Neue Justiz 1954, Seite 463

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 463 (NJ DDR 1954, S. 463); verzweigten Agentennetzes in der Deutschen Demokratischen Republik, vorbereitet worden war, erfolgte die Auslösung des Putsches durch Einsatz von Provokateuren im demokratischen Sektor von Groß-Berlin und in den Bezirken der Deutschen Demokratischen Republik. So wurden bereits am 16. Juni 1953 z. B. von Bitterfeld aus zwei Kuriere mit einem Motorrad nach Westberlin geschickt, um konkrete Anweisungen für die Durchführung des Putsches in Bitterfeld einzuholen. Diese Kuriere kamen in den frühen Morgenstunden des 17. Juni von Westberlin mit dem Auftrag zurück, sofort zum „Generalstreik“ aufzurufen, Verbindungen zu Agentengruppen in Halle und Delitzsch aufzunehmen und an diese den Auftrag zur Ausrufung des Generalstreiks weiterzuleiten. Den Agenten in Halle wurde weiter mitgeteilt, daß sie für die Weitergabe des Auftrages an die Leuna- und Bunawerke sowie nach Leipzig verantwortlich seien. Diese Aufträge wurden so rechtzeitig durchgeführt, daß der Rädelsführer in Halle bereits um acht Uhr im Besitz dieser Anweisungen war. Die Agentengruppe in Halle hatte aus Sicherheitsgründen ebenfalls sofort einen Kurier mit einem Motorrad nach Berlin geschickt, um festzustellen, „ob dort alles klar gehe“. Derselbe Kurier ist nach seiner Rückkehr nochmals nach Berlin gefahren, um dort über den Stand des Putsches in Halle zu berichten und neue Instruktionen zu erhalten. Die in Magdeburg bestehende Agentengruppe um ein weiteres Beispiel zu erwähnen erhielt in den frühen Morgenstunden des 17. Juni durch Kurier Instruktionen für den faschistischen Putsch, die u. a. darin bestanden, eine Autokolonne zusammenzustellen und Betriebe in und um Magdeburg zur Beteiligung an dem Putsch aufzurufen, notfalls die Beteiligung mit Gewalt zu erzwingen. Der Auftrag ging auch dahin, einen Demonstrationszug in das Stadtinnere zu organisieren, die politischen Häftlinge zu befreien und die Volkspolizei, erforderlichenfalls unter Anwendung von Gewalt, zu entwaffnen. Von Magdeburg aus wurden auch die Einwohner von Schönebeck an der Elbe zum Putsch aufgerufen. Am 17. Juni 1953 morgens wurde vom Ostbüro der FDP eine Flugblattaktion organisiert, bei der Hetzflugblätter im demokratischen Sektor zur Verteilung gelangten. Das Ostbüro des DGB unterstützte im demokratischen Sektor die randalierenden Provokateure in der Form, daß es durch an den Sektorengrenzen aufgestellte Lautsprecherwagen zu weiteren Provokationen aufforderte, Hetzmaterial verteilte und die Provokateure mit Genußmitteln versorgte. Ebenso forderten Vertreter des Ostbüros der SPD an den Sektorengrenzen zum Sturz der Regierung auf und schleusten Hetzmaterial in den demokratischen Sektor. Eine Bestätigung dafür, daß der Tag X überstürzt auf den 17. Juni 1953' angesetzt worden ist, gibt die Äußerung eines Mitarbeiters des Ostbüros der SPD, daß ursprünglich der Tag X für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen gewesen sei, der neue Kurs in der Deutschen Demokratischen Republik aber Veranlas-sunggegeben habe, mit den „V-Männern“ zu beraten und die sofortige Durchführung des Tages X zu beschließen. Dieser Mitarbeiter bemerkte hierbei noch, daß das Zustandekommen des Putsches am 17. Juni das besondere Verdienst des Ostbüros der SPD gewesen sei. Auch der Leiter des Ostbüros des DGB erklärte dem Angeklagten Mangelsdorf, daß das Ostbüro des DGB einen wesentlich größeren Beitrag zur Vorbereitung des Putsches geleistet habe, als allgemein angenommen werde. Als Mangelsdorf nach näheren Einzelheiten der Vorbereitung fragte, erwiderte ihm dieser: „Das sind Dinge, über die man nicht spricht und die einen normalen Menschen nichts angehen.“ Die Planmäßigkeit der Vorbereitung des Putsches am 17. Juni ergibt sich ferner daraus, daß der ehemalige russische Ministerpräsident und jetzige Führer der „Vereinigung russischer Widerstandskämpfer gegen den Bolschewismus“, Kerenski, sich nach dem Putsch im Beisein des Angeklagten Mangelsdorf rühmte, zur Vorbereitung des Putsches beigetragen zu haben. Er und seine Mitarbeiter seien am 17. Juni mit einem Flugzeug von Nürnberg nach Berlin geflogen und hätten vom Potsdamer Platz, aus über Ultrakurzwellen- funk die Besatzungen der sowjetischen Panzer aufgefordert, sich mit den Provokateuren zu verbünden. Zur Aufrechterhaltung ihrer nach dem 17. Juni 1953 ständig verbreiteten Lüge vom „Volksaufstand in der Deutschen Demokratischen Republik“ waren die Organisatoren des Putsches eifrig bemüht, ihre Vorbereitungen für den 17. Juni 1953 nicht bekannt werden zu lassen. Die nach Westberlin entkommenen Provokateure wurden daher angewiesen, bei Vernehmungen über ihre Beteiligung an dem Putsch alles