Neue Justiz 1954, Seite 446

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 446 (NJ DDR 1954, S. 446); Rec ti t 8 1 3 r e c : a u n g Entscheidungen des Obersten Gerichts Zivilrecht Art. 22, 24 der Verfassung; §§ 3, 4, 5, 5a GeboteVO. 1. Die Anwendung des § 3 Ziff. 1 GeboteVO setzt voraus, daß das zum Besitz berechtigende Recht im Grundbuch eingetragen ist. 2. § 5a GeboteVO gibt die Möglichkeit, im Einzelfall bei der Erteilung des Zuschlags neben oder an Stelle der wirtschaftlichen Gesichtspunkte der §§ 3 bis 5 auch persönliche Interessen zu berücksichtigen. OG, Urt. vom 25. März 1954 2 Zz 12/54. Die Parteien sind Erben der Christine Auguste W., die am 8, Oktober 1951 verstarb. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus dem im Grundbuch von C. Bl. 424 eingetragenen Hausgrundstück, welches die Erblasserin ihrerseits durch Erbfolge zu Eigentum erwarb. Auf Antrag der -Miterbin Lisbeth H. ist zwecks Auflösung der Erbengemeinschaft das Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet worden. Im ersten Versteigerungstermin hat sowohl die Antragstellerin wie auch der Antragsgegner das höchstzulässige Gebot abgegeben. Zur Erteilung des Zuschlags kam es jedoch nicht, da die Antragstellerin die einstweilige Einstellung des Verfahrens beantragte und das Kreisgericht L. mit Beschluß vom 19. Januar 1953 die Erteilung des Zuschlags an einen der bezeichneten Meistbietenden versagte. Nachdem der Antragsgegner Paul W. mit Beschluß vom 26. Januar 1953 nunmehr als betreibender Gläubiger (§ 27 ZVO) zugelassen wurde, wurde dem Verfahren Fortgang gegeben. Die bisherige Antragstellerin hatte inzwischen mit vier anderen Miterben eine Bietergemeinschaft gegründet, für die sie, ebenso wie wiederum der Antragsgegner, im Versteigerungstermin das höchstzulässige Gebot abgab. Paul W. machte zur Begründung seines Zuschlagbegehrens überwiegendes wirtschaftliches Interesse geltend. Er wohne seit Kindheit in dem Grundstück, betreue den ebenfalls dort wohnenden Vater der Parteien und verwalte gewissermaßen das Grundstück. Daneben weist er noch darauf hin, daß es unzulässig sei, wenn die Antragstellerin nach ihrem stattgegebenen Einstellungsantrage sich mit Hilfe einer nunmehr gegründeten Bietergemeinschaft eine stärkere rechtliche Position verschaffen wolle. Dies verstoße insbesondere deshalb gegen Treu und Glauben, weil kein Angehöriger der Bietergemeinschaft das Nachlaßgrundstück zur Zeit benötige. Die Bietergemeinschaft sei nur zum Scheine geschlossen worden. Soweit sich die Bietergemeinschaft etwa darauf berufe, daß er, der Antragsgegner, das Grundstück nicht renoviere, weise er darauf hin, daß er dies unterlassen habe, weil die zukünftige Eigentumsregelung ungewiß und die Renovierung im übrigen auch Sache der ganzen Erbengemeinschaft sei. Die Antragsteller machen geltend, daß das Grundstück ziemlich baufällig sei und dringend einen „Herrn" benötige. Der Antragsgegner verfüge nicht über die notwendigen Mittel, wohl aber die Miterbin Lisbeth H. Hinzu käme noch, daß beabsichtigt sei, in dem streitigen Hause im Zuge der Instandsetzung weitere neue Wohnräume auszubauen. Diese sollten dann von Angehörigen der Bietergemeinschaft einmal bezogen werden. Es sei aber auch zu befürchten, daß der an sich vermögenslose Antragsgegner, um seinen im Hinblick auf den Grundstückserwerb eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können, Teile des Grundstücks veräußern oder in einer der Veräußerung gleichzusetzenden Weise belasten würde. Schließlich weisen sie noch darauf hin, daß der Antragsgegner nur Inhaber einer Wohnung, nicht aber Mieter eines Teils oder des ganzen Erbgrundstücks sei. Durch Beschluß des Kreisgerichts L. vom 11. Mai 1953 wurde der Zuschlag den Antragstellern erteilt mit der Begründung, diese verträten i5/32 des Miteigentums, während auf den Antragsteller lediglich 3/32 entfielen. Es hat auch in der Erteilung des Zuschlages an die Bietergemeinschaft keine unbillige Härte gegenüber dem Antragsgegner erblickt, die etwa wegen der Besonderheit des Falles eine Anwendung des § 5a der Geboteverordnung vom 30. Juni 1941 (RGBl. I S. 354, 470, RGBl. 1944 I S. 74) rechtfertige. Die Erinnerung des Antragsgegners gegen diesen Beschluß wurde vom Kreisgericht L. durch Beschluß vom 4. Juni 1953 zurückgewiesen. Ebenso wurde die gegen diesen Beschluß eingelegte sofortige Beschwerde vom Bezirksgericht D. durch Beschluß