Neue Justiz 1954, Seite 589

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 589 (NJ DDR 1954, S. 589); Klarheit erzielt wurde. Dies gilt vor allem für die richtige Einschätzung der Wechselwirkung der ökonomischen und der juristischen Gesetze und für die Fragen des Übergangs zum Kommunismus. Aus den genannten Gründen ist die Arbeit Fedossejews nicht völlig frei von einer Tendenz zur Überschätzung der Kraft der juristischen Gesetze gegenüber den ökonomischen Gesetzmäßigkeiten. Diese Mängel verpflichten den Leser insoweit zu einer kritischen Lektüre und zu besonderer Aufmerksamkeit gegenüber denjenigen Fragen, die Stalin in seiner genialen Arbeit untersuchte. Die Grundauffassung Fedossejews ist, daß die gesamte Tätigkeit des Sowjetstaates auf der Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung, auf der marxistischen Staats- und Rechtstheorie beruht und auch nur auf der Grundlage dieser Theorie untersucht werden kann. Der erste Teil des Werkes, zu dem die Kapitel 1 und II gehören, enthält deshalb eine zusammengefaßte Darstellung der theoretischen Grundlagen der Untersuchungen. Im zweiten Teil (Kapitel III und IV) gibt Fedossejew dann auf der Grundlage der theoretischen Behandlung eine historisch aufgebaute Übersicht über das sehr reiche politische, ökonomische und juristische Material der Entwicklung des Sowjetstaates seit seiner Gründung. I Nach einführenden Bemerkungen über die Rolle des Staates und des Rechts in den gesellschaftlichen Umwälzungen, einem kurzen Abriß der marxistischen Lehre von Basis und Überbau und einer Untersuchung des Wechselverhältnisses zwischen Staat und Recht und der ökonomischen Basis in der Ausbeutergesellschaft geht Fedossejew im § 4 des ersten Kapitels auf die Frage der Bedeutung des sozialistischen Sowjetrechts in der gesellschaftlichen Entwicklung ein. Die Ausführungen Fedossejews zu dieser Frage kann man in einem von ihm zitierten Wort Kalinins zusammenfassen, das den an der Rechtsetzung beteiligten Mitarbeitern unseres Staates als Richtschnur für Ihre Arbeit dienen sollte: „Das Recht als Überbau über den bereits bestehenden ökonomischen Wechselbeziehungen ist seinerseits ein Faktor, der diese Wechselbeziehungen vorantreibt und ihnen eine bestimmte Richtung gibt. Es hat zweifellos die Eigenschaft, sowohl bereits bestehende Verhältnisse zu fixieren als auch die Entstehung dieser Wechselbeziehungen, die der Gesetzgeber bewußt anstrebt, voranzutreiben, hervorzurufen oder zumindest doch zu fördern. Darin besteht das Wesen der schöpferischen Rolle der Gesetzgebung. Nicht das Gesetz ist gut, das gut geschrieben ist , sondern das, das den Puls des gesellschaftlichen Lebens zu fassen vermag, den Untergang der absterbenden Verhältnisse nicht hindert und das gesunde Wachstum der neuen Verhältnisse begünstigt. Für uns muß das Gesetz im großen und ganzen das. Wachstum der kommunistischen Gesellschaft fördern, und es darf außerdem im gegebenen Moment nicht die produktiven Kräfte der Bevölkerung hemmen.“1) Fedossejew wendet sich besonders gegen die „Dekre-tomanie“, d. h. die Anschauung, daß der Staat seine Arbeit allein durch Dekrete, ohne langwierige und schwere Arbeit zur Umgestaltung der ökonomischen Grundlage der Gesellschaft durchführen könne. Diese Frage ist zwar für die Sowjetunion längst zu einer historischen Angelegenheit geworden, nicht aber für uns. Wer aufmerksam die Gesetzgebung unseres Staates verfolgt, wird feststellen, daß noch nicht alle Ministerien in der Rechtsetzurgsarbeit diese Kinderkrankheit überwunden haben. Sie zeigt sich darin, daß häufig die Notwendigkeit der Erläuterung einer neuen Norm und der Mobilisierung der Bevölkerung für ihre Durchsetzung unterschätzt und statt dessen eine möglichst lange Präambel im Stile eines Leitartikels auch weniger bedeutsamen Normen vorangestellt wird, offenbar in der Annahme, daß sich damit die Aufklärungs- und Erziehungsarbeit !) M. I. Kalinin, „Zur Erweiterung der gesetzgebenden Tätigkeit des Allrussischen Zentralexekutivkomitees“, in „Aufsätze und Heden aus den Jahren 1919 1935“ Moskau 1936, S. 80 (russ.); zitiert bei Fedossejew, S. 42. im wesentlichen erübrige2). Auch die in einer Reihe von Fällen auf tretende Vernachlässigung der deutschen Sprache3), die sich besonders stark in den Normen des Ministeriums der Finanzen und des Staatssekretariats für Erfassung und Aufkauf zeigt, beweist, daß einige Mitarbeiter glauben, es genüge, eine Norm zu erlassen, auch wenn sie der Mehrheit der Bevölkerung unverständlich bleiben muß. (Nebenbei bemerkt, gibt es denn eine größere Unterschätzung der Mitarbeit der Werktätigen, als ■ in der Bemerkung: „unsere Mitarbeiter wissen schon, was gemeint ist“, mit der diese Kritik gerade im Ministerium der Finanzen oft beantwortet wird?).4) Im zweiten Kapitel behandelt