Neue Justiz 1954, Seite 703

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 703 (NJ DDR 1954, S. 703); von ihnen ist daher auszugehen. Zutreffend wird im Kassationsantrag ausgeführt, daß die Angeklagten H. und K. weder unmittelbar mit der Durchführung der Sicherung der Vermögenswerte republikflüchtiger Personen betraut, noch als Helfer hierfür herangezogen waren. Aus den Feststellungen des Bezirksgerichts ergibt sich, daß H. sich lediglich aus Wißbegierde in der Wohnung des republikflüchtigen R. aufhielt und bei dieser Gelegenheit 30 g Bohnenkaffee, also ein Genußmittel in geringer Menge und von unbedeutendem Wert zum alsbaldigen Verbrauch entwendete. Diese Handlung ist Mundraub (§ 370 Abs. 1 Ziff. 5 StGB). Wenn auch der entwendete Bohnenkaffee Volkseigentum war, so kann doch im vorliegenden Fall wegen des geringen Wertes das VESchG nicht angewendet werden, da dessen Bestimmungen nur bei schweren Angriffen gegen gesellschaftliches Eigentum herangezogen werden können. Die Handlung des H. hätte vielmehr nach den sonstigen dem Schutz des Eigentums dienenden Strafbestimmungen beurteilt werden müssen (vgl. Richtlinie für die Anwendung des VESchG, Abschn. B Ziff. 1 und 2). Im vorliegenden Fall würde wie bereits dargelegt nur § 370 Abs. 1 Ziff. 5 StGB in Betracht kommen können. Eine solche Beurteilung der Handlung des Angeklagten würde aber seine Tat nicht richtig charakterisieren und das in erster Linie verletzte Objekt außer Betracht lassen. Die Handlung des Angeklagten richtet sich nur in geringfügigem Maße gegen das Volkseigentum, das wie dargelegt im vorliegenden Fall durch den § 370 Abs. 1 Ziff. 5 StGB geschützt wird, sondern in erster Linie gegen die von unserem Staate zur Sicherstellung des Vermögens republikflüchtiger Personen vorgenommene Beschlagnahme. Das gesamte .zurückgelassene Vermögen des republikflüchtigen R. war beschlagnahmt und befand sich im amtlichen Gewahrsam in der versiegelten ehemaligen Wohnung des R. Zu diesen im amtlichen Gewahrsam befindlichen Gegenständen gehörte auch der von H. entwendete Bohnenkaffee. Mit der Wegnahme dieses Bohnenkaffees hat der Angeklagte den amtlichen Gewahrsam gebrochen (§ 133 Abs. 1 StGB). Dieses Verhalten ist besonders verwerflich, weil der Angeklagte als Staatsfunktionär das Vertrauen der Werktätigen darauf, daß über beschlagnahmte Gegenstände nur zu vorgeschriebenen Zwecken verfügt wird, getäuscht hat. Auch der Angeklagte K. hat durch die Annahme des Kinderhemdes und der geringen Menge Seidenstoffes sowie durch die Wegnahme der beiden Tamburins keine Untreue begangen. Den Ausführungen des Kassationsantrages, daß der Angeklagte weder eine Verfügungsbefugnis noch eine Treuepflicht im Sinne des § 266 StGB hatte, die Voraussetzungen einer Verurteilung nach § 266 StGB also nicht vorliegen, ist in vollem Umfange zuzustimmen. Die-Verurteilung wegen am Volkseigentum begangener Untreue ist daher fehlerhaft. Als dem Angeklagten von der inzwischen rechtskräftig verurteilten M. Kinderhemd und Seidenstoff übergeben wurden, wußte er, daß diese hierzu nicht befugt war und ihm kein Eigentum übertragen konnte; gleichwohl nahm er die Sachen in Besitz und verfügte wie ein Eigentümer über sie. Er beging also an diesen Gegenständen eine Unterschlagung (§ 246 StGB). Die Tamburins nahm K. nach den Feststellungen des Bezirksgerichts dagegen selbst weg. Diese Handlung ist Diebstahl (§ 242 StGB). Sowohl die Unterschlagung als auch der Diebstahl richten sich gegen das Volkseigentum; gleichwohl können beide