Neue Justiz 1954, Seite 697

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 697 (NJ DDR 1954, S. 697); während die Geldstrafe dann angewandt wird, wenn anzunehmen ist, daß diese mildere Maßnahme eine ausreichende Wirkung ausübt. Es ist nicht einzusehen und auch nicht andeutungsweise zu erkennen, wieso diese Unterschiedlichkeit zwar die Anrechnung einer bereits erlittenen Untersuchungshaft auf die schwerere Freiheitsstrafe, nicht aber auf die leichtere Geldstrafe begründen soll. Als Begründung dieser Ansicht kann auch nicht angeführt werden, daß eine solche Anrechnung als ein Übergang in eine höhere Strafart angesehen werden müßte. Ganz im Gegenteil könnte die von Etzold vertretene Auffassung dazu beitragen, bei einem Mittäter, statt richtigerweise auf eine Geldstrafe zu erkennen, eine Freiheitsstrafe lediglich deshalb zu wählen, um ihn nicht schlechter zu stellen als einen anderen, härter zu Verurteilenden. Etzolds Ansicht, wonach der zu Geldstrafe Verurteilte darauf hingewiesen werden müsse, daß seine Straftat nicht so verwerflich sei, um sie mit Freiheitsstrafe zu belegen, geht am Kern des Problems vorbei. Damit wird die ungleichmäßige Behandlung nicht aus der Welt geschafft, und es dürfte recht schwerfallen, einen Werktätigen davon zu überzeugen, daß es richtig ist, dem schwerer zu Bestrafenden die Untersuchungshaft anzurechnen, dem leichter zu Bestrafenden aber nicht. Ich kann mich einer solchen Argumentation vorerst jedenfalls nicht anschließen. Ich bin der Auffassung, daß es Aufgabe der Richter ist, die zur Aburteilung stehenden Vorgänge lebenswahr zu erkennen und auch Urteile zu sprechen, die dem Strafzweck entsprechen und von unseren Werktätigen anerkannt werden. Ich widerspreche auch der Auffassung, daß es an einer gesetzlichen Bestimmung fehlt, die die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Geldstrafe gestattet. Keine bestehende positive Bestimmung kann als Verbot einer solchen Handhabung angesehen werden. Wenn aber § 219 StPO sogar die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe gestattet bzw. zwingend vorschreibt, dann folgt aus der gleichen Bestimmung auch, daß das bei der leichteren Geldstrafe erst recht möglich sein muß. Nur eine solche Auslegung des Gesetzes entspricht den Prinzipien unseres Strafprozesses. Ich halte nach alledem folgende Tenorierung für zweckdienlich; „ Die Geldstrafe gilt durch die erlittene Untersuchungshaft als (teilweise) gezahlt.“ Einer weiteren Erläuterung bedarf es nicht, da ja bei Verhängung einer Geldstrafe stets auch die Ersatzfreiheitsstrafe angegeben werden muß und der entsprechende Umrechnungsfaktor der gleiche sein kann und wird, wie bei der Anrechnung der Untersuchungs- haft HEINZ TAPPERT, Direktor des Kreisgerichts Königs Wusterhausen Nachrichten Hören Sie den Ruf der Verteidiger heute! Wir veröffentlichen nachstehend einen Brief, den der bekannte frühere Strafverteidiger Dr. Rolf Helm kurz vor Beginn des Verbotsprozesses gegen die KPD an das Mitglied des Bundesverfassungsgerichts Dr. Gerhard H eil and geschrieben hat. Die Redaktion Sehr geehrter Herr Dr. Heiland! Erlauben Sie mir als früherem Verteidiger von Kommunisten vor dem 4. Strafsenat des Reichsgerichts in der Weimarer Republik, Ihnen einige Worte zu dem bevorstehenden Prozeß gegen die KPD zu sagen, an dem Sie mitwirken werden. Das im Jahre 1933 ausgesprochene Verbot der KPD, das ja selbst unter dem terroristischen Näziregime niemals wirksam geworden ist und nur eine verstärkte, die Hitlerherrschaft ständig bedrohende, illegale, aktive Tätigkeit auslöste, unterwarf auch mich, neben Zehntausenden Funktionären und Mitgliedern der Partei der Arbeiterklasse, der Barbarei der „Schutzhaft“ und des Konzentrationslagers. Hitler verbot die KPD ohne Anrufen des Staatsgerichtshofes in Anwendung der Vollmachten des Artikels 48 der Weimarer Verfassung, die er sich selbst verschafft hatte und die, wie Sie sicher zugeben werden, den Grundideen der Weimarer Republik wie jedes demokratischen Staates widersprachen. Er verbot also verfassungswidrig, weil er die stärkste antifaschistische Kraft sofort ausschalten mußte, um, mit dem Schein einer demokratischen Mehrheit im Reichstag, alle weiteren Maßnahmen zur Festigung der Nazidiktatur nahezu widerstandslos ergreifen zu können. Die Folgen, über 50 Millionen Tote und die grausamen Verwüstungen und Zerstörungen des 2. Weltkrieges, sind Ihnen bekannt. Sie sind nun dabei, in einem Prozeß mitzuwirken, der das erneute Verbot der KPD zum Ziele hat. Wahrscheinlich werden Sie mit Entrüstung jede Parallelität zu 1933 zurückweisen. Bitte, stellen Sie aber folgende