Neue Justiz 1954, Seite 714

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 714 (NJ DDR 1954, S. 714); Die entscheidende Bestimmung über die Aufstellung westdeutscher Streitkräfte enthält Art. 1 des Protokolls II über die Streitkräfte der Westeuropäischen Union. Dort heißt es: „1. Die Land- und Luftstreitkräfte, die jeder der Hohen Vertragschließenden Teile dieses Protokolls dem Alliierten Oberbefehlshaber Europa in Friedenszeiten auf dem europäischen Festland unterstellt, dürfen nach Gesamtstärke und Anzahl der Verbände nicht überschreiten: (a) für Belgien, Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Italien und die Niederlande die im Sonderabkommen zu dem am 27. Mai 1952 in Paris Unterzeichneten Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft für Friedenszeiten festgelegten Höchstgrenzen; (b) für das Vereinigte Königreich 4 Divisionen und die Zweite Taktische Luftflotte; (c) für Luxemburg eine Kampfgruppe in Regimentsstärke.“ Dies bedeutet für Frankreich 14 Divisionen, für Westdeutschland und Italien je 12 Divisionen und für Belgien und die Niederlande je 5 Divisionen. Art. 2 dieses Protokolls enthält entsprechende Bestimmungen über die Marine-Streitkräfte. Die auf diese Weise gebildete Streitmacht der Westeuropäischen Union unterscheidet sich von der durch den EVG-Vertrag geplanten Europaarmee nur dadurch, daß auch Großbritannien Streitkräfte der obengenannten Art und Anzahl stellt. Die Verpflichtung hierzu ist in Art. 6 näher umschrieben. Sie macht nur eine Ausnahme für einen akuten Notstand in Übersee und erlaubt für den Fall einer zu schweren Belastung der britischen auswärtigen Finanzen eine Überprüfung der finanziellen Bedingungen durch den Nordatlantikrat. Diese Bestimmungen entsprechen in ihrem Inhalt der Erklärung, die der britische Außenminister am 29. September vor der Londoner Konferenz abgab (vgl. Anlage III zur Schlußakte der Londoner Konferenz). Diese Erklärung steht in engem Zusammenhang mit der Erklärung des amerikanischen Staatssekretärs und der Erklärung des kanadischen Außenministers vom selben Tag (Anlagen II und IV zur Schlußakte). Der bestimmten und ins einzelne gehenden Zusicherung Großbritanniens steht von seiten Kanadas eine allgemeine Erklärung gegenüber, die mit seiner Mitgliedschaft in der NATO verbundenen fortdauernden Verpflichtungen zu erfüllen. Die amerikanische Zusicherung ist noch vager gefaßt. John Foster Dulles erklärte, er werde für den Fall, daß die Hoffnungen, die in die EVG gesetzt wurden, sinnvoll auf die Londoner Abmachungen übertragen werden können, „sicherlich bereit sein, dem Präsidenten zu empfehlen, die Zusicherung zu erneuern, die er im letzten Frühjahr im Zusammenhang mit dem Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft angeboten hat“. Diese Zusicherung würde dahin gehen, daß die Vereinigten Staaten weiterhin in Europa einschließlich Deutschlands die Verbände ihrer Streitkräfte belassen werden, die gegebenenfalls erforderlich und angemessen sind, „um ihren fairen Anteil zu den Streitkräften beizutragen, die für die gemeinsame Verteidigung des nordatlantischen Gebietes benötigt werden, solange eine Bedrohung dieses Gebietes besteht, und weiterhin diese Streitkräfte im Einklang mit der vereinbarten Nordatlantik-Strategie für die Verteidigung dieses Gebietes einsetzen werden“. Die Streitkräfte der Westeuropäischen Union, die Gegenstand der vertraglichen Regelung in dem obengenannten Protokoll sind, bilden den maximalen „Verteidigungsbeitrag“, den alle Mitglieder der Brüsseler Vertragsorganisation zur NATO leisten. Durch die Aufnahme der Bonner Bundesrepublik und Italiens in die Brüsseler Vertragsorganisation wird diese zum eigentlichen Ersatz für die EVG, die Streitkräfte der Westeuropäischen Union treten an die Stelle der geplanten Europaarmee. Die neue Lösung bietet nach dem gescheiterten EVG-Projekt den Westmächten sogar noch den Vorteil, daß Großbritannien, das sich von jenem zurückhielt, nun an der Ersatzlösung voll beteiligt ist. Die Aufnahme der Westdeutschen Bundesrepublik in die NATO schließlich macht die militärische Eingliederung vollkommen, und es bestehen nunmehr keine Schwierigkeiten mehr, den amerikanischen Oberbefehl, wie ihn Art. 18 des EVG-Vertrages vorgesehen hatte, im wesentlichen auf das neue Vertragswerk zu übertragen. Schon Abschnitt IV der Londoner Schlußakte hatte hinsichtlich der NATO-Truppen folgendes vorgesehen: Alle auf dem Kontinent stationierten Streitkräfte von NATO-Staaten werden der Befehlsgewalt vohSACEUR6) unterstellt werden; diese Streitkräfte werden im Einklang mit der NATO-Strategie verteilt; ihre Stationierung wird von SACEUR nach Konsultation und im Einvernehmen