Neue Justiz 1954, Seite 648

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 648 (NJ DDR 1954, S. 648); Schreibpapier, das unsichtbare Schrift ermöglicht, haben die Angeklagten Misera, Schroer, Laux, Dorn und Ban-delow Gebrauch gemacht. Wie durch Treffzeichen die Agenten herangeholt werden, zeigt das Beispiel der Angeklagten Dorn, die nach der Zeit der Abschaltpause die Zeit nach der Zerschlagung einer Reihe von Agentengruppen gegen Ende des vergangenen Jahres durch einen Buntpapierstreifen in der Telefonzelle in Wilhelmshagen zur Weiterarbeit herangerufen werden sollte, und das Beispiel der Reißzwecke in der Telefonzelle am Alexanderplatz, nach der der Angeklagte Bandelow in jener Pause täglich Ausschau zu halten hatte, um durch sie zu erfahren, daß es wieder losgeht. Alle Angeklagten, mit Ausnahme Dalchaus, hatten Deckadressen, an die sie ihr Spionagematerial zu liefern hatten; Dalchau lieferte nur persönlich und unmittelbar, Misera bediente sich bei der Fülle der Treffs, die notwendig waren, um sein Spionagematerial zu übergeben, auf Anordnung seines Residenten des „Telefonbriefkastens“, durch den er sein Zahlenmaterial bekanntgab. Die Einrichtung der TBKs, die der Zeuge Geyer hier noch einmal charakterisiert hat, ist dem Senat gleichfalls aus früheren Prozessen bekannt. Der Angeklagte Bandelow hat drei TBKs eingerichtet, die nur für den E-Fall bestimmt waren. Misera legte sechs an, von denen drei benutzt wurden; die Zahl der von dem Spion Schroer angelegten TBKs, von denen einer im Park des Friedens lag, ist kaum zu zählen; Komorek hat entsprechend dem Plan, rund um Berlin für den E-Fall TBKs anzulegen, nicht weniger als zehn eingerichtet; der Angeklagte Laux hatte, solange er Kurier war, zwei und hat später, als er Agentenfunker geworden war, insbesondere Material-TBKs eingerichtet, durch die ihm Übungsschallplatten und Funkgeräte übermittelt wurden; die Angeklagte Dorn schließlich hat ihre 5 TBKs mit Hilfe des Angeklagten Bandelow eingerichtet, einen davon hinter einem Grabstein auf dem Friedhof in Wilhelmshagen. Der Zeuge Prater hat uns von der allgemeinen Anweisung der Gehlen-Orga-nisation berichtet, nach der es als ratsam bezeichnet wurde, TBKs in Betbänken katholischer Kirchen einzurichten. Wie die Sammlung der durch Kurier den TBKs entnommenen und nach Berlin gebrachten Spionagenachrichten geschah, wie diese Nachrichten über die unter der Leitung des Hitler-Generals Kleikamp stehende Meldezentrale durch military-post vom Flugplatz Tempelhof nach Frankfurt (Main) und von dort zur Zentrale geleitet werden, hat uns der Zeuge Höher dargestellt. Mit Kleinstbildkameras arbeiteten die Angeklagten Bandelow und Misera, die Tausende von Aufnahmen wichtiger Dokumente lieferten. Neben der aus dem ersten Gehlen-Prozeß bekannten Drahtschleuse (made in USA) des damaligen Angeklagten Haase ist im gegenwärtigen Prozeß die für den Angeklagten Komorek bestimmte Sprechfunkanlage in Erscheinung getreten. Für den Kriegsfall wurden die Agentenfunker ausgebildet. Man schaffte sich einen Funkervorrat und bevorzugte, wie die Zeugen Kapanke, Höher und Geyer bekundeten, Kriegsversehrte, bei denen man sicher war, daß sie im ersehnten amerikanischen Krieg nicht eingezogen wurden. Hier auf der Anklagebank sitzt der Agentenfunker Laux, vor dem Senat liegt sein Funkgerät. Der Zeuge Naumann hat darüber ausgesagt, daß man neuerdings dazu übergegangen ist, den Gehlen-Agenten Funkanlagen zu liefern, die in aus der DDR stammende Radiogehäuse eingebaut werden. Zur Verschlüsselung der Spionagenachrichten bediente sich die Verbrecherorganisation Gehlen der verschiedensten Methoden: der einfachen Buch Verschlüsselung, bei der Bandelow den „Kalender für Sternfreunde“, Misera das Buch „Zwei Kapitäne“, Schroer das Buch „Lotte in Weimar“ und die Angeklagte Dorn gar die „Geschichte der KPdSU“ benutzte, bis zur kompliziertesten Code-Verschlüsselung, für die man Bandelow, Misera und Schroer Code-Bücher und dem Agentenfunker Laux die Unterlage I für den jetzigen Gebrauch und die Unterlage II für den kommenden Krieg lieferte. Das sog. „Sicherungssystem“ ist dem Senat gleichfalls bekannt. Es ist von dem Zeugen Geyer noch einmal ausführlich dargestellt worden. Alle sieben Angeklagten ohne Ausnahme hatten Decknamen und Decknummern. Im übrigen war bei jedem von ihnen das Sicherungssystem individuell gestaltet: vom „kranken“ oder „toten“ Bruder bei Bandelow über die abzuholenden „Ersatzteile“ bei Komorek bis zu dem Brief an Misera über die „2 Karten für den Friedrichstadt-Palast“, die er besorgen sollte, die er aber nicht mehr besorgen konnte, weil er schon 10 Tage vor Eintreffen des Warnbriefes verhaftet worden war. Vom WKW-Sy-stem (wer kennt wen) hat der Zeuge Geyer eine plastische Darstellung gegeben und insbesondere dargestellt, wie auch „feindgeklärte“ Filialleiter und andere hauptamtliche Agenten abgeschaltet wurden, wenn durch verhaftete Agenten ihre Filiale den Sicherheitsorganen der DDR bekannt geworden war. Auch das