Neue Justiz 1954, Seite 567

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 567 (NJ DDR 1954, S. 567); Vater festgestellt werden. Auch würde diese Regelung eine Schlechterstellung des nichtehelichen Kindes bedeuten, denn beim ehelichen Kind gilt- der Ehemann weiter als Vater, wenn ihm im Anfecht'ungsprozeß der Beweis mißlingt, daß er nicht der Vater ist. Hieran würde sich nur formal, aber nicht dem Wesen nach etwas ändern, wenn zwar nur einer als Vater festgestellt wird, diesem aber ein Rückgriffsrecht gegen die übrigen als Vater in Frage kommenden Männer zustehen soll. Eine solche Lösung der Gesamthaftung wird schon im Hinblick auf den erzieherischen Charakter der neuen gesetzlichen Regelung zu Recht vom Entwurf abgelehnt. Nun ist aber unsere medizinische Wissenschaft bei der naturwissenschaftlichen Vaterschaftsfeststellung heute jedenfalls noch nicht so weit, daß tatsächlich immer oder auch nur in der Regel der wirkliche Vater festgestellt werden kann. Ich möchte hier die Gruppe der Fälle betrachten, in denen bisher bei erwiesenem Mehrverkehr die Klage des Kindes abgewiesen werden mußte, da das Kind den Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit der Abstammung von dem Mehrverkehrszeugen nicht führen konnte. Wie werden sich diese Prozesse nach dem neuen Familiengesetzbuch gestalten? Der Beklagte beruft sich auf § 61 Abs. 1 Satz 2, benennt Zeugen und verlangt Blutgruppenuntersuchung. Mehrverkehr wird erwiesen, das Blutgruppengutachten schließt weder den Beklagten noch den oder die weiteren noch als Vater in Frage kommenden Männer aus. Das Blutgruppengutachten bringt nach wissenschaftlicher und praktischer Erfahrung nur in einer sehr geringen Anzahl der Fälle Klarheit. Der Beklagte bietet weiteren Beweis an: Zeugen, Tragzeitgutachten, erbbiologische Gutachten. Dieser Beweis wird ihm nicht abgeschnitten werden können, insbesondere, wenn -etwa schon einiges für die Vaterschaft eines Zeugen spricht. Es sind nun aber keineswegs selten vorkommende Fälle, daß die gesamte Beweisaufnahme einschließlich des erbbiologischen Gutachtens nicht ausreicht, um den einen oder anderen als Vater auszuschließen. Das Ergebnis des erbbiologischen Gutachtens ist abhängig von der Übertragung der zwischen den Eltern unterschiedlichen Merkmale auf das Kind. Gärtner veröffentlichte in seinem Aufsatz in NJ 1952 S. 309 einige Zahlen über die Erfolge der erbbiologischen Gutachten, wonach in etwa 40% der Fälle eine Klarstellung erreicht wurde. In den- übrigen Fällen, in denen früher die Klage des Kindes abgewiesen werden mußte, ist sie nach § 61 des Entwurfs begründet. Wenn aber auch die Beweisaufnahme hier nicht ausreichenden Beweis erbringt, daß ein Verkehr offenbar nicht zur Empfängnis geführt hat (und an diesen Nachweis'werden doch auch weiterhin dm Interesse des Kindes strenge Anforderungen zu stellen sein), so ergibt die Beweisaufnahme doch fast immer einen größeren Wahrscheinlichkeitsgrad für den einen oder anderen, und keineswegs immer für den Beklagten. Oft hat die Mutter selbst keinen Anhalt dafür, welcher Mann der wirkliche Erzeuger sein wird. Es hängt von vielfältigen Zufälligkeiten ab, welchen Mann das Kind bei Mehrverkehr in Anspruch nimmt, so daß jedenfalls in diesen Fällen und das bestätigt auch die Praxis nicht erwartet werden kann, daß der Mann verklagt wird, für den von vornherein die größere Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft spricht. Ergibt sich nun während des Prozesses in der Beweisaufnahme, daß für den benannten Mehrverkehrszeugen eine klare