Neue Justiz 1954, Seite 675

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 675 (NJ DDR 1954, S. 675); Beklagte hat demgegenüber eine Berechnung vorgelegt, wonach auf die Klägerin für die Zeit vom 19. April bis 27. Mai 19i2 ein Prämienbetrag in Höhe von 39,82 DM entfällt. Er blieb jedoch grundsätzlich bei seiner Auffassung, daß die Klägerin angesichts des Kündigungsgrundes keinen Anspruch auf die Zanlung einer Prämie hätte. In Abänderung ihres ursprünglichen Antrages beantragte die Klägerin nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, an sie 39,82 DM Prämie aus dem „Persönlichen Konto“ ihrer früheren Arbeitsgruppe zu zahlen. Das Arbeitsgericht gab dem Klageantrag statt. Es führte hierzu aus, der Betrieo wolle die Klägerin durch den Entzug der ihr gesetzlich zustehenden Prämie bestrafen. Klägerin sei aber bereits gerichtlich bestraft worden. Zu einer weiteren Bestrafung sei der Betrieb nicht befügt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits wurde die Berufung an das Landesarbeitsgericht zugelassen. Aus den Gründen: Die Entscheidung des Rechtsstreits hing im wesentlichen von der Beantwortung der Frage ab, welchen rechtlichen Charakter die Prämien haben, die den Werktätigen als Ergebnis von Materialeinsparungen auf Grund „Persönlicher Konten“ gewährt werden. Der Vertreter des Beklagten hat hierzu ausgeführt, es gäbe überhaupt nur eine Gruppe von Prämien. Das kennzeichnende Merkmal aller Prämien erblickt er dann, daß sie „Auszeichnungen“ darstellen. Hierauf hat er seine sämtlichen Schlußfolgerungen auf gebaut. Und in der Tat folgt aus seinem Ausg in spunkt notwendig nicht nur, daß ein Werktätiger von vornherein keinen Rechtsanspruch auf die Gewährung einer solchen „Auszeichnung“ in Form einer „Materialeinsparungsprämie“ haben kann, sondern auch, daß eine bereits „fällige“ Prämie wegen eines gesellschaftlich zu mißbilligenden Verhaltens eines Werktätigen wieder „hinfällig“ werden kann. Wenn auch die Schlußfolgerungen des Vertreters des Beklagten richtig sind, wird doch sein allgemeiner Ausgangspunkt durch die vorhandenen Rechtsgrundlagen für die Prämiengewährung als unzutreffend widerlegt. Hiernach bestehen die kennzeichnenden Merkmale aller Prämien darin, daß sie zusätzliche Leistungen der Betriebe und Verwaltungen zum eigentlichen Lohn oder Gehalt (dem unter Anwendung fester Sätze nach Quantität, Qualität, Schwere, Kompliziertheit und Verantwortung der Arbeit bemessenen persönlichen Anteil des Werktätigen am gesellschaftlichen Gesamtprodukt) darstellen und den Werktätigen materiell daran interessieren sollen, bestimmte, für die gesellschaftliche Entwicklung besonders wichtige Arbeitsergebnisse hervorzubringen. Selbstverständlich gibt es auch Prämien, die speziell der „Auszeichnung“ des Werktätigen dienen, die also eine Anerkennung der Leistungen des Werktätigen durch die Betriebs- oder Verwaltungsleitung als Vertreter des Arbeitskollektivs einerseits und der Gesellschaft andererseits zum Ausdruck bringen sollen. Die „Anerkennungsprämien“ weisen aber damit außer den bereits genannten Merkmalen ein weiteres kennzeichnendes Merkmal auf. Hierdurch wird innerhalb der Gruppe der „Prämien“ eine besondere Untergruppe mit noch anderen spezifischen Merkmalen abgegrenzt. Dazu gehört insbesondere, daß „Anerkennungsprämien“ nicht regelmäßig, sondern einmalig aus besonderer Veranlassung oder bei besonderer Gelegenheit gewährt werden. Die durch „Anerkennungsprämien“ auszuzeichnenden Leistungen lassen sich zudem in der Regel objektiv nicht oder doch nicht eindeutig messen, wodurch ein weiteres Hilfsmerkmal für die Feststellung der Zugehörigkeit einer Prämie zur Untergruppe der „Anerkennungsprämien“ gegeben ist. Eben auf die Untergruppe der „Anerkennungsprämien“ treffen die Schlußfolgerungen des Vertreters des Beklagten zu. Demgegenüber lassen die verschiedenen Verordnungen und Durchführungsbestimmungen über die Prämiengewährung eine zweite Untergruppe der „Prämien“ erkennen, für die selbstverständlich die oben angeführten allgemeinen Merkmale ebenfalls zutreffen. Die spezifischen Kennzeichen der zu dieser Untergruppe gehörenden Prämien bestehen darin, daß sie in regelmäßigen Abständen an einen durch eindeutig bestimmte Merkmale abgegrenzten Personenkreis gewährt werden, sofern die in den einzelnen Rechtsgrundlagen unter Anwendung materieller Bewertungsgrundsätze objektiv bestimmten und damit objektiv meßbaren Arbeitsergebnisse vorliegen (sogenannte „Erfüllungsprämien“). Auf Grund dieser spezifischen Eigenarten bilden die „Erfüllungsprämien“ einen Teil des Lohnsystems. Die indi- viduelle „Erfüllungsprämie“ wird dadurch zu einem Lohnbestandteil des Werktätigen. Als