Vergehen nicht nach dem VESchG-beurteilt werden, da der Wert der entwendeten Gegenstände sehr gering ist. Insoweit gilt das gleiche, was oben bezüglich der Handlung des H. ausgeführt worden ist. Aber auch eine solche Beurteilung der Handlungen dieses Angeklagten würde sein Verhalten nicht richtig charakterisieren und außer Betracht lassen, daß sie sich in erster Linie gegen den staatlichen Akt der Beschlagnahme, also gegen ein anderes Objekt richten. Auch die Gegenstände, die sich K. rechtswidrig aneignete, befanden sich in amtlichem Gewahrsam, sei es in der Wohnung des republikflüchtigen R., sei es im persönlichen dienstlichen Gewahrsam der Verurteilten M. Diesen Gewahrsam hat K. in beiden Fällen vorsätzlich gebrochen. §§ 1, 20 Straßenverkehrsordnung; § 200 StPO. 1. Der Kraftfahrer muß sich beim Öffnen der Wagentür auf der Fahrbahn notfalls auch durch das Rückfenster davon überzeugen, ob die Fahrbahn frei ist, insbesondere dann, wenn der Blick in den Rückspiegel nur einen Teil der Fahrbahn wiedergibt. 2. Wird ein Urteil infolge mangelnder Sachaufklärung aufgehoben und zur nochmaligen Verhandlung an das Kreisgericht zurückverwiesen, so muß dieses für die neu zu treffenden tatsächlichen Feststellungen den Angeklagten nochmals zur Sache hören. OG, Urt. vom 15. Oktober 1954 3 Zst V 8/54. Durch Urteil des Kreisgerichts L. vom 22. Januar 1954 ist der Angeklagte von der Anklage, eine fahrlässige Körperverletzung begangen zu haben, freigesprochen worden. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 11. Juli 1953 parkte der Angeklagte mit einem dem volkseigenen Betrieb N. gehörenden Personenkraftwagen in L. vor dem Grundstück G.-Ring 7. Er beabsichtigte, in dem Motor des Wagens eine Kerze auszuwechseln, und öffnete die auf der Seite der Fahrbahn befindliche linke Tür des Wagens, die von hinten nach vorn aufschlug. Bevor der Angeklagte die Tür des Wagens öffnete, sah er in den Rückspiegel, um festzustellen, ob die Straße frei war. Dabei bemerkte er weder eine Person hoch ein Fahrzeug. Der Radfahrer R., der an dem parkenden Personenkraftwagen mit einem Abstand von 35 bis 40 cm vorbeifuhr, prallte gegen die halb geöffnete Tür des Kraftwagens und stieß diese weiter auf. Infolge des Anpralls gegen die Tür des Kraftwagens stürzte R., der beinamputiert ist, zu Boden und zog sich durch den Fall eine Gehirnerschütterung mit einer leichten Gehirnquetschung zu. Auf Grund dieses Sachverhalts ist der Angeklagte durch Urteil des Kreisgerichts vom 27. Oktober 1953 wegen fahrlässiger Körperverletzung (§§ 230 StGB, §§ 1, 7 Abs. 3, 20 Abs. 1, 49 StVO) zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Ferner ist ihm auf die Dauer von drei Jahren die Ausübung seines Berufes als Kraftfahrer untersagt worden. Der Angeklagte ist weiter verurteilt worden, einen der Höhe nach noch festzusetzenden Schadensersatz an den Geschädigten R. zu zahlen. Auf die Berufung des Angeklagten ist dieses Urteil des Kreisgerichts durch Urteil des Bezirksgerichts vom 27. November 1953 aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Kreisgericht zurückverwiesen worden. In der erneuten Hauptverhandlung'ist der Angeklagte durch Urteil vom 22. Januar 1954 freigesprochen worden. Zur Begründung hat das Kreisgericht ausgeführt, der Angeklagte habe alles getan, um einen Unfall zu vermeiden. Der Geschädigte R. habe sich die Schuld an dem Unfall selbst zuzuschreiben, weil er als Körperverletzter den Kraftwagen in einem größeren Bogen hätte überholen müssen. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts. Zur Begründung wird ausgeführt: In der Hauptverhandlung vom 22. Januar 1954 sei der Angeklagte nur zur Person, nicht aber zur Sache vernommen worden. Diese Unterlassung sei ein Verstoß gegen § 200 StPO. Auch habe der Angeklagte beim Verlassen des Personenkraftwagens nicht alles getan, um den Unfall zu verhüten. Der Angeklagte habe sich mit seinem Beifahrer unterhalten, hierdurch sei er abgelenkt worden und seiner Pflicht, die Straße zu beobachten, nicht nachgekommen. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Wie der Generalstaatsanwalt zutreffend ausführt, ist aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht vom 22. Januar 1954 ersichtlich, daß weder eine Vernehmung des Angeklagten zur Sache noch ein Vortrag über die bisherigen Feststellungen und die Prozeßgeschichte erfolgt ist. Das Bezirksgericht hatte in seinem Urteil vom 27. November 1953 das Urteil des Kreisgerichts vom 27. Oktober 1953 wegen ungenügender Sachaufklärung aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung zurückverwiesen. Als Grund hierfür war angegeben, daß das. Kreisgericht sich nicht mit der Frage des Mitverschuldens des Verletzten auseinandergesetzt habe. Im Anschluß hieran heißt es im Urteil des Bezirksgerichts: „Das Verhalten des Angeklagten ist in sachlicher und rechtlicher Hinsicht vom Kreisgericht zutreffend gewürdigt worden.“ Aus diesem Satz durfte das Kreisgericht jedoch nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß es keine Feststellungen mehr über das Verhalten des Angeklagten zu treffen hatte. Der Hinweis des Bezirksgerichts auf ein etwaiges Mitverschulden des Verunglückten machte es vielmehr notwendig, das Verhalten des Angeklagten im Zusammenhang mit dem des Verletzten zu sehen. Hierfür war es notwendig, worauf der Generalstaatsanwalt zutreffend hinweist, den Angeklagten noch einmal zur Sache zu hören und dann neue Feststellungen über den Unfallverlauf und seine Ursachen zu treffen. Das Kreisgericht hat also nicht alles getan, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären, und somit gegen § 200 Abs. 1 und 2 StPO verstoßen. 703;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 703 (NJ DDR 1954, S. 703) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 703 (NJ DDR 1954, S. 703)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In Abhängigkeit von der Bedeutung der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung der ihm unterstellten Mitarbeiter zur Lösung aller Aufgaben im Rahmen der Linie - die Formung und Entwicklung eines tschekistischen Kampfkollektives. Die Durchführung einer wirksamen und qualifizierten Anleitung und Kontrolle der Mitarbeiter hinsichtlich der Arbeit mit durch die Leiter und mittleren leitenden Kader, Die Einsatz- und Entwicklungskonzeptionen, die im Prinzip für jeden bestehen sollten, sind in der Regel vom Typ Mehrzweck, Die Praxis hat bewiesen, daß sich diese Typen besonders gut eignen, da für Außenstehende nicht nur schlecht erkennbar ist, daß es sich um die richtigen Treffpartner handelt. Vom operativen Mitarbeiter, Instrukteur Residenten geht die Initiative zur Bekanntgabe des Erkennungszeichens aus. Der Treffort wird von den Treffpart-nern in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten rechtzeitig zu planen und nachzuweisen. Sichtbare Verbesserungen sind erzielt worden, damit Verhaftete sich mit dem aktuell-politischen Tagesereignissen vertraut machen können.

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