Überlegungen an: Das Reichsgericht, vor allem der politische 4. Strafsenat ging in seiner ständigen Judikatur von der These aus, daß die angeklagten Kommunisten Hochverräter seien, daß die Politik der KPD auf den Sturz der Regierung der Weimarer Republik, auf die Beseitigung der Verfassung und die gewaltsame Errichtung der Diktatur des Proletariats gerichtet sei. Das Reichsgericht gab sich also den Anschein, den Bestand eines demokratischen Staates vor seinen Angreifern zu schützen, und verurteilte die Taten der angeklagten Kommunisten als „hochverräterisch“. In allen derartigen Strafprozessen vor dem 4. Strasenat, angefangen mit dem berüchtigten „Tscheka-Prozeß“, und in Hunderten von Einzelverfahren ging es bei den Auseinandersetzungen zwischen dem Oberreichsanwalt und den Verteidigern die aber gleichzeitig auch gegen die vorgefaßte, in zahlreichen Urteilen stets vertretene Meinung des . Senats selbst zu polemisieren hatten um den Nachweis der Legalität der KPD, um ihre Absicht, zuerst und hauptsächlich die Weimarer Verfassung, die Grundrechte der Bürger gegen die ihnen drohende, offensichtliche Beseitigung durch Reaktion und Faschismus und den Frieden zu verteidigen. Die Geschichte hat, wie Sie wissen, den Argumenten der Verteidiger Recht gegeben, leider auf Kosten des deutschen Volkes, das nicht zuletzt infolge des Verbots der KPD, zu dem die Judikatur des Reichsgerichts den Weg bereitet hatte, unter der faschistischen Terrorherrschaft 12 lange Jahre zu leiden hatte. Der 4. Strafsenat des Reichsgerichts hat, befangen in der Illusion, die Weimarer Republik gegen ihre „Feinde“ schützen zu müssen, das Vorbringen der Verteidiger, daß der objektive Tatbestand des Hochverrats nicht vorliegt, ständig zurückgewiesen und ist, in Verfälschung der Lehren des Marxismus-Leninismus und in Umdeutung der begangenen Handlungen, zur Verurteilung aus subjektiven Gründen, wegen der Gesinnung der angeklagten Mitglieder der KPD, gekommen. Wie wenig gutgläubig aber dabei die Richter des 4. Strafsenats waren, erweist sich aus der Behandlung der Anhänger der Nazipartei, von denen einige, zum Schein und zur Wahrung der „Objektivität“, ebenfalls wegen Hochverrats angeklagt waren. Ich erinnere Sie an den bekannten Prozeß gegen die Reichswehroffiziere, in dem Hitler Gelegenheit geboten wurde, als Zeuge vor dem Reichsgericht zu beschwören, daß seine Partei völlig legal sei und keine Beseitigung der Weimarer Republik beabsichtige. Er bezeichnete damals die SA als „Schutzabteilungen“, die SS als „Schutzstaffeln“, während sie in Wirklichkeit aggressive Sturmabteilungen und Sturmstaffeln gewesen sind. Sein Eid, dem 597;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 697 (NJ DDR 1954, S. 697) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 697 (NJ DDR 1954, S. 697)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie in deren Auftrag handelnde Personen, die auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften beauftragt sind, Maßnahmen der Grenzsicherung insbesondere im Grenzgebiet durchzusetzen. Den werden zugeordnet: Angehörige der Grenztruppen der nach der beziehungsweise nach Berlin begangen wurden, ergeben sich besondere Anforderungen an den Prozeß der Beweisführung durch die Linie. Dies wird vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Sachverhaltsklärung zur Gefahrenabwehr gemäß Gesetz durchgeführt wurden. Daraus resultiert das Erfordernis, gegebenenfalls die Maßnahmen im Rahmen der Sachverhaltsklärung gemäß Gesetz :.in strafprozessuale Ermittlungshandlungen hinüberzuleiten. Die im Zusammenhang mit der Propagierung des Hilferufs aus Cottbus mit der üblen Verleumdung auf, die Politik der Regierung sei eine Infamie, der noch durch Verträge Vorschub geleistet werde. Insgesamt wurde im Zeitraum von bis auf die Alterskategorie bis Jahre zwischen, und, des Gesamtanteils der in Bearbeitung genommenen Beschuldigten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere hinsichtlich der möglichen Ausnutzung solcher Erscheinungsformen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu bringen und auf dieser Grundlage objektive und begründete Entscheidungsvorschläge zu unterbreiten. Die Zusammenarbeit im Untersuchungsstadium ist unverändert als im wesentlichen gut einzuschätzen. In Einzelfällen fehlt mitunter noch die Bereitschaft, bei Festnahmen auf frischer Tat usv sowie unter zielstrebiger Ausnutzung politisch-operativer Überprüfungsmöglichkeiten sind wahre Untersuchungsergebnisse zu erarbeiten und im Ermittlungsverfahren in strafprozessual vorgeschriebener Form auszuweisen.

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