zu verschweigen, was auf die Tatsache der Organisiertheit des Putsches durch die westberliner Agentenzentralen auch nur hindeuten könnte. Der Angeklagte Silgradt, der im Aufträge des Leiters des westberliner Büros der „Liga“ Anfang Juli 1953 Berichte der geflüchteten Provokateure über die Aktion als Material für ein geplantes Weißbuch über den „Volksaufstand am 17. Juni 1953“ aufnahm, erhielt die Anweisung, die hierüber zu fertigende Niederschrift so abzufassen, daß sich aus ihr nichts über die organisierten Vorbereitungen des Putsches durch die Agenten- und Spionagezentralen ergebe. Die Wut über das Mißlingen des Putsches fand u. a. Ausdruck darin, daß kurz nach dem 17. Juni eine Terrorwelle gegen die in Westberlin bestehenden Büros der SED einsetzte und die einzelnen Ostbüros bemüht waren, sich bei diesen Aktionen den Rang abzulaufen. Hierdurch sollte außerdem der Eindruck erweckt werden, daß die Auflehnung gegen die Verhältnisse1 in der Deutschen Demokratischen Republik noch fortbestehe. So wurde der Angeklagte Füldner als verantwortlicher Mitarbeiter des Ostbüros der FDP zu diesem Zeitpunkt von dem Leiter des Informationsbüros auf die aktive Betätigung des Ostbüros der SPD bei der Zerstörung von SED-Parteibüros hingewiesen und ihm der Vorwurf gemacht, daß das Ostbüro der FDP noch nichts unternommen habe. Daraufhin wurden sofort von den Angeklagten Füldner und Gassa etwa 50 Rowdys aus dem Flüchtlingslager Siegfriedstraße mit dem Versprechen von amerikanischen Zigaretten mobilisiert. Nachdem Gassa erfahren hatte, daß das in Aussicht genommene SED-Büro nicht mehr bestehe, wurde ihm auf fernmündlichen Anruf beim westberliner Polizeipräsidium mitgeteilt, daß noch ein SED-Büro in Neukölln in der Werbellinstraße existiere. Nach am Abend desselben Tages wurde dieses Büro gestürmt und zerstört. Zuvor war das zuständige Polizeirevier von der geplanten Aktion verständigt worden mit der Bitte, den Einsatz des Überfallkommandos so lange hinauszuschieben, bis die Teilnehmer an dieser Aktion sich entfernt hätten. Diesem Verlangen wurde seitens der Stummpolizei entsprochen. III Die organisierte faschistische Provokation am 17. Juni 1953 wurde zerschlagen; jedoch die Feinde der Deutschen Demokratischen Republik bereiten einen neuen Tag X vor. Hierzu ist folgendes festgestellt worden: Nach der Zerschlagung des faschistischen Putsches setzten sämtliche Agentenzentralen ihre verbrecherische Tätigkeit in verstärktem Maße fort mit dem Ziele der Organisierung eines neuen Tages X, teilweise unter Anwendung neuer Methoden. Das Ostbüro der FDP ging dazu über, nachdem es Anfang Juni 1953 mit der Verbreitung von Hetzschriften durch Luftballons begonnen hatte, diese Ballonaktionen in erweitertem Umfang durchzuführen. So wurden in der Zeit von Ende Juni 1953 bis Anfang Januar 1954 fortlaufend „Ballonaktionen“ durchgeführt, bei denen jeweils hunderte von kleinen Ballons, später Pilotballons oder Registrierballons, die einen Durchmesser von etwa 2 m hatten, mit Hetzschriften von der Potsdamer Straße, dem Gelände an der Avus, vorwiegend aber von einem in Buckow eigens zu diesem Zweck gepachteten Grundstück in die Deutsche Demokratische Republik geschickt. Diese Aktionen wurden unter dem Schutz der westberliner Polizei durchgeführt. Von den beabsichtigten Aktionen wurde das jeweils zuständige Polizeirevier verständigt, das seine Genehmigung erteilte und zur Sicherung des reibungslosen Ablaufes der Unternehmen einige Polizisten zur Bewachung stellte. Eine 463;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit erfahren durch eine Reihe von im Abschnitt näher bestimmten Feindorganisationen, Sympathisanten und auch offiziellen staatlichen Einrichtungen der wie die Ständige Vertretung der in der DDR. in der- akkreditierte - Journalisten Botschaften nichtsozialistischer Staaten, in der diplomatische Einrichtungen der im sozialistischen Ausland weitere staatliche Einrichtungen der Parteien, sonstige Organisationen, Einrichtungen und Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin. Die sozialistische Staatsmacht unter Führung der marxistisch-leninistischen Partei - Grundfragen der sozialistischen Revolution Einheit, Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme von der Linie dea Staatssicherheit realisiert. Bei der Durchführung der Durchsuchung und Beschlagnahme ist wie bei allen anderen Beweisführungsmaßnahmen die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen üntersuchungshaftvollzug durchzusetzen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten? - die operative Basis zu stärken? Selbstverständlich muß sich eine solche Fragestellung begründet aus den vorliegenden Informationen ergeben.

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