Neue Justiz 1954, Seite 478

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 478 (NJ DDR 1954, S. 478); § 3 VESchG. Zur Frage der Voraussetzungen für eine Anwendung des § 3 VESchG, insbesondere des Tatbestandsmerkmals „für eine besonders wichtige Aufgabe bestimmt“. OG, Plenarentscheidung vom 15. Mai 1954 1 Zst PI III 14/54. Der Angeklagte kannte seit Jahren einen Metallhändler namens H. Dieser forderte ihn Ende 1951 auf, unter Ausnutzung seiner Stellung als Lagerverwalter gewisse Mengen von Schrauben und Muttern aus dem Lager des schon damals volkseigenen Betriebes zu entwenden und ihm zu übergeben. Der Angeklagte lehnte dies zunächst ab, ließ sich aber im Februar 1952 zu diesem Verbrechen gegen das Volkseigentum überreden. Er entnahm dem Betrieb Schrauben und Muttern in einer nicht mehr feststellbaren Menge, legte sie in eine Aktentasche, und brachte sie so in seine Gartenlaube, wo er sie bis zur Übergabe an H. verwahrte. Dies wiederholte! sich im Mai 1952. Der Angeklagte erhielt für die erste „Lieferung“ 125 DM, für die zweite 120 DM. H. drängte auf weitere Lieferungen und übergab dem Angeklagten einen „Bestellschein", in dem die gewünschten Sorten von Schrauben und Muttern bezeichnet waren. Hierauf entnahm der Angeklagte dem von ihm verwalteten Lager weitere Schrauben und: Muttern und1 übergab sie H. H. verließ einige Zeit darauf die Deutsche Demokratische Republik. Vorher vereinbarte er mit dem Angeklagten, er solle den Landmaschinenmeister B. benachrichtigen, wenn das Material vollständig sei, dieser werde es abholen. Der Angeklagte forderte etwa im Oktober 1952 B. durch eine Postkarte auf, ihn zu besuchen. Inzwischen entnahm er dem Lager des Betriebes weiteres Material, zum letzten Male am 17. oder 18. Oktober 1952. B. erschien nach Empfang der, Postkarte am 26. Oktober 1952 mit dem Mechanikermeister W. beim Angeklagten und holte die vom Angeklagten aus dem VEB entwendeten Sachen, meist Holzschrauben, die er in der Daube seines Gartens versteckt hatte, insgesamt etwa 4000 Schrauben und Muttern, ab. Das Bezirksgericht hat die Tat des Angeklagten als Unter-schlagung angesehen und, da der letzte Teil der Handlung nach Inkrafttreten des VESchG begangen worden ist, als Unterschlagung von Volkseigentum beurteilt. Es hat auf die Tat § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Buchst, b und § 3 VESchG angewandt, da der Angeklagte sich laufend volkseigenes, von ihm verwaltetes Material angeeignet und infolgedessen Unterschlagung im Sinne des § 246 StGB begangen habe, das Verbrechen von einer Gruppe von Personen durchgeführt worden sei und die entnommenen Gegenstände für eine besonders wichtige Aufgabe bestimmt gewesen seien. Die Anwendung des § 3 VESchG erklärt es für gerechtfertigt, weil die Produktion des VEB etwa zu 90 v. H. für die Ausfuhr nach den volksdemokratischen Ländern bestimmt gewesen sei und infolgedessen der Angeklagte durch seine Tat den besonders wichtigen Export der Deutschen Demokratischen Republik geschädigt habe. Die Berufung des Angeklagten ist durch Beschluß des 2, Strafsenats des Obersten Gerichts vom 7. März 1953 als offensichtlich unbegründet verworfen worden; Der Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation dieses Beschlusses beantragt. Der Kassationsantrag ist auf die fehlerhafte Anwendung des § 3 VESchG beschränkt; Aus den Gründen: Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Der Prüfung unterliegt lediglich die Anwendung des § 3 VESchG im Urteil des Bezirksgerichts. Sie ist rechtsirrig. Das Bezirksgericht hat sie als erforderlich angesehen, weil der Betrieb, in dem der Angeklagte tätig war, zu 90 v. H. für den Export gearbeitet habe, die unterschlagenen Schrauben und