Neue Justiz 1954, Seite 569

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 569 (NJ DDR 1954, S. 569); ren Namen trägt als etwaige später geborene eheliche Kinder. Sobald sie sich jedoch darüber klar sind, welche gesetzlichen Verpflichtungen sich aus einer Annahme an Kindes Statt ergeben, nehmen sie von einer Adoption Abstand und entscheiden sich für die Namensgebung. Der Entwurf des Familiengesetzbuchs geht entgegen der bisherigen Regelung davon aus, daß ein Annahmevertrag nicht mehr aufgehoben werden darf. Dies bedeutet für unseren Fall, in dem der Ehemann meist aus Liebe zu seiner Frau deren nichteheliches Kind an Kindes Statt angenommen hat, daß er auch bei Scheidung der Ehe weiterhin aus dem Adoptionsvertrag heraus dem Kind gegenüber verpflichtet bleibt. Auch der Wegfall der Unterhaltspflicht der leiblichen Verwandten (§ 89) wird in vielen Fällen dazu führen, daß die Annahme an Kindes Statt unterbleibt, damit aber auch die Herbeiführung der Namensübereinstimmung. Dieses Ergebnis steht dem Ziel der Festigung' der Familie entgegen. Ich schlage daher vor, in den Entwurf des Familiengesetzbuchs eine dem § 1706 Abs. 2 Satz 2 entsprechende Bestimmung über die Namensgebung aufzunehmen. HERBERT DROBIG, Richter am Kreisgericht Wittenberg Aus der Praxis für die Praxis Die Kassation eines erschlichenen Scheidungsurteils In NJ 1954 S. 307 ist ein Urteil des Obersten Gerichts vom 28. Januar 1954 2 Zz 77/53 veröffentlicht, durch das m. W. erstmalig ein rechtskräftiges Scheidungsurteil kassiert worden ist. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte am 5. Mai 1952 Ehescheidungsklage erhoben und gleichzeitig öffentliche Zustellung der Klageschrift beantragt. Die öffentliche Zustellung wurde bewilligt und die Ehe der Parteien geschieden; das Urteil wurde am 18. November 1952 rechtskräftig. Später stellte sich heraus, daß dem Kläger die Anschrift der Verklagten bei Klageerhebung in Wirklichkeit bekannt war und er sich somit die Bewilligung der öffentlichen Zustellung erschlichen hatte. Das Kassationsurteil wirft nun eine Anzahl bedeutsamer Rechtsprobleme auf. Mit dieser Entscheidung ist der die Ehe der früheren Prozeßparteien auflösende Akt, nämlich das Scheidungsurteil, so in Wegfall gebracht worden, als habe er niemals existiert, m. a. W.: die Eheleute sind nicht nur „wieder“ verheiratet, sondern waren es, wie sich jetzt herausstellt, die ganze Zeit seit ihrer Eheschließung, d. h. sie waren niemals rechtswirksam geschieden. Daraus folgt, daß eine etwa von einem oder beiden Gatten dieser Ehe in der Zeit seit dem 18. November 1952 geschlossene anderweite Ehe als nichtige Doppelehe (§ 20 EheG) zu beurteilen ist und die Staatsanwaltschaft würde in diesem Falle aus dem Kassationsurteil die weitere Konsequenz der Erhebung der Ehenichtigkeitsklage zu ziehen haben, während eine strafrechtliche Verfolgung nach § 171 StGB (Bigamie) infolge Fehlens der subjektiven Voraussetzungen nicht in Frage käme. Die juristische Behandlung dieser etwaigen zweiten Ehe von der menschlichen Tragik eines derartigen Sachverhalts soll hier nicht gesprochen werden ist also immerhin vorgezeichnet; gänzlich unentwirrbar aber wird auch rechtlich die Lage, falls aus einer unterstellten zweiten Ehe der Frau etwa Kinder hervorgegangen sind. Die ex-tunc-Wirkung der das Scheidungsurteil kassierenden Entscheidung muß hier dazu führen, solche Kinder entsprechend der gesetzlichen Vermutung des § 1591 BGB als eheliche Kinder der ersten, durch das Scheidungsurteil de jure nicht beeinträchtigten Ehe aufzufassen; gleichzeitig folgt aber aus der Bestimmung des § 25 EheG, daß diese Kinder auch als eheliche Kinder aus der nichtigen zweiten Ehe zu gelten haben! Die Kassation eines rechtskräftigen Scheidungsurteils wie übrigens schon früher die Vernichtung eines solchen Urteils im Wiederaufnahmeverfahren kann also mit Leichtigkeit zu der absurden Rechtslage führen, daß ein Kind gleichzeitig als eheliches Kind zweier verschiedener Männer gilt, ein Rechtszustand, der nur durch die erfolgreiche Durchführung der