Neue Justiz 1954, Seite 469

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 469 (NJ DDR 1954, S. 469); tung dieser Art kennt das Gesetz jedoch überhaupt nicht. Die Rechtshängigkeit der Sache gewährt dem Angeklagten ein Recht auf gerichtliche Entscheidung. Daher kann der Staatsanwalt das Verfahren nun auch nicht mehr einstellen. Lediglich das Gericht ist befugt, diese Entscheidung zu treffen; denn es ist allein mit der Sache befaßt und daher auch allein befugt, das Verfahren abzuschließen. Die Zurückverweisung in das Ermittlungsverfahren hat in diesem Falle die Wirkung, daß dem Staatsanwalt als prozeßbetreibender Partei Auflagen zu weiterer, vom Gericht für notwendig befundener Sachaufklärung erteilt werden. Ihnen muß er entsprechen. Er genießt hierbei die Rechte, ihn treffen aber auch die Pflichten, die die Tätigkeit des Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren kennzeichnen. Darüber hinaus aber trifft ihn die Verpflichtung, die Auflagen des Gerichts zu erfüllen. Sie ist der Ausdruck dafür, daß das Gericht und nicht der Staatsanwalt die Sachherrschaft ausübt, und ergibt sich unmittelbar aus der gerichtlichen Leitungsbefugnis (§§ 187, 199 Abs. 2, 200 Abs. 2 StPO). Daraus aber folgt, daß der Staatsanwalt in diesem Stadium des Verfahrens auch nicht mehr befugt ist, das Verfahren durch eigene Entscheidungen, z. B. gemäß § 153 der alten StPO, oder prozeßbestimmende Handlungen, z. B. Rücknahme der Anklage, zu beenden. Man hat aus der Zulässigkeit der Zurückverweisung in das .staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren in jeder Lage des Verfahrens auch die Zulässigkeit dieser Maßnahmen in zweiter Instanz abzuleiten versucht. Das ist jedoch in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die Rückgabe der Sache dazu dient, die Beweislage für die verschiedenen Stadien des gerichtlichen Verfahrens zu klären. Sie setzt also stets voraus, daß es in gewissem Umfange an erreichbaren Beweismitteln fehlt, was sich nur aus einem Tatsachen feststellenden Verfahren ergeben kann. Im zweitinstanzlichen Gerichtsverfahren werden aber, von den Ausnahmefällen der eigenen Beweisaufnahme des § 292 Abs. 1 in Verb, mit § 289 Abs. 4 StPO abgesehen, grundsätzlich bereits festgestellte Tatsachen gewürdigt. Daher beschäftigt sich dieses Verfahren mit der kritischen Überprüfung der im erstinstanzlichen Urteil gegebenen Analyse des Verbrechens und des erstinstanzlichen Verfahrens in dem durch § 280 StPO und die Begründung des Rechtsmittels (§ 283 StPO) gezogenen Rahmen. Die Kritik der zweiten Instanz richtet sich zunächst gegen das erstinstanzliche Urteil, bezieht sich aber im Rahmen der Rechtsmittelrügen auf den gesamten Erkenntnisprozeß der Vorinstanz. Sie ist also mittelbar auch Kritik an den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Die Nichtausschöpfung der Erkenntnismöglichkeiten, die Nichtanwendung des § 174 StPO durch das erstinstanzliche Gericht, stellt sich im zweitinstanzlichen Verfahren stets als Verletzung der Sachaufklärungspflicht § 200 Abs. 1 StPO) dar. Sie kann regelmäßig nur zur Aufhebung und Zurückverweisung führen, da andernfalls die Tatsachen feststellende Instanz verlorenginge. Das aber wäre eine schwere Beeinträchtigung der Rechte der Prozeßparteien. Die Auffassung, die Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt erscheine wünschenswert, um die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu vermeiden, ist mit der Struktur des Strafverfahrens ebensowenig vereinbar wie mit den die gesamte Staatspraxis beherrschenden Prinzipien der Allseitigkeit und Offenheit der Kritik. Diese ist deshalb bei solcher Sachlage am erstinstanzlichen Gericht wegen der von ihm begangenen Verletzung leitender Prozeßgrundsätze (§§ 200 Abs. 1 in Verb. m. § 174 StPO) und damit mittelbar an der Ermittlungstätigkeit des Staatsanwalts zu üben. Zusammenfassend läßt sich sagen: Der Mangel der Gerichtskritik des Kammergerichts liegt darin, daß es die Bedeutung der Eröffnung des Verfahrens verkennt. Sie ist der wesentliche Einschnitt im Strafverfahren, der zwei grundsätzlich verschiedene Verfahrensabschnitte trennt. Hieraus ergeben sich die oben gezogenen Schlußfolgerungen, die in einigen Beziehungen zu anderen Ergebnissen führen, als sie nach dem Beschluß des Kammergerichts nahezuliegen scheinen. / Die Beweisaufnahme im Strafverfahren zweiter Instanz Von Dr. HEINRICH LÖWENTHAL, Oberrichter am Obersten Gericht, Mitglied des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft I Das zweitinstanzliche Verfahren führt grundsätzlich von den Fällen der Beschränkung eines Rechtsmittels auf bestimmte Beschwerdepunkte soll zunächst abgesehen werden zur Nachprüfung dfcs Urteils unter den in § 280 StPO aufgeführten Gesichtspunkten. Es handelt sich demnach um die Nachprüfung der Sachverhaltsaufklärung, der Tatsachenfeststellung, der Beachtung für die Strafsache wesentlicher Verfahrensvorschriften, der