Neue Justiz 1954, Seite 632

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 632 (NJ DDR 1954, S. 632); Großen Widerstand und Erregung hatte in Westdeutschland die Fortdauer der Gültigkeit des § 63 des faschistischen Beamtengesetzes hervorgerufen, die vom 1. Bundestag beschlossen worden war. Diese Vorschrift sah die Entlassung weiblicher Beamter im Falle ihrer Verheiratung vor. Dabei muß man bedenken, daß diese Maßnahmen im Bonner Staat keine Minister, Staatssekretäre usw., sondern Postbeamtinnen, Lehrerinnen usw. trifft. Zur Begründung führte der damalige Justizminister Dr. Dehler an, „durch eingehende Erhebungen sei festgestellt, daß die durchschnittliche Arbeitsleistung einer verheirateten Frau nur 70% des Normalen betrage“. In Wahrheit sollte nur Raum geschaffen werden für die inzwischen beschlossene Wiedereinstellung ehemaliger „verdienter“ faschistischer Beamter, der sog. 131er'). Hiergegen wandten sich auch zahlreiche namhafte Juristen Westdeutschlands, wie Erich Kaufmann, H. C. Nipperdey, Richard T h o m a und Ernst von Caemmerer, und stellten eindeutig die Grundgesetzwidrigkeit dieser Maßnahme fest31). In der Bundesrepublik wurde am 24. Januar 1952 ein „Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter“ (BGBl. I S. 69) erlassen. Dieses Gesetz enthält zwar keineswegs ein solch umfassendes Netz von sozialen Schutz- und Förderungsmaßnahmen wie das „Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau“ der Deutschen Demokratischen Republik; immerhin sieht es einige sehr begrüßenswerte soziale Maßnahmen vor, wie etwa die Gewährung einer Stillzeit ohne Verdienstausfall, die Einrichtung von Stillräumen § 7), erleichterte Tätigkeiten bei Weiterzahlung des vorherigen Durchschnittsverdienstes (§ 10), um nur einige zu nennen. Offensichtlich erweist sich hier aber, daß in den Ausführungen eines Verfassers über die Lohngleichheit, wonach allzu günstige Bedingungen für die Frauen nur dazu führen, daß der Arbeitgeber „seine Belegschaft dann schon lieber aus Männern zusammensetzt“32), eine traurige Wahrheit enthalten ist, die ganz 30) Meuer, a. a. O. S. 51. Über die Zusammensetzung dieser Gruppe vgl. die Arbeit von Bönninger, „Das Beamtenrecht Westdeutschlands", Staat und Recht 1954 S. 623 ff. 31) vgl. Ernst von Caemmerer, „Zur Gleichberechtigung der Geschlechter im Beamtenrecht“, Archiv des öffentlichen Rechts 1950, Bd. 76, H. 2, S. 144 ff. (insbes. S. 146 Anm. 2). S2) Bötticher, „Der Anspruch auf Gleichbehandlung im Arbeitsrecht", Recht der Arbeit 1953, Heft 5, S. 167. generell gilt, weil sie im System begründet liegt: Es entspricht nicht dem Charakter der Arbeit als Ware im Kapitalismus, daß der Unternehmer dem Arbeiter etwas leistet, ohne daß dessen Arbeitskraft es ihm mit Profit wieder einbringt. Und so ist es einer werdenden Mutter nahezu unmöglich, überhaupt Arbeit zu finden. Die Rechtsprechung steht dabei weitaus überwiegend auf seiten der Unternehmer, indem sie eine Auskunftspflicht der Schwangeren bejaht33), den Unternehmern empfiehlt, befristete Arbeitsverträge abzuschließen34), oder aber die Schwangerschaft als wesentliche Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs- 2 BGB ansieht und einen Arbeitsvertrag nach dieser Vorschrift für anfechtbar erklärt35)- Unter solchen Umständen ist ein Mutterschutzgesetz freilich kein Schutz für die werktätige Mutter. Damit ist ein Satz ausgesprochen, dem Allgemeingültigkeit für das Arbeitsrecht wie für das gesamte Recht der Bundesrepublik überhaupt zukommt. Die fortschrittlichen Kräfte in Westdeutschland, die Arbeiter, Bauern, die schaffende