Ehelichkeitsanfechtungsklage seitens eines der Ehegatten der ersten Ehe bzw. des Staatsanwalts bereinigt werden kann. Bei der Besprechung einer anderen Entscheidung des OG, die lediglich den Schuldausspruch eines Scheidungsurteils kassiert hatte1), habe ich auf diese möglichen unerwünschten Folgen der Kassierung eines gesamten b NJ 1951 S. 465. Scheidungsurteils bereits hingewiesen und daran die Vermutung geknüpft, „daß sich der Generalstaatsanwalt zu dem Antrag auf volle Kassation eines Urteils, durch das eine Ehe aufgelöst worden ist, praktisch kaum jemals entschließen“ werde. Wenn das im vorliegenden Falle gleichwohl geschehen ist, so müssen abgesehen von der zweifellos vorgenommenen Nachprüfung, ob im konkreten Falle tatsächlich eine neue Eheschließung stattgefunden hat hierfür besonders schwerwiegende Gründe maßgebend gewesen sein. Und in der Tat handelt es sich um einen eklatanten Fall von Gesetzesverletzung, die allerdings nicht so sehr dem Amtsgericht, wie einer der seinerzeitigen Prozeßparteien zur Last fällt: einen Musterfall arglistiger Urteilserschleichung, wie sie letzthin in dieser Zeitschrift verschiedentlich besprochen wurde2). Diese Eigenart der in Frage stehenden Gesetzesverletzung aber wirft ein weiteres Problem auf: die Frage, ob nicht zur Beseitigung des fehlerhaften Urteils die Restitutionsklage der gegebene Rechtsbehelf gewesen wäre, allgemeiner: die Frage nach dem Verhältnis zwischen Kassation und Wiederaufnahmeverfahren. Diese beiden Möglichkeiten der Beseitigung eines unrichtigen rechtskräftigen Urteils stehen nicht nebeneinander zur beliebigen Auswahl zur Verfügung; ihre voneinander abweichenden Voraussetzungen hat Schumann dahin gekennzeichnet3), daß, „während die Wiederaufnahme davon ausgeht, daß die angegriffene Entscheidung im Zeitpunkt ihres Erlasses nicht anders ergehen konnte, weil ihre Unrichtigkeit erst später in Erscheinung getreten ist, es Aufgabe der Kassation ist, rechtskräftige Entscheidungen zu beseitigen, die schon bei ihrem Erlaß erkennbar falsch waren“. Diese von Schumann für den Strafprozeß gegebene, im Prinzip aber auch auf den Zivilprozeß zutreffende Unterscheidung läßt erkennen, daß für die Fälle einer arglistigen Urteilserschleichung grundsätzlich nicht die Kassation, sondern das Wiederaufnahmeverfahren in Frage kommt, denn gerade diese Fälle zeichnen sich dadurch aus, daß die durch doloses Handeln einer Partei erwirkten Urteile bei ihrem Erlaß nicht „erkennbar falsch“ sind. Daß demgegenüber das OG doch zu einer Kassation gelangt ist und sich zu diesem Zweck um den Nachweis bemüht hat, daß neben dem dolosen Handeln des Klägers auch eine Gesetzesverletzung seitens des Amtsgerichts zu dem Erlaß des Urteils mitgewirkt hat, ist offensichtlich darauf zurückzuführen, daß nach seiner Auffassung die übrigen Voraussetzungen der Restitutionsklage nicht gegeben waren.-In der Tat ergibt sich hier eine weitere Problematik, hervorgerufen durch den Umstand, daß gerade in diesem Zusammenhang sowohl die Zivilprozeßordnung wie auch das Strafgesetzbuch Lücken aufweisen, deren Schließung durch eine künftige Gesetzgebung dringend erforderlich ist. Das Wiederaufnahmeverfahren der Zivüprozeßord-nung ist weitgehend von der Tatsache bestimmt, daß der Zivilprozeß des kapitalistischen Staates vom Verhandlungsprinzip und nicht vom Prinzip der Ermittlung der objektiven Wahrheit beherrscht ist. Infolgedessen ist hier die Aufstellung unwahrer Behauptun- 3) vgl. NJ 1953 S. 313, 447 fl. 3) NJ 1952 S. 483. 569;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Kandidaten ableiten: Frstens müssen wir uns bei der Auswahl von Kandidaten vorrangig auf solche Personen orientieren, die sich aufgrund ihrer bisherigen inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit vom und der Vereinbarung über die Aufnahme einer hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit vom durch den Genossen heimhaltung aller im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie des Verhaltens vor und nach der Tat.

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