mit den beteiligten nationalen Behörden bestimmt; diese Streitkräfte dürfen ohne seine Zustimmung auf dem Kontinent weder anders verteilt noch operativ eingesetzt werden; diese Streitkräfte werden integriert werden, soweit dies mit der militärischen Schlagkraft vereinbar ist; es werden Abmachungen für eine verstärkte Koordinierung des Versorgungswesens für SACEUR getroffen werden; die zahlenmäßige Stärke und Schlagkraft dieser Streitkräfte sowie ihre Bewaffnung, Ausrüstung, ihr Versorgungswesen und ihre Reserveverbände werden von SACEUR inspiziert. Diese an die NATO gerichteten Empfehlungen der Neun Mächte, die übereinstimmen mit der Anlage V der Londoner Schlußakte (Konferenzdokument über den deutschen Verteidigungsbeitrag und Abmachungen, die auf die Streitmächte von SACEUR auf dem Kontinent Anwendung finden), haben in der Resolution des Nordatlantikrates zur Durchführung des auf die NATO bezugnehmenden Abschnittes der Schlußakte von London ihre Verwirklichung gefunden. Die Resolution unterstellt alle Streitkräfte der Mitgliedstaaten, die in der Zone des Alliierten Kommandos in Europa stationiert sind, der Autorität von SACEUR oder einem anderen angemessenen Kommando der NATO und der obersten Leitung der militärischen Behörden der NATO, mit Ausnahme der Streitkräfte, die für die Verteidigung der Überseegebiete bestimmt sind, und jener Streitkräfte, bezüglich welcher die NATO anerkannt hat oder anerkennen wird, daß sie unter nationalem Kommando bleiben (Abs. 4 der Resolution). Dieselbe Resolution enthält den Beschluß, daß die Integration der Streitkräfte auf der Stufe von Armeegruppen und der taktischen Luftwaffe beibehalten wird. Eine Integration auf niederen Stufen wird bis zu einem Maximum vorangetrieben werden, entsprechend der militärischen Schlagkraft und mit Rücksicht auf das Ausmaß der Stationierung und des Nachschubs der Streitkräfte. Die Resolution entspricht im übrigen den Empfehlungen der Londoner Konferenz und erweitert die Vollmachten von SACEUR auch auf die Ausbildung der Streitkräfte (Abs. 13 der Resolution). SACEUR erhält damit genau dieselbe Stellung, die ihm der EVG-Vertrag eingeräumt hatte, d. h. die westeuropäischen Streitkräfte einschließlich der geplanten westdeutschen Wehrmacht unterstehen dem Oberbefehl eines amerikanischen Generals. Daß alle diese vertraglichen Regelungen den Beschlüssen von Potsdam widersprechen und deshalb völkerrechtswidrig sind, ebenso wie es der geplante EVG-Vertrag war, bedarf angesichts der umfangreichen Erörterungen in der Literatur im Zusammenhang mit der EVG an dieser Stelle wohl keiner Wiederholung. Es muß in diesem Zusammenhang aber darauf hingewiesen werden, daß die NATO und nach der geschehenen Erweiterung zur Westeuropäischen Union auch die Brüsseler Organisation darüber hinaus auch deshalb völkerrechtswidrig sind, weil sie der Satzung der Vereinten Nationen widersprechen. Die Satzung läßt zwar auch regionale Abkommen zu, die für gewisse Gebiete der Erde ähnliche Aufgaben zu übernehmen imstande sind wie die Vereinten Nationen für die ganze Welt, sofern und solange der Sicherheitsrat nicht eingreift. Die Staaten, die in einem solchen regionalen Abkommen vereinigt sind, haben sowohl 6) SACEUR = Supreme Allied, Commander Europe = Alliierter Oberbefehlshaber in Europa. 714;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 714 (NJ DDR 1954, S. 714) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 714 (NJ DDR 1954, S. 714)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gesichert und weitestgehend gewährleistet, daß der Verhaftete sich nicht seiner strafrechtlichen Verantwortung entzieht, Verdunklungshandlungen durchführt, erneut Straftaten begeht oder in anderer Art und vVeise die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug gebunden. Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände lösen. Der Einsatz von erfolgt vorrangig: zum Eindringen in die Konspiration feindlicher Stellen und Kräfte; Dadurch ist zu erreichen: Aufklärung der Angriffsrichtungen des Feindes, der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur wirkungsvollen Aufspürung und Bekämpfung der Feindtätigkeit, ihrer Ursachen und begünstigenden Bedingungen. Es darf jedoch bei Einschätzungen über die Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung erhöht und die Konzentration auf die Arbeit am Feind verstärkt werden kann und muß. Deshalb ist auf der Grundlage der Entfaltungsstruktur Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten sowie der Erfordernisse der medizinischen Sicherstellung unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes zu planen.

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