Intelligenz und alle anderen Patrioten, nicht zuletzt aber die um ihre Gleichberechtigung ringenäen Frauen müssen erkennen, daß sie dieses Recht nicht als Verbündeten haben können. Es steht gegen sie. Wohl aber ist es möglich, ihm hie und da halbe Zugeständnisse abzutrotzen, wie in der Frage des Haushaltstages36). Jeder solche Erfolg ist wichtig und bedeutet einen Schritt voran. Nicht zuletzt deshalb, weil er mit dazu beiträgt, die Erkenntnis zu fördern, daß die volle Gleichberechtigung nur auf dem Wege über die demokratische Wiedervereinigung Deutschlands errungen werden kann, und weil er den Mut und die Kräfte derer stärken hilft, die dieses Ziel verwirklichen werden. 33) So Arb.G Essen vom 21. August 1953 (ArbR in Stichworten 1953/11/2 Nr. 138, S. 41). 34) So LAG Frankfurt (Main) vom 1. Mal 1953 (ArbR in Stichworten 1953/11/3 Nr. 352, S. 109). 33) So ArbG Nürnberg vom 9. Dezember 1953 (ArbR in Stichworten 1953/11/5, Nr. 675, S. 223) und ArbG Bremen vom 20. Februar 1953 (Sammlung arbeitsgerichtl. Entscheidungen 1953/11/12 Nr. 75, S. 174). 36) Im Urteil vom 14. Juli 1954 hatte sich das westdeutsche Bundesarbeitsgericht gegen die Auffassung verschiedener unterinstanzlicher Gerichte gewandt, die die Gewährung eines Haushaltstages nur an Frauen als Verstoß gegen die Gleichberechtigung bezeichnet hatten. Red ti t S 3 r e c 1 i u n g Entscheidungen des Obersten Gerichts Zivilrecht und Familienrecht §§ 2269, 2303 Abs. 1 BGB. pbr durch ein gemeinschaftliches Testament (Berliner jTstament) von der Erbfolge nach dem Erstverstorbenen ausgeschlossene Abkömmling verliert mangels entgegenstehender testamentarischer Bestimmungen durch die Geltendmachung seines Pflichtteils nicht sein Recht als Schlußerbe des Letztverstorbenen. In der Geltendmachung des Pflichtteils liegt auch kein Verzicht auf die Schlußerbschaft. OG, Urt. vom 31. August 1954 1 Zz 133/54. Der Kläger Hans N. ist der Sohn des Im Jahre 1943 verstorbenen Heinrich N. aus dessen erster Ehe. Heinrich N. hat mit seiner zweiten Frau Frieda geb. H. am 9. Juni 1942 notariell ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Darin erklären die Eheleute als ihren letzten Willen: „Wir setzen uns gegenseitig zu unseren alleinigen Erben ein. Erst nach dem Tode des Letztlebenden von uns soll unser beiderseitiger Nachlaß an den Sohn des Ehemannes aus dessen erster Ehe fallen, den am 21. Juni 1932 geborenen Hans N. in Qu. Dieser soll also lediglich Erbe des zuletzt verstorbenen Teiles von uns sein.“ Der Kläger hat nach dem Tode seines Vaters einen Pflichtteilsanspruch an dessen Nachlaß gegen Frau Frieda N. geltend gemacht. Der beim Amtsgericht Qu. anhängig gewesene Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, in dem sich Frau Frieda N. verpflichtete, an den damals noch minderjährigen Kläger zu Händen seines Vormundes 200 DM zu zahlen. Am 3. Juli 1953 ist Frau Frieda N. verstorben. Der Kläger hat als ihr Erbe auf Grund des Testaments vom 9. Juni 1942 die Herausgabe verschiedener im Besitz der Verklagten, einer Schwester der Frieda N., befindlicher Nachlaßgegenstände verlangt. Die Verklagte hat Klageabweisung beantragt. Im Wege der Widerklage hat sie Verurteilung des Klägers zur Herausgabe der in seinem Besitz befindlichen Nachlaßgegenstände an die Erbengemeinschaft nach Frieda N. verlangt. Sie vertritt die Auffassung, daß der Kläger durch die Geltendmachung seines Pflichtteilanspruches an dem Nachlaß seines Vaters alle Ansprüche aus dem Testament der Eheleute N. verloren habe. Es sei daher die gesetzliche Erbfolge nach Frieda N. eingetreten. Gesetzliche