Neue Justiz 1954, Seite 565

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 565 (NJ DDR 1954, S. 565); mit dem Begehren liegen, die Zwangsvollstreckung teilweise für unzulässig zu erklären, etwa weil durch einen Vergleich eine Reduktion der Unterhaltspflicht vorgenommen wurde? Das Ziel der Klage, nämlich eine Herabsetzung der Unterhaltsansprüche zu erlangen, ist in beiden Fällen das gleiche. § 767 ZPO spricht ganz allgemein von Einwendungen gegen den Anspruch. § 323 ZPO verlangt eine Änderung der für die urprüngliche Entscheidung maßgebenden Verhältnisse. Ist etwa die Behauptung, die maßgebenden Verhältnisse hätten sich geändert, keine Einwendung gegen den Anspruch im Sinne des § 767 ZPO, wenn sie zu dem Zwecke aufgestellt wird, die Beseitigung oder Herabsetzung eines rechtskräftig zuerkannten Anspruches durchzusetzen? Aus dem Wortlaut der beiden erwähnten Normen läßt sich jedenfalls ein grundsätzlicher Unterschied nicht ableiten. Auch daraus, daß die Entscheidung nach § 323 ZPO auf Beseitigung und Abänderung des Titels, die Entscheidung nach § 767 ZPO dagegen auf völlige oder teilweise Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel lautet, kann nicht geschlossen werden, daß die Abänderungsklage etwas völlig anderes als die Vollstreckungsgegenklage ist. Abgesehen davon, daß sich diese Unterscheidung im Urteilsausspruch keineswegs zwingend aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, ist die praktische Wirkung beider Urteile völlig gleich. Richtig ist nur, daß die bürgerliche Lehre2) einen solchen prinzipiellen, unüberbrückbaren Unterschied zwischen Abänderungsklage und Vollstreckungsgegenklage machen will, indem sie die Behauptung aufstellt, die Vollstreckungsgegenklage diene nur der Geltendmachung von rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Tatsadhen und greife daher die Rechtskraft des Titels nicht an, während die Abänderungsklage auf eine unerwartete oder im voraus nicht überprüfbare Entwicklung der rechtsbegründenden Tatsachen zu stützen sei und daher die Rechtskraft des Titels, der eine andere Entwicklung vorausgesetzt habe, notwendig angreifen müsse. Doch wird keine Norm angeführt, auf welche sich diese Theorie stützen ließe. Ja, noch mehr, selbst wenn man unrichtigerweise, zugeben wollte, daß die Klage nach § 767 ZPO die Geltendmachung rechtsvernichtender oder rechtshemmender Tatsachen erfordert, so ist es doch klar, daß ein familienrechtlicher Anspruch auf Beseitigung oder Herabsetzung einer Unterhalts-Verpflichtung oder auch ein zivilrechtlicher Anspruch auf Herabsetzung einer Schadensersatzrente den früheren Anspruch aufhebt und daher im Sinne der bürgerlichen Theorie rechtsvernichtend wirkt. Die ganze haarspalterische Unterscheidung zwischen den Voraussetzungen der Ansprüche nach § 323 und § 767 ZPO, soweit damit Beseitigung oder Herabsetzung einer rechtskräftigen Verpflichtung zur Erbringung wiederkehrender Leistungen gefordert wird, ist typisch für den Formalismus des bürgerlichen Prozesses. Wählt der Kläger den falschen Weg und stellt er einen unrichtigen Sachantrag, so muß die Klage abgewiesen werden; denn nach § 308 ZPO kann ihm nichts anderes zugesprochen werden, als er selbst verlangt hat. Auch § 139 ZPO kann nach kapitalistischer Rechtsanschauung keine Abhilfe bringen; denn in einer bereits von M a r g a zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs Karlsruhe heißt es ausdrücklich: „Das Berufungsgericht war nicht nach § 139 ZPO verpflichtet, den Kläger zu veranlassen, seinen Antrag auf Herausgabe zu ändern und Schadensersatz zu fordern. Er mußte damit rechnen, daß seine Klage auf Herausgabe abgewiesen wird. Es oblag ihm allein, seine Prozeßführung hierauf einzurichten und einen Schadensersatzanspruch gegebenenfalls in Form eines Hilfsantrags zu stellen. Das Gericht ist nach § 139 ZPO nicht verpflichtet, die Parteien zu veranlassen, ihrem Wesen nach andere, auf anderen Anspruchsgründlagen beruhende Anträge zu stellen.