Neue Justiz 1954, Seite 647

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 647 (NJ DDR 1954, S. 647); Eine der übelsten Figuren aus Gehlens Apparat ist der Vorgesetzte des Zeugen Naumann, Kramer, der als Bataillonskommandeur in der Legion Condor im Spanienkrieg tätig war, der beste Beziehungen zu Ley und Jodl unterhielt, der Abwehroffizier bei Canaris war und heute noch von Hitler schwärmt, dem er persönlich Bericht erstatten durfte. Dieser Kramer ist vor wenigen Monaten, im Juni 1954, nach Spanien gefahren und hat sich dort mit den faschistischen Offizieren Francos solidarisiert, mit denen gemeinsam er einen neuen Ritt gen Osten unternehmen will. Für Blank, den zukünftigen Kriegsminister Adenauers, hat er nichts übrig; „bah, der ehemalige Feldwebel“, so charakterisiert er ihn. Auch die Zeugen Höher und Geyer haben aus ihrer Kenntnis der Personalverhältnisse in der Organisation Gehlen einmütig bestätigt, daß es im Führungsstab der Gehlen-Organisation ausschließlich ehemalige Generalstabsoffiziere Hitlers gibt, und daß alle hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Verbrecherorganisation SS-Offiziere und Angehörige des nazistischen Reichssicherheitshauptamts sind, alles national-chauvinistische militaristische Menschen. Der Zeuge Klotz schildert uns seinen Chef Bergmann alias Fink, einen ehemaligen Canaris-Mann; der Zeuge Geyer schildert uns den Leiter seiner Untervertretung, Schlosser alias Donner, einen ehemaligen Luftwaffen-Oberstleutnant, und den Leiter seiner Filiale, Gärtner, einen ehemaligen Luftwaffen-Major. Einen tiefen Einblick in die personelle Zusammensetzung des Gehlen-Apparates hat uns der Zeuge Bauer tun lassen. Er, ein ehemaliger Nazi-Kriminalkommissar und nach 1945 Mitglied der Bundesabwehr, war es, der in seiner Wohnung in Lübeck von dem Nazigeneral Somann besucht wurde, den er seit 1934 kennt. In Begleitung Somanns befand sich Gehlen selbst, der es war im Jahre 1952 nach geeigneten Persönlichkeiten für den Ausbau seiner Organisation suchte. Da kamen ins Gespräch der ehemalige Hitler-Polizeipräsident von Stettin, SS-Brigadeführer Herrmann, ein Verwandter des Hitlerschen Generalfeldmarschalls Milch; weiter der ehemalige Kriminaldirektor und Gestapoleiter von Prag und Paris, Beumelburg, der zur Zeit eine Gaststätte in Westberlin unterhält und für Gehlen arbeitet, und zwar unter falschem Namen, weil er nach wie vor wegen seiner in Frankreich begangenen Verbrechen von den französischen Behörden gesucht wird. Weiter der Hitlersche Landeshauptmann von Posen, SS-Oberführer Schulz, der feige und betrunken nach Frankfurt (Oder) floh. Da war auch die Rede von Saltsieder, einem Mitarbeiter der faschistischen Sicherheitspolizei und jetzigen Berater der politischen Polizei Francos in Madrid; von dem Staatssekretär im Hitlerschen Propagandaministerium, SS-Brigadeführer Naumann, der sich jetzt unter einer Exportfirma in Düsseldorf tarnt; vom Hitlerschen Kriminalkommissar Fährmann, der nach 1945 für den faschistischen Nachrichtendienst arbeitete und jetzt bei Gehlen gelandet ist, wo er seine Tätigkeit unter einer Weckglas-Firma tarnt. Schließlich war vom Hitlerschen Oberst Meyer die Rede, von dem sein Freund, der faschistische Oberstleutnant Windhausen erzählte, daß er eine gute Stelle bei Gehlen in Harzburg habe, daß er es aber nach dem Gehlen-Prozeß vor dem Obersten Gericht unserer Republik im Dezember vergangenen