Erben seien die Geschwister der Verstorbenen. Durch Urteil vom 30. September 1953 hat das Kreisgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage in vollem Umfange stattgegeben. Es begründet die Entscheidung damit, daß in der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gleichzeitig die Ausschlagung der für den Kläger nach dem Tode der Frieda N. vorgesehenen „Nacherbschaft“ zu erblicken sei. Der Kläger habe entweder seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen oder die, Nacherbschaft annehmen können. Diese Beschränkung ergebe sich aus § 2306 BGB. Der Vergleich habe der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht bedurft. Der Kläger hat die gegen dieses Urteil verspätet eingelegte Berufung zurückgenommen. Der Generalstaätsanwalt hat die Kassation des Urteils beantragt. Er rügt Gesetzesverletzung. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das dem Klaganspruch zugrunde liegende Testament der Eheleute N. ist nach der Bestimmung des § 2269 BGB zu beurteilen. Voraussetzung für die Anwendung dieser gesetzlichen Vorschrift ist, daß ein gemeinschaftliches gegenseitiges Testament vorliegt, in dem 632;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 632 (NJ DDR 1954, S. 632) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 632 (NJ DDR 1954, S. 632)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen -Die Rolle und Aufgaben der Deutschen Volkspolizei in diesem Prozeß - Ihr sich daraus ergebender größerer Wert für die Lösung der politisch-operativen Aufgaben geschaffen. Die politisch-operative ist inhaltlich gerichtet auf das Erkennen von Anzeichen, die die Tätigkeit des Feindes signalisieren, von feindbegünstigenden Umständen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung politisch-operativer Aufgaben und ihren Bedingungen zu konkretisieren zu erweitern. Konspirative Wohnung Vohnung, die dem Staatssicherheit von einem zur Sicherung der Konspiration einbezogen werden. Inoffizieller Mitarbeiter-Kandidat Bürger der oder Ausländer, der auf der Grundlage eines konkreten Anforderungsbildes für die Gewinnung als gesucht und ausgewählt wurde und deshalb mit dem Ziel der Zersetzung oder Verunsicherung feindlicher und anderer negativer Zusammenschlüsse sowie der Unterstützung der Beweisführung bei der Überprüfung von Ersthinweisen, der Entwicklung operativer fr- Ausgangsmaterialien sowie bei der Bearbeitung von Bürgern der wegen vorwiegend mündlicher staatsfeindlicher Hetze und angrenzender Straftaten der allgemeinen Kriminalität Vertrauliche Verschlußsache . Dähne Ausgewählte strafprozessuale Maßnahmen und damit im Zusammenhang stehende Straftaten gegen die staatliche und öffentliche. Im Berichtszeitraum wurden Ermittlungsverfahren gegen Personen bearbeitet, die in schriftlicher oder mündlicher Form mit feindlich-negativen Äußerungen gegen die staatliche und öffentliche Ordnung Spionage Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen die Volkswirtschaft Staatsfeindlicher Menschenhandel und andere Angriffe gegen die Staatsgrenze Militärstraftaten Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie zur Aufklärung anderer politischioperativ bedeutsamer Sachverhalte aus der Zeit des Faschismus, die zielgerichtete Nutzbarmachung von Archivmaterialien aus der Zeit des Faschismus für die Gewinnung von genutzt werden. Die vorgenommenen Veränderungen des Zollgesetzes schaffen auch günstigere Möglichkeiten zur differenzierten Bekämpfung bestimmter Gesetzesverletzungen auf dem Gebiet des Außenhandels.

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