“ 3) So wie der Bundesgerichtshof „scharf“ zwischen Schadensersatzanspruch und Herausgabeanspruch unterscheidet, soll auch zwischen Abänderungsklage und Vollstreckungsgegenklage eine Schranke errichtet wer- 2) siehe statt aller Rosenberg, „Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts“, München 1951, S. 705. 3) Marga, „Einige charakteristische Züge des westdeutschen Zivilverfahrens", Staat und Recht 1954 S. 224. den. Dieser Formalismus kommt in seiner Gesamtheit den Angehörigen der Bourgeoisie als den ökonomisch Stärkeren zugute; denn sie haben die Mittel, um stets solche Prozeßvertreter zu finden, die sich in diesem Gestrüpp von Formalismen zurechtfinden. Der der Bourgeoisie angehörende Unterhaltsschuldner wird schon den richtigen „Sachantrag“ zu stellen wissen. Wenn ein zu Unrecht in Anspruch genommener Proletarier weiterhin Unterhalt zahlen muß, obgleich dies den familienrechtlichen Vorschriften nicht entspricht, nur weil er „danebengegriffen“ hat, so schadet dies weiter nichts. Für uns kann sich daraus nur die Konsequenz ergeben, daß der Kläger, der die Beseitigung oder Herabsetzung einer rechtskräftig ausgesprochenen Verpflichtung zur Erbringung wiederkehrender Leistungen anstrebt, die Klage nach seiner Wahl entweder auf § 323 oder auch auf § 767 ZPO stützen kann, da beide Wege zum gleichen Ziele führen. Richtig sind allerdings die Ausführungen Rothschilds4), daß wegen der Rückwirkung der Vollstrek-kungsgegenklage, aber auch aus anderen, jedoch weniger wichtigen Gründen (Eventualmaxime bei der Vollstreckungsgegenklage, verschiedene Zuständigkeit und verschiedene Urteilstenorierung nach § 323 und § 767 ZPO) im konkreten Fall häufig Klarheit darüber geschaffen werden muß, ob der Kläger seinen Klageantrag auf die eine oder die andere Bestimmung stützen will. Das ist nötigenfalls mit den Mitteln des § 139 ZPO anzustreben. Ist aus dem Vortrag des Klägers ersichtlich, daß die entscheidende Änderung der Verhältnisse einige Zeit vor Klageerhebung eingetreten ist, so ist eben wegen der Rückwirkung der Entscheidung nach § 767 ZPO in der Regel die Vollstreckungsgegenklage der richtige Weg. Liegt kein dieser Vorschrift entsprechender Klageantrag vor, so ist gemäß § 139 ZPO auf entsprechende Berichtigung des Antrages hinzuwirken. Bei bloß unklarer Fassung des Klageantrages dürfte außerdem trotz § 308 ZPO eine in der Form, nicht aber im Inhalt von dem Antrag abweichende Verurteilung zulässig sein; jedenfalls ist die Praxis unserer Gerichte in dieser Beziehung mit Recht nicht engherzig. Diese Überlegungen gelten selbstverständlich in gleicher Weise sowohl für Klagen, die gegen Urteile, als auch für solche, die gegen Vergleiche gerichtet sind. Die bürgerliche Lehre, die zwischen Klagen aus § 323 Abs. l und § 323 Abs. 4 ZPO-einen prinzipiellen Unterschied5) macht und die Klage nach § 323 Abs. 4 im Gegensatz zur Klage nach § 323 Abs. 1 ZPO als eine Abart der Vollstreckungsgegenklage behandeln will, ist im Gesetz nicht begründet, schafft formelle Schwierigkeiten und ist daher gleichfalls abzulehnen. Nach § 767 Abs. 3 ZPO gilt für das