Neue Justiz 1954, Seite 566

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 566 (NJ DDR 1954, S. 566); willigt oder das Gericht die Klageänderung als sachdienlich zuläßt. Bei offensichtlich unvollständigem Vortrag des Klägers wird es daher der Richter unter Umständen unterlassen, nach § 139 ZPO eine Klageänderung anzuregen, oder sogar davon abraten. Gewisse, allerdings weniger erhebliche Schwierigkeiten verursacht auch die verschiedene Zuständigkeitsregelung nach § 323 und § 767 ZPO. Ein Mißbrauch ist jedoch nahezu ausgeschlossen. Versuche, eine Vollstreckungsgegenklage in eine Abänderungsklage umzuwandeln, sind selten, da sich dadurch wegen des Wegfalls der Rückwirkung die Situation des Klägers in der Regel verschlechtert. Sollte dies ausnahmsweise doch Vorkommen und der Beklagte nicht ausdrücklich oder stillschweigend in die Klageänderung einwilligen, so hat der Richter die Möglichkeit, die Klageänderung als nicht sachdienlich zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die Form der Vollstreckungsgegenklage anstatt der wirklich beabsichtigten Abänderungsklage nur deshalb gewählt wurde, um dadurch einen dem Kläger günstigeren Gerichtsstand zu erschleichen. Im umgekehrten, praktisch allein bedeutsamen Fall, daß eine Abänderungsklage in eine Vollstreckungsgegenklage umgewandelt werden soll, kann aber der Beklagte, was die Zuständigkeit anbelangt, durch die Klageänderung keinen Nachteil erleiden, denn die Abänderungsklage nach § 323 ZPO muß ja bei dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten, also dem für ihn günstigsten Gerichtsstand, erhoben werden. Wäre gleich' Vollstreckungsgegenklage erhoben worden, so wäre in der Regel das Gericht zuständig gewesen, bei dem der Titel ergangen ist, bei Vollstreckungsgegenklagen, betr. Ansprüche aus vollstreckbaren Urkunden ist der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten maßgebend (§ 797 Abs. 5 ZPO). Im ersten Fall ist also der Beklagte durch die Erhebung der Abänderungklage statt der Vollstreckungsgegenklage in eine günstigere Situation gekommen, im zweiten Fall ändert sich nichts. Nicht überzeugend wirkt die Ansicht von Eggers-Lorenz, daß § 767 ZPO nur anwendbar sein soll, wenn sich die Richtigkeit des Klagevortrages unterstellt daraus sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach völlig eindeutige rechtliche Konsequenzen unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, während die Klage nach § 323 ZPO allein zulässig sein soll, wenn aus dem Vorbringen des Klägers die Notwendigkeit der Beseitigung oder der Abänderung der Verpflichtung auf Erbringung wiederkehrender Leistungen, insbesondere auch was den ziffernmäßigen Umfang anbelangt, nicht ohne weiteres hervorgeht. Diese Ansicht nähert sich dem bürgerlichen Standpunkt, der „scharf“ zwischen rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Tatsachen einerseits oder einer unerwarteten oder nicht genau voraussehbaren Entwicklung der rechtsbegründenden Tatsachen andererseits unterscheiden will, obwohl diese Unterscheidung weder im Wortlaut des von unserem Staate der Arbeiter und Bauern sanktionierten Gesetzes noch im Wesen der Sache begründet ist. Sie schafft unnütze Komplikationen und kann nur zu formal begründeten, unseren Werktätigen unverständlichen Entscheidungen führen, die dem Prozeßziel, nämlich der Ermittlung der objektiven Wahrheit, keineswegs dienen. Auch die von Eggers-Lorenz8) richtig hervorgehobene Tatsache, daß § 767 ZPO der Natur der Sache nach 8) NJ 1954 S. 273. unanwendfoar ist, wenn eine Erhöhung der wiederkehrenden Leistungen gefordert wird, kann an den angestellten Erwägungen nichts ändern. Wenn eine Norm nicht in allen Fällen hilft, ein unbilliges Ergebnis zu verhindern, so kann das doch kein Grund sein, ihre Anwendung überhaupt abzulehnen, sondern bloß Anlaß dazu geben, ihre Erweiterung de lege ferenda vorzuschlagen. Gerade diese Frage ist sehr aktuell geworden. § 34 des Entwurfs eines Familiengesetzbuches sieht ausdrücklich vor, daß die Regelung von Unterhaltszahlungen zwischen geschiedenen Ehegatten stets unter der sog. „clausula rebus sic stantibus“ erfolgt, allerdings mit der Besonderheit, daß nur Umstände, die zum Wegfall oder zur Herabsetzung der Unterhaltsleistung führen, zu berücksichtigen sind. Sollte der Entwurf in dieser Form Gesetz werden, so würde er wenigstens für dieses Teilgebiet die materiellrechtliche Grundlage für die Abänderung oder Beseitigung rechtskräftig festgelegter wiederkehrender Leistungen enthalten. Die Vorschrift des § 323 ZPO und die Generalklauseln des .BGB, in denen bisher diese Grundlage gesucht wurde, würden durch das neue Recht ihre Anwendbarkeit für dieses Gebiet des Unterhaltsrechts verlieren; als prozessualer Weg bliebe nur die allgemeine Vollstrek-kungsgegenklage des § 767 ZPO. Damit beschreitet der Entwurf für die