Neue Justiz 1954, Seite 506

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 506 (NJ DDR 1954, S. 506); eine richtige Einschätzung der Tat zu verschaffen. Dann werden auch seine Hinweise für den Strafprozeß vom Mandanten richtig verstanden und 'befolgt werden. Bei den Anträgen der Rechtsanwälte nach § 346 StPO ist immer wieder zu beobachten, daß diese dem Drängen der Angehörigen des Verurteilten nachgeben und solche Anträge verfrüht stellen. Die Folge ist, daß die Anträge bereits durch den Staatsanwalt abgelehnt werden müssen, weil offensichtlich der Strafzweck nicht erreicht ist. Eine weitere Folge ist, daß das Rechtsbewußtsein und das Vertrauen in unsere Staatsorgane in der Bevölkerung beeinträchtigt wird. Jeder, der durch seinen Anwalt einen derartigen Antrag stellen läßt, erwartet natürlich, daß er Erfolg haben wird. Kommt dann die in derartigen Fällen unvermeidliche Ablehnung, so wird die Ursache nicht in der Sache selbst gesucht, auch nicht bei dem Anwalt, sondern einzig und1 allein bei den Staatsfunktionären, denen die ganze Schuld aufgebürdet wird. Ein Beispiel mag das veranschaulichen: Ein Bürger wird Anfang Juni 1954 nach einer vierteljährigen Untersuchungshaft zu sechs Jahren Zuchthaus wegen eines Staatsverbrechens verurteilt. Am 7. Juli 1954 beantragt ein Anwalt des Kollegiums, der ihn in der Sache selbst nicht vertreten hat, in Vollmacht der Ehefrau des Verurteilten bedingte Strafaussetzung nach § 346 StPO für den Strafrest, d. h. praktisch für die gesamte ausgeworfene Strafe. Diese inkonsequente und nachgiebige Haltung der Anwälte gegenüber offensichtlich unberechtigten Wünschen der Bevölkerung, führt zu einer Beeinträchtigung des Vertrauens zu unserem demokratischen Staat1). Die Kassationsanträge in Zivilsachen zeigen die gleichen Mängel wie die Gesuche auf bedingte Strafaussetzung. Die Anwälte lassen sich nicht von der Rechtslage leiten, sie prüfen nicht verantwortungsbewußt den Inhalt der Urteilsgründe und die rechtspolitische Bedeutung der Entscheidung (z. B. Ehescheidung, Unterhaltsurteil). Es ist einleuchtend, daß die unterlegene Partei unbefriedigt bleibt und sich vermeintlich in ihrem Recht verletzt fühlt, zumal wenn die Urteilsbegründung nicht allenthalben überzeugend wirkt, wenn auch die Entscheidung selbst im Ergebnis richtig ist. Hier hat der Anwalt die Pflicht, aufzuklären und die mangelnde Überzeugungskraft der Urteilsgründe durch eigene, bessere Überzeugungsarbeit zu ersetzen. Die Erfahrung lehrt aber, daß in solchen Fällen den Wünschen der Mandanten nachgegeben und bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit dennoch die Kassation angeregt wird. Die Folgen sind Ablehnung bei unnötiger Arbeitsbelastung der Staatsorgane, d. h. praktisch Verschwendung gesellschaftlicher Arbeit, und Schädigung des Vertrauens zu den Staatsorganen, da die Bevölkerung in der Ablehnung einer solchen, von einem Rechtskundigen eingelegten Anregung eine mangelnde Gesetzeskenntnis meist nicht bei dem Rechtsanwalt, sondern bei den Staatsfunktionären annehmen wird. Als Beispiel mögen hier die vielen Fälle der Kassationsanregungen bei Ablehnung der Scheidungsklagen nach § 48 EheG gelten, obwohl diese Urteile in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichts stehen, die natürlich den Anwälten genau bekannt ist. Die wirklich große Möglichkeit zur Verbesserung der Arbeit der Rechtsanwälte, die durch das Bestehen der Kollegien gegeben ist, die Entwicklung von kollektiven Arbeitsmethoden, steckt noch in den Kinderschuhen und die veröffentlichten Auszüge aus den Selbstverpflichtungen einiger Kollegien* 2) haben nicht erkennen lassen, daß auch nur Ansätze zu dieser Entwicklung bisher bestehen. M. E. sollten es sich die Kollegien der Rechtsanwälte zur Regel machen, gerade die Fälle der Kassationsanregungen im Kollektiv des Kollegiums durchzusprechen und erst dann die Anregung weiterzugeben, wenn das Kollektiv zu der Überzeugung gekommen ist, daß eine solche außergewöhnliche Maßnahme gerechtfertigt erscheint. Zusammenfassend muß für den Bezirk Dresden festgestellt werden, daß das Kollegium der Anwälte die Erwartungen, die an diese Institution geknüpft wurden, ]) vgl. hierzu auch Grass in NJ 1954 S. 274. 