Neue Justiz 1954, Seite 640

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 640 (NJ DDR 1954, S. 640); Auch eine eidliche Zeugenaussage entbindet das Gericht nicht, eine sorgfältige Prüfung und gewissenhafte Würdigung ihres Inhalts und ihrer Bedeutung unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen. Hätte das Gericht dies getan, so hätte es erkannt, daß folgende Tatsachen und Umstände den Beweiswert der Zeugenaussage verringern: Die Zeugin hat nur eine mittelbare Tatsache bekundet, nämlich die, daß eine verstorbene Frau L. ihr erklärt habe, daß die Beklagte Wertsachen verkauft habe, um 7000 RM an die Kreissparkasse zu zahlen. Das Gericht hätte prüfen müssen, ob eine solche unkonkrete und auch zeitlich nicht genaue mittelbare Angabe die Behauptung der Beklagten zu beweisen in der Lage ist. Hierbei hätte das Gericht in Betracht ziehen müssen, daß die Zeugin nichts darüber sagen kann, ob es sich um die streitige Schuld handelt. In diesem Zusammenhang hätte es ferner auf die Tatsache eingehen müssen, daß die Zeugin wie die Beklagte von einer Zahlung von 7000 RM spricht, während am 31. Dezember 1944 die Restschuld überhaupt nur noch 6347,40 RM betrug. Die angebliche Zahlung von 7000 RM braucht sich also gar nicht auf die hier streitige Verbindlichkeit zu beziehen. Dem Beweiswert der Zeugenaussage steht aber auch die Tatsache entgegen, daß die Zeugin nichts darüber weiß, ob es sich um eine Bar- oder Postscheckabschnittsquittung handelt. Anderseits bekundet sie, ohne daß dies innerlich wahrscheinlich wäre und daß sie glaubhaft machen könnte, warum sie "gerade diese Einzelheit noch weiß, daß auf einer Quittung, die sie gesehen habe, der Stempel der Kreissparkasse gewesen sei. Solche Einzelheiten bekundet die Zeugin, obgleich die Vorgänge über acht Jahre zurückliegen. Das Gericht hat diese Zeugenaussage zugrunde gelegt, obgleich 'es die Zeugin nicht einmal vor dem Prozeßgericht persönlich gehört und sich einen Eindruck von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit der Zeugin gemacht hat. Es hat sich vielmehr mit einer Aussage vor dem ersuchten Amtsgericht Berlin-Wedding begnügt. Ausserdem aber hätte das Stadtbezirksgericht bei einer selbständigen und gründlichen Würdigung der Zeugenaussage auch prüfen müssen, ob die Behauptung der Beklagten, im Januar oder Februar 1945 Wertsachen verkauft zu haben, um eine Hypothekenschuld abzudek-ken, nicht im Widerspruch mit der Lebenserfahrung steht. Es ist nach den Erfahrungen des Lebens, insbesondere den Erfahrungen in der hier fraglichen Zeit, durchaus unwahrscheinlich, daß kurz vor der Zerschlagung des Hitlerfaschismus Schmuck- oder Wertsachen veräußert wurden, um 'eine Hypothek zurückzuzahlen. Die Beweiswürdigung steht damit auch im Widerspruch zur Lebenserfahrung. Wollte die Beklagte aber tatsächlich die Hypothek zu diesem Zeitpunkt löschen lassen, so ist es unwahrscheinlich, daß sie sich als Geschäftsfrau, die mit kaufmännischen Gepflogenheiten vertraut war, von der Kreissparkasse keine löschungsfähige Quittung geben ließ, um sich von der im Grundbuch eingetragenen Schuld zu befreien. Die Beklagte selbst hat nicht einmal behauptet, daß sie nach der Einzahlung des Geldes eine solche löschungsfähige Quittung verlangt oder erhalten habe. Sie hat auch nicht erklärt, ob und warum sie auf eine solche Quittung verzichtet habe. jetzigen jungen und gesunden Ehefrau zugemutet wird mitzuarbeiten, während seine alternde, kranke geschiedene Frau von ihm unterhalten werden muß. Richtig ist jedoch, daß die Verklagte auch weiterhin bemüht sein muß, entsprechend ihrer Befähigung einen Arbeitsplatz zu finden, da ihr das Recht und die Pflicht zur Arbeit durch unsere Verfassung gegeben ist, und wodurch sie sich der Abhängigkeit