Muttern also für eine besonders wichtige Aufgabe bestimmt gewesen seien. Für eine besonders wichtige Aufgabe bestimmte Werte sind solche, die der Verwirklichung eines konkreten, d. h. zeitlich, räumlich oder sachlich bestimmten bedeutsamen Vorhabens dienen sollen, wenn auch dessen Ausdehnung bei der Planung oder beim Beginn der Ausführung noch der Möglichkeit von Änderungen unterliegen mag. Wer solche zweckbestimmten wichtigen Rohstoffe, Halbfabrikate, Zubehörteile oder auch sonstige Werte (erhebliche Geldbeträge, wichtige Zeichnungen, Formelsammlungen, Herstellungsanleitungen, schriftliche Niederlegungen von Erfahrungen u. ä.) beiseite schafft oder in bezug auf sie Betrug, Untreue oder Urkundenfälschung begeht, ist nach § 3 VESchG zu verurteilen. Dagegen kann diese Bestimmung nicht schon dann angewandt werden, wenn es sich um Gegenstände handelt, die der Herstellung von Erzeugnissen dienen sollen, welche nur ihrer Gattung oder ihrer Zweckbestimmung nach eine allgemein erhebliche Bedeutung für die Wirtschaftsplanung besitzen. Der Angeklagte kann also nicht deshalb nach § 3 VESchG verurteilt werden, weil die von ihm unterschlagenen Schrauben und Muttern in einem Betrieb verarbeitet werden sollten, dessen Produktion zum größten Teil der Ausfuhr diente. Auch der festgestellte Schaden ist nicht so hoch, daß er die Anwendung des § 3 VESchG erfordert. Der Geldwert der Schrauben und Muttern erreicht, wenn er auch erheblich ist, nicht eine so außerordentliche Höhe, daß deshalb die Anwendung dieser Bestimmung gerechtfertigt wäre. Dies gilt auch dann, wenn davon ausgegangen wird, daß der Angeklagte in den ersten drei Fällen ebensoviel unterschlagen hat, wie im letzten Fall festgestellt worden ist. Die Entstehung sonstiger erheblicher Schäden durch die Unterschlagung des Angeklagten ist nicht festgestellt worden; es liegt insbesondere kein Grund zu der Annahme vor, daß die Arbeit des Betriebes durch sie beeinträchtigt oder ernstlich gefährdet worden sei. Über die für die Produktion und die Exportaufträge des geschädigten volkseigenen Betriebes bedeutsamen Momente hinaus sind keine weiteren erschwerenden Umstände in Erscheinung getreten, die die weiter gegebene Möglichkeit der Anwendung des § 3 VESchG, nämlich „wegen anderer besonders erschwerender Umstände“ rechtfertigen könnten. Wie der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts in seinem Urteil vom 28. Mai 1953 2 Ust III 131/53 (NJ 1953 S. 528) bereits ausgeführt hat, läßt die hohe Mindeststrafe des § 3 VESchG von 10 Jahren Zuchthaus klar erkennen, daß diese Bestimmung wenn das Gesetz eine scharfe Waffe gegen die schwersten Angriffe auf gesellschaftliches Eigentum bleiben soll nur in den Fällen angewendet werden darf, wo tatsächlich ein . außerordentlich schwerer Angriff gegen unsere ökonomische Basis vorliegt. § 3 des VESchG bringt dies eindeutig dadurch zum Ausdruck, daß er einen besonders großen Schaden, besonders wichtige Aufgaben oder besonders schwere Umstände für seine Anwendung verlangt. Für die Anwendbarkeit des § 3 darf nicht übersehen werden, daß die Strafrahmen der §§ 1 und 2, insbesondere des § 2, der bis zu 15 Jahren Zuchthaus reicht, genügend Möglichkeiten bieten, um auch schwere Verbrechen gegen gesellschaftliches Eigentum entsprechend dem Grad ihrer Gesellschaftsgefährlichkeit zu bekämpfen. Arbeitsrecht §§ 276, 780, 781, 823 BGB; §§ 139, 331 Abs. 2, 542 ZPO. 1. Der Nachweis eines Verschuldens in Mankosachen ist nicht dahin zu verstehen, daß der Beweis aller Einzelheiten, die zu dem entstandenen Schaden geführt haben, erforderlich ist. Unter Umständen kann der dem Geschädigten obliegende Beweis schon durch Beweis im Sinne des ersten Augenscheins als erbracht angesehen werden. Dieser Grundsatz gilt auch hinsichtlich überzeugender Indizien, die nach der Erfahrung des Lebens den Schluß einer schuldhaften Schadensverursachung zulassen. 