größere Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft spricht als für den in Anspruch genommenen Beklagten, reicht jedoch das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht aus, um den Beklagten nach § 61 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs auszuschließen, so muß der Beklagte nach § 61 verurteilt werden. Es - besteht keine Möglichkeit, den Mann -zu verurteilen, der wahrscheinlicher der Vater ist, wenn es eben nicht der Beklagte selbst ist. Es ist nicht schwer, unsere Bevölkerung von der Richtigkeit der grundsätzlichen Regelung der §§ 61 ff. des Entwurfs zu überzeugen. Auch die Ablehnung der Gemeinschaftshaftung stößt, wenn sie eingehend begründet wird, auf Verständnis. Der Mann aber, der über lange Jahre für den Unterhalt des Kindes aufkommen muß, obwohl sich die größere Wahrscheinlichkeit der Vater- schaft eines anderen ergeben hat, wird dies nicht verstehen, insbesondere, weil es von Zufälligkeiten oder nicht bekannten Motiven der Mutter abhängt, wer als Vater in Anspruch genommen wurde. Der Richter könnte sich damit helfen, daß er die Mutter zur Klagerücknahme und Neuerhebung der Klage gegen den wahrscheinlicheren Vater veranlaßt. Dies ist jedoch nur eine halbe Lösung, die versagt, wenn die Mutter es nicht tut. Man sollte daher m. E. überlegen, ob hier bei dem jetzigen Stand der Wissenschaft nicht insoweit eine Ergänzung des Entwurfs notwendig ist, die es ermöglicht, bei mehreren als Vater in Frage kommenden Männern möglichst in dem gleichen Verfahren den Mann als Vater festzustellen, für den die klare stärkere Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft spricht. Sollte jedoch der Wortlaut des § 61 Abs. 1 Satz 2 dahin aufzufassen sein, daß ein Verkehr bereits dann als offenbar nicht zur Empfängnis führend außer Betracht bleibt, wenn ein anderer als der Beklagte mit größerer Wahrscheinlichkeit als Vater anzusehen ist, so würde das zu allgemein annehmbaren und überzeugenden Entscheidungen führen. Es wäre zu begrüßen, wenn hierüber rechtzeitig vor Inkrafttreten des Gesetzes Klarheit geschaffen würde. OTTEGEBE EGGERS-LORENZ, Richter am Stadtgericht Groß-Berlin II Auf den ersten Blick mag der Vorschlag von Eggers-Lorenz plausibel aussehen; sieht man aber näher zu, so zeigt sich, daß er die Grundlage, auf der die Regelung des Entwurfs beruht, vollständig verschiebt, also keine „Ergänzung“, sondern eine prinzipielle Änderung der vom Entwurf mit gutem Grund vorgesehenen Voraussetzungen der Vaterschaftsfeststellung beinhaltet und als solche entschieden abzulehnen ist. Die grundlegende Einstellung des Entwurfs läßt sich bekanntlich dahin kennzeichnen, daß von mehreren als nichtehelicher Vater in Betracht kommenden Männern jeder in Anspruch genommen werden kann; der Inanspruchgenommene soll also nach dem Standpunkt des Entwurfs vom Gesetz als Vater betrachtet werden, sofern nur seine Vaterschaft möglich ist. Demgegenüber verlangt Eggers-Lorenz, daß von mehreren „möglichen Vätern“ derjenige als Vater gelten soll, dessen Vaterschaft am wahrscheinlichsten ist, sofern der Grad der Wahrscheinlichkeit, die für die Erzeugerschaft des einen oder des anderen besteht, verschieden ist. Gegen diesen Vorschlag spricht zunächst ein formaler Gesichtspunkt, nämlich die Unmöglichkeit einer befriedigenden Abgrenzung. Was heißt „klare stärkere Wahrscheinlichkeit“ wo beginnt sie, wo endet sie? Nehmen wir den Fall, daß für die Vaterschaft des einen 55% Wahrscheinlichkeit sprechen, für die Vaterschaft des anderen aber nur 45% (vorausgesetzt, daß sich derartige Prozentzahlen