vom 8. Juli 1953 zurückgewiesen. Beide zurückgewiesenen Beschlüsse beziehen sich dabei auf die Begründung des Zuschlagbeschlusses. Aus den Gründen: Der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts, der sich gegen die letztgenannten drei Beschlüsse richtet, rügt zu Recht eine Verletzung der §§ 3, 4 und 5 GeboteVO. Die angefochtenen Beschlüsse haben zu Unrecht die Ansprüche der Antragsteller unter dem Gesichtspunkt des § 3 Ziff. 1 GeboteVO beurteilt. Soweit landwirtschaftlich genutzte Grundstücke in Rede stehen, hat das Oberste Gericht bereits mit Urteil vom 18. Mai 1953 1 Zz 24/53 (NJ 1953 S. 529) seine Auffassung über die rechtliche Bedeutung von Bietergemeinschaften dargelegt. Demnach ist es unzulässig, bei der Entscheidung darüber, wem der Zuschlag zu erteilen ist, schlechthin davon auszugehen, wessen Eigentumsanteil überwiegt. Von ausschlaggebender Bedeutung für die Erteilung des Zuschlages in der Teilungszwangsvollstreckung ist vielmehr die Vorschrift unserer Verfassung (Art. 22, 24). daß Eigentum verpflichtet und sein Inhalt und seine Schranken sich aus den sozialen Pflichten gegenüber der Gemeinschaft ergeben. Im vorliegenden Fall, wo es sich um ein Hausgrundstück handelt, kann es dahingestellt bleiben, ob diese aus der Verfassung hervorgehenden Prinzipien schon eine andere Zuschlagsentscheidung rechtfertigen, denn die angefochtenen Beschlüsse haben übersehen, daß überhaupt kein Anlaß vorlag, die in Rede stehende Bietergemeinschaft dem in § 3 Ziff. 1 GeboteVO benannten Personenkreis gleichzubehandeln. Nach § 3 Ziff. 1 ist nämlich der Zuschlag in erster Linie dem Bieter zu erteilen, dem hinsichtlich des ganzen Grundstücks oder eines überwiegenden Teils davon ein im Grundbuch eingetragenes, zum Besitz berechtigendes Recht zusteht. Unstreitig ist die Erbengemeinschaft im Grundbuch nicht als Eigentümer eingetragen. Dies ist aber nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Voraussetzung für die Anwendung der Ziff. 1 des § 3. Andererseits ist aus dem Vortrag des Antragsgegners unter Berücksichtigung der sonstigen von den Parteien dargelegten Umstände zu entnehmen, daß dieser als unmittelbarer rechtmäßiger Besitzer, wie ihn § 3 Ziff. 5 GeboteVO im Auge hat, anzusehen ist. Die Antragsteller haben zwar im Laufe des Beschwerdeverfahrens ausgeführt, daß der Antragsgegner nicht als Besitzer, geschweige denn als rechtmäßiger Besitzer, des streitigen Grundstücks anzusehen sei. Dem widersprechen nicht nur die tatsächlichen Verhältnisse, sondern auch der Inhalt einer von den Antragstellern zu ihrem Schriftsatz vom 3. Juni 1953 überreichten Niederschrift. In dieser mit dem 29. November 1951 datierten Niederschrift heißt es: „In der heutigen Aussprache wurde folgendes ■beschlossen: Das Elternhaus soll in den Besitz der Schwester Lisbeth übergehen. Sie übernimmt die Pflege des noch lebenden Vaters. Sämtliche Geschwister, die anwesend sind, sind damit einverstanden, was durch ihre Unterschrift bezeugt wird.“ Zur Durchführung dieser Vereinbarung ist es in der Folgezeit allerdings nicht gekommen. Die Pflege des Vaters wurde letztlich mit Billigung der übrigen Geschwister vom Antragsgegner vorgenommen. Der Senat zieht daraus den Schluß, daß die Pflege des im streitigen Grundstück wohnenden kranken Vaters, die Bearbeitung und Verwaltung des' Grundstücks von vornherein als zusammenhängende Verpflichtungen aufgefaßt wurden, die einander bedingen. Unstreitig beschränkte sich die Tätigkeit des Paul W. in der Praxis auch nicht auf die Pflege des Vaters, sondern daneben galt es, die Grundstücksangelegenheiten, wie sie sich in der Zahlung der Grundsteuer, der Brandkassenbeiträge und sonstigen Arbeiten ergeben, zu erledigen. Dabei bleibt es hier ohne Bedeutung, inwieweit er etwa eigene Mittel oder Mittel des kranken Vaters verwendete. Nach alledem ist davon auszugehen, daß bei der Entscheidung der Rangverhältnisse dem Antragsgegner auf Grund seines unmittelbaren rechtmäßigen Besitzes der Zuschlag vor der Bietergemeinschaft zustand (§ 3 Ziff. 5 GeboteVO). Seinem Recht steht auch nicht etwa der Fall des § 5a GeboteVO entgegen. Im Gegenteil muß im Widerspruch zu den angefochtenen Entscheidungen festgestellt werden, daß selbst dann, wenn die Bietergemeinschaft als bevorzugt im Sinne von Ziff. 1 des § 3 an- 446;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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