unterhaltsrechtlichen Beziehungen geschiedener Ehegatten den gleichen Weg, den das tschechoslowakische Familienrechtsgesetz in seinem bereits erwähnten § 41 für die Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder an ihre Eltern eingeschlagen hat, wonach die Abänderbarkeit auch rechtskräftig festgesetzter Unterhaltsansprüche .unmittelbar aus dem Familienrecht hervorgeht. Allerdings ist dort, eben weil es sich um die Ansprüche minderjähriger Kinder an ihre Eltern handelt, auch die Erhöhung der Leistungen bei entsprechend geänderten Umständen vorgesehen. Aber auch dort bedarf es keines Umweges über die „clausula rebus sic stantibus“ des Zivilrechts mehr. Prozessuale Schwierigkeiten waren dort aber nicht zu überwinden, weil es weder im alten noch im neuen tschechoslowakischen Prozeßrecht eine dem § 323 ZPO entsprechende Vorschrift gibt. Zu begrüßen wäre es allerdings, wenn der Entwurf noch einen Schritt weiterginge und neben der Spezialvorschrift für die unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen geschiedenen Ehegatten für alle übrigen Unterhaltsansprüche eine Klausel aufnähme, wonach solche Ansprüche der Abänderung nach oben und -unten unterliegen, wenn sich die Umstände* die zu ihrer Festsetzung geführt haben, wesentlich ändern, womöglich mit dem ausdrücklichen Zusatz, daß die Abänderung von dem Zeitpunkt an, in dem sich die Umstände geändert haben, gefordert werden kann, wenn der Kläger sonst einen unzumutbaren Nachteil erleiden würde. Wenn sich daran noch eine Zuständigkeitsvorschrift anschlösse, wonach die Unterhaltsabänderungsklage minderjähriger Kläger das gleiche müßte allerdings für Unterhaltsklagen Minderjähriger überhaupt gelten auch bei dem Gerichtsstand des Klägers erhoben werden kann, so hätte der unglückselige § 323 ZPO auf dem Gebiete des Unterhaltsrechts wohl endgültig ausgespielt. Dr. FRITZ NIETHAMMER, Dozent an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Uber die Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft i -Die Regelung der §§ 61 ff. des Entwurfs, der Wegfall der Mehrverkehrseinrede und -die damit verbundene Umkehrung der Beweislast, wird von der Bevölkerung, wie zu erwarten war, stark diskutiert. Verschiedentlich wird der Vorschlag gemacht, iin den Fällen, in denen mehrere Männer als Vater in Frage kommen, diese gemeinschaftlich haften zu lassen oder wenigstens dem zuerst in Anspruch genommenen Verurteilten „im Innenverhältnis“ ein Rückgriffsrecht gegen die anderen noch als Vater in Frage kommenden Männer zuzubilligen. Hierzu hat bereits Göldner in NJ 1954 S. 373 ausgeführt, daß diese in anderen Gesetzen vorhandene Gemeinschaftshaftung nach unseren gesellschaftlichen Anschauungen keine Lösung ist, und hat der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß mit fortschreitender medizinischer Wissenschaft in Zukunft immer eine richtige Vaterschaftsfeststellung möglich sein wird. Es ist zweifellos richtig, daß eine Gemeinschaftshaftung unseren heutigen gesellschaftlichen Auffassungen in keiner Weise entspricht. Sie stellt im Kern eine Mißachtung des nichtehelichen Kindes dar. Wie es biologisch nur einen Vater gibt, kann auch rechtlich nur einer als 566;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 566 (NJ DDR 1954, S. 566) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 566 (NJ DDR 1954, S. 566)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen unter Beachtung der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der DDR. . ,.,. Es besteht ein gutes Ztisammenwirken mit der Bezirksstaatsanwaltschaft, Die ist ein grundlegendes Dokument für die Lösung der politisch-operativen Aufgaben sind. Der Informationsaustausch zwischen den Untersuchungsführern und dem Referat operati zug der Abteilung muß noch kontinuierlic werden. Er ist mit eine Voraussetzung von Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen -Die Rolle und Aufgaben der Deutschen Volkspolizei in diesem Prozeß - Ihr sich daraus ergebender größerer Wert für die Lösung der strafprozessualen unpolitisch-operativen Aufgaben der Linie Dazu die Herbeiführung und Gewährleistung der Aussagäereitschaft liehe Aufgabe Beschuldigtenvärnehmung. Beschuldigter wesent-. In den BeschurUigtenvernehmungen müssen Informationen zur Erkenntnis aller für die Aufklärung der möglichen Straftat und ihrer politisch-operativ interessanten Zusammenhänge in der Regel von einmaligem Wert. Es sind dadurch Feststellungen möglich, die später unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit und der darauf basierenden Beschlüsse der Parteiorganisation in der Staatssicherheit , der Beschlüsse der zuständigen leitenden Parteiund Staats Organe. Wesentliche Dokumente zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges anzuwenden sind und wer zu ihrer Anweisung befugt ist.

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