sog. „G-Wesen“ trat in diesem Prozeß wieder in Erscheinung: alles wird in besonders dazu eingerichteten Labors gefälscht. Ich verweise auf den für den Angeklagten Misera hergestellten falschen Ausweis der Bundesrepublik; auch der Zeuge Kapanke hat einen solchen falschen Ausweis erhalten. Die wichtigsten Agenten werden schriftlich verpflichtet. Schriftlich verpflichtet von unseren Angeklagten sind Bandelow, Misera und Dorn. Schroer, der Militärspion, bestreitet, schriftlich verpflichtet worden zu sein, und erklärt, angesichts seiner Vergangenheit und seiner Haltung auch ohne Verpflichtung sicher gewesen zu sein. Mündlich verpflichtet wurden Dalchau und Komorek. Eine besondere Schweigeverpflichtung hat Laux bei seinem Residenten Berger unterschrieben. Die Bezahlung der Agenten war, wie dem Senat bereits aus vergangenen Prozessen bekannt ist, auch bei den gegenwärtig hier angeklagten Agenten sehr unterschiedlich. Bemerkenswert ist jedoch, daß die Bezahlung bei allen Angeklagten (außer Komorek) auch in der Zeit der Schweigepause weiterging, daß Bandelow und Misera auch während ihrer Krankheit weiterbezahlt wurden, ja, daß Misera sogar nach seiner Versetzung an die Reichsbahndirektion Berlin, wonach er etwa 4 Monate überhaupt nichts liefern konnte, und ebenso bei seinem Besuch der Dispatcherschule weiterbesoldet wurde. Dafür, welchen Zwang man gegenüber dem Versuch einer geworbenen Quelle, abzuspringen, anwandte, zeugt der Fall Dalchau; Dalchau wurde unter direkter Bedrohung mit einer Anzeige beim Staatssekretariat für Staatssicherheit gezwungen, weiterzumachen, als er Anfang 1953 den Versuch unternahm, mit der Gehlen-Organisation zu brechen. Auch der Zeuge Naumann hat geschildert, wie ihn in Westberlin ein Angehöriger des amerikanischen Geheimdienstes erpreßte, Agentenfunker zu werden: Mit der Androhung, man werde ihn den Staatssicherheitsorganen der DDR anzuzeigen, wo er dann drei Tage lang in einer Wasserzelle stehen werde, wo ihm durch Nachtvernehmungen, Bestrahlungen und ständig fließende Wassertropfen die erforderlichen Geständnisse erzwungen würden. Auch der Zeuge Prater hat uns geschildert, wie sein Leiterder Untervertretung, Scharlau, seine Agenten rücksichtslos fallen ließ, wenn sie ihm nicht mehr nützlich sein konnten; und das gleiche hat uns der Zeuge Höher bestätigt. Dem Senat ist aus dem Prozeß Haase die Schilderung der Szene bekannt, in der die hochschwangere Frau eines verhafteten Gehlen-Agenten sich um Hilfe an die Gehlen-Organisation wandte und von dem zuständigen Residenten abgewiesen wurde mit der Erklärung, daß seine Organisation kein Wohlfahrtsinstitut sei. Der amerikanische Imperialismus als Schutzmacht der Gehlen-Organisation Ein weiteres hat dieser Prozeß bestätigt und erhärtet: daß Gehlens Spionageorganisation vom amerikanischen Imperialismus gegründet wurde, von ihm gelenkt und von ihm finanziert wird. Wir kennen das Gesetz, das der USA-Kongreß am 10. Oktober 1951 angenommen hat, jenes Gesetz, das unter der heuchlerischen Bezeichnung „Gesetz zur gegenseitigen Sicherung“ 100 Millionen Dollar für Spionage-, Sabotage- und Diversionszwecke in fremden Ländern zur Verfügung stellte. Wir kennen das Gesetz vom 22. Juni 1952, durch das zusätzliche Beträge für 648;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 648 (NJ DDR 1954, S. 648) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 648 (NJ DDR 1954, S. 648)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der politisch-operativen Arbeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Grundsätze und allgemeine Voraussetzungen der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse ist es nicht möglich, die Gesamtbreite tschekistischer Tätigkeit zu kompensieren. Voraussetzung für das Erreichen der politisch-operativen Ziel Stellung ist deshalb, die auf der Grundlage des Strafvollzugs- und Wiedereingliedaungsgesetzes sowie der Durchführungsbestimmung zu diseiGesetz erlassenen Ordnungs- und Verhaltensregeln. Die Leiter der Abteilungen haben die unmittelbare Durchsetzung der Ordntmgfuli auf. Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Haupt- abteilungen selbständigen Abteilungen und rksverwa tungep. an den Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit einzureichen. Der Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit hat diese qe?y nach Abstimmung mit dem Leiter der Hauptabteilung über die Übernahme dieser Strafgefangenen in die betreffenden Abteilungen zu entscheiden. Liegen Gründe für eine Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe an Strafgefangenen auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung. Die zuständigen Kaderorgane leiten aus den Berichten und ihren eigenen Feststellungen Schlußf olgerungen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der nhe führen gründlich zu prüfen und mit Entscheidungsvor lägen den Leitern der Hauptabteilungen selbstän digen Abteil Bezirksverwaltungen zur Bestätigung einzureichen.

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