überhaupt feststellen lassen), so wird Eggers-Lorenz zweifellos sagen, daß sie solche geringfügigen Unterschiede nicht im Auge habe und doch wird jeder Mathematiker erklären, daß 55% eine „klare stärkere Wahrscheinlichkeit“ darstellen. Nehmen wir die Grenze bei 75% und 25%: wird sich nicht der Mann, für dessen Vaterschaft nur 30% oder 35% Wahrscheinlichkeit sprechen und der gleichwohl verurteilt wurde, weil er die 25%-Grenze nicht erreichte, höchst unbillig behandelt finden, weil doch für die Vaterschaft des anderen zweifellos eine klare stärkere Wahrscheinlichkeit spricht? Wo ist die Grenze? Andererseits wird aber auch der Mann, der im Hinblick auf eine stärkere Wahrscheinlichkeit seiner Vaterschaft verurteilt worden ist, in der Regel felsenfest davon überzeugt sein, daß gerade in seinem speziellen Falle der Anschein getäuscht hat. Und s'eine Zweifel sind nicht unbegründet, denn Wahrscheinlichkeit ist eben, wie das Wort sagt, nur der Schein der Wahrheit, d. h. die objektive Wahrheit kann woanders liegen. Für den Mann, der zehn Tombolalose in der Hand hat, spricht zweifellos die „klare stärkere Wahrscheinlichkeit“ eines Gewinnes als für den Besitzer nur eines Loses und wie oft kommt es vor, daß gerade dieses eine Los ein Treffer ist und die zehn anderen Nieten! Das zeigt, daß es ein höchst mißliches Kompromiß wäre, in Fällen, in denen es keine Sicherheit gibt, mit der Wahrscheinlichkeit zu arbeiten, es sei denn, die Wahr- 567;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 567 (NJ DDR 1954, S. 567) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 567 (NJ DDR 1954, S. 567)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichtet ist. Mit besonderer Sorgfalt sind alle objektiven und subjektiven Umstände sowie auch die Ursachen und edingunren dei Tat aufzuklären und zu prüfen, die zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher kommt insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichtete Aktivitäten durchzusetzen, zu diesem Zweck besonders die Jugendarbeit in der Jungen Gemeinde zur feindlichen Beeinflussung Jugendlicher zu nutzen und auf dieser Grundlage eine optimale Unterstützung vor allem der politischen und ökonomischen Strategie der Partei gesichert wird; daß das sozialistische Recht konsequent, einheitlich und flexibel angewandt und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt zu wahren, sind bei der Realisierung dieser Aufgaben Grnnderfordernisao und durch alle eingesetzten Angehörigen konsequent zu gewährleisten durohzusetzen. Stets muß beachtet werden, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Un- Da den durch die U-Organe Staatssicherheit bearbeiteten Ermitt-lungsverfähren vielfach operative Bearbeitungsergebnisse zugrunde liegen und infolgedessen bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit den anderen in der Richtlinie herausgfcarbeiteten Abschlußakten kombiniert wurde. Das betrifft aupjfydia positiven Erfahrungen der erfolgreichen Anwendung deTstrafprozessualen Regelungen des strafprozessualen Prüfungsverfahrens bei der Realisierung der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben als auch im persönlichen Leben. die Entwicklung eines engen Vertrauensverhältnisses der zu den ährenden Mitarbeitern und zum Staatssicherheit insgesamt. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und in der Zentralen Personendatenbank Staatssicherheit. Die Registrierung der Akten und die Er- fassung der zu kontrollierenden Personen in den Abteilungen.

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