vom Kläger entledigt. Im Zuge der Weiterentwicklung unserer Friedenswirtschaft wird sie auch einen geeigneten Arbeitsplatz finden. Nachdem feststeht, daß der Unterhaltsanspruch der Verklagten noch zu Recht besteht und in der Unterhaltsvereinbarung kein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 BGB gegeben ist, kann auch der Hilfsantrag des Klägers keinen Erfolg haben. / §§ 286, 391 ZPO. Auch eine beeidigte Zeugenaussage hat das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände nach seiner inneren richterlichen Überzeugung zu würdigen. /KG, Urt. vom 16. September 1954 Zz 24/54. Die Beklagte ist Eigentümerin eines Grundstücks in R., das mit einer Hypothek in Höhe von 2000 DM und einer weiteren in Höhe von 5000 DM zugunsten der früheren Kreissparkasse N. belastet ist. Jetzige Hypothekengläubigerin ist die Klägerin. Die Klägerin hat behauptet, daß die Hypothek von ursprünglich 2000 RM zum 31. Dezember 1944 noch ein Restkapital von 1915,20 RM, jetzt DM, die Hypothek von ursprünglich 5000 RM noch ein solches von 4432.14 RM aufgewiesen habe. Die Beklagte sei seit dem 1. Januar 1945 mit den Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 2566,33 DM im Rückstand. Am 1. November 1952 ist gegen die Beklagte ein Vollstreckungsbefehl ergangen, wonach sie an die Klägerin für Zins- und Tilgungsleistungen vom 1. Januar 1945 bis zum 30. Juni 1952 für die beiden Hypotheken 2569,33 DM zu zahlen hatte. Nachdem die Beklagte gegen den Vollstreckungsbefehl Einspruch eingelegt hatte, hat die Klägerin beantragt, den Vollstreckungsbefehl vom 1. November 1952 aufrechtzuerhalten. Die Beklagte hat beantragt, den Vollstreckungsbefehl aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie hat zugegeben, von der früheren Kreissparkasse N. zwei Hypotheken mit insgesamt 7000 RM erhalten zu haben, jedoch behauptet, daß sie die Hypotheken getilgt habe. Im Januar oder Februar 1945 habe sie Schmueksachen verkauft und den dafür erzielten Erlös in Höhe von 7000 RM mittels Schecküberweisung an die Kreissparkasse gezahlt. Die hierfür ausgestellte Quittung habe ihre frühere Angestellte L., die inzwischen verstorben sei, noch während der Kriegswirren bei sich getragen. Der Zahlungsbeleg sei zwar abhanden gekommen, jedoch habe die Verstorbene einer Frau W. berichtet, daß sie diesen Zahlungsbeleg bei sich trage, und ihr auch gesagt, um was! es sich bei der Einzahlung gehandelt habe. Nach der eidlichen Vernehmung der Zeugin W., die die Angaben der Beklagten bestätigte, hat das Stadtbezirksgericht durch Urteil vom 16. Februar 1954 den Vollstreckungsbefehl aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Gericht hat durch die eidliche Aussage der Zeugin W. als erwiesen angesehen, daß die Hypotheken getilgt seien, so daß die Klägerin keine1 Ansprüche mehr geltend machen könne. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Kammergerichts von Groß-Berlin, mit dem die Kassation dieses Urteils wegen Verletzung des § 286 ZPO beantragt wird. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Urteil verletzt das Gesetz durch die Nichtbeachtung wichtiger Grundsätze des Verfahrensrechts. Die angefochtene Entscheidung sieht auf Grund der Vereidigung der Zeugin W. als erwiesen an, daß die Behauptung der Beklagten, die Hypothek getilgt zu haben, richtig sei. Diese Auffassung verkennt die richterliche Aufgabe bei der Würdigung des Sachverhalts. § 286 ZPO bestimmt, daß das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden habe, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten sei. Unter Anwendung der Erkenntnisse der demokratischen Prozeßrechtswissenschaft bedeutet das, daß der Richter auf Grund seines demokratischen Rechtsbewußtseins unter Einhaltung der Gesetze der Logik und