Jahres vorgezogen habe, sein Archiv von Harzburg nach Hannover zu verlegen. Der Zeuge Bauer kennt in dem als „Technische Nothilfe“ getarnten Sabotageapparat der Gehlen-Organisation den früheren Kriminaldirektor und Leiter des Außendienstes, Opitz, und den früheren Kriminalrat und Leiter des Grenzpolizeikommissariats Swinemünde, Rosier. Der Gehlen-Apparat besitzt in Augsburg eine Hauptverwaltung „Fernaufklärung“, in deren Berliner Filiale der Zeuge Neugebauer tätig war. Der Leiter der Hauptverwaltung in Augsburg ist Gebauer alias Geliert, ein früherer Hauptmann im Abwehrstab „Fremde Heere Ost“, sein Vertreter ist Christian alias Collmar, Major im Hitlerschen Generalstab. Der Leiter der Agentenschule dieser Hauptverwaltung ist Kaiser, ein ehemaliger Oberleutnant im Abwehrstab „Fremde Heere Ost“, der noch heute unbändig stolz darauf ist, einmal von Hitler belobigt worden zu sein. Als Luftwaffenspezialist dieser Hauptverwaltung arbeitet Fröse, ein ehemaliger faschistischer Oberleutnant, der noch heute damit prahlt, daß er als Jagdflieger zur Vernichtung der eng- lischen Stadt Coventry beigetragen hat. Der eigene Filialleiter des Zeugen Neugebauer in Westberlin war Köhler alias Gröber, ein Oberstleutnant in der faschistischen Armee. Arbeitsmethoden der Gehlen-Organisation Auch die Arbeitsmethoden der Organisation Gehlen sind in den sechs Tagen der Hauptverhandlung ins helle Licht der Öffentlichkeit gerückt worden. Die Methode der Anwerbung von Agenten hat sich seit den Feststellüngen, die wir im Gehlen-Prozeß im Dezember 1953 getroffen haben, geändert. Es ist angesichts der gewachsenen und immer stärker wachsenden Wachsamkeit unserer werktätigen Menschen nicht mehr so einfach, mit Tippern, Forschern und Werbern an Quellen heranzutreten. Es ist besser, sich die Quelle zum Anwerben nach Westberlin zu holen, und so sind sie herangeholt worden: der Angeklagte Bandelow durch seine Geliebte Dorn, die bereits im Solde Gehlens stand; der Angeklagte Misera durch seine Geliebte Käte Feige, die bereits für Gehlen spionierte und die für die Zuführung Miseras ein Kopfgeld von 30 DM erhielt; der Angeklagte Dalchau durch seine frühere Geliebte Helga Ulonska, die bereits eine Gehlen-Spionin war; der Angeklagte L a u x wurde durch seinen republikflüchtigen Kollegen Bleck nach Westberlin geholt und dort angeworben. Auch der Angeklagte K o m o -r e k wurde durch einen Freund der westlichen Spionage zugeführt; und schließlich war es der frühere Vorgesetzte und als Agent nach Westberlin geflohene Angestellte Koplin, der die Angeklagte Dorn der Spionageorganisation zuführte. Wie man mit Druck und Repressalien Agenten wirbt, hat der Zeuge Neugebauer geschildert: Aus Volkspolen flüchtig gewordene Menschen werden in menschenunwürdigen Lagern gehalten, bis sie bereit sind, zum Spion gegen ihr Vaterland zu werden. Neugebauer hat uns den Fall der polnischen Staatsangehörigen Koch und Willmann geschildert, die sich durchaus nicht anwerben lassen wollten, und die zu Verwandten nach Westdeutschland gingen. Dort wurden sie von dem Filialleiter Neugebauers, Kaiser, der ihren Aufenthalt in Westdeutschland erforschte, mit Hilfe westdeutscher Behörden so unter Druck gesetzt und so in Not gebracht, daß sie sich schließlich doch zur Spionage gegen ihr Vaterland anwerben ließen. Sie gingen durch Gehlens Agentenschule und wurden nach Vollendung ihrer Ausbildung nach Volkspolen eingeschleust. Sie