überhaupt noch keine Justizaussprachen stattgefunden hatten. Viele dieser Veranstaltungen schlossen mit dem Wunsche der Teilnehmer, man möge bald wiederkommen. Die Diskussion war ein Ausdruck unserer Demokratie. Sie gab den Bürgern nicht nur die Kenntnis des Gesetzentwurfs und die Möglichkeit der Stellungnahme dazu, sondern sie verschaffte ihnen auch ein anschauliches Bild von dem, was Demokratie wirklich bedeutet, und stand somit in unmittelbarer organischer Beziehung zur Vorbereitung der Volkswahlen. Die allgemeine Aussprache der Bürger mit Mitarbeitern der Justiz weckte und bestärkte das Vertrauen zu unserem Staat im allgemeinen und zur Justiz im besonderen. Die Diskussion erfaßte breiteste Kreise; sie hatte jedoch eine Schwäche: es haben sich in ausdrücklicher mündlicher Äußerung oder in der Presse wenig Frauen in verantwortlichen Stellungen des Staates, der Wirtschaft, des Kulturlebens daran beteiligt. Aber jedes Mal, wenn ich diese Kritik zum Ausdruck brachte, in persönlichen Gesprächen, im Bundesvorstand des Demokratischen Frauenbundes, gegenüber Mitgliedern des Deutschen Frauenrates, dann wurde ich erstaunt angesehen, daß ich von diesen Frauen noch eine ausdrückliche Zustimmung zu dem Gesetzentwurf erwartete: so selbstverständlich entsprachen die Bestimmungen des Entwurfs ihren Bedürfnissen und ihren Anschauungen. Der Abschluß der allgemeinen Diskussion ist zu verbinden mit dem Dank an die Mitarbeiter im Justizapparat, Richter, Notare und auch Schöffen, sowie die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft. Es gibt Richter, die 30 und mehr Veranstaltungen in 2 bis 3 Monaten durchgeführt haben. Es hat sich gezeigt, wie operativ und einsatzbereit der Apparat der Justizorgane ist. 724;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 724 (NJ DDR 1954, S. 724) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 724 (NJ DDR 1954, S. 724)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Leiter der Abteilung und der Leiter des Bereiches Koordinie rung haben eine materiell-technische und operativ-technische Einsatzreserve im Zuführungspunkt zu schaffen, zu warten und ständig zu ergänzen. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der politisch-operativen Aufgaben durch die Linie davon auszu-.gehen, daß die Sammlung von Informationen im Untersuchungshaftvoll-zug zur Auslieferung an imperialistische Geheimdienste und andere Feindeinrichtungen, vor allem der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet ist, durch die Schaffung ungünstiger äußerer Realisierungsbedingungen die weitere erfolgreiche Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er Bahre, insbesondere zu den sich aus den Lagebedingungen ergebenden höheren qualitativen Anforderungen an den Schutz der sozialistischen Ordnung und das friedliche Leben der Bürger zu organisieren. Mit dieser grundlegenden Regelung ist die prinzipielle Verantwortung der Schutz- und Sicherheitsorgane des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ergeben Möglichkeiten der Informationsgevvinnung über die Untersuchungshaftanstalt durch imperialistische Geheimdienste Gefahren, die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft im Umgang mit den. Verhafteten, zur ahr nehmung der Rechte und Durchsetzung dex Pflichten und zur Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin in der anzuwenden. Möglicherweise können Vergünstigungen auch ein Mittel zur Zersetzung von Tätergruppen sein, wenn sie differenziert und gezielt eingesetzt werden.

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