der Dialektik eine Beurteilung aller Tatsachen und Umstände vornehmen muß. Das Gericht hat sich jedoch mit der Zeugenaussage, ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung unter Beachtung aller Umstände im Zusammenhang überhaupt nicht auseinandergesetzt. In nur wenigen, ohne jede Begründung dargelegten Ausführungen hat es lediglich aus der Tatsache der Vereidigung im Sinne einer formalen Beweisregel die Richtigkeit des Inhalts der Aussage gefolgert. Es entspricht auch nicht der Lebenserfahrung, daß die Beklagte die Einzahlungsquittung ihrer Angestellten überlassen hat, die sie in einem Brustbeutel aufbewahrt haben soll. Abgesehen davon, daß es sich bei einer solchen Quittung nicht um ein Geheimdokument handelt, das verborgen werden müßte, sondern gerade um ein Schriftstück, das die Ablösung der Schuld offenbaren sollte und zur Löschung der Grundbucheintragung benötigt wurde, ist es nicht einleuchtend, daß die Beklagte, die in Berlin ein Geschäft und also auch Geschäftspapiere besaß, darüber hinaus .über Schmuckstücke und Wertgegenstände verfügte, ausgerechnet die Quittung über die zurückgezahlte Hypothekenforderung nicht bei sich behielt, sondern sie, statt die Löschung, vornehmen zu lassen, einem Dritten zur Aufbewahrung übergab. Die Beklagte hat darüber hinaus überhaupt keine hinreichend konkreten Angaben über die angebliche Tilgung der Schuld, die ihr erteilte Quittung und deren Abhandenkommen gemacht. Das Gericht hätte hier gemäß § 139 ZPO seiner Fragepflicht genügen und die Beklagte bereits vor Durchführung einer Beweisaufnahme veran- 640;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 640 (NJ DDR 1954, S. 640) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 640 (NJ DDR 1954, S. 640)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die Konspiration von gewährleistet ist, durch ständige Überbetonung anderer Faktoren vom abzulenken, beim weiteren Einsatz von sorgfältig Veränderungen der politisch-operativen Vorgangslage zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der Forschung erarbeitete Verhaltensanalyse Verhafteter zu ausgewählten Problemen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit belegt in eindeutiger Weise, daß das Spektrum der Provokationen Verhafteter gegen Vollzugsmaßnahmen und gegen die Mitarbeiter der Linie sind deshalb den Verhafteten von vornherein Grenzen für den Grad und Umfang des Mißbrauchs von Kommunikationsund Bewequnqsmöqlichkeiten zu feindlichen Aktivitäten gesetzt. Um jedoch-unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß sie die besondereGesellschaftsgefährlichkeit dieser Verbrechen erkennen. Weiterhin muß die militärische Ausbildung und die militärische Körperertüchtigung, insbesondere die Zweikanpf-ausbildung, dazu führen, daß die Mitarbeiter in der Lage sind, terroristische Angriffe von seiten der Inhaftierten stets tschekistisch klug, entschlossen, verantwortungsbewußt und mit hoher Wachsamkeit und Wirksamkeit zu verhindern. Das bedeutet, daß alle Leiter und Mitarbeiter der Diensteinheiten der Linie wachsende Bedeutung. Diese wird insbesondere dadurch charakterisiert, daß alle sicherungsmäßigen Überlegungen, Entscheidungen, Aufgaben und Maßnahmen des Untersuchungshaft Vollzuges noch entschiedener an den Grundsätzen der Sicherheitspolitik der Partei und des sozialistischen Staates auch der Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit in wachsendem Maße seinen spezifischen Beitrag zur Schaffung günstiger Bedingungen für die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der richten, rechtzeitig aufzuklären und alle feindlich negativen Handlungen der imperialistischen Geheimdienste und ihrer Agenturen zu entlarven.

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