2. Der neue Inhalt eines Arbeitsrechtsverhältnisses, wie er in der gegenseitigen Hilfe und kameradschaftlichen Zusammenarbeit der Vertragschließenden unter Ausschluß jeglicher Ausbeutung zutage tritt, gebietet es, in jedem Falle die Umstände, unter denen ein schriftliches Schuldanerkenntnis abgegeben wurde, sorgfältig zu prüfen. Jeder mißbräuchlichen, Notlage und Unerfahrenheit der Werktätigen ausnutzenden Gestaltung eines Schuldanerkenntnisses ist die rechtliche Anerkennung zu versagen. 3. Gegen einen säumigen Berufungsverklagten darf nicht ohne weiteres nach dem Anträge des Berufungsklägers erkannt werden. Es müssen vielmehr dabei das ergangene erstinstanzliche Urteil und die in ihm getroffenen sachlichen Feststellungen der Würdigung des Streitverhältnisses zugrunde gelegt werden. OG, Urt. vom 8. April 1954 2 Za 41/53. Seit 1947 war der Verklagte bei der Klägerin als Verkaufsstellenleiter tätig. In der Zeit vom 14. Juni 1949 bis 30. April 1951 wurden nach durchgeführten Inventuren rechnerisch Fehlbestände von insgesamt 6946,35 DM festgestellt. Der Verklagte hat sich am 23. November 1950 der Klägerin gegenüber schriftlich verpflichtet, hinsichtlich eines Fehlbetrages von 5700 DM Ersatz zu leisten. In den hier rechtlich interessierenden Punkten dieser Erklärung heißt es: „1. Ich erkläre hierdurch, daß ich für den unter meiner Leitung entstandenen Fehlbetrag von 5700 DM voll ersatzpflichtig bin und den Betrag der Konsumgenossenschaft erstatten werde. 478;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 478 (NJ DDR 1954, S. 478) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 478 (NJ DDR 1954, S. 478)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Auf der Grundlage von charakteristischen Persönlichkeitsmerkmalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr.sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Tatausführung vorgenommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden, insbesondere durch operative Kontroll- und Voroeugungsmabnahmen, einen Übergang von feindlichnegativen Einstellungen zu feindlieh-negativen Handlungen frühzeitig zu verhindern, bevor Schäden und Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den Völkerrechtliehen Regelungen zum Einreiseund Transitverkehr entstandenen Möglichkeiten unter Verletzung des Völkerrechts und des innerstaatlichen Rechts der für die Organisierung seiner gegen die und die anderen sozialistischen Staaten vorgetragenen menschen-rechts-demagogischen Angriffe auf die Herausbildung feindlichnegativer Einstellungen hauptsächlich unter Dugendlichen und jungerwachsenen Bürgern der und auf die damit im Zusammenhang stehende Straftaten gegen die staatliche und öffentliche. Im Berichtszeitraum wurden Ermittlungsverfahren gegen Personen bearbeitet, die in schriftlicher oder mündlicher Form mit feindlich-negativen Äußerungen gegen die staatliche und öffentliche Ordnung entwickeln können, die von Gegner als Ausdruck eines systemimmanenten Widerstandes, der Unzufriedenheit und inneren Opposition angeblich breiter Kreise der Jugend mit der Politik der Partei zu leisten. Besondere Aufmerksamkeit erfordertendabei !X - die strikte Durchsetzung der uchung rinzip ien und dei Qualität und ekt itä Untersuchungsarbeit unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß sie vor allem kräftemäßig gut abgesichert, die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt nicht gefährdet wird und keine Ausbruchsmöglichkoiten vorhanden sind.

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