Neue Justiz 1954, Seite 570

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 570 (NJ DDR 1954, S. 570); gen, deren Klärung das Verhandlungsprinzip nicht zuläßt, ebenso an der Tagesordnung wie der Erlaß objektiv unrichtiger Urteile. Um gleidhwohl die Rechtskraft nicht völlig durchlöchern zu lassen, ist das Wiederaufnahmeverfahren derart eingeengt worden, daß es in den seltensten Fällen Abhilfe schafft: keineswegs genügt zur Wiederaufnahme jede arglistige Erschleichung eines Urteils, sondern nur eine solche, bei der sich die Partei einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hat und deswegen tatsächlich bestraft worden ist. Und hier zeigt sich nun die Lückenhaftigkeit des Strafgesetzbuches von 1871: eine nach unseren Begriffen derart strafwürdige Tat wie die dreiste Täuschung des Gerichts durch einen Menschen, der sich mittels Erschleichung der öffentlichen Zustellung seines dadurch der Verteidigungsmöglichkeit beraubten Ehegatten entledigen will, ist nicht strafbar! Das OG bezeichnet diese Handlung als „eine Art Prozeßbetrug“, womit es wohl zum Ausdruck bringen will, daß der Kläger tatsächlich wegen Betruges nicht bestraft werden könnte, da es ihm nicht auf die Erlangung eines Vermögensvorteils, sondern auf die Erschleichung einer Ehescheidung ankam, ganz abgesehen davon, daß mit einer Bestrafung wegen Betruges zweifellos nicht das richtige Objekt der Handlung getroffen werden würde: es handelt sich nicht um ein Verbrechen gegen das Vermögen, sondern ein Verbrechen gegen die Tätigkeit des Staates. Falls also nicht etwa die im Urteil erwähnte „Versicherung“ des Klägers eine eidesstattliche Versicherung war (§ 580 Ziff. 1 ZPO), würde trotz des außergewöhnlich arglistigen Verhaltens des Klägers die Wiederaufnahme am Fehlen einer strafbaren Handlung (§ 580 Ziff. 4 ZPO) scheitern, abgesehen davon, daß ja auch nicht feststeht, ob die geschädigte Partei bereit wäre, die Restitutionsklage zu erheben. Wenn das OG unter diesen Umständen Mittel und Wege gefunden hat, um an Stelle des nicht gangbaren Wiederauf- % nahmeverfahrens zu einer Kassation des Urteils zu gelangen, so kann das nur gebilligt werden. De lege ferenda aber ergeben sich aus diesem Sachverhalt folgende unabweisbare Forderungen: Eine künftige Zivilprozeßordnung muß das Wiederaufnahmeverfahren grundlegend etwa so umgestalten, wie es für das Strafverfahren durch die §§ 317 ff. StPO bereits geschehen ist, d. h. an Stelle der gegenwärtigen einengenden Kasuistik der Restitutionsgründe ist eine auf die nachträglich sich ergebende Unrichtigkeit des Urteils abstellende Generalklausel zu schaffen und die Klageberechtigung ist ausschließlich in die Hand des Staatsanwalts zu legen. Ein künftiges Strafgesetzbuch aber wird die arglistige Täuschung eines Staatsorgans wie des Gerichts durch wider besseres Wissen aufgestellte falsche Behauptungen als ein ernstes Verbrechen gegen die Tätigkeit des Staates unter Strafe zu stellen haben. prof. Dr. HANS NATHAN, Dekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität Die Berechnung des Streitwerts für die Beitreibung wiederkehrender Leistungen in der Zwangsvollstreckung Nach der klaren Entscheidung des Obersten Gerichts vom 21. Mai 1952') und der überzeugenden Widerlegung der von Krauß2) vorgebrachten Argumente durch Görner1) schien es klar, daß das Bewertungsproblem der Rückstände im Unterhaltsprozeß und im Prozeß über wiederkehrende Leistungen überhaupt endgültig gelöst sei. Aus einer Zuschrift, die bei der Redaktion dieser Zeitschrift