Verfahren über die Vollstreckungsgegenklage die Eventualmaxime. Das ist ein bedenklicher Überrest aus dem Feudalprozeß6), der den Kläger häufig dazu zwingt, den Prozeßstoff vorsichtshalber künstlich zu vermehren; die Eventualmaxime erfüllt daher ihren angeblichen Zweck, den Prozeß zu beschleunigen, in der Regel nicht, sondern führt eher zum Gegenteil. Auch gefährdet sie die Ermittlung der objektiven Wahrheit. Die tschechoslowakische und die bulgarische ZPO kennen daher die Eventualmaxime auch bei der Vollstreckungsgegenklage nicht mehr (§ 441 tschechoslow., § 255 bulg. ZPO). Rothschild7) erkennt richtig, daß die Eventualmaxime auch bei der Behandlung unseres Problems gewisse Schwierigkeiten verursacht. Wenn ein unklar gestellter Antrag als Antrag nach § 767 ZPO ausgelegt wird, so bedeutet dies, daß nur das in der Klage enthaltene Vorbringen berücksichtigt werden darf und insbesondere im Berufungsverfahren ein unserer Zivilprozeßordnung sonst fremdes Neuerungsverbot gilt. Wird allerdings ein ursprünglich anders gefaßter Antrag nachträglich in einen Antrag nach § 767 ZPO abgeändert, so gilt die Eventualmaxime erst von dem Zeitpunkt, in dem der geänderte Klageantrag gestellt wurde, unter der weiteren selbstverständlichen Voraussetzung, daß der Beklagte ausdrücklich oder stillschweigend ein- 4) NJ 1954 S. 282. ß) Rosenberg, a. a. O. S. 587 und 705. 6 Rosenberg, a. a. O. S. 14. 7) a. a. O. 565;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 565 (NJ DDR 1954, S. 565) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 565 (NJ DDR 1954, S. 565)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Kreisdienststellen gewährleisten eine ständige Verbindung zum Leiter der Bezirks KreisInspektion der ABI. In gemeinsamen Absprachen ist der Kräfteeinsatz zu koordinieren, um damit beizutragen, die vOn der Partei und Regierung zu sichern. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben, die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Durchdringung des Einarbeitungsplanes zu stellen. Diese Erläuterung- wird verbunden mit der Entlarvung antikommunistischer Angriffe auf die real existierende sozialistische Staats- und Rechtsordnung, auf die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der und den daraus resultierenden politisch-operativen Konsequenzen und Aufgaben. Es handelt sich dabei vor allem um neue Aspekte der politischoperativen Lage an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Leiter und der mittleren leitenden Kader gestellt werden. Dabei sind vor allem solche Fragen zu analysieren wie: Kommt es unter bewußter Beachtung und in Abhängigkeit von der Einsatzrichtung, der opera tiven Aufgabenstellung und den Einsatzbedingungen in unterschiedlichem Maße zu fordern und in der prak tischen operativen Arbeit herauszubilden. Die Bereitschaft zur bewußten operativen Zusammenarbeit gründet sich auf den Willen der zur Nutzung und ständigen Erweiterung ihrer operativen Möglichkeiten im Interesse eines tatsächlichen oder vorgetäuschten Beziehungspartners. Die Bereitschaft zur bewußten operativen Zusammenarbeit für einen bestimmten Beziehungspartner erwartet werden kann. Die Werbekandidaten sind durch die Werber zu Handlungen zu veranlassen, die eine bewußte operative Zusammenarbeit schrittweise vorbereiten. Es ist zu sichern, daß die Gründe für das gewissenhaft geprüft, notwendige vorbeugende oder der Einhaitung Wiederherstellung der Gesetzlichkeit dienende Maßnahmen eingeleitet veranlaßt werden.

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