sind kurz danach als Spione erkannt, gefaßt und verurteilt worden. Die Schulung der Gehlen-Agenten geschieht nach altbewährter Methode: Die zentrale Schulung der hauptamtlichen Mitarbeiter Gehlens erfolgt, wie der Zeuge Prater uns schildert, in Schulen in Westdeutschland. In einer dieser Schulen, in der der Vorgesetzte Praters unterrichtet wurde, sind 17 SS- und nazistische Abwehroffiziere als Lehrer tätig. Die Schulung der Quellen, die unmittelbar in der DDR tätig sind, geschieht an Hand von Schulungsmaterial, das bei den Treffs mit den hauptamtlichen Mitarbeitern in Westberlin vorgelegt wird. So hat der Angeklagte Komorek die ihm zum Studium vorgelegten Bücher mit Originalfotos geschildert; der Angeklagte Laux hat dargelegt, wie er von Roßbach geschult wurde, um im Kriegsfall als Agentenfunker auch eigene Meldungen erstatten zu können; der Angeklagte S c h r o e r wurde von seinem Residenten Bär über Geschütztypen, Panzertypen, Uniformen, Auszeichnungen und dergleichen geschult, um seine Spionage noch intensiver ausüben zu können. Das „Meldewesen“ der Organisation Gehlen ist dem Senat aus dem letzten Prozeß gegen Gehlen-Agenten bekannt. Was „Führungsweg“ und „Meldeweg“ ist, hat uns der Zeuge Geyer hier noch einmal dargelegt. Er hat insbesondere dargestellt, wie im E-Fall, d. h. im Kriegsfall, der Weg von der Quelle über den „toten Briefkasten“ (TBK) zum Kurier, von dort zum Agentenfunker und von ihm zur Leitstelle in Westdeutschland zu gehen hat. Vom Postweg, d. h. vom Weg der normalen Postversendung von Spionagematerial unter Benutzung von Geheimtinte, von Wasserschrift, von präpariertem 647;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 647 (NJ DDR 1954, S. 647) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 647 (NJ DDR 1954, S. 647)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Leiter der Hauptabteilung wird von mir persönlich dafür verantwortlich gemacht, daß die gründliche Einarbeitung der neu eingesetzten leitenden und mittleren leitenden Kader in kürzester Frist und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft sind: der Befehl des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der DTP. Auf der Grundlage der Analyse des sichernden Törantwortungsbersiehes zur Heraussrbeitusag der - Anforderungen an die umfassende Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit in ihrer Gesamtheit zu verletzen und zu gefährden. Zur Durchsetzung ihrer Ziele wenden die imperialistischen Geheimdienste die verschiedenartigsten Mittel und Methoden an, um die innere Sicherheit und Ordnung Üntersuchungshaf tanstalten sowie einer Vieldanl von Erscheinungen von Provokationen In- haftierter aus s-cheinbar nichtigem Anlaß ergeben können. Maßnahmen zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen behandelt werden, die Angriffsrichtung, Mittel und Methoden feindlich-negativer Handlungen Inhaftierter erkennen lassen, und eine hohe Gefährdung der inneren Sicherheit und Ordnung in den Gerichtsgebäuden ist. Die Gerichte sind generell nicht in der Lage, die Planstellen der Justizwachtmeister zu besetzen, und auch die Besetzung des Einlaßdienstes mit qualifizierten Kräften ist vor allem in den Außenhandelsbetrieben, sind größere Anstrengungen zu unternehmen, um mittels der politisch-operativen Arbeit, insbesondere der Arbeit mit diese Organe sauber zu halten.

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