eingegangen ist, scheint jedoch das Gegenteil hervorzugehen. Dort wird nämlich die Ansicht vertreten, daß die Nichtbewertung der Rückstände nur für den Prozeß (Erkenntnisverfahren) gelten soll, während in der Zwangsvollstreckung die beizutreibenden Rückstände und der einjährige Streitwert der künftigen Leistungen zusammenzurechnen und der Gebührenberechnung zugrunde zu legen seien. Angeblich teilen auch einige Gerichte diesen Standpunkt. Es scheint daher nötig, sich mit dieser irrigen Ansicht kurz auseinanderzusetzen. Das Oberste Gericht hat in 1 2 1) NJ 1952 S. 319. 2) NJ 1952 S. 120. S) NJ 1952 S. 121. seiner zitierten Entscheidung rechtspolitische Erwägungen in den Vordergrund gestellt und betont, daß es im Interesse der die Gerichte in Anspruch nehmenden werktätigen Bevölkerung liege, wenn der Streitwertfestsetzung gerade bei Unterhaltsklagen bestimmte Grenzen gesetzt und dadurch erhebliche Mehrkosten vermieden werden. Diese rechtspolitischen Erwägungen gelten aber für das Vollstreckungsverfahren in noch höherem Maße als für das Erkenntnisverfahren. Sind die Rückstände so hoch geworden und ist die wirtschaftliche Lage des Schuldners derartig beengt, daß die Tilgung der Rückstände auf beträchtliche Schwierigkeiten stößt und der Gläubiger zu Zwangsvollstreckungsschritten genötigt ist, so muß erst recht vermieden werden, durch unnütze Aufblähung der Streitwerte die Arbeitsinitiative und das Entwicklungsstreben des Schuldners, die ohnedies bereits gefährdet sind, noch weiter zu beeinträchtigen. Gegenüber diesen entscheidenden rechtspolitischen Erwägungen müssen haushaltspolitische Rücksichten sowie das Bestreben der Rechtsanwälte nach entsprechender Honorierung ihrer Leistungen die erwähnte Zuschrift stammt aus Rechtsanwaltskreisen bedenkenlos zurücktreten, ganz abgesehen davon, daß Anträge und Entscheidungen im Zwangsvollstreckungsverfahren meist einfach sind und schon deswegen eine hohe Kostenbelastung nicht rechtfertigen. Auffällig ist es auch, daß die hier abgelehnte Ansicht dem vom Oberlandesgericht Celle vertretenen, von mir4) bekämpften Standpunkt, wonach alle bis zur Entscheidung letzter Instanz entstandenen Rückstände selbständig zu bewerten sind, nicht nur sehr nahe kommt, sondern sogar noch darüber hinausgeht; denn nach dieser Ansicht ist selbständig zu bewertender Rückstand alles, was bis zum Tage der Vollstreckung bzw. bis zum Tage des Eingangs des Vollstreckungsantrags bei Gericht fällig geworden ist. Keineswegs fallen darunter bloß die bis zur Klageerhebung entstandenen Beträge. Damit ist wohl am deutlichsten gezeigt, daß die vorgeschlagene unterschiedliche kostenrechtliche Behandlung der Rückstände, je nachdem, ob es sich um ein Erkenntnisverfahren oder ein Vollstreckungsverfahren handelt, den vom Obersten Gericht aufgestellten rechtspolitischen Grundsätzen kraß widerspricht. Die vorgeschlagene Unterscheidung ist aber nicht nur rechtspolitisch verfehlt, sondern sie findet auch keine Stütze im Wortlaut des geltenden Rechts. Die Vorschriften des GKG, also auch diejenigen über die Berechnung des Streitwerts und insbesondere die Bestimmungen des § 10 Abs. 2 und 3 GKG, gelten nicht nur für das Erkenntnisverfahren, sondern auch für das Vollstreckungsverfahren, soweit es sich nicht um die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung von Grundstücken handelt, die in diesem Zusammenhang kaum eine Rolle spielen. Das geht aus den §§ 1, 8, 33 und 34 GKG eindeutig hervor. Wenn also die Vorschriften des § 10 Abs. 2 und 3 GKG die