Fedossejew die Verbindung der schöpferischen Rolle des Staates und des Rechts mit einer Reihe anderer Fragen des sozialistischen Sowjetstaates. Nach einer kurzen Schilderung der geschichtlichen Situation, in der die Große Sozialistische Oktoberrevolution vollzogen wurde, gibt Fedossejew einen Abriß der Entstehung des Sowjetstaates und seines Rechts,. der für uns besonders dadurch interessant ist, daß die Schilderung der Tatsachen und der historischen Situation mit einer Beschreibung der ersten Akte des Sowjetstaates und seines Rechts sowie mit einer Auseinandersetzung mit den reaktionären Theorien vom friedlichen Übergang zum Sozialismus verbunden ist. Im dritten Paragraphen dieses Kapitels bringt Fedossejew bei der Darstellung des Wesens des Sowjetstaates und des Sowjetrechts eine Zusammenfassung der Lehre von der Diktatur des Proletariats und behandelt dabei den grundsätzlichen Unterschied, der hinsichtlich der Anwendung der Gewalt in der Diktatur der Bourgeoisie und in der Diktatur der Arbeiterklasse besteht. Fedossejew zeigt ferner, wie der Hauptaufgabe des sozialistischen Staates seine Rechtsordnung entspricht, und stellt in sechs Hauptpunkten (S. 78 f.) die Unterschiede zwischen dem bürgerlichen und dem sozialistischen Recht dar. Am Schluß des zweiten Kapitels geht Fedossejew auf die Form des sozialistischen Sowjetstaates ein. In der Auseinandersetzung mit den Theorien der Trotzkisten beweist er, daß der Sowjetstaat die einzige Staatsform ist, die für die Befreiung der Arbeiterklasse und die Errichtung der sozialistischen Gesellschaftsordnung geeignet war. An der Entwicklung des Sowjetstaates erläutert er, daß die Sowjets einerseits das Ergebnis der historischen Entwicklung der politischen Bewegung der Arbeiterklasse Rußlands därstellten, aber anderer- q seits nicht starr sind, sondern ihre Form entsprechend den jeweiligen Anforderungen unaufhörlich verändern und vervollkommnen. II Im Gegensatz zum ersten Teil seines Werkes, in dem die Gegenstände der Untersuchung systematisch geordnet erscheinen, geht Fedossejew im zweiten Teil, den Kapiteln III und IV, historisch vor, d. h. er ordnet das reiche Material aus der Tätigkeit des Sowjetstaates und seines Rechts entsprechend dem historischen Ablauf. Damit hat Fedossejew gleichzeitig die (von ihm sehr gut ausgenutzte) Möglichkeit, jede politische, ökonomische und organisatorische Tatsache und ihre juristische Erscheinungsform in den entsprechenden geschichtlichen Zusammenhang zu stellen und aus ihm heraus zu erklären. - Was wir als Leser, die selbst die größtmögliche Entfaltung der schöpferischen Rolle unseres Staates erstreben, aus diesen Kapiteln lernen können, ist nicht so 2) Das Ministerium für Volksbildung z. B. reichte der Begie-rungskanzlei eine Durchführungsbestimmung (!) ein, deren Präambel über zwei Spalten lang war und ein Drittel des gesamten Textes umfaßte. Vom Ministerium für Leichtindustrie wurde eine „Anordnung über die Erfassung gebrauchter Papiersäcke“ mit der Begründung vorgelegt, die VO über die Erfassung und Aufbereitung nichtmetallischer Altstoffe und Nebenprodukte vom 6. Februar 1953 werde in den Baubetrieben nicht eingehalten, so daß man sich entschlossen habe, eine Anordnung mit einer langen Präambel zu erlassen, die zwar keine rechtliche Neuregelung bringe, aber als Aufruf an die Bauarbeiter gedacht sei. S) Eine demokratische Tageszeitung forderte bereits die Einsetzung eines „Entschwulsters“ in jedem Ministerium! 4) vgl. aber auch Leichtfuß, „Ein Beispiel der wissenschaftlichen Leitung unseres Staates“, Demokratischer Aufbau 1954 S. 293. \ 589;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 589 (NJ DDR 1954, S. 589) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 589 (NJ DDR 1954, S. 589)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung verbunden, das heißt, ob der Verhaftete in Einzeloder Gemeinschaftsunterbringung verwahrt wird und mit welchen anderen Verhafteten er bei Gemeinschaftsunterbringung in einem Verwahrraum zusammengelegt wird. Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege ermöglichen. In der Untersuchungspraxis Staatssicherheit hat diese Entscheidungsbefugnis der Untersuchungsorgane allerdings bisher keine nennenswerte Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Dienst-einheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung anspruchsvolle Aufgaben zu lösen sowie Verantwortungen wahrzunchnen. Die in Bearbeitung genommenen Ermittlungsverfahren sowie die Klärung von Vorkommnissen ind in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Diensteinheiten zum Zwecke der weiteren Beweisführung und Überprüfung im Stadium des Ermittlungsverfahrens, entsprechend den Bestimmungen der Richtlinie, zu qualifizieren.

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