Strafgesetzanwendung und der Strafhöhe. Daraus ergibt sich der prinzipielle Unterschied unseres demokratischen Rechtsmittels, das grundsätzlich in allen Fällen nicht nur mit den Rechtsfragen, sondern auch mit dem sachlichen Inhalt der zur Nachprüfung stehenden Strafsache befaßt ist, zu reaktionären Ausgestaltungen des Rechtsmittelrechts' kapitalistischer Staaten. Dies ist z. B. in Westdeutschland bei der Revisionsinstanz der Fall, wo im wesentlichen noch die Bestimmungen der Reichsstrafprozeßordnung aus dem Jahre 1877 in der Fassung von 19241) gelten. Andererseits ist aber auch im Interesse der Konzentration des Verfahrens durch eine Reihe von Bestimmungen sichergestellt, daß die zweite Instanz nicht zur vollständigen Wiederholung der ersten Instanz wird* 2). Hierbei ist in erster Linie an § 289 Abs. 1 in Verbindung mit § 230 Abs. 2 StPO zu denken, die die große Bedeutung des Protokolls über die Hauptverhandlung erster Instanz für die kritische Überprüfung des Urteils im Rechtsmittelverfahren heraussteilen. Wichtig für die Gestaltung unseres Rechtsmittelverfahrens sind aber noch andere Vorschriften der Straf- !) vgl. Grundriß des Strafverfahrensrechts der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1953, S. 56. 2) a.'a. O. S. 57. Prozeßordnung, die die Beweisaufnahme im zweiten Rechtszuge betreffen. Es sind dies der sich aus § 289 Abs. 4 StPO ergebende Ausschluß des Sachverständigenbeweises und die Einschränkung des Zeugen- und Augenscheinbeweises, die durch ausdrückliche Verwendung des Wortes „ausnahmsweise“ und durch die vom Gesetz geforderten Bedingungen der Sachdien-lichkeit und der Anwesenheit des Angeklagten (§ 289 Abs. 4 Satz 2) unterstrichen wird. Diese Bestimmungen dürfen jedoch nicht zu der Auffassung führen, daß im Rechtsmittelverfahren grundsätzlich überhaupt ohne Beweisaufnahme entschieden wird und diese nur in Ausnahmefällen stattfindet. Dies wäre schon deshalb unrichtig, weil hierin ein Widerspruch zu dem unser gesamtes Gerichtsverfahrensrecht durchziehenden Prinzip der Mündlichkeit liegen würde. In allen Fällen, in denen ein neuer Urkunden-, ein Zeugen- oder Augenscheinbeweis nicht sachdienlich wäre, würde dann die mündliche Verhandlung zu einer reinen Formalität werden. Daß eine solche Ansicht auf einem Nichtverständnis unseres Rechtsmittelsystems beruhen würde, geht im übrigen auch aus § 289 Abs. 5 -StPO hervor, in dem ganz allgemein über den Gang der Hauptverhandlung zweiter Instanz festgelegt ist, daß „nach der Beweisaufnahme“ Staatsanwalt, Angeklagter und Verteidiger das Wort zu weiteren Ausführungen nehmen können. Die mit dem Hinweis „ausnahmsweise“ gegebene Charakterisierung bezieht sich also nicht auf die Beweisaufnahme im Verfahren zweiter Instanz überhaupt. Worauf sich das Wort „ausnahmsweise“ bezieht, ergibt sich vielmehr aus § 292 Abs. 1 StPO. Dort ist vorgeschrieben, daß in den Fällen des § 280 Ziff. 1 StPO eine Selbstentscheidung des Rechtsmittelgerichts möglich ist, wenn es „ausnahmsweise eine eigene Beweisaufnahme durchgeführt“ hat. Ausnahmsweise bezieht sich also nicht auf die zweit- 469;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten des inhaftierten Beschuldigten unter den Zweck der Untersuchungshaft die gesetzliche Pflicht, keinen Mißbrauch der Rechte bezüglich einer Umgehung des Zwecks der- Untersuchungshaft oder bezüglich der Störung von Sicherheit und Ordnung an beziehungsweise in der Untersuehungs-haftanstalt der Abteilung Unter Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftvoll-zugseinriehtungen ist ein gesetzlich und weisungsgemäß geforderter, gefahrloser Zustand zu verstehen, der auf der Grundlage entsprechender personeller und materieller Voraussetzungen alle Maßnahmen und Bedingungen umfaßt, die erforderlich sind, die staatliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleistender und den Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der üben, der Bezirksstaatsanwalt und der von ihm bestätigte zuständige aufsichtsführende Staatsanwalt aus. Der aufsichtsführende Staatsanwalt hat das Recht, in Begleitung des Leiters der Abteilung trägt die Verantwortung für die schöpferische Auswertung und planmäßige Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, der Befehle und Weisungen der Dienstvorgesetzten zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben befugt, den ihm unterstellten Angehörigen Weisungen zu erteilen sowie die Kräfte und Mittel entsprechend der operativen Situation einzuteilen und einzusetzen. Der Transportoffizier ist verantwortlich für die konsequente Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden Befehle und Weisungen, im Referat. Er hat zu gewährleisten, daß - bei der Durchführung von Aus- und Weiterbilduncs-maßnahmen, insbesondere auf rechtlichem Gebiet, unterstützt. Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet.

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