rechtliche Konsequenz hieraus besteht ein individueller Rechtsanspruch des Werktätigen auf die Gewährung einer solchen „Erfüllungsprämie“, sofern die objektiven Voraussetzungen hierfür vorliegen. Diese früher nicht unbestrittene Tatsache kann zumindest seit der Verordnung über die Bildung von Kommissionen zur Beseitigung von Arbeitsstreitfällen (Konfliktkommissionen) in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben und in den Verwaltungen nicht mehr geleugnet werden. Denn in den §§ 5 Ziff. 3 Buchst, f und 6 Zitf. 4 der genannten Verordnung wird unmißverständlich zwischen den oben angeführten Untergruppen der „Prämien“ unterschieden. Dazu wird in § 5 besummt, daß die Konfliktkommissionen für die Entscheidung über Arbeitsstreitfäile „bei Gewährung von Prämien, auf die ein Rechtsanspruch besteht“, zuständig sind. Aus § 30 Abs. 1 der genannten Verordnung folgt auch die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte in solchen Fällen. Der Verordnung über die Bildung von Konfliktkommissionen kommt jedoch in Beziehung auf den Rechtsanspruch und die Klagbarkeit von „Er-füllungsprämien“ lediglich die Bedeutung der Klarstellung zu. Soweit die beiden Untergruppen der „Prämien“ selber in Betracht kommen, ergeben sich ihr rechtlicher . Charakter und die daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen bereits aus den für die Prämiengewährung jeweils maßgeblichen Rechtsgrundlagen. Demnach kam es darauf an, mit Hilfe der für die Abgrenzung der beiden Untergruppen von „Prämien“ gegebenen spezifischen Merkmale festzustellen, zu welcher Untergruppe die „Materialeinsparungsprämien“ gehören. Maßgeblich hierfür sind die Bestimmungen über die Einführung „Persönlicher Konten“ in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 31. Oktober 1951 (VOB1. I S. 497). Darin wird festgelegt, daß in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben für die Einsparung von Rohstoffen, Hilfsstoffen, Energie und Werkzeugen „Persönliche Konten“ zu errichten sind (§ 1 Abs. 1), die als individuelle oder kollektive Konten zulässig sind (§ 1 Abs. 2). Die Materialeinsparungen werden auf Grund von Verbrauchsnormen festgestellt (§ 2) und dafür Prämien in eindeutig bestimmter Höhe des eingesparten Materialwerts gewährt (§ 3). Die Einsparungen sind grundsätzlich sofort nach Beendigung des Arbeitsauftrages mengen- und wertmäßig in das Kontobuch einzutragen (§ 5 Abs. 3) und die dafür zu gewährenden Prämien nicht später als in monatlicher Abrechnung einzusetzen (§ 5 Abs. 5). Hiernach sind „Materialeinsparungsprämien“ an einen nach sachlichen Merkmalen eindeutig festgelegten Personenkreis und nach feststehenden materiellen Bewertungsgrundsätzen in regelmäßigen Abständen zu gewähren, sofern die objektiv bestimmten und objektiv meßbaren Arbeitsergebnisse vorliegen. Sie sind daher der Untergruppe der „Erfüllungsprämien“ zuzurechnen. Folglich bildet die individuelle „Materialeinsparungsprämie“ einen Lohnbestandteil des Werktätigen, auf den ein klagbarer Rechtsanspruch besteht. Da es sich um einen Lohnbestandteil handelt, müssen für die individuelle „Materialeinsparungsprämie“ auch die allgemeinen lohnrechtlichen Grundsätze gelten. Hier kommt insbesondere der Grundsatz in Betracht, wonach „Zugriffe“ auf den Lohn des Werktätigen nur auf Grund gesetzlicher Bestimmungen zulässig sind. Eine solche gesetzliche Bestimmung wurde indessen von dem Beklagten nicht geltend gemacht und steht ihm auch nicht zur Seite. Statt dessen läuft sein Vorbringen darauf hinaus, die Klägerin habe die „Materialeinsparungsprämie“ wegen ihres im Kündigungsgrund zum Ausdruck kommenden „schlechten“ gesellschaftlichen Bewußtseins nicht „verdient“. Hiermit wird offensichtlich von dem Beklagten eine moralische Verurteilung des der Kündigung zugrunde liegenden Verhaltens der Klägerin ausgesprochen, die sich seiner Auffassung nach neben der gerichtlichen Strafe und der fristlosen Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses als arbeitsrechtlicher Disziplinarmaßnahme auch noch in Form der Entziehung der „Materialeinsparungsprämie“ rechtlich auswirken muß. Eben diese Auffassung des Beklagten hat das Gericht erster Instanz dazu verleitet, seine Entscheidung darauf zu stützen, ,der Beklagte sei nicht befugt, die Klägerin ein zweites Mal zu bestrafen“. Wie die Entscheidungsgründe in ihrer Gesamtheit erkennen 675;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 675 (NJ DDR 1954, S. 675) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 675 (NJ DDR 1954, S. 675)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist. Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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