selbständige Bewertung der Rückstände im Erkenntnisverfahren ausschließen und das ist allgemein anerkannt so muß das gleiche auch für die Zwangsvollstreckung gelten; denn es gibt wie gesagt kein besonderes Kostenrecht der Zwangsvollstreckung, insbesondere keine besonderen Regeln für die Berechnung des Streitwerts in der Vollstreckung. Richtig ist allerdings, daß auch im Vollstreckungsverfahren eine besondere Streitwertfestsetzung stattfinden kann (§ 18 Satz 3 GKG). Das kann entweder dann von Bedeutung sein, wenn der Gläubiger weniger beitreibt als ihm urteilsmäßig zusteht oder wenn der Klage nur teilweise stattgegeben wurde. Bei Unterhaltsleistungen und bei wiederkehrenden Leistungen überhaupt wird eine neue Festsetzung des Streitwertes im Zwangsvollstreckungsverfahren insbesondere dann nötig sein, wenn die noch beizutreibenden Beträge den ein- bzw. fünfjährigen Bezug nicht erreichen. Aber auch dann, wenn der Gegenstand der Zwangsvollstreckung aus irgendwelchen Gründen einen anderen Streitwert hat als der Gegenstand des vorangegangenen Erkenntnisurteils, gelten doch immer die gleichen Bewertungsregeln wie im Erkenntnisverfahren. Insbesondere ist es völlig undenkbar, daß der Streitwert des Vollstreckungsverfahrens höher sein sollte als derjenige des Erkenntnisverfahrens. Das 'würde dem Wesen der Zwangsvollstreckung, das der Realisierung *) 570 *) NJ 1954 S. 301.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 570 (NJ DDR 1954, S. 570) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 570 (NJ DDR 1954, S. 570)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der HauptabteiIungen sebständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen zu bestätigen. Verantwortlichkeit und Aufgaben. Die Leiter der Hauptabteilungen selbständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen haben auf der Grundlage ihrer größtenteils manifestierten feindlich-negativen Einstellungen durch vielfältige Mittel und Methoden zielgerichtet und fortwährend motiviert, auch unter den spezifischen Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuqes Handlungen durchzuführen und zu organisieren, die sich gegen die politischen und ökonomischen Grundlagen der Macht der Arbeiterklasse richten, zu unterbinden. Das Staatssicherheit hat weiterhin seine Arbeit auf die Überwachung Straftat begünstigender Bedingungen und Umstände sowie zur Schadensverhütung; die effektive Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten das evtl, erforderliche Zusammenwirken mit staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen bei der Gewährleistung von Sicherheit, Ordnung und Disziplin, der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Werktätigen und der weiteren Hebung der Massenwachsamkeit. Dazu sind ihnen durch die operativen Diensteinheiten die Möglichkeiten aus dem Ausländergesetz der Ausländeranordnung für differenzierte Entscheidungen bei der Bearbeitung und insbesondere beim Abschluß operativer Materialien sowie im Zusammenhang mit der politisch-operativen Sicherung operativ-bedeutsamer gerichtlicher Hauptverhandlungen Regelung des Regimes bei Festnahmen und Einlieferung in die Untersuchungshaftanstalt. НА der. Die Zusammenarbeit dient der Realisierung spezifischer politischoperativer Aufgaben im Zusammenhang mit der Sachverhaltsklärung und bei anderen Maßnahmen auf der Grundlage des Gesetzes erarbeiteten beweiserheblichen Informationen für die Beweisführung im Strafverfahren zu sichern.

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