2) NJ 1954 S. 397. bisher nicht erfüllt hat. Sicher ist verabsäumt worden, durch helfende Kritik das Werdende zu fördern, sicher haben aber auch die Anwälte sich bisher nur die äußere Form des Neuen, nicht aber seinen Inhalt zu eigen gemacht. Mein Wunsch geht dahin, durch diesen Beitrag dem Kollegium zu helfen, seine Schwächen zu erkennen, das Ministerium der Justiz zu besserer Anleitung und Kontrolle der Kollegien zu veranlassen und eine breite Aussprache in der Praxis zu entfalten, die zu einer allseitigen Verbesserung der gemeinsam zu lösenden Aufgabe führen soll, eine einwandfreie Rechtsprechung zu garantieren. Es erscheint mir das als eine der Aufgaben, die der IV. Parteitag den Justizorganen gestellt hat. NATHAN HOLZER, Staatsamyült beim. Staatsanwalt des Bezirks Dresden/' Allgemeine Aufsicht des Staatsanwalts auf dem Lande /Das 17. Plenum des ZK der SED stellt insbesondere -den Staatsanwälten der Kreise, die landwirtschaftlichen Charakter tragen, spezielle und umfangreiche, aber auch dankbare Aufgaben. In der Entschließung des 17. Plenums wird u. a. die Forderung gestellt, die Versuche großbäuerlicher Elemente, den Landarbeitern ihre Rechte vorzuenthalten, zu zerschlagen. Das bezieht sich überwiegend auf das Landarbeiterschutzgesetz. In Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Land und Forst sowie der Abteilung Lohnkontrolle beim Rat des Kreises stellte ich Anfang dieses Jahres fest, daß im hiesigen Kreis dieses Gesetz höchstfalls zu S/o beachtet wurde. Obgleich die Gewerkschaft Land und Forst selbst zahlreiche Feststellungen über die Nichtbeachtung und Verletzung des Landarbeiterschutzgesetzes getroffen hatte, unternahm sie trotz aller von mir gegebenen Hinweise nichts hiergegen, obwohl doch § 11 des Gesetzes ihr durchaus die Handhabe dazu bietet. Es kam mir darauf an, in erster Linie Überzeugungsarbeit zu leisten. So wurde vorerst anläßlich einer Delegiertenkonferenz der SED dieser unhaltbare Zustand in einem Diskussionsbeitrag vorgetragen mit dem Ziel, das Augenmerk der gesamten Kreisparteiorganisation auf diese beschämende Tatsache hinzulenken. Der Rat des Kreises faßte auf meinen Vorschlag in einer Ratssitzung entsprechende Beschlüsse. Er beauftragte die Bürgermeister, der Volksvertretung ihres Wirkungsbereichs vorzuschlagen, in der nächsten Sitzung die Verwirklichung dieses Gesetzes in ihrem Bereich zu überprüfen und entsprechende Beschlüsse zu fassen. So wurde also in jeder Gemeinde bzw. Stadt die Volksvertretung veranlaßt, sich mit diesem Gesetz zu befassen. Das Ergebnis, das dann in einer späteren Ratssitzung behandelt wurde, war äußerst unbefriedigend. Im März dieses Jahres wurden sämtliche Betriebsleiter und Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe durch amtliche Bekanntmachungen aufgefordert, mit ihren Beschäftigten Arbeitsverträge abzuschließen. Diese öffentliche Bekanntmachung und Aufforderung hatte ■ jedoch keinen Erfolg. Der Artikel von Reizmann in NJ 1954 S. 230 zeigte mir, wie es möglich ist, die Wiederherstellung der Gesetzlichkeit hinsichtlich des Landarbeiterschutzgesetzes zu erreichen. In 33 Fällen wandte ich mich als Staatsanwalt unmittelbar an Bauern im gesamten Kreis, und zwar schwerpunktmäßig an solche Bauern, die sich in der Vergangenheit ablehnend verhielten, und verlangte unter Berufung auf § 13 StAnwG die Wiederherstellung der Gesetzlichkeit. Dabei erwähnte ich die politische Bedeutung dieses Gesetzes und verlangte den Abschluß von Arbeitsverträgen sowie deren Registrierung bei der Gewerkschaft Land und Forst. Diese Maßnahme hatte Erfolg nicht nur bei denen, an die ich mich direkt gewandt hatte, sondern auch bei anderen Bauern: bei der Gewerkschaft Land und Forst wurden 130 Arbeitsverträge abgeschlossen. Bei dem Rat des Kreises werde ich nunmehr gleichfalls wegen Gesetzesverletzung einschreiten, und zwar wegen Nichtdurchführung der Kontrolle der Durchführung der Gesetze auf Grund der Bekanntmachung des Beschlusses zur Verbesserung der Kontrolle der 506;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 506 (NJ DDR 1954, S. 506) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 506 (NJ DDR 1954, S. 506)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und bewiesen wird; die sozialistische Gesetzlichkeit konsequent verwirklicht wird, sowohl im Hinblick auf die effektive Durchsetzung und offensive Nutzung der Prinzipien des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Ergebnisse das entscheidende Kriterium für den Wert operativer Kombinationen sind. Hauptbestandteil der operativen Kombinationen hat der zielgerichtete, legendierte Einsatz zuverlässiger, bewährter, erfahrener und für die Lösung der zukünftigen Aufgabe Neues Deutschland. Tschernenko, Rede des Gene ralsek des der Partei auf der Plenartagung des der Partei im, Neues Deutschland.

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